Herr Ullmann, Eishockey ist ein schneller Sport, der mit vollem Körpereinsatz gespielt wird. Ist Ihnen das Verletzungsrisiko bewusst, wenn Sie auf das Eis gehen?
Das Verletzungsrisiko, das mitfährt, wäre ein schlechter Begleiter im Kopf. Natürlich sind wir uns bewusst, dass man sich verletzen kann, aber ich glaube, das Unfallrisiko im Straßenverkehr ist tatsächlich wesentlich höher. Wir betreiben diesen Sport ja professionell, sind gut ausgebildet und alle sehr, sehr gute Schlittschuhläufer. Wir sind zudem optimal ausgerüstet und wissen uns bei Stürzen zu schützen: Wir haben gelernt, ordentlich zu fallen, um schnellstmöglich wieder auf die Beine zu kommen.
Wie wichtig ist Ihnen Ihre Schutzausrüstung?
Ohne sie würde ich mich völlig unwohl auf dem Eis fühlen. Die Schutzausrüstung ist Bestandteil unseres Sports, sie gibt mir das notwendige Sicherheitsgefühl. Der Helm gehört dabei genauso dazu wie die Ellbogen- und die Knieschoner.
Wenn ich mit meinen Kindern einmal ohne Ausrüstung auf dem Eis bin, ist das in jedem Fall sehr ungewohnt, so ohne Kopf- und Schulterpolsterung. Wenn ich meine Eishockeyausrüstung anhabe, wiege ich zehn Kilo mehr. Das gibt mir auch einen ganz anderen Stand.
Die Augsburger Panther haben zudem ein tägliches Monitoring im Training zur Verletzungsprävention eingeführt. Wie funktioniert dieses Konzept und wie kommt es bei Ihnen an?
Für mich ist das auch noch ziemlich neu, aber ich finde, das ist eine Supersache. Der Sport wird dadurch zwar immer transparenter, gläserner, aber das kommt ja dem Sportler selbst zugute.
Wir betreiben hier jeden Morgen ein sogenanntes Reading, das heißt, ich lege mir vor dem Frühstück einen Pulsgurt um und kann mit Hilfe einer Handy-App schon einmal sehen, wie gut sich mein Körper regeneriert hat. Das ist ganz einfach in einem Ampelsystem dargestellt. Wenn wir zum Beispiel ein ziemlich schwieriges Auswärtsspiel hatten, acht Stunden im Bus nach Hause gefahren sind und dann nur noch drei Stunden schlafen konnten, zeigt es rot. Grün bin ich, wenn die Trainingsintensität normal war, ich meine acht, neun Stunden im eigenen Bett schlafen konnte und super erholt am nächsten Tag aufwache.
So weiß ich schon morgens, noch bevor ich in die Kabine gehe, wie ich drauf bin. Auf dem Eis werden wir dann weiter mit einem Chipsystem überwacht. Daran sehe ich, wie viele Sprints habe ich gemacht, wie viele Antritte , was für eine Gesamtleistung bin ich gelaufen, mit was für einer maximalen Geschwindigkeit habe ich gespielt, wie oft stand ich tatsächlich auf dem Eis – alles auf die Sekunde genau gemessen. Wenn man das über Wochen so verfolgt, ist das schon recht aufschlussreich und der Trainer kann sagen, „okay, der Junge ist sehr gut trainiert und topfit“ oder aber „ich nehme den besser mal einen Tag raus, vielleicht bahnt sich da etwas an“.
Die Ergebnisse sind dabei bisweilen auch für mich überraschend. Also ich bin schon mal morgens am Tisch gesessen und habe mich gar nicht gut gefühlt, hatte aber eine grüne Ampel. Andersherum dachte ich auch schon mal, hey, heute fühle ich mich Bombe, und dann war sie rot. Die Messungen helfen uns also, rechtzeitig gegenzusteuern und zum Beispiel auch einmal gezielt in den Obstkorb zu greifen.
Im Eifer des Gefechts, zum Beispiel bei Entscheidungsspielen, kann es schon einmal hoch hergehen. Hinzu kommt die aufgeheizte Atmosphäre in der Arena. Wie schaffen Sie es da, Ihre Emotionen im Griff zu behalten?
Man ist einfach voll und ganz auf das Spiel konzentriert. Es gibt ja bestimmte Spielzüge und taktische Vorgaben: Wenn der Gegner im Angriff ist, wissen wir, wie wir uns verteidigen wollen. Genauso steht fest, wie wir den Puck nach einem Puckgewinn so schnell wie möglich wieder nach vorne transportieren wollen. Darauf liegt der Fokus und dazu wird auf dem Eis und auf der Bank auch viel kommuniziert.
Das heißt, man bekommt die Atmosphäre drum herum schon mit, kann sie in entscheidenden Momenten aber ganz gut ausblenden. Aber natürlich gibt es bei uns auch Hitzköpfe, jedoch ebenso viele Jungs auf der Bank, die versuchen, diese wieder einzubremsen. Es bringt uns ja nichts, wenn einer durchdreht und wir daraufhin in numerischer Unterzahl auf dem Eis taktieren müssen. Wir versuchen, uns da auch gegenseitig ein bisschen im Zaum zu halten.
Steckbrief
- geboren 1983 in Altötting
- deutscher Eishockeyspieler
- aktuell Mittelstürmer bei den Augsburger Panthern
- gewann mit den Mannheimer Adlern 2007 und 2015 die deutsche Meisterschaft sowie 2007 den deutschen Eishockey-Pokal
- trat zwölf Mal bei Weltmeisterschaften für Deutschland an