Alljährlich zum 1. Juli werden die neuen Vorschläge der Ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG-Arbeitsstoffkommission) für MAK- und BAT-Werte sowie Stoffbewertungen veröffentlicht und der Bundesarbeitsministerin übergeben. Im Anschluss daran überprüft der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) die Vorschläge für neue Arbeitsplatzgrenzwerte und empfiehlt in der Regel ihre Übernahme in die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 900.
Dr. Ulrich Welzbacher
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Änderungen und Ergänzungen liegt bei der Neuaufnahme und Änderung von MAK-Werten, wodurch auch 2016 die Anzahl der MAK-Werte erneut gewachsen ist, nachdem schon in den vergangenen Jahren zahlreiche neue MAK-Werte in die Liste aufgenommen worden waren.
Aber auch bei den Schwangerschaftsgruppen gab es viele Neuerungen. Neben der Aufnahme von insgesamt 16 neuen Stoffpositionen (13 bei den Luftgrenzwerten (MAK-Werte) und drei bei den biologischen Werten) enthält die Liste in diesem Jahr 45 geänderte Einträge, 39 Positionen bei den MAK-Werten und sechs Positio-nen bei den biologischen Werten.
Luftgrenzwerte 2015
In diesem Jahr wurden auch bei den Erläuterungen zu den MAK-Werten drei neue Absätze eingefügt; sie betreffen
-
- Studien zur Ableitung von MAK-Werten für systemische Effekte mit (menschlichen) Probanden unter Ruhebedingungen, bei denen auf das erhöhte Atemminutenvolumen am Arbeitsplatz (Faktor 2) extrapoliert wird,
- die Übertragung von Ergebnissen aus Inhalationsstudien am Tier auf den Menschen, wobei systemische Effekte beim Menschen am Arbeitsplatz in acht Stunden bezogen auf kg Körpergewicht etwa doppelt so hoch ausfallen wie beim Versuchstier im üblichen sechsstündigen Experiment und
- unterschiedliche Effekte bei der sensorischen Reizwirkung in niedrigeren und höheren Konzentrationsbereichen.
Neuaufnahmen
- Die Liste der MAK-Werte enthält in diesem Jahr 13 neue Stoffeinträge für
- Adipinsäure [124–04–9] (neuer MAK-Wert),
- Alkalibenzoate (neuer MAK-Wert),
- Alkylamine, C11–C14-verzweigte, Monohexyl- und Dihexylphosphate [80939–62–4] (Verweis auf Abschnitte IIb und Xc),
- N’-(3‑Aminopropyl)-N’-dodecyl-propan‑1,3‑diamin [2372–82–9] (neuer MAK-Wert),
- Azodicarbonamid [123–77–3] (Verweis auf Abschnitt IIb),
- Bernsteinsäure [110–15–6] (neuer MAK-Wert),
- N,N‑Bis(2‑ethylhexyl)-[(1,2,4‑triazol-1-yl)-methyl]amin23) [91273–04–0] (Verweis auf Abschnitte IIb und Xc),
- 1‑Decanol [112–30–1] (neuer MAK-Wert)
- 3-(3,5‑Di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)- N’-[3-(3,5‑di-tert-butyl-4- hydroxyphenyl)propanoyl]-propanhydrazid [32687–78–8] (Verweis auf Abschnitte IIb und Xc),
- Diphenylamin, octyliert (Benzolamin, N‑Phenyl‑, Reaktionsprodukte mit 2,4,4‑Trimethylpenten) [68411–46–1] (Verweis auf Abschnitte IIb und Xc),
- 4‑Nitrobenzoesäure [62–23–7] (neuer MAK-Wert),
- 2,3‑Pentandion [600–14–6] (neuer MAK-Wert) und
- 2,4,6‑Tribromphenol [118–79–6] (Verweis auf Abschnitt IIb).
Dabei enthält der Abschnitt IIb Stoffe, für die derzeit keine MAK-Werte aufgestellt werden können, und Abschnitt Xc Kühlschmierstoffe, Hydraulikflüssigkeiten und andere Schmierstoffe.
Für die nachfolgend genannten acht Stoffe, die bereits zuvor in der Liste enthalten waren, gibt es erstmals einen MAK-Wert:
- Benzoesäure [65–85–0] (bisher Zuordnung zu Abschnitt IIb)
- Benzylalkohol [100–51–6] (bisher Zuordnung zu Abschnitt IIb)
- Furan [110–00–9] (bisher ohne MAK-Wert)
- Laurinsäure [143–07–7] (bisher ohne MAK-Wert)
- Nitrobenzol [98–95–3] (bisher ohne MAK-Wert)
- Terpentinöl [8006–64–2] (bisher ohne MAK-Wert)
- Tetrachlorethen [127–18–4] (bisher ohne MAK-Wert)
- Trimethylpentan (alle Isomere) (bisher ohne MAK-Wert)
Insgesamt wurden so also für 15 Stoffe beziehungsweise Stoffgruppen erstmals MAK-Werte festgelegt (für sieben neue und acht bereits vorhandene Einträge). In diesem Jahr wurde kein bestehender MAK-Wert zurückgezogen; sodass die Gesamtzahl der MAK-Werte erneut deutlich gestiegen ist.
In diesem Jahr wurden acht MAK-Werte abgesenkt:
- Bariumsulfat [7727–43–7] (alveolengängige Fraktion) (Faktor 5)
- Ethylacetat [141–78–6] (Faktor 2)
- Ethylenglykoldinitrat [628–96–6] (Faktor 5)
- Methylacrylat [96–33–3] (Faktor 2,5)
- Methylstyrol (alle Isomere) [25013–15–4] (Faktor 5)
- Nnitroethan [79–24–3] (Faktor 10)
- 1‑Nitropropan [108–03–2] (Faktor 12,5)
- 2‑Phenoxyethanol [122–99–6] (Faktor 20)
Der neue MAK-Wert für Bariumsulfat ist mit der Materialdichte zu multiplizieren.
Ethylenglykoldinitrat und Glycerintri-nitrat [55–63–0] – letzteres ansonsten ohne Änderungen – erhalten eine neue Fußnote 77): „MAK-Wert für die Summe der Luftkonzentrationen von Ethylenglykoldinitrat und Glycerintrinitrat“.
Darüber hinaus wurden auch wieder drei Stoffe hinsichtlich ihres MAK-Wertes überprüft, ohne dass Änderungen erfor-derlich wurden:
- n‑Butylacrylat [141–32–2]
- Cyclohexylamin [108–91–8]
- N‑Methylanilin [100–61–8]
Cyclohexylamin erhält einen Hinweis, dass ein Momentanwert von 5 ml/m3 entsprechend 21 mg/m3 nicht überschritten werden sollte.
Bei der Umstufung oder Neubewertung von Stoffen werden immer auch alle anderen Parameter überprüft, auch wenn sie im Ergebnis dann unverändert bleiben.
Weitere Hinweise – Fußnoten
Fünf Stoffe erhielten in diesem Jahr eine Fußnote, dass der jeweilige Stoff gleichzeitig als Dampf und Aerosol vorliegen kann:
-
- Benzoesäure [65–85–0]
- Benzylalkohol [100–51–6]
- 1‑Decanol [112–30–1]
- Ethylenglykoldinitrat [628–96–6]
- Laurinsäure [143–07–7]
Kurzzeitwerte
- Es gibt zwei Kategorien für die zulässige kurzzeitige Überschreitung von Schichtmittelwerten:
- Kategorie I: Stoffe, bei denen die lokale Reizwirkung grenzwertbestimmend ist oder atemwegssensibilisierende Stoffe
- Kategorie II: resorptiv wirksame Stoffe
Die Zahl in Klammern hinter der Kategorie bezeichnet den zulässigen Überschreitungsfaktor; dabei ist eine solche Überschreitung höchstens viermal pro Arbeitsschicht als Mittelwert für jeweils 15 Minuten zulässig. Der zeitliche Abstand der einzelnen Überschreitungsperioden soll dabei mindestens eine Stunde betragen.
Bei neuen oder geänderten MAK-Werten hat die Kommission
2 x die Kurzzeitwertkategorie I(1) für
- 1‑Decanol [112–30–1] (Neuaufnahme)
- 2‑Phenoxyethanol [122–99–6] (bisher Kurzzeitkategorie I(2))
10 x die Kurzzeitwertkategorie I(2) für
Adipinsäure [124–04–9] (Neuaufnahme)
Benzylalkohol [100–51–6] (bisher nur Hinweis auf Abschnitt IIb)
Bernsteinsäure [110–15–6] (Neuaufnahme)
n‑Butylacrylat [141–32–2] (Überprüfung ohne Änderung)
Cyclohexylamin [108–91–8] (Überprüfung ohne Änderung)
Ethylacetat [141–78–6] (trotz Absenkung des MAK-Wertes unverändert)
Laurinsäure [143–07–7] (bisher ohne Kurzzeitwertkategorie)
Methylacrylat [96–33–3] (bisher Kurzzeitkategorie I(1))
Methylstyrol (alle Isomere) [25013–15–4] (trotz Absenkung des MAK-Wertes unverändert)
4‑Nitrobenzoesäure [62–23–7] (Neuaufnahme)
1 x die Kurzzeitwertkategorie I(8) für
1‑Nitropropan [108–03–2] (bisher Kurzzeitkategorie I(4))
2 x die Kurzzeitwertkategorie II(1) für
Ethylenglykoldinitrat [628–96–6] (trotz Absenkung des MAK-Wertes unverändert)
2,3‑Pentandion [600–14–6] (Neuaufnahme)
6 x die Kurzzeitwertkategorie II(2) für
Alkalibenzoate (Neuaufnahme)
Furan [110–00–9] (bisher ohne MAK-Wert)
N‑Methylanilin [100–61–8] (unverändert)
Terpentinöl [8006–64–2] (bisher ohne MAK-Wert)
Tetrachlorethen [127–18–4] (bisher ohne MAK-Wert)
Trimethylpentan (alle Isomere) (bisher ohne MAK-Wert)
3 x die Kurzzeitwertkategorie II(4) für
Benzoesäure [65–85–0] (bisher nur Hinweis auf Abschnitt IIb)
Nitrobenzol [98–95–3] (bisher ohne MAK-Wert)
Nitroethan [79–24–3] (trotz Absenkung des MAK-Wertes unverändert) sowie
2 x die Kurzzeitwertkategorie II(8) für
N’-(3‑Aminopropyl)-N’-dodecylpropan‑1,3‑diamin [2372–82–9] (Neuaufnahme)
Bariumsulfat [7727–43–7] (alveolengängige Fraktion) (bisher ohne Kurzzeitkategorie)
vergeben.
Cyclohexylamin (Kurzzeitwertkategorie I(2)) erhält einen Hinweis, dass ein Momentanwert von 5 ml/m3 entsprechend 21 mg/m3 nicht überschritten werden sollte.
Sensibilisierende Stoffe und Aufnahme durch die Haut
Die beiden Neuaufnahmen
- N,N‑Bis(2‑ethylhexyl)-[(1,2,4‑triazol-1-yl)-methyl]amin [91273–04–0] und
- 2,3‑Pentandion [600–14–6] (auch Zusatzbezeichnung „H“)
wurden in diesem Jahr mit der Zusatzbezeichnung „Sh“ für Sensibilisierung bei Hautkontakt versehen; die Zusatzbezeichnung „Sa“ für Sensibilisierung beim Einatmen wurde in diesem Jahr nicht vergeben.
Bei bestehenden Einträgen gab es keine Änderung hinsichtlich der sensibilisierenden Eigenschaften. Drei Stoffe wurden in diesem Jahr im Hinblick auf sensibilisierende Eigenschaften überprüft, ohne dass sich Änderungen ergeben haben:
- n‑Butylacrylat [141–32–2]
- Methylacrylat [96–33–3]
- Terpentinöl [8006–64–2]
Die Zusatzbezeichnung „H“ für Gefährdung durch Hautkontakt wurde in diesem Jahr für die bestehenden Positionen
- Benzoesäure [65–85–0],
- Benzylalkohol [100–51–6],
- n‑Butylacrylat [141–32–2],
- Methylacrylat [96–33–3],
- Nitroethan [79–24–3],
- 1‑Nitropropan [108–03–2] und
- Terpentinöl [8006–64–2]
sowie für die Neuaufnahmen
- Alkalibenzoate und
- 2,3‑Pentandion [600–14–6] (auch Zusatzbezeichnung „Sh“)
vergeben; bei diesen Stoffen trägt die Aufnahme durch die Haut wesentlich zum toxischen Gefährdungspotenzial bei.
Die Zusatzbezeichnung „H“ für 2‑Phenoxyethanol [122–99–6] wurde gestri-chen.
Fünf Stoffe wurden in diesem Jahr im Hinblick auf Hautresorption überprüft, ohne dass sich Änderungen erge-ben haben:
-
- Ethylenglykoldinitrat [628–96–6]
- Furan [110–00–9]
- N‑Methylanilin [100–61–8]
- Nitrobenzol [98–95–3]
- Tetrachlorethen [127–18–4]
Krebserzeugende Stoffe
- Besondere Aufmerksamkeit in der Fachöffentlichkeit genießen in jedem Jahr die Neubewertungen und Umstufungen bei den krebserzeugenden Stoffen und Keimzellmutagenen.
In diesem Jahr wurden sechs Stoffe hinsichtlich ihrer krebserzeugenden Eigen-schaften erstmals eingestuft beziehungsweise neu bewertet.
Dabei wurde die Kategorie 3A nur einmal vergeben für
Tantal [7440–25–7] (alveolengängige Fraktion).
Dagegen wurde diese Kategorie für drei Stoffe zurückgezogen:
- Laurinsäure [143–07–7]
- Terpentinöl [8006–64–2]
- Trimethylpentan (alle Isomere)
Kategorie 3B wurde vergeben für
- N‑Methylanilin [100–61–8] und
- 4‑Nitrobenzoesäure [62–23–7] (Neuaufnahme).
Kategorie 3B wurde für Tetrachlorethen [127–18–4] überprüft und bestätigt.
Kategorie 4 wurde vergeben für
- Bariumsulfat [7727–43–7] (alveolengängige Fraktion, bisher ohne Kategorie),
- Furan [110–00–9] (bisher Kategorie 2) und
- Nitrobenzol [98–95–3] (bisher Kategorie 3B).
Diese Kategorie wurde für N.N‑Dime-thylformamid [68–12–2] überprüft und bestätigt. In folgendem Kasten werden die wesentlichen Definitionen für die hier maßgeblichen Kategorien aufgezeigt:
Keimzellmutagene
Bei den Keimzellmutagenen gibt es in diesem Jahr keine Änderung.
Schwangerschaftsgruppen
31 Stoffe wurden in diesem Jahr hinsichtlich ihrer Zuordnung zu Schwangerschaftsgruppen erstmals eingestuft (acht Neuaufnahmen), neu bewertet beziehungsweise ohne Änderung überprüft:
Dabei wurde die Zuordnung zur Schwangerschaftsgruppe B (eine fruchtschädi-gende Wirkung ist nach den vorliegenden Informationen bei Exposition in Höhe des MAK- und BAT-Wertes nicht auszuschließen) für
- N,N‑Dimethylformamid [68–12–2] und
- Dimethylsulfoxid [67–68–5]
überprüft und unverändert belassen. Die Stoffe erhalten allerdings die neue Fußnote „Voraussetzung für Schwangerschaftsgruppe C siehe Begründung“.
Die folgenden elf Stoffe (davon fünf Neuaufnahmen) wurden in die Schwangerschaftsgruppe C (eine fruchtschädigende Wirkung braucht bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes nicht befürchtet zu werden) eingestuft:
- Adipinsäure [124–04–9] (Neuaufnahme)
- Alkalibenzoate (Neuaufnahme)
- N’-(3‑Aminopropyl)-N’-dodecylpropan‑1,3‑diamin [2372–82–9] (Neuaufnahme)
- Benzylalkohol [100–51–6] (bisher ohne Schwangerschaftsgruppe)
- Bernsteinsäure [110–15–6] (Neuaufnahme)
- 1‑Decanol [112–30–1] (Neuaufnahme)
- Ethylenglykoldinitrat [628–96–6] (bisher ohne Schwangerschaftsgruppe)
- Methylacrylat [96–33–3] (bisher Schwangerschaftsgruppe D)
- Nitrobenzol [98–95–3] (bisher ohne Schwangerschaftsgruppe)
- Tetrachlorethen [127–18–4] (bisher ohne Schwangerschaftsgruppe)
- Triphenylphosphat, isopropyliert [68937–41–7] (Im Rahmen der Kommentierungsfrist geändert, bisher Schwangerschaftsgruppe D)
Die Zuordnung zu dieser Gruppe wurde für
- Bariumsulfat [7727–43–7] (alveolengängige Fraktion),
- n‑Butylacrylat [141–32–2],
- Cyclohexylamin [108–91–8],
- Di-n-butylphthalat [84–74–2],
- Ethylacetat [141–78–6] und
- 2‑Phenoxyethanol [122–99–6]
geprüft und unverändert bestätigt.
Für die acht Stoffe
- Furan [110–00–9],
- Laurinsäure [143–07–7],
- Methylstyrol (alle Isomere) [25013–15–4],
- 4‑Nitrobenzoesäure [62–23–7] (Neuaufnahme),
- 4‑tert-Octylphenol [140–66–9],
- 2,3‑Pentandion [600–14–6] (Neuaufnahme),
- Terpentinöl [8006–64–2] und
- Trimethylpentan (alle Isomere)
gab es eine Zuordnung zur Schwangerschaftsgruppe D (Stoffe, bei denen die vorliegenden Daten für eine Einstufung in eine der Gruppen A, B oder C nicht ausreichen).
Schwangerschaftsgruppe D wurde für
- N‑Methylanilin [100–61–8],
- Nnitroethan [79–24–3] und
- 1‑Nitropropan [108–03–2]
überprüft und bestätigt.
Für alle Änderungen in der Liste erar-beitet die Kommission eine ausführliche wissenschaftliche Begründung, die einige Monate nach der MAK-Liste in einer Ergänzungslieferung zu der Loseblattsammlung „Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten und Einstufungen“ [1] veröffentlicht wird und die seit Anfang 2012 auch im Internet kostenlos zur Verfügung steht.
Biologische Beurteilungswerte (BW)
Im Abschnitt mit den Biologischen Werten wurden in diesem Jahr einige For-mulierungen für Probenahmezeitpunkte geändert:
- Der Code c) wurde präzisiert und lautet jetzt „bei Langzeitexposition: am Schichtende nach mehreren vorangegangenen Schichten“.
- außerdem wurden zwei neue Probe-nahmezeitpunkte definiert:
f) nach mindestens 3 Monaten Exposition
g) unmittelbar nach Exposition
Der neue Code f) wird jetzt für Beurteilungswerte mit dem Untersuchungsmaterial „BE = Erythrozytenfraktion des Vollblutes“ vergeben, für die bisher Probenahmezeitpunkt a) „keine Beschrän-kung“ vergeben war; dies betrifft in diesem Jahr die folgenden elf Stoffe:
- Acrylamid
- Acrylnitril
- 4‑Aminobiphenyl
- Anilin
- Benzidin
- 4,4’-Diaminodiphenylmethan
- Dimethylsulfat
- 1,2‑Epoxypropan
- Ethylen
- Ethylenoxid
- 2‑Naphthylamin
Der neue Probenahmezeitpunkt g) wurde für drei Stoffe mit dem Untersuchungsmaterial Vollblut und dem bisherigen Probenahmezeitpunkt b) „Expositionsende bzw. Schichtende“ – bisherige Formulierung) vergeben:
- 1,2‑Dichlorbenzol
- Dichlormethan
- Toluol
Inhaltliche Änderungen bei den biolo-gischen Werten gibt es in diesem Jahr bei insgesamt sechs Stoffen oder Stoffgruppen, darunter bei drei neuen Einträgen für
-
- 1‑Chlor‑2,3‑epoxypropan (Epichlorhydrin) [106–89–8] (EKA-Tabelle),
- Kupfer und seine anorganischen Verbindungen (BAR-Wert nicht festgelegt, es liegt jedoch eine Dokumentation in den „Arbeitsmedizinisch-toxikologischen Begründungen“ vor) und für
- Tri-n-butylphosphat (BAR-Wert).
BAT-Werte (Biologischer Arbeitsstoff-Toleranz-Wert)
- In diesem Jahr gab es keinen neuen BAT-Wert; stattdessen wurde der bisherige BAT-Wert für Nitrobenzol [98–95–3] in einen Biologischen Leitwert (BLW) überführt; Probenahmezeitpunkt ist jetzt neu f) „nach mindestens 3 Monaten Exposition“ (bisher c) „bei Langzeitexposition: nach mehreren vorangegangenen Schichten“ – bisherige Formulierung).
EKA (Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe)
Neue EKA-Tabellen gibt es für
- Benzol [71–43–2] mit dem Parameter Benzol im Urin und
- die vorstehend bereits erwähnte Neuaufnahme 1‑Chlor‑2,3‑epoxypropan (Epichlorhydrin) [106–89–8].
Die bisherige EKA-Tabelle für Arsentrioxid [1327–53–3] wurde gestrichen.
Biologische Arbeitsstoff-Referenzwerte (BAR)
Fünf Biologische Arbeitsstoff-Referenzwerte (BAR) wurden in diesem Jahr in die Tabelle aufgenommen, davon allein drei für Benzol:
Benzol [71–43–2]:
BAR-Wert für den Parameter S‑Phenylmerkaptursäure in Urin
BAR-Wert für den Parameter trans-Muconsäure in Urin
BAR-Wert für den Parameter Benzol in Urin
- Kupfer [7440–50–8] und seine anorganischen Verbindungen (BAR-Wert nicht festgelegt, es liegt jedoch eine Dokumentation in den „Arbeitsmedizinisch-toxikologischen Begründungen“ vor)
- Tri-n-butylphosphat [126–73–8] (Parameter: Di-n-butylphosphat in Urin am Expositionsende bzw. Schichtende)
Die BAR-Werte für Benzol wurden dabei für Nichtraucher abgeleitet (für Raucher gelten höhere Werte).
Biologische Leitwerte (BLW)
Wie vorstehend bereits erwähnt, wurde der bisherige BAT-Wert für Nitrobenzol in einen BLW-Wert überführt.
Die Definitionen für BAR und BLW, die es im staatlichen Regelwerk (TRGS 903) nicht gibt, finden Sie im Kasten rechts.
Welche Bedeutung hat die DFG-Liste für den Arbeitsschutz?
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft übergibt ihre MAK-Werte-Liste alljährlich im Juli dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) als Bestandteil ihrer Politikberatung.
Danach haben alle betroffenen und interessierten Kreise bis zum 1. Februar des folgenden Jahres Gelegenheit, zu den Neuerungen Stellung zu nehmen und Kommentare hierzu einzureichen. Dabei geht es allerdings ausschließlich um wissenschaftliche Stellungnahmen. Fragen der praktischen Umsetzung von neuen oder abgesenkten Grenzwerten oder schärferen Einstufungen werden hierbei nicht berücksichtigt.
Die Kommission diskutiert die eingereichten Stellungnahmen im darauffolgenden Jahr, um ihre Vorschläge gegebenenfalls zu ändern oder zu ergänzen, bevor diese endgültig verabschiedet werden – oder erforderlichenfalls auch zurückzuziehen. Dies ist in den zurückliegenden Jahren – auch in diesem Jahr hinsichtlich der Schwangerschaftsgruppe von isopropy-liertem Triphenylphosphat [68937–41–7] – bereits mehrfach geschehen.
Die Betrachtung der Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung obliegt dem Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS), wenn er im nächsten Jahr über die Aufnahme neuer oder geänderter Grenzwerte in die TRGS 900 „Luftgrenzwerte“ beziehungsweise TRGS 903 „Biologische Grenzwerte (BGW)“ oder geänderter Stoffbewer-tungen in die TRGS 905 „Verzeichnis krebserzeugender, keimzellmutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe“ beschließt.
Wenn die Übernahme neuer oder geän-derter Grenzwerte in die TRGS 900 in der Praxis Probleme bereitet, wird der AGS auch hierüber beraten und gege-benenfalls passende Präventionsmaßnahmen vorschlagen, erforderlichenfalls auch spezielle Präventionsprogramme auflegen.
Daraus ergibt sich, dass es auch für die betrieblichen Praktiker von Bedeutung ist, sich schon frühzeitig mit den neuen Vorschlägen der DFG auseinanderzu-setzen und falls erforderlich im eigenen Betrieb zu überprüfen, ob die neuen Werte eingehalten werden können. Sollte dies offensichtlich nicht möglich sein, sollten Sie frühzeitig mit den Technischen Aufsichtsdiensten, zum Beispiel der Unfallversicherung, Kontakt aufnehmen, um nach geeigneten Lösungen zu suchen. Dort wird man erforderlichenfalls dann auch den AGS einschalten.
„Gelbe Seiten“ der MAK- und BAT-Werte-Liste
Auf den „Gelben Seiten“ der MAK- und BAT-Werte-Liste weist die DFG-Kommission alljährlich auf geplante Änderungen beziehungsweise Ergänzungen für die jeweilige(n) Folgemitteilung(en) hin.
Literaturhinweis
Hartwig, Andrea (Hrsg.): „Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe – Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten und Einstufungen“, Begründungen MAK-Werte (DFG); derzeit letzte Aktualisierung: 59. Lieferung Juni 2015, Handbuch/Nachschlagewerk, 520 Seiten, ISBN 978–3–527– 33975–4; Wiley-VCH, Weinheim
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