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Leisure Sickness - Krank in der Freizeit

Studienergebnisse zur Leisure Sickness
Krank in der Freizeit

Krank in der Freizeit
Kaum hat man frei, dröhnt der Kopf, die Nase läuft ... Foto: © Paolese - stock.adobe.com
Endlich Urlaub! Endlich Woch­enende! Doch statt sich zu erholen, wer­den viele Men­schen urplöt­zlich krank. Leisure Sick­ness, auf Deutsch „Freizeitkrankheit“, nen­nen Psy­cholo­gen dieses noch nicht voll­ständig ergrün­dete Phänomen. Dazu forscht Prof. Clau­dia Möller, Touris­mu­s­ex­per­tin von der Inter­na­tionalen Hochschule Bad Hon­nef (IUBH).

Am Strand faulen­zen, in den Alpen wan­dern oder ein­fach nur Balkonien – ganz gle­ich, wie Urlaub oder Freizeit konkret ausse­hen, eins ver­spricht sich wohl jed­er davon: Sich ein­mal wieder richtig zu erholen und den Arbeitsstress zu vergessen. Bei nicht weni­gen Bun­des­bürg­ern tritt jedoch das Gegen­teil ein.

Fast jeder Fünfte betroffen

Rund ein Fün­f­tel (22 Prozent) der deutschen Bevölkerung ist von Leisure Sick­ness betrof­fen, der soge­nan­nten Freizeitkrankheit. Wer darunter lei­det, fühlt sich unwohl, sobald der Stresslev­el abfällt. Das äußert sich durch vielfältige kör­per­liche Symp­tome: Die Nase läuft, der Kopf pocht oder der Magen spielt ver­rückt. Zu diesem Ergeb­nis kommt eine Studie des Mei­n­ungs­forschungsin­sti­tuts YouGov, die 2017 im Auf­trag der Inter­na­tionalen Hochschule Bad Hon­nef (IUBH) durchge­führt wurde. Dabei hat die IUBH zusam­men mit der Uni­ver­sität für Gesund­heitswis­senschaften, Medi­zinis­che Infor­matik und Tech­nik (UMIT) nach poten­ziellen Fak­toren geforscht, die die Krankheit begün­sti­gen – und bere­its einige bemerkenswerte Zusam­men­hänge aufgedeckt. Doch noch ist das Forscherteam um Prof. Clau­dia Möller damit befasst, die vie­len Dat­en auszuwerten.

Leisure-Sickness — Krankheit noch nicht klar definiert

Ganz so ein­fach ist die The­matik allerd­ings nicht, denn ähn­lich wie beim Burnout ist die Leisure Sick­ness aus wis­senschaftlich­er Per­spek­tive noch nicht klar definiert. Die Krankheit lässt sich nach Ein­schätzung der Exper­tin bis­lang so erk­lären, dass Betrof­fe­nen der Über­gang von arbeits­be­d­ingtem Stress in einen Zus­tand der Entspan­nung nicht rei­bungs­los gelingt. „Möglicher­weise fordert der Kör­p­er mit zum Beispiel ein­er Erkäl­tung die Ruhep­hasen ein, die er angesichts der Arbeits­be­las­tung benötigt“, ver­mutet Clau­dia Möller. „So kann man es dann bess­er vor sich selb­st recht­fer­ti­gen, auf der Couch zu bleiben und sich zu erholen.“ Die Wis­senschaftler hal­ten dem­nach eine psy­chol­o­gis­che Kom­po­nente für denkbar, die bis­lang allerd­ings nicht mess­bar ist.

Einige Experten beschreiben auch eine medi­zinis­che Kom­po­nente, die mit dem Absinken der Stresshormone im Blut und dem Immun­sys­tem zusam­men­hängt. Nach dieser The­o­rie kön­nte es durch eine zeitliche Ver­schiebung dieser bei­den Fak­toren ein Zeit­fen­ster geben, in dem man sich zum Beispiel beson­ders leicht einen Infekt ein­fan­gen kann. Dies wäre wom­öglich ein­deutiger mess­bar als die psy­chol­o­gis­che Kom­po­nente, aber auch hierzu ist die Fak­ten­lage noch vage.

Freizeitverhalten: fünf Typen

Nach Ein­schätzung von Clau­dia Möller kön­nte die „Freizeitkrankheit“ vom Aus­maß der Belas­tung, der Per­sön­lichkeit und den Umstän­den abhän­gen. „Die grundle­gende Frage ist: Kommt es noch zu einem Über­gang in einen ‚Freizeit­modus‘, und inwieweit sind Dinge, die uns dabei helfen, noch ver­füg­bar?“ Eini­gen etwa helfe es, Fre­unde zu tre­f­fen oder mit ihrer Mannschaft zu trainieren. Wiederum andere kön­nten bess­er allein abschal­ten, etwa beim Joggen oder bei einem Waldspazier­gang. Als poten­ziellen Schlüs­sel für die Anfäl­ligkeit für die Leisure Sick­ness (LS) hat das Forscherteam der IUBH das Freizeitver­hal­ten der Men­schen näher unter­sucht. Dabei haben sich die fol­gen­den fünf Typen herauskristallisiert:

  • Der aus­bal­ancierte Typ hat in der Freizeit wenig Bezug zur Arbeit. Trotz viel­er Pflicht­en kann er sich einen ver­gle­ich­sweise guten Aus­gle­ich dazu schaf­fen. Diese Men­schen sind von LS nur wenig betroffen.
  • Der inak­tive Typ ver­bringt seine Freizeit oft unge­plant und hat darin wenig Bezug zur Arbeit. Er nimmt sich kaum etwas vor, hat eher weniger soziale Kon­tak­te und Verpflich­tun­gen. Er ist von LS mit am meis­ten betroffen.
  • Beim ver­planten Typ bezieht sich auch in der Freizeit vieles auf die Arbeit (zum Beispiel Tre­f­fen mit Kol­le­gen). Er hat viele soziale Verpflich­tun­gen und ver­bringt seine Freizeit vor allem in Gesellschaft. In dieser Gruppe ist die Anfäl­ligkeit für LS gering.
  • Der Einzel­gänger hat sehr wenige soziale Kon­tak­te und Verpflich­tun­gen und kaum ver­plante Freizeit. Die Anfäl­ligkeit dieser Men­schen für LS ist mit­telmäßig hoch.
  • Das Arbeit­sti­er hat auch in der Freizeit einen sehr hohen Arbeits­bezug oder ist von der Arbeit zu erschöpft, um viel zu unternehmen. Auch Pflicht­en ste­hen bei diesem Typ in der Freizeit meist im Vorder­grund, Sport und soziale Kon­tak­te spie­len eine gerin­gere Rolle. Zusam­men mit den Inak­tiv­en haben die Arbeit­stiere am häu­fig­sten mit LS zu tun.

Home Office und Corona-Krise

Der YouGov-Studie zufolge neigen diejeni­gen, die beson­ders häu­fig unter Leisure Sick­ness lei­den, eher dazu, während ihrer Freizeit beru­flich erre­ich­bar zu sein – sei es per E‑Mail oder tele­fonisch. Vom Job abzuschal­ten, scheint für sie schwierig. Im Home­of­fice ver­schwim­men diese Gren­zen umso mehr. „Per­so­n­en, die ver­stärkt von Leisure Sick­ness betrof­fen sind, neigen eher dazu, unbezahlte Über­stun­den in Kauf zu nehmen. Das Home­of­fice dürfte viele dazu ver­leit­en, sich zum Beispiel abends noch ein­mal an den Schreibtisch zu set­zen, wenn die Kinder endlich schlafen.“ Umso wichtiger sei es für diese Men­schen, bewusst Gren­zen zwis­chen Arbeit und Freizeit zu set­zen und mit dem Arbeit­ge­ber zu sprechen, wenn sich die Sit­u­a­tion nicht mehr bewälti­gen lasse.

Auch die aktuelle Coro­na-Krise wirke sich ver­mut­lich unter­schiedlich auf die ver­schiede­nen Freizeit­typen aus. „Wer zum Beispiel vorher schon soziale Kon­tak­te brauchte um abzuschal­ten, hat jet­zt ein weitaus größeres Prob­lem als die Einzel­gänger“, erläutert die Pro­fes­sorin. „Erstere müssen angesichts der krisenbe­d­ingten Ein­schränkun­gen nun andere Bewäl­ti­gungsstrate­gien finden.“

Wenn das „Runterkommen“ entfällt

Für Men­schen, die das Phänomen „Leisure Sick­ness“ schon vor der Krise aus per­sön­lich­er Erfahrung kan­nten, sieht die Exper­tin zwei mögliche Entwick­lun­gen. „Wer ohne­hin an Leisure Sick­ness lei­det, kön­nte im Home­of­fice noch mehr Prob­leme bekom­men, da etablierte Bewäl­ti­gungsstrate­gien zurzeit stark eingeschränkt sind. Oder diese Men­schen bleiben aktuell von der Leisure Sick­ness ver­schont, weil Arbeit und Freizeit ohne­hin nicht mehr getren­nt wer­den kön­nen.“ Der Über­gang vom Arbeits- in den Freizeit­modus ent­fiele dem­nach ganz. „Wenn aber der Stresspegel bleibt und ein Abschal­ten gar nicht mehr gelingt, lei­det oft die Leben­squal­ität und es sind langfristige gesund­heitliche Auswirkun­gen denkbar“, resümiert Clau­dia Möller. Mit anderen Worten: Wer gar nicht mehr in eine Erhol­ungsphase hineinkommt, hat zwar kein Prob­lem mit der Leisure Sick­ness – aber dafür sicher­lich ein anderes: Die Folge kön­nte zum Beispiel ein Burnout sein.


Foto: Simone Friese

Autorin: Chris­tine Lendt

Fachau­torin und freie Journalistin


So beugen Sie Leisure Sickness vor

Das Forscherteam der IUBH hat einige Tipps zusam­mengestellt, wie sich die Freizeitkrankheit ver­mei­den lässt (Quelle: UIBH Touris­mus-Radar 2017):

  • Nicht zu viel vom Urlaub erwarten: Wer zu hohe Ansprüche an den eige­nen Urlaub hat, neigt dazu, sich zu stressen und kann nur schw­er entspan­nen. Tipp: Lieber
    weniger Aktiv­itäten buchen und sich spon­tan von Tag zu Tag entschei­den, wie die Freizeit gestal­tet wer­den soll.
  • Das Smart­phone auss­chal­ten: Die ständi­ge Erre­ich­barkeit kann belas­tend sein,
    etwa das Check­en von beru­flichen E‑Mails im Urlaub. Tipp: Lieber mal das Smart­phone, den Lap­top und andere Medi­en auss­chal­ten und sich bewusst machen, dass man nicht immer erre­ich­bar sein muss.
  • Urlaub auf Balkonien genießen: Auch ein Urlaub zuhause kann span­nend sein und Entspan­nung bieten. Tipp: Sich selb­st nicht unter Druck set­zen, wenn die Pla­nung mal nicht so klap­pen sollte, wie ursprünglich gedacht – sei es wegen Pan­demie-Maß­nah­men oder wegen eines finanziellen Engpasses.
  • Auch im Urlaub mal Pause machen: Vor allem am Tag der Anreise ist von Erhol­ung oft noch nichts zu spüren, weil sich zum Beispiel Erschöp­fung nach einem Flug oder der Aut­o­fahrt bre­it­macht. Tipp: Sich an diesem Tag die Zeit nehmen, um am Urlaub­sort anzukom­men und es sich erlauben, früh schlafen zu gehen. Umso erholter begin­nt der näch­ste Tag!
  • Sich nicht vor dem Urlaub aus­pow­ern: Beruf­stätige (beson­ders Selb­st­ständi­ge) neigen dazu, vor dem Urlaub­s­be­ginn noch so viele Aufträge und Arbeit­en wie möglich zu erledi­gen – und ver­aus­gaben sich dabei teils völ­lig. Tipp: Keine Angst vor dem Unerledigten haben und zufrieden mit dem, was noch getan wer­den kon­nte, in den Urlaub starten.
  • Sich der eige­nen Leis­tun­gen bewusst sein: Es hil­ft, sich ein­mal selb­st auf die Schul­ter zu klopfen und sich auch bewusst zu machen, dass jed­er ein­mal eine Auszeit ver­di­ent hat. Tipp: Trotz des täglichen Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­seins und der täglichen Pflicht­en ler­nen, sich Zeit für sich selb­st zu nehmen und ein­fach mal zur Ruhe zu kommen.
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