Der Begriff Stress kommt ursprünglich aus der Werkstoffkunde. Dort bezeichnet er Zug oder Druck auf ein Material. Mittlerweile hört man ihn jedoch weitaus häufiger, wenn es um psychische Belastungen geht. „Stress ist eine genetisch vorprogrammierte Anpassungsreaktion unseres Organismus auf vermeintliche Gefahren beziehungsweise Bedrohungen“, so Diplom-Psychologin Anne Gehrke vom Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG). „Wir können blitzschnell reagieren, indem unser Körper durch das Wirken verschiedener Stresshormone auf Kampf oder Flucht vorbereitet wird. Unser Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Atmung wird schneller – unsere Muskeln müssen ja mit Sauerstoff versorgt werden. Gleichzeitig werden alle Körperfunktionen runtergefahren, die wir zum akuten Überleben nicht benötigen. Dazu gehören auch die geistigen Funktionen und die sogenannten Kulturtechniken wie Lesen oder Rechnen. Das merken wir zum Beispiel, wenn wir im größten (Prüfungs-)Stress einen Blackout haben.“
Wie sich Stress genau auswirkt, kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Wer Stress allerdings über einen langen Zeitraum hinweg ignoriert, riskiert seine Gesundheit. Warnsignale wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Bluthochdruck sind nicht nur eine Belastung für den Körper. Sie weisen auch darauf hin, dass die Psyche in Gefahr ist. Stress ist verantwortlich für durchschnittlich bis zu sechs Ausfalltage pro Jahr.
Das sind die größten Stressoren
Die Faktoren, die zu Stress führen, nennt man Stressoren. Das können Kälte, Hitze, Lärm, aber auch ständige Erreichbarkeit oder Zeitdruck sein. Sie können sowohl körperliche als auch psychische Probleme verursachen. Viele Deutsche leiden unter körperlichen Beschwerden durch die Arbeit. Doch nur wenige wissen, dass es sich dabei oft um Warnsignale des Körpers handelt, die auf Stress hinweisen.
In der Arbeitswelt gelten folgende Stressoren als besonders belastend:
- Zeit- und Termindruck,
- Überstunden,
- geringer sozialer Rückhalt am Arbeitsplatz,
- das Gefühl von Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz,
- Schichtarbeit,
- schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
- Arbeitsplatzunsicherheit und ‑umstrukturierung,
- das Gefühl des Kontrollverlustes im Job und zunehmend
- Problematiken im Zusammenhang mit der Digitalisierung.
Frauen lassen sich übrigens laut der Studie „Betriebliches Gesundheitsmanagement 2018“ der pronova BKK besonders durch zwischenmenschliche Konflikte stressen, wie etwa durch nörgelnde Kunden oder einen schwierigen Chef. Bei den Männern ist der Termindruck der größte Stressfaktor.
Im Unternehmen aktiv gegen Stress
Damit Stress nicht zur „Dauerschleife“ wird, ist es besser, ihn generell zu vermeiden oder zu reduzieren. Dazu kann der Einzelne genauso beitragen wie das Team und der ganze Betrieb. So sollte die Arbeit auf ausreichend viele Beschäftigte verteilt sein. Bei der Terminplanung sind ausreichend Zeitpuffer einzuplanen. Genauso wichtig ist es aber auch, dass man mit den Arbeitsmitteln gut und sicher arbeiten kann. Am Bildschirmarbeitsplatz verursacht zum Beispiel veraltete Software Stress. Und wer am Empfang oder im Kassenbereich ständig im Durchzug sitzt, ist davon gestresst.
Bei wem sich eine hohe Arbeitsintensität nicht vermeiden lässt, der sollte auf einen gesunden Ausgleich achten. Dazu gehören Erholungspausen, die regelmäßig und ausreichend lang durchgeführt werden ebenso, wie deren gesundheitsförderliche Gestaltung. Wer also viel und lange am Computer sitzt, sollte die Pausen nicht mit seinem Smartphone verbringen, sondern besser spazieren gehen oder sich mit Kollegen unterhalten.
Zum Stressabbau geeignet
Um Stress etwas entgegenzusetzen braucht es eine ganze Portion Selbstdisziplin. Besonders wichtig ist es, Anspannung und Entspannung in der Balance zu halten. Außerdem sollte man auf ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und Bewegung achten. Zum Entspannen und für die Erholung gut geeignet sind:
- körperliche Bewegung wie Spaziergänge,
- Entspannungstechniken wie autogenes Training oder Qi Gong,
- Sport nach Interesse,
- Yoga oder
- Massage.
Der Betrieb kann zum Beispiel durch Ruheräume, Massage am Arbeitsplatz, Betriebssport oder andere Angebote der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) zur Entspannung der Mitarbeiter beitragen.

Stress und Burnout
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Burnout-Syndrom gegenüber anderen Krankheiten abgegrenzt und definiert. Demnach entsteht es durch „chronischen Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verarbeitet wird“. Der Begriff soll in Zukunft ausschließlich im beruflichen Zusammenhang verwendet werden. Außerdem wurde Burn-out in die Klassifikationsliste ICD-11 aufgenommen, die im Januar 2022 in Kraft treten soll.

Welcher „Stress-Typ“ bin ich?
Stress bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Jeder reagiert auf die Anforderungen des Arbeits- und Privatlebens nach einem persönlichen Muster. Wer jedoch immer mit dem gleichen ineffektiven Verhaltensmuster auf ständige Überforderungen reagiert, kann krank werden.
Um sein persönliches Stressmuster zu erkennen, hat die Unfallkasse NRW einen kurzen Selbsttest entwickelt. Dieser besteht aus 24 Aussagen, die möglichst spontan als zutreffend oder weniger zutreffend eingeschätzt werden sollen. Das Stressprofil ist kein wissenschaftlicher Test, sondern gibt Anregungen und Denkanstöße für einen besseren persönlichen Umgang mit typischen Stressfallen. Der Test ist zu finden unter
www.unfallkasse-nrw.de, Suchwort Stressprofil (Stressprofil_2016.pdf)
Yoga gegen Stress
In einem Streitfall zwischen einer Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 2019 entschieden, dass ein Yoga-Kurs durchaus als berufliche Weiterbildung angesehen werden kann, wenn er den Umgang mit beruflichem Stress trainiert und so gegen Burnout vorbeugt.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. April 2019
(Az.: 10 Sa 2079/18)