Frau Dr. Tegtmeier, können Sie kurz Ihre Forschungsarbeit skizzieren?
Es ist eine Scoping-Review, das heißt, nach einer groß angelegten Suche in Datenbanken waren es im Endeffekt 41 Untersuchungsergebnisse aus den Jahren 2007 bis Anfang 2016, die ich für das Review weiter ausgewertet habe.
Um welche Untersuchungen handelt es sich?
Das meiste davon sind Laboruntersuchungen, bei denen den Probanden spezifische Aufgaben gegeben wurden und dann geschaut beziehungsweise gemessen wurde, wie sie sitzen und stehen, wie stark die Nackenneigung und die Muskelspannung ist. Diese Werte habe ich in ein ergonomisches Risikobewertungssystem aufgenommen, um sie dann in bestimmte Risikostufen einordnen zu können.
Ist eine besonders starke Nackenneigung ein Risiko für körperliche Beschwerden?
Ja, mehr als 20 Grad Nackenneigung wird, zumindest im Bereich der Bildschirmarbeit, als nicht dauerhaft sinnvoll angesehen. In insgesamt 20 Studien wurden Nackenneigungen über 20 Grad festgestellt, und in drei von diesen 20 Studien sogar Nackenneigungen über 40 Grad. Wenn man die den ganzen Tag so einhalten würde, wäre das natürlich problematisch.
Das würde bedeuten, man soll die Geräte nicht so lange benutzen.
Es ist immer eine Frage der Dauer. Wir empfehlen, die Haltung zu variieren. Tückisch ist, dadurch dass es Touchscreen-Geräte sind, kann ich etwas Gutes für meinen Nacken tun, aber dann muss ich sie höher halten, was auch wieder unkomfortabel ist. Wenn ich nur lesen möchte, kann ich einen Aufsteller nutzen und den „Bildschirm“ auf die ergonomisch günstige Höhe und Weite einstellen. Aber sobald ich den Touchscreen auch benutzen will, kann ich entweder gut kucken oder gut drauf tippen und wischen.
Das Problem ist, dass es keine Trennung von Eingabe und Bildschirm gibt?
Genau, wenn man das kurzfristig als Arbeitsmittel einsetzt, ist es nicht problematisch. Aber wenn man Smartphone und Tablet länger einsetzt, ist es sinnvoll, externe Eingabemittel, wie Bluetooth-Tastaturen, zu verwenden.
Wie sieht es mit der Belastung der Hände aus?
Unter den ausgewerteten Studien waren auch medizinische Studien, die sich stärker auf die Nutzung des Daumens fokussiert haben. Sie beschrieben das Problem, dass bei sehr intensiver, andauernder Benutzung, man gerade bei kleineren Geräten den Daumen relativ geknickt hält. Auch aus dem Grund ist es sinnvoll externe Eingabegeräte zu verwenden. Natürlich ist das aber auch personenabhängig, etwa, wie große Hände man hat.
Sind größere Tastaturen eine Erleichterung?
Es hängt sehr stark davon ab, was ich mit den Geräten machen möchte, ob ich lieber ein größeres Gerät habe mit einer größeren Tastatur, auf der ich besser sehen und vielleicht auch besser tippen kann. Wenn ich das Gerät viel frei halten muss, ist es natürlich sinnvoller, ein kleineres, leichteres Gerät zu verwenden.
Dann lässt sich nicht so einfach sagen, ob Smartphones oder Tablets weniger den Körper belasten?
Das hängt von der Arbeitsaufgabe und der Tätigkeit ab. Teilweise kann man auch eine Kombination fahren. Wenn jemand zum Beispiel im Störungsmanagement arbeitet, kann er zum Erhalt von Nachrichten ein Telefon verwenden und längere Texte auf einem Tablet lesen. Da können Unternehmen auch kreativ sein.
Was sollten Unternehmen berücksichtigen, wenn es darum geht, welche Geräte sie ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen?
Sie sollten beachten, wofür sie genau verwendet werden. Dazu gehört, welche Bildschirmgröße die Nutzer benötigen, ob sie etwa Zeichnungen im Detail erkennen müssen. Auf größeren Displays kann man natürlich besser lesen. Sie sollten allerdings gegen Runterfallen gesichert sein. Macht man einen Schutz um das Tablet, muss man auch wieder beachten, wie dieser die Sicht beeinflusst oder ob sich dadurch der erforderliche Andruck beim Tippen verändert. Auch die Ausrüstung der Nutzer spielt eine Rolle. Tragen Sie Schutzhandschuhe, sollte die Tastatur größer sein. Am besten ist es, sich vor Anschaffung mit den Beschäftigten zusammenzusetzen und alle diese Dinge zu besprechen, vielleicht sich mal ein paar Geräte auszuleihen und zu testen. Werden die Geräte dann als Arbeitsmittel eingeführt, sollten die relevanten Gefährdungsbeurteilungen aktualisiert beziehungsweise durchgeführt werden. Und die Beschäftigten entsprechend unterwiesen werden.
Werden nicht auch die Augen belastet?
Ja, durch Spiegeln und Blenden. Das geht dann zwar nicht so sehr auf die Augen, aber wieder auf den Rücken und Nacken, wenn man versucht das Gerät zu beschatten. Bei Nutzung in sehr hellen Umgebungen oder im Wechsel draußen und drinnen sollten Geräte mit sehr hoher Kontrastschärfe verwendet werden. Es gibt übrigens auch Folien, die man einfach aufkleben kann und die Spiegelungen und Blendungen verringern.
Plant die BAuA noch weitere Forschungen zu dem Thema?
Die Bundesanstalt greift die Frage neuer digitaler Technologien grundsätzlich auf. Wir setzen uns damit systematisch auseinander und werden neu aufkommende Chancen und Risiken in den Blick nehmen, denn in der neuen Arbeitsstättenverordnung sind ja jetzt auch die mobilen Geräte berücksichtigt.
Praxis-Tipps
- Smartphones und Tablets nicht zu lange benutzen.
- Dabei die Haltung möglichst variieren.
- Bei der Eingabe von längeren Texten externe Eingabemittel, wie Bluetooth-Tastaturen, verwenden.
- Bei Nutzung in hellen Umgebungen oder bei häufigem Wechsel von drinnen nach draußen Geräte mit hoher Kontrastschärfe verwenden.
- Gegen Spiegeln und Blenden können entsprechende Folien helfen.
- Die Nutzer in die Entscheidung für bestimmte Geräte einbeziehen und sie diese unter Umständen testen lassen.
- Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeit aktualisieren beziehungsweise durchführen.