Vor der Supermarktkasse hat sich eine lange Kundenschlange gebildet. Es ist Feierabendzeit und jeder will schnell nach Hause. Die Kassiererin schiebt die Produkte flink über das Scannerfeld. Obst und Gemüse muss sie selbst abwiegen und von Hand eingeben. Und da passiert es: In der Hektik drückt sie Mandarinen statt Orangen, die heute im Angebot sind.
Abweichung von der Regel
Ein Fehler meint eine Abweichung vom optimalen Zustand oder von einem Verfahren oder dem Richtigen. Letzteres trifft auf das Beispiel aus dem Supermarkt zu. Man unterscheidet zudem verschiedene Fehlerarten wie Planungsfehler, Ausführungsfehler – wie im Fallbeispiel – oder Regelverstoß. Mit einem Fehler bezeichnet man außerdem eine schad- oder mangelhafte Stelle. Aber auch eine falsche Entscheidung oder Handlung wird so genannt.
Fehler im System
Ist letztlich immer der Mensch verantwortlich, wenn wir von einem Fehler sprechen? Nein, denn beispielsweise ein angeborener Herzfehler oder ein Materialfehler sind nicht menschlich verursacht, werden aber auch als Fehler bezeichnet. Allerdings führt menschliches Fehlverhalten immer wieder zu einem Ereignis oder zu einem Unfall, bei dem Sachschäden entstehen oder auch Menschen zu Schaden oder gar zu Tode kommen. Doch oft ist nicht der unmittelbar Handelnde die alleinige Ursache für das Geschehen, sondern ein vorausgegangener Fehler. Im Beispiel des Supermarktes könnte es Stress sein, weil zu wenige Kassen geöffnet wurden. Das könnte wiederum daran liegen, dass in Folge schlechter Arbeitsorganisation zu wenig Personal im Einsatz ist. Und diese Ursachenkette lässt sich durchaus noch weiterspinnen. Doch häufig konzentrieren wir uns auf den Fehler oder den Verursacher. Dabei gibt es auch Rahmenbedingungen, die fehlerhaftes Verhalten begünstigen. Uns so sind die Rahmenbedingungen bei einer Fehleranalyse mit einzubeziehen. Die grundlegendste Ursache – auch als Root Cause bezeichnet – zu ermitteln, kann manchmal aufwendig sein.
Was Fehler begünstigt
Die Ursachen, warum bei der Arbeit Fehler begangen werden, sind vor allem:
- geringe Aufmerksamkeit oder Konzentration,
- mangelnde Motivation, Ablenkung, Müdigkeit oder Stress,
- monotone Tätigkeiten oder hohe Arbeitsbelastung über eine lange Zeitdauer,
- Bedienfehler an einer Maschine oder ihr nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch,
- Verschleiß oder Materialermüdung sowie mangelnde Wartung oder Instandsetzung,
- Störungen im Arbeitsumfeld wie Lärm,
- mangelhafte Kommunikation im Team,
- der Konsum von Medikamenten, Alkohol oder Drogen,
- geringe Kenntnisse und wenig Fachwissen,
- unüberlegtes oder vorschnelles Handeln oder eine falsche Wahrnehmung.
Jeder Mensch macht Fehler
Junge unerfahrene Mitarbeiter machen häufiger Fehler. Aber auch ältere sind vor einem Fehlverhalten nicht gefeit. Ihnen passieren zum Beispiel Fehler, weil sie bei Routinearbeit „betriebsblind“ sind oder weil eine riskante Handlung bisher „noch immer gut gegangen ist“. Kommen mehrere schlechte Umstände zusammen, steigt das Fehlerrisiko. Und wenn die Aufgaben für den Einzelnen zunehmen, so steigt für ihn auch die Zahl der Fehlermöglichkeiten.
„Jeder Mensch macht Fehler, so zwischen zwei und vier pro Stunde, wobei Fehler nicht gleich Fehler ist“, so Michael Frese, Professor für Psychologie, Innovationsforschung und Entrepreneurship an der Leuphana Universität Lüneburg. Manche Fehler sind lediglich peinlich. Andere lösen Angst oder Ärger aus. Letztlich sind sie alle menschlich. Im Zusammenleben und bei der Zusammenarbeit ist der Umgang mit Fehlern entscheidend. Fehlermöglichkeiten auszuschalten ist das eine. Über Fehler reden zu können, ist jedoch der wichtigste Bestandteil einer guten Fehlerkultur.