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In Ausgabe 6/2010 des Sicherheitsingenieur wurden im Beitrag „Normenänderung bei Schutzkleidung gegen Hitze und Flammen“ (S. 34 – 38) wesentliche Änderungen und Ergänzungen der relevanten Sicherheitsnormen EN 11612 und EN 14116 gegenüber den Vornormen EN 533 und EN 531 vorgestellt: Danach müssen Material und Nähte derartiger Schutzkleidung den neuen Anforderungen an Index 3 der begrenzten Flammausbreitung gerecht werden. In diesem Kontext haben der „Sicherheitsingenieur“ und der Funktionstextilienhersteller W. L. Gore & Associates einen Tragetest ausgeschrieben.
Im Rahmen des Tragestests bekamen drei Betriebe die Gelegenheit, eine Goretex- Wetterschutzjacke aus einem neuen Laminat, das den jüngsten Normenänderungen entspricht, bei ihrer täglichen Arbeit zu testen:
- Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt, Bereich Pharma-Produktion/Abfüllbereich Wirkstoffproduktion
- Sasol Wax GmbH in Hamburg, Bereich Paraffin Be- und Entladung/ ‑Tanklager
- SVS – Schweizer Verein für Schweisstechnik, Basel, Bereich Inspektorat/Kontroll- und Prüfwesen von Schweißbetrieben
Die Testjacke
Die Goretex-Jacke gegen Hitze und Flammen mit Gore Antistatik Technologie, hergestellt von dem Schutzbekleidungshersteller Gustav Wahler KG, besteht aus einem Zwei-Lagen-Laminat, bei dem eine flammfeste und hoch strapazierfähi- ge Oberware (Modacryl/Baumwoll-Mischung) mit einer Goretex-Membrane auf Basis von expandiertem Polytetrafluorethylen (ePTFE) fest verbunden wird. Das Laminat wie auch die Nähte der konfektionierten Schutzkleidung erfüllen die Anforderungen der begrenzten Flammausbreitung nach EN 11612 und EN 14116: Im Falle eines Flammkontakts findet keine Flammausbreitung, keine Lochbildung und kein Nachbrennen statt. Die Nähte bleiben bei direkter Beflammung intakt.
Das flammfeste Laminat ist außerdem so konzipiert, dass es die gefährlichen thermischen Auswirkungen eines Störlichtbogens zuverlässig vom Körper des Trägers abhält. Gleichzeitig schützt es vollflächig vor elektrostatischer Aufladung dank leitfähiger, mikroskopisch feiner Carbon-Partikel, die in der Membrane eingebaut sind. Entstehende Ladungen fließen zuverlässig in alle Richtungen ab, Unfälle durch Entladungen werden so vermieden.
Schutzeigenschaften der leuchtend gelben Goretex-Multifunktionsjacke:
- Wetterschutz (EN 343)
- Warnschutz (EN 471)
- Flammschutz (EN 11612/EN 14116)
- Antistatischer Schutz (EN 1149–3/EN 1149–5)
- Chemikalienschutz (EN 13034/Type 6)
- Störlichtbogenschutz (IEC 61482–1–2), Klasse II
- Schweißerschutz (EN 11611)
- Winddicht, hoch atmungsaktiv
- Zertifiziert für 30 industrielle Waschzyklen bei 60º C
Der Testablauf
Von Oktober 2010 bis Januar 2011 haben insgesamt 15 Mitarbeiter der drei Betriebe die Goretex-Multifunktionsjacke im Arbeitsalltag getestet. Zu Beginn bekamen die Träger eine Einweisung durch den Gore Spezialisten Rainer Glaesemer. Während des Testzeitraums dokumentierten sie ihre jeweiligen Trageerfahrungen in einem Berichtsheft. Am Ende des Praxistests gab es zusätzlich eine Abschlussbesprechung.
Testergebnisse im Einzelnen
Eignung der Jacke für die jeweilige Tätigkeit
Insgesamt beurteilten alle Träger die hitze- und flammfeste Goretex-Wetterschutzjacke als geeignet für ihre Tätigkeit.
Die Beschäftigten der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, die hauptsächlich mit der Durchführung, Überwachung und/oder Kontrolle von Betankungsvorgängen im Freien betraut waren, lobten vor allem die multifunktionalen Schutzeigenschaften integriert in einer „einzigen“ Jacke. Ihre Tätigkeiten erfordern eine Schutzbekleidung, die neben Wetterschutz zugleich sicheren Schutz bei schlechter Sicht, antistatischen Schutz sowie Schutz bei plötzlichem Flammen- und Hitzekontakt bietet.
Die Aufgabe der Sasol Wax Mitarbeiter besteht darin, in Kesselwagen angeliefertes, erhärtetes Paraffin mit großen Tauchsiedern unter hohem Temperatureinfluss zu verflüssigen und danach in Tanklager zu verpumpen. Bei der Entladung der Kesselwagen kann das Paraffin Temperaturen von bis zu 100°C erreichen. Auch hier zeigten sich alle Testpersonen mit der Jacke zufrieden.
Neben der Kontrolle von Schweißbetrieben begleiten die SVS-Mitarbeiter unmittelbare Schweißarbeiten, bei der es zu Funkenflug und heißen Spritzern kommen kann. Die Tätigkeit findet sowohl im Werkstattbereich als auch auf Baustellen statt, weshalb bei der Schutzkleidung Sichtbarkeit, Wetterschutz und Tragekomfort in einem breiten Temperaturbereich gefordert wird. Die Mitarbeiter betreten in den Anlagen mitunter Zonen, in denen eine elektrostatische Ableitfähigkeit gewährleistet werden muss. Auch hier bewerteten alle Träger die Testjacke als geeignet: Gänzlich überzeugt hatte die Jacke, als einige Träger in der Jacke direktem Funkenflug ausgesetzt waren. Danach sei es zu keinerlei Brandflecken oder Lochbildungen gekommen.
Ein sicheres Gefühl in der Jacke
14 von 15 Testpersonen gaben an, sich in der antistatischen Wetterschutzjacke mit Hitze- und Flammschutz jederzeit sicher gefühlt zu haben.
Passform der Testjacke
80 Prozent der Tester waren mit der Passform der Jacke zufrieden, lediglich 20 Prozent attestierten kleinere Einschränkungen hinsichtlich der Jackenlänge: So gaben drei Testpersonen an, dass die Jacken bei Tätigkeiten in gebückter Haltung, beim Anschließen eines Schlauchs an den Kesselwagen, beim Anlegen eines Sicherheitsgurts oder in hockender Körperhaltung etwas zu lang sei. In den Abschlussgesprächen wurde zudem der Einsatz eines 2‑Wegereißverschlusses und ein Blousonschnitt der Jacke vorgeschlagen – Anregungen, die der Hersteller überprüfen wird.
Tragekomfort bei verschiedenen Witterungsbedingungen
Den Tragekomfort der Jacke bei Regen und Schnee bewerteten insgesamt 93 Prozent der Träger als „gut“ (53%) bzw. „sehr gut“ (40%). Lediglich 7% (1 Person) machte dazu keine Angabe. Auch der Windschutz wurde von allen Testern mit „gut“ (73%) bzw. sehr gut (27%) bewertet.
Unterschiedliche Auffassungen gab es über das Wärmeempfinden in der Jacke. 11 Personen waren auch ohne Thermoisolationsfutter mit der Wärmeisolation der Jacke zufrieden. Selbst bei winterlichen Temperaturen hatten nur 27% (4 Personen) das Wärmfutter eingezippt und dann den Tagekomfort der Jacke mit „gut“ bewertet.
Tragekomfort/Gesamtbewertung
13 der 15 Tester empfanden den Tragekomfort der flammfesten, antistatischen Goretex-Wetterschutzjacke insgesamt als „sehr gut“ (27%) und „gut“ (60%). Zwei Personen (13%) haben den Tragekomfort der Jacke mit „befriedigend“ bewertet. Ursache dafür war ein zu hoch empfundenes Gewicht der Jacke. Diese Personen hatten bisher eine dünnere Wetterschutzjacke ohne integrierten Flammschutz getragen und angegeben, bisher keine Erfahrung mit flammfester, antistatischer Wetterschutzkleidung zu haben. Verglichen mit herkömmlichen flammfesten, antistatischen Wetterschutzjacken ist die Testjacke mit einem Flächengewicht des Zwei-Lagen-Laminats von 270 g/m2 vergleichsweise angenehm zu tragen.
Nässeschutz
Alle Tester waren mit dem Wetterschutz zufrieden und bewerteten die Jacke als „wasserdicht“. Nachträgliche, vereinzelte Funktionstests der Testjacken-Konstruktion im Gorelabor bestätigten den unverändert hohen Nässeschutz der Testjacken.
Wäsche und Pflege der Jacke
Die Anzahl der Wäschen variierte stark in Abhängigkeit von der Art und dem Verschmutzungsgrad bei der Tätigkeit. Von 15 Testpersonen hatten nur sechs Personen (40%) die Jacke im Testzeitraum bei 60° C gewaschen.
Nach dem Waschen der Jacken waren Form und Farbe unverändert geblieben. Lediglich der Griff des Materials wurde nach mehrmaligem Waschen weicher. Generell ist die Testjacke für 30 industrielle Wasch- und Trockenzyklen bei 60 Grad Waschtemperatur zertifiziert.
Vergleich zur bisherigen Jacke
Alle Tester bewerteten die Testjacke besser als ihre bisherige.
Die Tester bei der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, die für ihre Tätigkeit über ihre antistatische Wetterschutzjacke bei Bedarf eine flammfeste Arbeitsjacke tragen, schätzen neben dem angenehmen, hautsympathischen Tragegefühl insbesondere, dass alle erforderlichen Schutzeigenschaften in eine einzige Jacke integriert sind.
Tester der Firma Saxol Wax GmbH lobten den robusten Eindruck der Jacke und gaben an, ihren Tragekomfort als etwas besser und als etwas leichter zu empfinden im Vergleich zu ihrer derzeit eingesetzten hitze- und flammfesten, antistatischen Wetterschutzjacke.
Die Mitarbeiter des SVS, die bisher eine herkömmliche Wetterschutzjacke ohne weitere Schutzfunktion getragen hatten, begrüßten vor allem die auffällige Sichtbarkeit und den Schutz der Jacke gegen heiße Metallspritzer im Schweißbereich. „Da bin ich auch bei Funken geschützt! Macht nicht gleich Löcher in die Jacke“, so Bernard Sterchi, Schweißfachingenieur beim SVS. „Die Jacke ist für unsere Kontrolltätigkeiten im Schweißerumfeld einfach ideal. Ich will sie nicht mehr missen“, lobt Nils König, Sicherheitsingenieur und Gruppenleiter des Inspektorats.
Sabine Best, W. L. Gore & Associates GmbH
E‑Mail: sbest@wlgore.com
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