Das Projekt „Maßnahmen und Empfehlungen für die gesunde Arbeit von morgen“ (MEgA) erarbeitet und erprobt ganzheitliche Konzepte und Methoden für ein modernes HR- (Human Ressources) und Gesundheitsmanagement in einer digitalisierten Arbeitswelt. Ende 2015 gestartet, ist es bei der Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Heidelberg angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Berücksichtigt werden die Auswirkungen psychischer Belastungen ebenso wie eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Freizeit oder gesundheitsförderliche Führung. Ziel ist es, Empfehlungen und praxiserprobten HR-Werkzeuge wie Tools, Trainings und Leitfäden bereitzustellen, wobei vor allem die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) berücksichtigt werden. Als wissenschaftliches Begleitvorhaben des BMBF-Förderschwerpunktes „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ koordiniert MEgA bundesweit 30 geförderte
Verbundprojekte rund um einen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz.
KMU suchen Lösungen
Aufgrund mangelnder finanzieller und zeitlicher Ressourcen gibt es in KMU, im Gegensatz zu Großunternehmen, häufig Verunsicherung, welche Gesundheits- und Fördermaßnahmen zukünftig erforderlich und praktikabel sind. Aber gerade
für diese Gruppe, die den größten
Teil der Wirtschaftsleistung in Deutschland repräsentiert, gilt es ebenso eine intelligente, vorausschauende Personalpolitik zu leisten (Lechleiter & Purbs 2017). Welche Vielzahl an spezifischen Verbesserungsbedarfen bei KMU besteht, macht eine im Projekt MEgA durchgeführte Befragung deutlich.
Mit der qualitativen Interviewstudie wurden in einem ersten Schritt 88 Experten aus KMU, vorrangig die Vertreter der Geschäftsleitung und Personalverantwortliche, zu den Anforderungen und Bedarfen eines präventiven HR- und Gesundheitsmanagements befragt, die durch die Digitalisierung und den demografischen Trend hervorgerufen werden. Berücksichtigt wurden Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen. Besonders häufig wird der Wunsch nach einer gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung und der Systematisierung von HR-Prozessen geäußert. Darüber hinaus weisen viele Unternehmen auf mangelndes Interesse sowie fehlende Motivation der Belegschaft hin, sich an Qualifizierungs- und Gesundheitsmaßnahmen zu beteiligen.
Die Digitalisierung wiederum ruft vor allem den Wunsch nach fundierter Qualifizierung sowie nach externer Beratung zur Implementierung neuer digitaler Technologien hervor. Um die erhobenen Bedarfe zu verifizieren und mögliche Treiber und Hemmnisse bei der Umsetzung zu identifizieren, wird das Projekt MEgA in einem zweiten Schritt eine standardisierte Befragung von 500 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen durchführen, um Gestaltungs- und Handlungsempfehlungen für gesundheits- und kompetenzförderliche Maßnahmen bedarfsgerecht formulieren zu können.
Psychische Belastungen in der digitalisierten Arbeitswelt
Eine präventive Arbeitsgestaltung setzt den Einbezug arbeitspsychologischer Kenntnisse voraus. In einer digitalisierten und dynamischen Arbeitswelt können Informationsvielfalt und beschleunigte Verarbeitung, Arbeitskomplexität oder häufige Unterbrechungen zunehmen – Einflüsse, die zu negativen Beanspruchungen wie Stress führen können. Erhebliches Potenzial, um Belastungsfaktoren für Beschäftigte zu reduzieren und ihr Wohlbefinden zu fördern, liegt in der gesetzlich geforderten (Arbeitsschutzgesetz § 5) und durch die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) mit normativen Empfehlungen hinterlegte Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen.
Zur Erfassung der psychischen Belastungen haben Heidelberger Arbeitspsychologen das Verfahren „Gefährdungsbeurteilung Psychische Belastung“ (GPB) entwickelt, das bereits von zahlreichen Großunternehmen eingesetzt wird. Durch geschulte Analyseteams, zusammengesetzt aus zum Beispiel Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsräten und Arbeitsmedizinern, werden im Rahmen
von Arbeitsplatzbegehungen nicht Einzelpersonen, sondern Tätigkeiten auf kritische Belastungsdimensionen hin überprüft (Sonntag et al. 2016).
Im Projekt MEgA wird das Verfahren für die Bedarfe von KMU adaptiert. Ziel ist es, den Aufwand des Beobachtungsverfahrens zu reduzieren und den Durchführungsprozess zu vereinfachen.
Selbstregulation im Umgang mit digitalen Technologien
Um für eine präventive Arbeitsgestaltung zu sorgen, ist auch der Umgang mit digitalen Technologien zu berücksichtigen. Wenn Arbeit zeitlich und örtlich immer flexibler wird, entspricht das einerseits dem Wunsch vieler Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität, kann anderseits aber zu einer Entgrenzung von Berufs- und Privatleben führen. Eine unausgewogene Work-Life-Balance und ständige digitale Omnipräsenz können zu negativen Beanspruchungsfolgen bei den Beschäftigten führen. Speziell Führungskräfte haben den Eindruck, für ihren Job zunehmend außerhalb der Arbeitszeiten verfügbar sein zu müssen, wie bereits ein früheres Forschungsprojekt der Heidelberger Arbeitspsychologen, das in Kooperation mit Großunternehmen und öffentlichen Verwaltungen durchgeführt wurde, gezeigt hat (Sonntag 2014).
Gelingt es den Unternehmen jedoch, den Arbeitsrhythmus in der digitalisierten Arbeitswelt mit den Bedürfnissen ihrer Fach- und Führungskräften in Einklang zu bringen, können Arbeitszufriedenheit sowie Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance gesteigert werden. Dazu wird im Projekt MEgA ein modulares, webbasiertes Training zur Steigerung der Work-Life-Balance entwickelt, das Beschäftigte darin unterstützt, ihren Umgang mit digitalen Technologien wie Smartphones oder Tablets zu verbessern und eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu finden.
Akteure des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vernetzen
Um den Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, dem Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie den Sozialpartnern zu fördern, wurde die interaktive Plattform www.gesundearbeit-mega.de ins Leben gerufen. Außerdem stehen dort Informationen, Good Practice-Beispiele, Veranstaltungstermine und Forschungsergebnisse aus dem MEgA-Projekt bereit.
Hinzu kommt ein umfassender Überblick zu dem vom BMBF initiierten Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“. Neben den eigenen Forschungsbeiträgen hat das Projekt MEgA die Aufgabe, die Ergebnisse aus den 30 bundesweit beteiligten Verbundprojekten des Förderschwerpunkts zu bündeln. In den Verbundprojekten arbeiten Präventionsallianzen aus Wissenschaft, Industrie und dem Arbeits- und Gesundheitsschutz eng zusammen und entwickeln vielfältige Präventionsstrategien unter anderem zur Nutzung von Assistenzsystemen, Robotern und smarten Technologien oder zur Gesundheitsprävention im Pflege- und Dienstleistungssektor.
Aufbauend auf der eigenen Forschung sowie den Ergebnissen aus den Verbundprojekten wird das Projekt MEgA eine Toolbox mit praxiserprobten Werkzeugen wie Tools, Leitfäden und Arbeitshilfen entwickeln, die zukünftig die Plattform bereit stellen wird. Angesprochen sind vor allem Akteure aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, der Wissenschaft sowie dem HR- und Gesundheitsmanagement.
Literatur
Sonntag Kh, Turgut S & Feldmann E (2016). Arbeitsbedingte Belastungen erkennen, Stress reduzieren, Wohlbefinden ermöglichen: Ressourcenorientierte Gesundheitsförderung.
In: Sonntag Kh (Ed), Personalentwicklung in Organisationen. Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe, 411–455 (4. Aufl.).
Sonntag Kh (2014). Arbeit und Privatleben
harmonisieren. Life Balance Forschung und Unternehmenskultur: Das WLB-Projekt.
Kröning: Asanger.
Lechleiter, P. & Purbs, A. (2017). HR- und Gesundheitsmanagement in der Arbeit 4.0. Bedarfe und Umsetzungshindernisse in KMU. Verfügbar unter http://gesundearbeit-mega.de/sites/gesundearbeit-mega.de/files/ u8/forschungsbericht_mega_kmu-experten interviews_1.pdf [11.10.2013]
Der Projektatlas …
… stellt die am BMBF-Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für
die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ beteiligten Projekte anhand fünf Gestaltungsfelder der modernen Arbeitswelt vor:
http://gesundearbeit-mega.de/neuigkeiten/projektatlas-arbeit-40-praeventiv-gestalten