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Schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben

Für jeden eine reelle Chance
Schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben

Schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben
Die Schwerbehindertenvertretung setzt sich für die schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb ein. Foto: © Firma V - stock.adobe.com
Alfons Adam engagiert sich seit vie­len Jahren für schwer­be­hin­derte Men­schen im Arbeit­sleben. Er ist Schwer­be­hin­derten­vertreter am Mer­cedes Stan­dort Bre­men sowie bei der Daim­ler AG gesamt und in ver­schiede­nen weit­eren Gremien aktiv. Sicher­heits­beauf­tragter fragte ihn, was bish­er erre­icht wurde und was er in Zukun­ft als wichtig ansieht.

Das Inter­view führte Ver­e­na Manek.

Zuerst ein­mal: Was sind die Auf­gaben ein­er Schwerbehindertenvertretung?

Die Auf­gaben sind sehr vielfältig. Ich kann hier nur die wichtig­sten auf­führen. Vor Ort betreuen wir die schwer­be­hin­derten und gle­ichgestell­ten Kol­legin­nen und Kol­le­gen bei allen Fra­gen zur Gesund­heit, berat­en sie unter anderem auch bei Anträ­gen an Behör­den. Außer­dem unter­stützen wir sie, für sie passende Arbeit­splätze im Betrieb zu bekom­men. Wir sprechen aber eben­so mit den Vorge­set­zten, wenn diese Fra­gen haben. Sofern die Betrof­fe­nen dies wün­schen, sind wir bei Per­son­alge­sprächen dabei. Und wir sind beim Betrieblichen Eingliederungs­man­age­ment, abgekürzt BEM, natür­lich eine Größe, denn neben dem Werk­sarzt und der Sozial­ber­atung haben auch meine Kol­le­gen und ich sehr viel Wis­sen, zum Beispiel über gute Ärzte, Kliniken oder Rehak­liniken. Darüber hin­aus ste­ht es uns vom Gesetz her zu bei jed­er Sitzung des Betrieb­srats dabei zu sein.

Arbeit­en Sie noch mit weit­eren Stellen im Betrieb zusammen?

Mit dem Arbeitss­chutz, dem Werk­sarzt, der Sozial­ber­atung wie auch der Unternehmensleitung tauschen wir uns regelmäßig aus, zum Wohl der betrof­fe­nen Menschen.

Gibt es eine bes­timmte Anzahl Schwer­be­hin­derten­vertreter pro Schwer­be­hin­derte im Betrieb?

Früher nicht. Als Sprech­er des Arbeit­skreis­es der Schwer­be­hin­derten­vertre­tun­gen der Auto­mo­bilin­dus­trie habe ich vier Jahre an der Entste­hung des Bun­desteil­habege­set­zes, BTHG, mit­gear­beit­et, das seit Ende 2016 in Kraft ist. Es legt fest, dass pro 100 Mitar­beit­er ein Stel­lvertreter gewählt wer­den kann. Das heißt, bei uns hier am Stan­dort Bre­men mit 960 Schwer­be­hin­derten kön­nte ich den Wahlvor­stand bit­ten, neun Stel­lvertreter aufzustellen. Der Wahlvor­stand trifft dann natür­lich nach wie vor die Entschei­dung über die Anzahl der zu wäh­len­den Stel­lvertreter. Eine Schwer­be­hin­derten­vertre­tung muss es laut Sozialge­set­zbuch in Betrieben und Dien­st­stellen mit min­destens fünf beschäftigten schwer­be­hin­derten Men­schen geben.

Also war die Ein­führung des Bun­desteil­habege­set­zes ein Erfolg?

Für uns und unsere Arbeit ja. Die Schwer­be­hin­derten­vertre­tung, abgekürzt SBV, hat seit Inkraft­treten des Geset­zes zum Beispiel erweit­erten Anspruch auf Schu­lun­gen. Auch die Tat­sache, dass die Kündi­gung eines schwer­be­hin­derten oder gle­ichgestell­ten Men­schen jet­zt ungültig ist, wenn die SBV nicht beteiligt wurde, ist sehr pos­i­tiv. Sie hat zudem die Aufmerk­samkeit der Unternehmen mehr auf die Schwer­be­hin­derten­vertre­tung gerichtet.

War es früher nicht auch schon schwierig, Schwer­be­hin­derten zu kündigen?

Es musste auch schon früher die Zus­tim­mung des Inte­gra­tionsamts einge­holt wer­den. Aber es hat­te keine Rechts­folge, wenn der Arbeit­ge­ber die SBV am Ver­fahren nicht beteiligt hat. Wir wis­sen aber in der Regel sehr gut über die Men­schen, die wir betreuen, und ihr Gesund­heits­bild Bescheid, weil sie sich uns gegenüber sehr öff­nen. Deshalb ist es immer für alle Seit­en von Vorteil, die SBV zu beteili­gen. In großen Unternehmen passiert das mein­er Ein­schätzung nach schon lange. Ich weiß aber, dass sich kleinere und mit­tel­ständis­che Unternehmen noch sehr schw­er tun, der SBV die Aufmerk­samkeit zukom­men zu lassen, die ihr eigentlich zukom­men sollte.

Hat die Zahl der schwer­be­hin­derten Men­schen am Daim­ler-Stan­dort Bre­men eigentlich zugenommen?

Ja, aber nicht, weil über­mäßig viele Schwer­be­hin­derte eingestellt wur­den, son­dern weil die Belegschaften immer älter wer­den und damit nicht gesün­der. Als ich im Jahr 1994 in die SBV hier am Stan­dort als Stel­lvertreter gewählt wurde, hat­ten wir bei ein­er Belegschafts­größe von rund 18.500 etwa 200 schwer­be­hin­derte Men­schen. Heute sind es bei ein­er Belegschaft von cir­ca 14.000 etwa 960, also fast acht Prozent.

Was sind deren häu­fig­ste Probleme?

Früher waren Muskel-Skelett-Erkrankun­gen der häu­fig­ste Grund, warum Kol­legin­nen und Kol­le­gen nicht mehr an ihrem Arbeit­splatz arbeit­en kon­nten. Lei­der, wie in der Gesellschaft über­haupt, gibt es immer mehr psy­chis­che Auf­fäl­ligkeit­en. Dazu kom­men natür­lich Erkrankun­gen wie Krebs usw.

Sie sind zusät­zlich zu ihrem Amt in Bre­men bei der Daim­ler AG Konz­ern- und Gesamtschwer­be­hin­derten­vertreter. Wofür engagieren Sie sich dort?

Wir ver­suchen im gesamten Unternehmen bes­timmte Dinge vorzu­bere­it­en, zu fordern und mit dem Unternehmen zusam­men umzuset­zen, wie jet­zt zum Beispiel das The­ma Bar­ri­ere­frei­heit und schon seit vie­len Jahren die Aus­bil­dung von jun­gen schwer­be­hin­derten Men­schen. Da sind wir sehr erfol­gre­ich. Seit dem Jahr 2006 wur­den bei Daim­ler gesamt über 320 junge Men­schen, das sind etwa 24 pro Jahr, aus­ge­bildet und nach der Aus­bil­dung in ein Arbeitsver­hält­nis über­nom­men. Das ist, bezo­gen auf ein Wirtschafts- Dax- Unternehmen, einzi­gar­tig in Deutschland.

Was sehen Sie in der Zukun­ft als größte Herausforderung?

Auch ein­fachere Tätigkeit­en in den Unternehmen zu erhal­ten und aus­führen zu lassen. Wenn wir immer mehr Schwer­be­hin­derte beschäfti­gen wollen und müssen, brauchen wir auch entsprechende Arbeitsplätze.

Was ist Ihnen beson­ders wichtig?

Die Aus­bil­dung von schwer­be­hin­derten Men­schen. Ich wün­sche mir, dass es auch für sie einen leichteren Über­gang von der Schule in Arbeit gibt, und zwar auf dem ersten Arbeits­markt. Für mich hat jed­er eine reelle Chance ver­di­ent. Es ist auch wichtig, dass man Men­schen hat, auf die man sich ver­lassen kann. Schwer­be­hin­derte, die eine Aus­bil­dung bekom­men, wis­sen das sehr zu schätzen und sind dem Arbeit­ge­ber treu. Der muss dann im Gegen­zug das ein oder andere berücksichtigen.


Steckbrief:

Alfons Adam ist seit 1981 bei Mer­cedes in Bre­men tätig. Dort war er zunächst Stel­lvertreter, ab 2000 Ver­trauensper­son der schwer­be­hin­derten Men­schen. 2007 wurde er Gesamt- und 2011 auch Konz­ern­ver­trauensper­son der schwer­be­hin­derten Men­schen der Daim­ler AG. Als Sprech­er des Vor­standes des Arbeit­skreis­es der Schwer­be­hin­derten­vertre­tun­gen der deutschen Auto­mo­bilin­dus­trie war er an vie­len Pro­jek­ten der Branche beteiligt, unter anderem zur Inklu­sionsvere­in­barung, zum Betrieblichen Eingliederungs­man­age­ment (BEM), zur Aus­bil­dung ohne Bar­ri­eren sowie an PINA, einem Demografie-Pro­jekt. Eben­so an ver­schiede­nen Gremien, Ini­tia­tiv­en und Geset­zen, wie der UN-Behin­derten­recht­skon­ven­tion und dem Bun­desteil­habege­setz (BTHG).


Wahl der Schwerbehindertenvertretung

Wahlberechtigt sind alle Schwer­be­hin­derten im Betrieb. Aus­führliche Infor­ma­tio­nen dazu gibt es unter anderem auf

www.integrationsaemter.de

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