Ältere Wärme- und Trockenschränke in Betrieben enthalten manchmal noch Asbest. Sie müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung überprüft und unter Umständen ausgetauscht werden. Relevant ist das Thema unter anderem für Kliniken, Laboratorien, Apotheken, human‑, zahn- und tiermedizinische Praxen.
Dr. Gabriele Halsen, Karin Gruber
Asbest ist ein besonders gefährlicher, krebserzeugender Stoff [1]. Eingeatmete Fasern können zu einer chronischen Lungen- beziehungsweise Krebserkrankung führen. Im Gesundheitsdienst ist die Asbestbelastung in der Regel sehr gering und ergibt sich häufig nur indirekt, zum Beispiel beim Umgang mit asbesthaltigen Geräten. Jedoch können schon recht geringe Faserexpositionen ausreichen, um zum Beispiel an einem Brustfellkrebs (Pleuramesotheliom), einer als Berufskrankheit anerkannten Tumorart, zu erkranken.
Das Risiko für langfristige Gesundheitsschäden hängt von der Größe, Länge und bis zu einem gewissen Grad auch von der Menge der freigesetzten Fasern ab. Ob diese tatsächlich „lungengängig“ sind, und wenn ja, wie viel jeweils eingeatmet wird, lässt sich pauschal allerdings kaum beantworten. Einerseits erkranken längst nicht alle Menschen mit Fasern in der Lunge. Andererseits kann rein theoretisch schon ein einmaliger Kontakt mit Asbest gefährlich werden, wenn er zur Aufnahme von Fasern in den Körper führt [2]. Zwischen der Exposition und der Erkrankung liegt manchmal eine jahrzehntelange Latenzzeit.
Einsatz von Asbest
Früher wurde in Geräten, in denen hohe Temperaturen auftreten können, häufig Asbest als Dämmmaterial genutzt. Seit 1993 ist der Einsatz von Asbest in Deutschland verboten (und mittlerweile auch in den übrigen Ländern der Europäischen Union). Aber beim Betreiben älterer Geräte kann bis heute Asbest als Gefahrenquelle auftreten.
In Apotheken, human‑, zahn- und tiermedizinischen Praxen, Kliniken und medizinischen Laboratorien sind teils noch Trockenschränke mit einer asbesthaltigen Isolierung in Betrieb. Sie kommen als Wärme- oder Brutschränke beziehungsweise Inkubatoren zum Einsatz. Asbestschnüre können sich direkt sichtbar im Türbereich des Gehäuses oder auch an der Innenseite der Tür befinden (siehe Abb. 1). In einigen Modellen können auch Asbest-Platten verbaut worden sein.
Durch mechanische Belastung beim Öffnen und Schließen der Tür oder bei Stößen, durch Temperaturbelastung von bis zu 300°C und durch Alterungsprozesse kann die Isolierung beschädigt werden. Das kann zu einer geringfügigen Freisetzung von Asbestfasern in die Raumluft führen. Ein höheres Risiko ergibt sich für Personen, die bei unsachgemäßen Reparaturen, einem Gerätebrand, einer anderweitigen schweren Beschädigung oder bei der Entsorgung unwissentlich mit Asbest in Kontakt kommen.
Erforderliche Maßnahmen
Sofern die asbesthaltigen Materialien vor dem Verwendungsverbot rechtmäßig angebracht wurden und fest eingebaut sind, besteht kein grundsätzliches Gebot zur Sanierung beziehungsweise Entfernung. Ist jedoch damit zu rechnen, dass Asbestfasern freigesetzt werden, etwa weil die Isolierung beschädigt ist, ergibt sich Handlungsbedarf aus der Arbeitsstättenverordnung [3] und aus der Gefahrstoffverordnung [4].
Die Arbeitsstättenverordnung fordert, dass in Arbeitsräumen ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein muss. Dazu muss die Atemluft im Wesentlichen der Außenluftqualität entsprechen. In der Außenluft liegt die Konzentration an Asbestfasern heute bei circa 100–150 F/m³ [5].
Die Gefahrstoffverordnung schreibt für berufliche Tätigkeiten mit asbesthaltigen Stäuben vor, dass ein geeignetes, risikobezogenes Maßnahmenkonzept angewendet wird, um die Gefährdung der Gesundheit und der Sicherheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen auszuschließen. Es gilt hier ein Minimierungsgebot. Der Unternehmer muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung prüfen, ob die Beschäftigten beim Nutzen der Trockenschränke asbesthaltigem Staub ausgesetzt sind oder sein können.
Handlungsempfehlung
Bei Geräten, die vor dem Verwendungsverbot produziert wurden, sollte anhand der Typenbezeichnung und Seriennummer bei der Herstellerfirma erfragt werden, ob es sich um asbesthaltige Geräte handelt. Wenn es die Firma nicht mehr gibt oder sie keine eindeutige Aussage macht, so gibt die Farbe der Dichtung erste Hinweise. Ist sie weiß, besteht der Verdacht auf Asbest. Ist sie rot oder schwarz, handelt es sich um neuere ungefährliche Gummidichtungen. In Zweifelsfällen kann eine visuelle Prüfung durch Fachleute oder eine Materialanalyse in einem anerkannten Labor Aufschluss geben. Bei der Probenahme darf es jedoch nicht zu Beschädigungen kommen.
Ergibt die Prüfung, dass das Gerät asbesthaltig und die Dichtung beschädigt ist, muss beim Gebrauch von einer geringfügigen Freisetzung von Asbestfasern in die Raumluft ausgegangen werden. Dabei sollte beachtet werden, dass Beschädigungen für den Laien nicht immer sichtbar sind. Kann eine Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten nicht ausgeschlossen werden, sind vom Unternehmen Maßnahmen zu treffen. Die Substitution durch geeignete Verfahren nach dem Stand der Technik ist dann verpflichtend. Dies gilt auch, wenn die Geräte nicht regelmäßig genutzt werden. Ein Verzicht auf den Austausch muss schriftlich begründet werden.
In der Theorie wäre zunächst die Möglichkeit des Austausches der Isolierung zu prüfen. Da asbesthaltige Geräte 25 bis 50 Jahre alt und daher technisch stark veraltet sind, werden sie jedoch von den Herstellerfirmen nicht mehr repariert oder gewartet. Das Verwenden von partikelfiltrierendem Atemschutz (als Schutzmaßnahme) während des Gebrauchs eines Trockenschrankes reicht nicht aus. Denn die in die Umgebung freigesetzten Asbestfasern können dort verbleiben, immer wieder neu aufwirbeln und so ungeschützte Personen über einen langen Zeitraum gefährden.
Der Austausch der Geräte gegen neuere asbestfreie ist daher die geeignete Lösung. Für eine systematische Entsorgung sprechen noch weitere Gründe:
- Ältere Geräte müssen regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob sie noch dem Stand der Technik entsprechen und die Anforderungen an validierte Arbeitsverfahren nach Apothekenbetriebsordnung beziehungsweise Medizinproduktegesetz erfüllen.
- Neuere Geräte sind besser isoliert und daher deutlich energieeffizienter. Bei Geräten, die häufig und lange in Gebrauch sind, spart das mittel- und langfristig Kosten.
- Die Kosten für kleine Tischgeräte liegen unterhalb von 1000 Euro.
Vereinzelt können im Gesundheitsdienst noch anderweitige asbesthaltige Geräte vorkommen, etwa Hochtemperaturöfen (ab 300 °C), Heizpilze oder Heißluftsterilisatoren [6]. Ergänzend können hier unter Umständen baurechtliche Sanierungsgebote nach der Asbestrichtlinie der Länder eine Rolle spielen. Im zahnärztlichen Praxislabor werden zudem manchmal noch alte Muffelöfen, in der Apotheke alte Phosphorgefäße oder ‑schränke genutzt. Diese sollten ebenso überprüft werden.
Über die fachgerechte Entsorgung asbesthaltiger Altgeräte als gefährliche Abfälle geben die Gewerbeabfallberatungen der (Land-) Kreise und kreisfreien Städte Auskunft.
Literatur
[1] Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.1907/2006 (EG-GHS-Verordnung)
[2] www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/asbest.php; Zugriff 04.08.2015
[3] Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), zuletzt geändert durch Art. 4 V v. 19.7.2010 (BGBl. I S. 960)
[4] Gefahrstoffverordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643), zuletzt geändert durch Art. 2 V v. 3.2.2015 (BGBl. I S. 49)
[5] Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) (Hrsg.): UmweltWissen – Praxis: Asbest, Augsburg 2013, erhältlich über www.lfu.bayern.de
[6] Ärztekammer Nordrhein, Amtliche Bekanntmachungen, Arbeitsschutz in Arztpraxen – Durchführung der Gefahrstoffverordnung/Sanierung von Sterilisatoren mit Asbest-Gehalt, Rheinisches Ärzteblatt 9/2000, S. 63/64
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