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Lärm gehört zu den häufigsten Gesundheitsgefährdungen in Deutschlands Betrieben. Ein gutes Lärmschutzmanagement ist deshalb unerlässlich. Unser Autor erklärt einige Grundlagen zum Thema Lärm, von Schallwellen bis zur Messung in Dezibel, und welche Regelwerke für den Lärmschutz im Betrieb wichtig sind.
Dr. Joerg Hensiek
Lärmschwerhörigkeit gilt als anerkannte Berufskrankheit (Berufskrankheit 2301). Kaum eine andere Krankheit ist unter Deutschlands Arbeitnehmerschaft weiter verbreitet, im gesamten EU-Europa ist sie sogar die häufigste Berufskrankheit.
Von ihr werden vermutlich mittel- und langfristig noch mehr Mitarbeiter betroffen sein, da die Belegschaften aufgrund des demografischen Wandels älter werden. Unternehmen müssen deshalb verstärkt die Arbeitsumgebung so gestalten, dass die Beschäftigten trotz verminderten Hörvermögens und eingeschalteter Hörgeräte akustische Signale wahrnehmen können, ohne das Hörvermögen weiter zu gefährden oder bereits hörgeschädigte Beschäftigte weiter zu belasten. Und, egal ob ältere oder jüngere Menschen ihm ausgesetzt sind: Lärm verursacht Stress, kann die Sinneszellen in den Ohren zerstören und einen Riss des Trommelfells sowie eine Schädigung des Gehörknöchelchens verursachen.
Wenn es so laut ist, dass Mitarbeiter Sirenen, Alarmsignale und Zurufe der Kollegen nicht mehr verstehen können, steigt zudem die Unfallgefahr im Betrieb.
Lautstärke und Frequenz
Lärm ist Schall und Schallwellen werden dadurch wahrgenommen, dass Druckschwankungen der Atmosphäre entstehen und sich in Form von Wellen ausdehnen. Ob der Schall als angenehm oder belastend empfunden wird, hängt vom Zusammenspiel von Lautstärke und Frequenz ab. Beispielsweise empfindet man Schall bei gleicher Lautstärke in einer niedrigen Frequenz als „leiser“ und daher angenehmer als Schall mit hoher Frequenz. Der Schalldruck beziehungsweise Schalldruckpegel, der die Schallintensität ausdrückt, wird in Dezibel (dB) gemessen. Weil bei der Schalldruckmessung vor allem die Lautstärkenskala A verwendet wird (es gibt daneben noch die Skalen B und C), wird bei Nennung der Dezibel-Werte oft auch noch ein A in Klammern hinzugefügt, beispielsweise 80 dB (A).
Ab 80 dB Gehörschutz
Wenn Menschen Lärm ausgesetzt sind, so wird dies in der Fachsprache als Lärmexposition bezeichnet. 80 dB ist so zum Beispiel der Wert, ab dem bei einer langjährigen täglichen Lärmexposition ein Hörschaden entstehen kann (auch „unterer Auslösewert“ genannt). Werden im gesamten Betrieb oder Teilbereichen des Betriebs Werte von 80 dB und höher ermittelt, so sind bestimmte Maßnahmen durchzuführen: Der Arbeitgeber muss den von der Lärmexposition betroffenen Beschäftigten einen Gehörschutz zur Verfügung stellen sowie Unterweisungen zum Lärmschutz und zur Benutzung der Hörschutzmittel durchführen. Die Beschäftigten haben dann auch ein Anrecht auf eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung.
Ab 85 dB Lärmminderungsprogramm
Bei einem Wert von 85 dB und darüber (obere Auslösewert) muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass die Beschäftigten auch wirklich den Gehörschutz benutzen und die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung muss bei allen Beschäftigten durchgeführt werden. Vor allem aber muss das Unternehmen ein sogenanntes Lärmminderungsprogramm umsetzen und innerhalb des Betriebes besonders gefährdete Bereiche als Lärmbereiche kennzeichnen, die falls nötig vom Restbetrieb abgetrennt werden.
So wird Lärm gemessen
Zunächst einmal aber eine Grundsatzfrage: Wie wird eigentlich Lärm gemessen? Die Messgröße für den Lärm ist der sogenannte Schalldruck (auch Schalldruckpegel oder einfach nur Schallpegel) der wie beschrieben in Dezibel (dB) gemessen wird. Dabei gelten besondere Umrechnungsregeln: Erhöht man einen Schallpegel um 10 dB, so entspricht das einer Verzehnfachung der Schallintensität. Eine Erhöhung um 20 dB entspricht einer hundertfachen und eine Erhöhung von 30 dB einer tausendfachen Vergrößerung der Schallintensität. Eine Erhöhung beziehungsweise Verminderung des Schallpegels um 6 dB entspricht einer Verdoppelung beziehungsweise Halbierung der Schallintensität. Bei normaler Unterhaltung liegen die Schallpegel etwa bei 55 dB, bei sehr starkem Stadtverkehr bei 80 dB; beim Betrieb von Presslufthammern und Musikanlagen können bis zu 100 dB erreicht werden.
Den Schallpegel zu messen ist nicht einfach, weil Wände, Decken, Personen und andere Objekt im Raum den Schall reflektieren und somit das Ergebnis teilweise stark verzerren können. Folgende Punkte sollten bei einer Messung daher unbedingt berücksichtigt werden:
- Das Mikrofon des Schallpegel-Messers muss in Richtung der Geräuschquelle angebracht werden.
- Das Messgerät sollte mindestens 30 bis 50 Zentimeter vor den Körper der Bedienperson gehalten werden, damit der Schall nicht von ihr reflektiert wird.
- Im Schallfeld sollten sich möglichst keine störenden Objekte befinden.
Lärm ist aber meist eine Mischung unterschiedlicher Geräusche mit ständig wechselnder Lautstärke und Frequenzzusammensetzung. Um dennoch die Werte der Geräuschbelastung an verschiedenen Arbeitsplätzen im Betrieb miteinander vergleichen zu können, berechnet man den sogenannten Mittelungspegel. Dies ist der Mittelwert der Schallintensität innerhalb eines bestimmten Mittellungszeitraums und wird ebenfalls in dB angegeben.
Diese Regelwerke sind wichtig
Um Lärmbelastung im Betrieb zu messen und aufgrund der ermittelten Lärmwerte geeignete Maßnahmen zum Hörschutz der Mitarbeiter einzuleiten, sollte man sich an den folgenden Regelwerken des Gesetzgebers und der Berufsgenossenschaften orientieren.
- Das wichtigste einschlägige Gesetzeswerk ist die LärmVibrationsArbSchV. Sie enthält Grundvorschriften zum Schutz der Beschäftigten vor Lärm- und Vibrationsbelastungen bei der Arbeit. Der aktuelle Stand ist vom November 2016 und enthält Klarstellungen zur Fachkunde.
- Mit den Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV) wird die LärmVibrationsArbSchV hinsichtlich der Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen durch Lärm und/oder Vibrationen, hinsichtlich der Messung von Lärm und Vibrationen sowie der Ableitung von geeigneten Schutzmaßnahmen konkretisiert. Bei Anwendung der TRLV kann von der Einhaltung der Vorschriften der LärmVibrationsArbSchV ausgegangen werden.
- Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) ist für den Lärmschutz schon daher ebenfalls ein wichtiges Regelwerk, weil in ihr die Möglichkeiten und Pflichten einer Vorsorgeuntersuchung geregelt werden. Die novellierte Fassung von 2013 wurde wesentlich geändert, so dass der Beschäftigte jetzt entscheiden kann, ob er eine Untersuchung durchführen lässt und ob die Ergebnisse der Vorsorge dem Arbeitgeber übermittelt werden dürfen. Außerdem wurde die klare Trennung zwischen Eignungsuntersuchung und Vorsorge festgelegt.
- Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) wurde 2016 revidiert, zum Thema Lärm gibt es aber keine Änderungen. Seit längerem ist eine ASR A3.5 in Arbeit, die (auch wieder) die Pegelgrenzen von 55 und 70 dB für verschiedene Tätigkeiten für den Beurteilungspegel festschreiben soll. Diese Zahlen waren früher in der Verordnung selbst und finden sich momentan nur in der VDI 2058 Blatt 3 als Stand der Technik.
- Für die Messung von Schallpegeln ist besonders die DIN EN ISO 9612: 2009-09 von Relevanz, aber auch die VDI 2058 Blatt 2 und 3 „Beurteilung von Lärm hinsichtlich Gehörgefährdung und Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten“ ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Quelle.
- Schließlich bleibt noch der Hinweis auf die neue EU-Verordnung für Persönliche Schutzausrüstungen 2016/425, die aber erst ab 21. April 2018 anwendbar ist.
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