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So schützen Betriebe Outdoor-Worker vor Gefahren durch Zecken

Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) und Lyme-Borreliose vorbeugen
So schützen Betriebe ihre Outdoor-Worker vor Gefahren durch Zecken

Die Ver­ant­wor­tung und die Pflicht­en des Arbeit­ge­bers zum Gesund­heitss­chutz sein­er Mitar­beit­er enden nicht am Werk­stor oder dem Ein­gang der Arbeitsstätte. Sie gel­ten auch für das Fir­men­gelände und bei allen mobilen und Frei­land-Ein­sätzen. Soge­nan­nte Out­door-Work­er  sind hier vor allem ange­sprochen. Wo Zeck­enge­fahren bei beru­flichen Tätigkeit­en beste­hen, ist daher betrieblich­er Arbeitss­chutz ange­sagt. Im Beitrag „Zeck­e­nalarm – Was ist dran an den Warn­mel­dun­gen?“ stellen wir dar, was Zeck­en so gefährlich macht, ob es Zeck­en­biss oder Zeck­en­stich heißt und wie die Risiko­ge­bi­ete zus­tande kom­men. Im Fol­gen­den geht es um die Risiken und Erkrankungs­ge­fahren für Beschäftigte aus Sicht des betrieblichen Arbeitsschutzes.



In Dutzenden von Branchen arbeiten Outdoor-Worker

Eine Zecke unter­schei­det nicht, ob wir pick­nick­en, joggen oder beru­flich bed­ingt im Freien aktiv sind. Beim Zeck­en­stich unter Arbeitss­chutza­spek­ten ist meist von Förstern, Forstwirten und Land­wirten die Rede. Diese sind in der Tat beson­ders gefährdet. Doch schaut man genauer hin, wird klar, dass Dutzende weit­er­er Branchen und Beruf­s­grup­pen vom Risiko eines Zeck­en­stichs betrof­fen sind. Das reicht von Beschäftigten in Garten- und Land­schafts­bau, Grünpflege, Straße­nun­ter­halt, Wasser­wirtschaft oder Ver­mes­sungswe­sen über Forstwirte (Wald­abeit­er), Gleis­bauer, Spreng­meis­ter, Fahrrad­kuriere, Politessen und Bade­meis­tern bis zu den Ein­satzkräften der Feuer­wehr. Auch für Tierpfleger oder Fleis­cherei­be­triebe, die Wild ver­ar­beit­en, beste­ht ein Zeckenrisiko.

Zecken im Technischem Regelwerk

Laut der TRBA 464, die Par­a­siten des Men­schen in Risiko­grup­pen ein­teilt, gehören Zeck­en in die Rubrik tem­poräre tox­in- und aller­gen­in­jizierende Ektopar­a­siten. Das bedeutet:

  • Zeck­en leben nicht ständig auf dem Men­schen (wie z. B. Läuse), son­dern suchen ihn nur zeitweilig (tem­porär) zur Nahrungsauf­nahme auf.
  • In dieser Zeit leben sie auf unser­er Kör­per­ober­fläche (ekto = außer­halb) und nicht inner­halb des men­schlichen Kör­pers (wie etwa Spulwürmer).
  • Beim Blut­saugen injiziert die Zecke giftige (Tox­ine) und allergieaus­lösende Substanzen.

Gefährdungsbeurteilung, Sicherheitsunterweisungen und arbeitsmedizinische Vorsorge gefragt

Es gibt keine Schutzvorkehrun­gen oder Sicher­heit­sregeln, mit denen ein Arbeit­ge­ber seinen Mitar­beit­er einen hun­dert­prozenti­gen Schutz gegen zeck­enüber­tra­gene Krankheit­en bieten kön­nte. Aber was jed­er Betrieb mit Beschäftigten in natur­na­hen und Frei­land­berufen tun kann, sollte kon­se­quent umge­set­zt wer­den. Wichtig­ste Schritte sind Gefährdungs­beurteilung, Sicher­heit­sun­ter­weisun­gen und arbeitsmedi­zinis­che Vorsorge.

In der Gefährdungs­beurteilung fällt ein Zeck­en­stich unter die biol­o­gis­chen Gefährdun­gen. Wo Mitar­beit­er im Freien und natur­nah einge­set­zt wer­den, kann diese Gefährdung nicht aus­geschlossen werden.

Zu Zecken-bedingten Risiken unterweisen

Gefährdete Out­door-Work­er müssen über die Risiken von Zeck­en über­tra­gen­er Krankheit­en informiert wer­den. Die Unter­weisung sollte auch deut­lich machen, wie jed­er sein Infek­tion­srisiko senken kann.

Die wichtig­sten Regeln lauten:

  • Aufen­thalt im Gestrüpp, Unter­holz und hohem Gras vermeiden
  • geschlossene Klei­dung, anliegende Hosen und festes Schuh­w­erk tra­gen, damit eine Zecke nicht so schnell auf die Haut gelangt
  • möglichst helle Farbtöne tra­gen, um Zeck­en schneller zu erkennen
  • Zeck­en­ab­wehrmit­tel für Haut und Klei­der benutzen
  • spätestens bei Arbeit­sende den Kör­p­er gründlich nach Zeck­en absuchen, ins­beson­dere Stellen mit weich­er Haut wie Kniekehle, Achsel­höh­le, Schamge­gend usw. und somit die Zecke find­en, bevor diese einen Platz zum Stechen gefun­den hat
  • ent­deck­te Zeck­en möglichst schnell ent­fer­nen, um sein Infek­tion­srisiko zu senken, anschließend die Stich­stelle desinfizieren

Zecken richtig entfernen, so gelingt es

Die Zecke wed­er quetschen noch her­aus­drehen, son­dern an ihrem Kopf, d. h. dicht an der Haut, mit spitzer Pinzette, Zecken­zange oder Zeck­enkarte senkrecht zur Stich­stelle langsam her­ausziehen oder heraushebeln.


Übri­gens gehört eine Zecken­zange in die vorgeschriebene Erste-Hil­fe-Aus­rüs­tung. Jed­er San­ität­skof­fer nach DIN 13155 sollte ein „Mit­tel zum Ent­fer­nen von Zeck­en“ enthalten.


Finger weg von Hausmitteln und Geheimtipps!

Früher galt es als Trick, eine Zecke auf der Haut mit Mit­teln wie Öl, Nag­el­lack­ent­fern­er, Vase­line, Essig, Alko­hol, Kleb­stoff, Käl­te­spray o. ä. zu betäuben oder zu erstick­en. Ärzte rat­en heute drin­gend von solchen Meth­o­d­en ab. Denn dadurch reizt man die Zecke, noch mehr Spe­ichel abzugeben oder in ihrem Todeskampf den Magen­in­halt hochzuwür­gen, was weit­ere Krankheit­ser­reger in die Wunde spült.


Bei Wanderröte, Entzündung oder grippeartigen Symptomen sollten Outdoor-Worker immer zum Arzt!

Nie­mand wird durch eine Zecke auf der Haut automa­tisch krank oder arbeit­sun­fähig — auch nicht Out­door-Work­er. Doch unbe­d­ingt in der Unter­weisung deut­lich wer­den muss, wann betrof­fene Kol­le­gen einen Arzt auf­suchen soll­ten, und zwar, spätestens immer dann,

  • wenn sich eine Zecke nicht ent­fer­nen lässt
  • wenn eine Rötung (Wan­der­röte) beste­hen bleibt
  • wenn sich die Stich­stelle entzündet
  • wenn man einige Zeit später grip­pear­tige Symp­tome spürt

Vorge­set­zte soll­ten – ins­beson­dere in Män­ner-dominierten Grup­pen – ein Auge darauf acht­en, dass nie­mand als Weichei verspot­tet wird, der „nur wegen ner blö­den Zecke“ zum Arzt oder Betrieb­sarzt geht.

Zeckenimpfungen schützen vor FSME

Gemäß der gle­ich­nami­gen Verord­nung (ArbMedVV) ist jed­er Arbeit­ge­ber — also auch Out­door-Work­er — verpflichtet, auf Basis sein­er Gefährdungs­beurteilun­gen eine angemessene arbeitsmedi­zinis­che Vor­sorge sicherzustellen. Bei beste­hen­der Gefährdung ist eine Pflich­tun­ter­suchung zu ver­an­lassen, darauf weist auch ein Leit­faden für Betrieb­särzte zur arbeitsmedi­zinis­chen Vor­sorge im Forst­bere­ich hin.

Diese Vor­sorge kann und sollte je nach Gefährdungs­grad auch ein Imp­fange­bot umfassen. Das RKI emp­fiehlt die aktive FSME-Schutz­imp­fung für Bewohn­er von Risiko­ge­bi­eten und für Per­so­n­en, die durch FSME beru­flich gefährdet sind, weil sie ihre Tätigkeit im Freien in einem Risiko­ge­bi­et ausüben.

Betrieb­särzte soll­ten Imp­fun­gen als Bestandteil der arbeitsmedi­zinis­chen Vor­sorge frühzeit­ig organ­isieren und – nach entsprechen­der ärztlich­er Beratung – anbi­eten. Ein kom­plet­ter Impf­schutz benötigt 3 Einze­limp­fun­gen und wird je nach Alter und Impf­stoff alle 3 bis 5 Jahre aufge­frischt. Die Kosten für das Impfen durch den Betrieb­sarzt trägt der Arbeitgeber.

Wichtig zum Ver­ständ­nis ist, dass es bei FSME keine Her­den­im­mu­nität gibt. Ein Impf­schutz gilt stets indi­vidu­ell nur für den Geimpften. Nie­mand ist um einen Deut bess­er geschützt, nur weil sich die Kol­le­gen haben impfen lassen.


Zecken-Impfung und Corona-Impfung?

Sich sowohl gegen FSME wie gegen Covid-19 impfen zu lassen, ist kein Prob­lem. Allerd­ings rät das RKI, zwis­chen den bei­den Imp­fun­gen zwei Wochen Abstand zu halten.


Chemische Zeckenabwehr mit Bedacht

Ver­schiedene chemis­che Sub­stanzen, Naturstoffe wie ätherische Öle, aber auch syn­thetisch hergestellte Stoffe wirken als soge­nan­nte Repel­len­tien. Sie hal­ten uner­wün­schte Insek­ten ab, einige Pro­duk­te wirken auch gegen Zeck­en. Inzwis­chen wird sog­ar Beruf­sklei­dung als Anti-Zeck­en-Bek­lei­dung ange­boten, die mit solchen Mit­teln impräg­niert wurde. Auch die DGUV weist – etwa in der neuen Branchen­regel Grün- und Land­schaft­spflege – darauf hin, „gegebe­nen­falls“ Repel­len­tien zu verwenden.

Wie bei jedem Ein­satz eines Biozids soll­ten Nutzen und Risiken abge­wogen wer­den. Die Sub­stanzen dür­fen nicht in die Augen oder auf Schleimhäute gelan­gen. Statt jeden Mor­gen die ganze Belegschaft mit irgendwelchen Mit­teln einzunebeln, sollte der Ein­satz gezielt erfol­gen. Laut einem Bericht der Stiftung War­entest von 2017 bieten 10 von 14 unter­sucht­en Mit­teln einen zuver­läs­si­gen Schutz. Das Umwelt­bun­de­samt warnt vor im Aus­land erhältlich Repel­len­tien, da diese Sub­stanzen enthal­ten kön­nen, die in Deutsch­land nicht zuge­lassen sind.

Zeckenbiss oder Zeckenstich? Immer ins Verbandbuch!

Ob Zeck­en­biss oder Zeck­en­stich, ein solch­er Vor­fall bei der Arbeit der Out­door-Work­er sollte stets doku­men­tiert wer­den. Denn falls es – und das kann bei Bor­re­liose viele Monate später sein – zu ern­sten Fol­geerkrankun­gen kom­men sollte, muss das Zeckenopfer nach­weisen könne, dass sich der Zeck­en­stich während der ver­sicherten Tätigkeit ereignet hat. Daher soll­ten ger­ade auch Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und Sicher­heits­beauf­tragten eine Auge darauf haben, dass ein Ein­trag im Ver­band­buch erfolgt.

Nur wenn der Zeck­en­stich beru­flich erwor­ben wurde, übern­immt die geset­zliche Unfal­lver­sicherung die Kosten der Behand­lung und gegebe­nen­falls weit­er­er Maß­nah­men. Wenn eine Ursache in der beru­flichen Tätigkeit gese­hen wird, kön­nen Bor­re­liose oder FSME als Beruf­skrankheit­en (Bk. 3102) anerkan­nt werden.


Praxistipp:

Eine Ori­en­tierung für betriebliche Arbeitss­chützer bietet die DGUV Infor­ma­tion 214–078 „Vor­sicht Zeck­en! Risiko Zeck­en­stich — was tun?“. Die Broschüre enthält über­raschen­der­weise auch einen eingek­lebten Zeck­e­nent­fern­er mit Hin­weisen zur Anwendung.


Wie im Beitrag „Zeck­e­nalarm – Was ist dran an den Warn­mel­dun­gen?“ dargestellt, ist damit zu rech­nen, dass sich die Risiko­ge­bi­ete für FSME weit­er nach Nor­den aus­dehnen wer­den. Zum anderen ver­längert sich – ins­beson­dere durch milde Win­ter – die Zeck­en­sai­son. Fachkräfte für Arbeitssicher­heit, Sicher­heits­beauf­tragte und Betrieb­särzte aus immer mehr Regio­nen wer­den sich daher voraus­sichtlich immer öfter mit dem The­ma Zeck­enge­fahren befassen müssen.

Autor: Fried­helm Kring

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