Laut Statistischem Bundesamt sind Anfang des nächsten Jahrzehnts mehr als 40 Prozent aller Menschen im erwerbsfähigen Alter 50 Jahre und älter – mehr als 25 Prozent sind zu diesem Zeitpunkt sogar 55 Jahre und älter. Das heißt, die 50– bis 65-Jährigen werden zur stärksten Altersgruppe in Betrieben. Im Zuge dieser Entwicklung bekommt betriebliche Gesundheitsförderung einen immer höheren Stellenwert.
Grundlegend für die Gesunderhaltung der Mitarbeiter ist ein ergonomisch ausgestatteter Arbeitsplatz. In der Betriebssicherheitsverordnung aus dem Jahr 2015 ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung erstmals von einer „alters- und alternsgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen“ die Rede. Dies gilt auch und gerade für die Lichtverhältnisse.
Altersbedingte Veränderungen der Sehleistung
Mit zunehmendem Lebensalter nehmen Sehkraft und ‑schärfe deutlich ab und die Blendempfindlichkeit erhöht sich. Weitere altersbedingte Veränderungen sind etwa eine verzögerte Scharfeinstellung und Hell-Dunkel-Adaption, eine beeinträchtigte Tiefenwahrnehmung sowie Alterssichtigkeit. Beispielsweise braucht ein 70-Jähriger im Vergleich zu einem 20-Jährigen etwa eine dreifach höhere Leuchtdichte, um Reize wahrzunehmen. Zudem benötigen im Vergleich zu einem 25-Jährigen etwa 70 Prozent aller über 60-Jährigen einen mehr als dreimal so großen Kontrast, um eine äquivalente Leistungsfähigkeit ihrer visuellen Funktion zu erreichen. Bereits ab 40 sind die Alterungserscheinungen des Auges deutlich bemerkbar.
Demnach gilt es, eine individuelle, auf die jeweiligen Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmte Beleuchtungslösung zu finden, die den individuellen Anforderungen gerecht wird. Obwohl höhere Beleuchtungsstärken im Alter sinnvoll sind, muss zugleich der erhöhten Blendempfindlichkeit durch eine gute Entblendung Rechnung getragen werden. Abhängig von individuellen und aufgabenspezifischen Bedürfnissen ermöglichen dimmbare Arbeitsplatzleuchten eine variable Beleuchtungsstärke.
Nachholbedarf in der Industrie
In zahlreichen Industrieunternehmen wird bereits blendarme Hallenbeleuchtung mit hohen Beleuchtungsstärken eingesetzt, um das Risiko von Unfällen zu vermeiden und Mitarbeitern das Sehen zu erleichtern. Dass eine gute Beleuchtung als wichtig angesehen wird, bestätigt eine aktuelle Forsa-Umfrage, die das Institut im Auftrag des Herstellers Waldmann durchgeführt hat: Rund 94 Prozent der befragten Unternehmen bewerteten eine gute Beleuchtung als „sehr wichtig“ für den Erhalt der Gesundheit. Allerdings setzen mehr als die Hälfte der befragten Firmen bisher kaum oder gar keine individuellen Beleuchtungslösungen an den Industriearbeitsplätzen ein. Eine Aufgabe für Sicherheitsbeauftragte besteht also in der Prüfung, an welchen Arbeitsplätzen die Allgemeinbeleuchtung durch eine individuelle Beleuchtung ergänzt werden sollte. Neben der Dimmung können ein dreh- und schwenkbarer Leuchtenkopf sowie ein flexibles Gestänge für Flexibilität sorgen.
Biodynamisches Licht im Büro
Auch an Büroarbeitsplätzen empfiehlt es sich, die Allgemeinbeleuchtung mit individuellen Komponenten für jeden Mitarbeiter zu kombinieren. Eine Beleuchtung mit Direkt- und Indirektanteil sorgt für ein gleichmäßiges, angenehmes Licht am Bildschirmarbeitsplatz. Darüber hinaus bieten moderne Leuchtenhersteller biodynamische Lichtsysteme an. Diese – auch Human Centric Lighting genannten – Lichtkonzepte wirken auf das Wohlbefinden, indem der natürliche Tageslichtverlauf durch Kunstlicht nachgeahmt und somit der lichtabhängige Biorhythmus unterstützt wird. Da das zirkadiane System, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen verantwortlich ist, mit zunehmendem Alter schwächer und unpräziser wird, hilft biologisch wirksames Licht insbesondere älteren Menschen, Schlaf- und Aktivitätsprobleme zu vermeiden.
Interview mit Klaus-Jürgen Hahn
Biodynamisches Licht
Herr Hahn, wie wirkt Licht auf den Menschen?
Licht beeinflusst den natürlichen Biorhythmus des Menschen, es ist sozusagen für die Synchronisation seiner inneren Uhr verantwortlich. Das ist möglich, indem abhängig vom Farbspektrum des Tageslichts die Hormone Cortisol, Serotonin und Melatonin produziert werden. Diese Hormone
aktivieren Körperfunktionen am Morgen beziehungsweise senken die Aktivität am frühen Abend. Damit unser natürlicher Rhythmus nicht gestört wird, benötigen wir also eine ausreichende Menge an Tageslicht. Dies steigert unser Wohlbefinden und auch unsere Leistungsfähigkeit. Das Problem ist nur, dass sich der moderne Mensch viel in Innenräumen mit Kunstlicht aufhält und damit in biologischer Dunkelheit.
Welche Folgen hat das?
Das kann zu Beschwerden wie Schlafstörungen oder Antriebslosigkeit führen, im Extremfall sogar zu Depressionen. Deshalb wurde ein künstliches Licht entwickelt, das den dynamischen Verlauf des Tageslichtes in Beleuchtungsstärke und Lichtfarbe nachempfindet. Am Morgen sorgt dieses biodynamische Licht mit hohen Blauanteilen für einen aktiven Start in den Tag. Zur Mittagszeit hält ein neutrales Mischlicht die Konzentrationsfähigkeit aufrecht. Am Nachmittag wirkt ein Warmtonlicht mit erhöhten Rotanteilen entspannend und bereitet auf die Abendruhe vor.
Was passiert, wenn der natürliche Verlauf nicht eingehalten wird, sagen wir mal, um Mitarbeiter nachmittags leistungsfähiger zu machen?
In enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft halten wir uns mit unseren Lösungen strikt an das natürliche Vorbild. Wir zählen im Bereich der biodynamischen Beleuchtung zu den Pionieren. Seit 2004 setzen wir biodynamisches Licht in der Pflege ein und seit 2014 haben wir mit Professor Dr. med. Dipl. Ing. Herbert Plischke, Professor für Licht und Gesundheit an der Hochschule München, ein Lichtmanagementsystem für den Büroarbeitsplatz entwickelt. Ganz bewusst haben wir uns dazu entschlossen, das System so zu konstruieren, dass keine manuellen Veränderungen vorgenommen werden können. So werden Fehleinstellungen und möglicherweise daraus resultierende negative Einflüsse auf den Körper vermieden. Im Mittelpunkt steht schließlich der Mensch.
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