Wenn in den Waschräumen Ihres Unternehmens plötzlich besonders häufig das Lied „Happy Birthday“ zu hören ist, proben die Kollegen eher kein Geburtstagsständchen. Wahrscheinlicher ist, dass sie einen Tipp der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beherzigen. Demnach soll man beim Händewaschen nämlich so lange sorgfältig mit Wasser und Seife hantieren, wie man braucht, um zweimal das berühmte Glückwunschlied zu singen.
Ein solch gründliches Waschen der Hände ist eine ebenso einfache wie geniale Gesundheitsprävention. Denn bis zu 99,9 Prozent der an Händen haftenden Krankheitserreger lassen sich mit Wasser und Seife entfernen. Ein entscheidender Faktor, da laut WHO bis zu 80 Prozent aller Infektionskrankheiten über die Hände übertragen werden. Weil jeder Mensch im Durchschnitt 16 Mal pro Stunde sein Gesicht berührt, können Keime leicht über die Schleimhäute von Mund, Nase und Augen in den Körper gelangen und Infektionen auslösen. Das Händewaschen kann diese Kette unterbrechen – wenn man es richtig macht und sich ein bisschen Zeit nimmt.
Gründliches Händewaschen gelingt in fünf Schritten:
- Halten Sie die Hände zunächst unter fließendes Wasser. Die Temperatur können Sie so wählen, dass sie angenehm ist. Für die Reinigung spielt die Temperatur keine Rolle, aber zu warmes Wasser laugt die Haut aus.
- Seifen Sie dann die Hände gründlich ein – bevorzugt mit Flüssigseife aus einem Spender, die insbesondere in öffentlichen Waschräumen hygienischer ist als ein Seifenstück.
- Reinigen Sie dann Handinnenflächen und Handrücken, Fingerspitzen und Fingerzwischenräume, Fingernägel und Daumen. Ringe und eventuell sogar die Armbanduhr legen Sie dabei am besten ab. Und nicht vergessen: Singen Sie dabei zweimal Happy Birthday! Mit Seife die Hände zu waschen, ist übrigens deutlich wirksamer als mit Wasser allein, denn die Waschsubstanzen lösen neben Schmutz auch Keime von der Haut ab. Außerdem befinden sich manche Erreger im natürlichen Fettfilm der Haut und lassen sich nur mit Wasser kaum entfernen.
- Spülen Sie danach die Hände unter fließendem Wasser ab und schließen Sie den Wasserhahn mit dem Ellenbogen oder einem Einmalhandtuch.
- Trocknen Sie zum Abschluss die Hände sorgfältig ab, auch in den Fingerzwischenräumen. Handtücher aus Textil oder Papier sind laut DGUV übrigens Warmlufttrocknern hygienisch deutlich überlegen. In öffentlichen Toiletten sind Einmalhandtücher am besten geeignet, zu Hause sollte jeder sein persönliches Handtuch benutzen.
„Wichtig ist vor allem, sich die notwendige Zeit für das gründliche Waschen der Hände zu nehmen“, sagt der Arbeitsmediziner Tilman Günther. „Denn es reicht keinesfalls aus, die Finger einfach ein paar Sekunden lang unter den laufenden Wasserhahn zu halten.“ Vielmehr sollte richtiges Händewaschen mehrmals am Tag Routine sein. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist nämlich nicht die Toilettenbrille die gefährlichste „Keimschleuder“. Besonders hoch ist die Dichte an Krankheitserregern überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten. Vor allem in geschlossenen Räumen sammeln sich Bakterien und Viren in der Luft, aber natürlich auch an Gegenständen. Am Arbeitsplatz sind dies insbesondere Computertastaturen, PC-Mäuse und ‑Bildschirme, Drucker, Kopierer oder Telefonhörer. Und auf vielen Oberflächen können Keime lange überleben, unter Umständen auch Tage lang.
Seife grundsätzlich ausreichend
Von Desinfektionsmitteln hält Dr. Tilman Günther jenseits der vorgeschriebenen Bereiche – Gesundheitsberufe, Lebensmittelindustrie, Gastronomie – übrigens wenig: „Zum einen können Handdesinfektionsmittel dazu führen, dass Mikroorganismen Resistenzen entwickeln – und dieser Mechanismus bietet dann ausgerechnet den resistenten Keimen einen Überlebensvorteil gegenüber den nicht resistenten Mikroorganismen, die das Mittel abtötet. Zum anderen sind auch normale Seifen in der Lage, Keime zu entfernen, die beispielsweise Durchfall- und Atemwegserkrankungen verursachen. Gründliches Händewaschen reicht daher im Alltag völlig aus.“
Ansteckung vermeiden
Bei vielen Infektionskrankheiten lässt sich das Ansteckungsrisiko deutlich senken, wenn Beschäftigte – zusätzlich zum regelmäßigen Waschen der Hände – einige einfache, aber wichtige Hygieneregeln einhalten. Dies sind:
- Regelmäßig lüften: In geschlossenen Räumen kann die Anzahl der Viren in der Luft stark ansteigen. Um das Ansteckungsrisiko zu senken, sollte mindestens drei- bis viermal am Tag für jeweils zehn Minuten gelüftet werden. Oft verbessert sich so auch das Raumklima, das ist gut für die Schleimhäute.
- Reinigungsfrequenz prüfen: Auf Oberflächen wie Cafeteria-Tischen, Türklinken und Schreibtischen können Erreger mehrere Stunden überleben. Eine häufigere Reinigung kann das Ansteckungsrisiko senken.
- Zusammenarbeit anpassen: Es kann sinnvoll sein, in der Grippe- und Erkältungszeit im Unternehmen oder beim Kontakt mit Kunden auf das Händeschütteln zu verzichten und Desinfektionsmittelspender aufzustellen.
- Ein bewusster Umgang mit sich selbst kann das Ansteckungsrisiko ebenfalls deutlich senken. Dazu gehören Bewegung an der frischen Luft, eine gesunde Ernährung mit reichlich Obst und Gemüse, ausreichend Schlaf.
- Hygienisch husten: „Hand vor den Mund“ ist beim Husten und Niesen eine ungesunde Strategie. Hygienischer ist es, nicht in die Hand, sondern in ein Einmaltaschentuch oder in den Ärmel zu husten und zu niesen. Einmaltaschentücher sollten wirklich nur einmal benutzt und dann sofort entsorgt werden.
- Zuhause auskurieren: Wer krank zur Arbeit geht, gefährdet nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die der Kollegen. Beschäftigte werden außerdem schneller wieder gesund, wenn sie ihren Infekt zuhause auskurieren.