Schon morgens kam der Kollege etwas blass und kaltschweißig im Gesicht zur Arbeit. Den ganzen Vormittag klagte er über Unwohlsein.
Mittags passiert es dann: Zusammenbruch. Kreislaufstillstand. Plötzlicher Herztod. Die Zeit läuft ab. Nur wenige Minuten bleiben, um das Leben des Kollegen zu retten oder schwerwiegende gesundheitliche Folgen zu vermeiden.
Zum Glück sind die Ersthelfer sofort da. Bewusstseins-Check. Atmung kontrollieren. Atemstillstand. Keine Zeit für Diskussionen. Oberkörper freimachen. Herzdruckmassage. Das beherzte Eingreifen versorgt das Gehirn weiter mit Sauerstoff – der erste Schritt zur Lebensrettung ist getan.
Stromstoß gegen Kammerflimmern
Was sich im Brustkorb des Betroffenen abspielt, können die Ersthelfer nicht sehen: Der Herzmuskel zuckt unkontrolliert, er „flimmert“. In diesem Zustand wird er nicht wieder von alleine anfangen zu schlagen. Nur ein lebensrettender Stromstoß kann dafür sorgen, das Kammerflimmern zu beenden.
Die Ersthelfer haben umgehend den Notruf abgesetzt. Der Rettungsdienst wird in acht Minuten eintreffen. Im Erdgeschoss hängt seit einigen Jahren der AED. Ein Helfer bringt das Gerät zum Notfallort. Die Herzdruckmassage und die Beatmungen laufen weiter. Die Elektroden werden aufgeklebt. Es piept. „Patienten nicht berühren! Herzrhythmus wird analysiert“, tönt es aus dem Lautsprecher.
Für einen Augenblick herrscht Stille. „Schockabgabe wird vorbereitet. Patienten nicht berühren! Schock wird jetzt abgegeben.“ Nur wenige Sekunden hat das Gerät benötigt, um die abgeleiteten Herzströme mit seiner internen Datenbank zu vergleichen. Das Kammerflimmern wurde eindeutig erkannt. Ein letzter Warnton wird abgegeben. Die Ersthelfer sind vorbereitet und halten ihre Hände, wie sie es gelernt haben, gut sichtbar nach oben. Im nächsten Augenblick schießen 2000 Volt mit einigen Ampere Stromstärke durch den Brustkorb des Betroffenen. Innerhalb weniger Millisekunden erreichen sie die Herzmuskelzellen und sorgen dort für die „Depolarisation“, also das Zurücksetzen des Reizleitungssystems am Herzen.
Das Kammerflimmern ist beendet. Das Herz hat die Möglichkeit, wieder im eigenen Rhythmus zu schlagen. Als der Rettungsdienst eintrifft, atmet der Betroffene wieder selbstständig. Der Notarzt gibt Medikamente und stabilisiert den Patienten für den Transport. Die sofort eingeleitete Reanimation und die rasche Defibrillation haben das Leben des Kollegen gerettet.
150.000 Betroffene jährlich
So oder ähnlich können die Berichte nach dem Einsatz des AED klingen. Rund 150.000 Menschen sind jährlich in Deutschland vom plötzlichen Herztod betroffen. Fast immer tritt dabei Kammerflimmern auf, das in den ersten Minuten durch eine Defibrillation beendet werden kann.
Je länger mit dem Stromstoß gewartet wird, desto niedriger die Überlebenschancen. Optimal ist eine sofort eingeleitete Reanimation mit Herzdruckmassage und Beatmungen. Die Abgabe des ersten Schocks sollte innerhalb von drei Minuten nach Eintritt des Kreislaufstillstandes erfolgt sein. Die Chance auf einen eigenen Herzschlag steigt so bereits vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes enorm an.
Fehlbedienung ausgeschlossen
Überall dort, wo viele Menschen zusammenkommen ist daher die Anschaffung eines Defibrillators sinnvoll – zum Beispiel am Arbeitsplatz, Die Geräte unterstützen die Ersthelfer im Notfall durch eindeutige Kommandos und entscheiden selbsttätig über die Abgabe des Schocks. Eine unabsichtliche Fehlbedienung ist somit ausgeschlossen. Die Erkennungsrate, mit der die Geräte die Herzströme analysieren und den Schock freigeben, liegt bei rund 99 Prozent – es braucht also niemand die Befürchtung zu haben, „aus Versehen“ einen Schock abzugeben.
Die Defibrillation ist bereits seit mehr als zehn Jahren Thema im Erste-Hilfe-Lehrgang. Wer die Fortbildung für betriebliche Ersthelfer besucht, hat dort Gelegenheit, die Nutzung eines AED für den Notfall zu trainieren. Dort wird auch das Zusammenspiel von Herzdruckmassage, Beatmung und Defibrillation geübt.
Der AED ersetzt dabei keineswegs die Wiederbelebungsmaßnahmen – im Gegenteil: Nur die unverzügliche Herz-Lungen-Wiederbelebung mit zusätzlicher Defibrillation erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit signifikant.
Autor: Jochen Taubken, Leiter des Sachgebiets „Betriebliches Rettungswesen“ im Fachbereich „Erste Hilfe“ der DGUV
Wichtige Fragen zum betrieblichen Einsatz
Immer mehr Unternehmen entschließen sich dazu, einen oder mehrere AED vorzuhalten. Damit der Einsatz im Betrieb reibungslos funktioniert, sollten folgende Fragen geklärt sein:
- Ist die Anzahl der AED so bemessen, dass überall innerhalb von drei Minuten der erste Schock abgegeben werden kann?
- Sind die Standorte der AED allen Mitarbeitern bekannt? Sind die Aufbewahrungsorte der Geräte eindeutig gekennzeichnet? Werden alle Ersthelfer regelmäßig fortgebildet (normalerweise alle zwei Jahre)?
- Sind die Ersthelfer in die Besonderheiten der Geräte eingewiesen?
- Finden regelmäßige Unterweisungen mit Informationen zum sicheren Gebrauch des AED statt?
- Gibt es eine Betriebsanweisung zum AED, die alle wichtigen Informationen zum Gerät enthält?
- Wer ist im Unternehmen der Ansprechpartner für die Geräte? Wer kümmert sich um Pflege/Instandhaltung der AED?
Müssen Sie noch Überzeugungsarbeit zur Anschaffung eines AED leisten? Beispiele für erfolgreiche AED-Einsätze in aller Welt finden Sie unter
Praxis-Tipp:
Die Bedienung des AED ist einfach. Die Geräte starten nach dem Öffnen selbsttätig und führen die Ersthelfer durch die weiteren Schritte. Das 1x1 der Defibrillation lautet:
- Bewusstsein prüfen. Bei Bewusstlosigkeit sofort um Hilfe rufen. Notruf veranlassen.
- Atmung prüfen. Wenn keine normale Atmung vorhanden ist, sofort mit der Wiederbelebung beginnen. Ein weiterer Helfer holt den AED.
- Oberkörper freimachen. 30 Herzdruckmassagen durchführen und 2‑mal beatmen. Fortsetzen, bis der AED einsatzbereit ist.
- Das Gerät öffnen und den Anweisungen folgen. Elektroden auf dem Oberkörper aufkleben, dabei Abbildungen beachten. Die Herzdruckmassage/Beatmung möglichst nicht unterbrechen!
- Während der Analyse durch den AED die Wiederbelebung stoppen.
- Bei manueller Schockabgabe vorher warnen: „Achtung, Schock!“ Den Betroffenen bei der Schockabgabe nicht berühren! Schock auslösen.
- Wiederbelebung mit Herzdruckmassage und Beatmung fortführen. Die erneute Analyse durch den AED erfolgt automatisch nach zwei Minuten.
- Fortfahren, bis der Rettungsdienst übernimmt oder der Betroffene wieder selbstständig atmet.