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Weniger Lehre für mehr Sicherheit

OVG Magdeburg zur Erfüllung von Sicherheitspflichten durch Beauftragte an Hochschulen
Weniger Lehre für mehr Sicherheit

Weniger Lehre für mehr Sicherheit
Foto: © MK-Photo / Fotolia.com
Mehrere Studierende begehrten beim Oberver­wal­tungs­gericht (OVG) des Lan­des Sach­sen-Anhalt die Zulas­sung zum Studi­um der Human­medi­zin im Win­terse-mester 2013/14. Sie waren der Auf­fas­sung, die Uni­ver­sität habe ihre tat­säch­liche Auf­nah­meka­paz­ität nicht aus­geschöpft – unter anderem durch 0,5 Semes­ter-wochen­stun­den (SWS) Ermäßi­gung auf das Lehrdep­u­tat von Dr. Z. für ihre Arbeit als „Beauf­tragte für Sicher­heit für die Prak­ti­ka und das Prak­tikums­ge­bäude“. Was ist nun wichtiger, möglichst viele Stu­di­en­plätze oder Arbeitsschutz?

Das OVG liess die Studieren­den nicht zu und sagte im Beschluss vom 27. August 2014 (Az. 3 M 77/14):
„Die Hochschulen haben auch zu gewährleis­ten, dass das Studi­um nach den ein­schlägi­gen nationalen und zunehmend auch union­srechtlichen Bes­tim­mungen zu Arbeitssicher­heit, Strahlen­schutz und Stoff­sicher­heit sich­er absolviert wer­den kann und auch die Forschung­sein­rich­tun­gen einen geset­zeskon­for­men Stan­dard aufweisen.“
Das Gericht recht­fer­tigt die Lehrdep­u­tat­ser­mäßi­gung, weil „ein Arbeit­ge­ber gemäß §§ 1 und 5 des Arbeitssicher­heits­ge­set­zes (ASiG) Fachkräfte für Arbeitssicher­heit zu bestellen hat. § 16 ASiG begrün­det die Verpflich­tung, in Ver­w­al-tun­gen und Betrieben des Bun­des, der Län­der, der Gemein­den und der son­sti-gen Kör­per­schaften, Anstal­ten und Stiftun­gen des öffentlichen Rechts einen den Grund­sätzen dieses Geset­zes gle­ich­w­er­ti­gen arbeitsmedi­zinis­chen und sicher­heit­stech­nis­chen Arbeitss­chutz zu gewährleis­ten. Durch die Gle­ich­w­er­tigkeit­sklausel des § 16 ASiG sollen die öffentlichen Arbeit­ge­ber verpflichtet wer­den, inner­halb ihres Zuständigkeits­bere­ichs jew­eils ein­heitliche Regelun­gen unter Ein­beziehung der Beamten zu schaf­fen. Dabei sollen den öffentlichen Arbeit­ge­bern aus­drück­lich die gle­ichen Verpflich­tun­gen wie den pri­vat­en Arbeit­ge­bern aufer­legt wer­den, wobei sich die konkreten Verpflich­tun­gen aus den Unfal­lver­hü­tungsvorschriften ergeben. Eine ver­gle­ich­bare Verpflich­tung ergibt sich aus § 22 Abs. 1 und 2 SGB VII“. Diese Vorschriften des 7. Sozialge­set­zbuch­es über die Geset­zliche Unfal­lver­sicherung gel­ten den Sicherheitsbeauftragten.
Das Gericht sagt nicht klar, was Dr. Z nun wirk­lich ist: Fachkraft für Arbeitssich­er-heit oder Sicher­heits­beauf­tragte oder ob sie ein geset­zlich nicht vorge­se­henes „Amt“ ausübt. Es ist auch der fol­gen­den For­mulierung nicht ein­deutig zu ent­nehmen, ob Dr. Z „nur“ eine Beratungs- und Unter­stützungs­funk­tion (Stab­sstelle) hat, von der das ASiG aus­ge­ht, oder ob sie auch tat­säch­lich entschei­det und für die Durch­führung ver­ant­wortlich ist (Lin­ien­funk­tion):
Es „obliegt Dr. Z. nicht nur die Belehrung der Studieren­den über etwaige Gefahren bei der Vor­bere­itung und Durch­führung der Ver­suche. Dr. Z. obliegt zum einen die Auf­gabe, dass die Rechts- und Ver­w­al-tungsvorschriften über den Gesundheits‑, Arbeits‑, Brand- und Umweltschutz im Prak­tikums­ge­bäude einge­hal­ten wer­den. Weit­er­hin obliegt ihr die Auf­gabe, dass die Gefahrstof­fverord­nung, die Brand­schutzverord­nung, die Strahlen­schutzverord­nung, das Tier­schutzge­setz und die Prak­tikum­sor­d­nung einge­hal­ten wer­den, um Unfälle zu ver­hin­dern. Auch angesichts des Umstandes, dass die vor­ge­nan-nten Vorschriften in zunehmen­dem Umfang durch Rechtsvorschriften der Europäis­chen Union ein­er häu­fi­gen Änderung unter­liegen und mit der Dep­u­tat­ser­mäßi­gung typ­is­cher­weise auch der eigene Fort­bil­dungsaufwand für diese beson­dere Auf­gabe abge­golten wird, ist die Dep­u­tat­ser­mäßi­gung von 0,5 SWS nicht zu beanstanden“.
Faz­it
Das OVG arbeit­et die zen­trale Bedeu­tung der Sicher­heit­spflicht­en und ihre Wahrnehmung durch das Hochschulper­son­al heraus.
  • Das Gericht hat­te hier allerd­ings nur verneint, dass 0,5 SWS Lehrermäßi-gung zu viel waren – so hat­ten die Studieren­den argu­men­tiert, um mehr Kapaz­itäten für die Lehre und damit mehr Stu­di­en­plätze zu verlangen.
  • Ob es zu wenig Ermäßi­gungsstun­den sind, war nicht zu beurteilen.
Das Gesetz enthält keine konkreten Angaben hierzu:
  • Bei Fachkräften für Arbeitssicher­heit sind die Min­destein­satzzeit­en gemäß DGUV Vorschrift 2 zu beachten.
  • Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und Sicher­heits­beauf­tragte dür­fen wegen der Erfül­lung der ihnen über­tra­ge­nen Auf­gaben nicht benachteiligt wer­den (§ 8 Abs. 2 Satz 2 ASiG und § 22 Abs. 3 SGB VII): Für Sicher­heits­beauf­tragte – so eine Mei­n­ung – „ergibt sich aus § 22 Abs. 3 SGB VII ein Anspruch auf Freis­tel­lung von der son­sti­gen beru­flichen Tätigkeit unter Fortzahlung der Vergü­tung, soweit die Freis­tel­lung zur Wahrneh-mung der Auf­gaben als Sicher­heits­be-auf­tragter erforder­lich ist, da die Auf­gaben son­st nur in der Freizeit erfüllt wer­den müssten, worin eine Benachteili­gung zu sehen wäre“ (so Jochem Schmitt, SGB VII, 4. Aufl. 2009, § 22 Rn. 20 und Zakrzews­ki, in: Becker/Franke/Molkenthien, SGB VII, 3. Aufl. 2011, § 22 Rn. 19). Andere Kom­men­ta-toren lehnen einen Anspruch auf Freis­tel­lung ab (so Hack­ethal, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, 2009, § 22 Rn. 21 und Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB II, 2010, § 22 Rn. 8).
Jeden­falls ist zu bedenken:
  • Die DGUV Infor­ma­tion 211–011 (früher BGI 587) „Arbeitss­chutz will gel­ernt sein – Ein Leit­faden für den Sicher­heits­beauf­tragten“ (Aus­gabe 2004) sagt auf den Seit­en 8 und 9: „Der Unternehmer hat den Sicher­heits­beauf­tragten Gele­gen­heit zu geben, ihre Auf­gaben während der Arbeit­szeit zu erfüllen“ und ergänzt: „Der Sicher­heits­beauf­tragte wird die ihm gestell­ten Auf­gaben nicht mit dem kleinen Fin­ger lösen kön­nen. Er muss vielmehr mit Geduld und Aus­dauer an die Dinge herangehen“.
  • Nach § 20 Abs. 3 der DGUV Vorschrift 1 ist der Unternehmer verpflichtet, „den Sicher­heits­beauf­tragten Gele­gen­heit zu geben, ihre Auf­gaben zu erfüllen“.
  • Nr. 4.2.3 der DGUV Regel 100–001 ergänzt: „Der Unternehmer hat dem Sicher­heits­beauf­tragten für seine Tätigkeit, abhängig von den betrieblichen Ver­hält­nis­sen, aus­re­ichend Zeit zur Ver­fü­gung zu stellen, seine ihm über­tra­ge­nen Auf­gaben während der Arbeit­szeit zu erfüllen“.
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