In 60 Prozent aller Berufe hat die Kommunikation – also auch das Sprechen – eine große Bedeutung. Doch für die meisten redeintensiven Berufe gibt es keine Stimm- und Sprechausbildung. Dabei würde dies dazu beitragen, dass Beschäftigte ihre Stimme pfleglicher behandeln und dass sie Techniken anwenden könnten, die es der Stimme ermöglichen, auch bei größeren Belastungen gesund zu bleiben.
Der Stimme kommt bei der Kommunikation eine tragende Rolle zu. Mit ihr übermitteln wir Botschaften, drücken unsere Persönlichkeit aus und verraten oft auch unseren Gemüts- und Gesundheitszustand. In der Stimme schwingen also Anspannung, Stress, Trauer, Müdigkeit, aber auch positive Empfindungen wie Freude oder Zuneigung mit.
Studien belegen, dass bei einem Redebeitrag – zum Beispiel einem Kundengespräch – die Worte und die Körpersprache rund 60 Prozent der Wirkung ausmachen. Die restlichen fast 40 Prozent entfallen auf die Stimme. Bei einem Telefonat ist der Anteil sogar noch größer, da die Körpersprache hier nicht zum Tragen kommt. Mit Stimme sind unter anderem Tonlage, Tonhöhe, Lautstärke und Akzente gemeint.
Atmung und Körperhaltung
Wie entsteht Stimme eigentlich? Die Stimme wird im Kehlkopf gebildet und durch die Stimmlippen erzeugt. Strömt der Atem durch die geöffneten Stimmlippen, hören wir nichts. Die Ausatemluft kann die geschlossenen Stimmlippen aufsprengen. Durch Änderungen der Druck- und Strömungsverhältnisse beginnen die Stimmlippen zu schwingen. So entsteht der Stimmton. Dieser breitet sich dann durch Rachen, Mund und Nase aus, die für einen Menschen typische Stimme erklingt.
Großen Einfluss auf die Stimmgebung haben außer der Atmung auch die Körperhaltung sowie die Muskelspannung. Eine aufrechte, lockere Körperhaltung begünstigt die Atmung und wirkt sich positiv auf den Stimmklang aus. Ist der Körper frei von Verspannungen vor allem im Schulter‑, Nacken- und Halsbereich, können die Stimmlippen frei schwingen und die Stimme klingt klar.
Eine gesunde Stimme ist:
- klar und klangvoll,
- mühelos und entspannt,
- frei von Nebengeräuschen wie zum Beispiel Rauheit,
- je nach Situation hoch oder tief, kräftig oder leise.
Wenn die Stimme versagt
Wenn die Stimme versagt, kann das viele Gründe haben wie zum Beispiel ein Infekt, Überbelastung oder Knötchen auf den Stimmbändern. Bei einer Heiserkeit wird erst die Stimme rau. Kommt zur Heiserkeit eine Überbeanspruchung der Stimmbänder sowie Reizungen oder Entzündungen im Hals- und Rachenbereich durch eine Erkältung hinzu, so schwellen die Schleimhäute an, der Hals schmerzt. Die Stimmbänder können nicht mehr frei schwingen, die Stimme versagt.
Zum Glück ist eine Heiserkeit meist nach wenigen Tagen verschwunden. Doch bei manchen Menschen kann sie chronisch werden. Ist die Stimme oft oder über länger als 14 Tage heiser, sollte man besser zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt gehen. Die Gefahr bleibender Schäden bei unbehandelten Stimmerkrankungen ist sehr hoch.
Tipps vom Logopäden im Akutfall:
- Halten Sie möglichst Stimmruhe.
- Wenn Sie sprechen müssen, dann langsam, deutlich, leise und mit vermehrten Sprechpausen.
- Trinken Sie mindestens zwei Liter über den Tag verteilt, am besten Wasser oder Kräutertee.
- Inhalieren Sie mit Kochsalzlösung.
- Lutschen Sie Kräuterbonbons – der Fachmann rät: ohne ätherische Öle.
- Gurgeln Sie mit Salbeitee oder einer Kochsalzlösung.
Stimmfunktionsstörungen bis hin zum Stimmversagen kennen knapp zehn Prozent aller Beschäftigten, so eine Studie der Tekomedia aus dem Jahr 2006. Bei Sprechberufen liegt die Zahl doppelt bis dreimal so hoch. So heißt es in der Studie weiter, dass 16 Prozent aller Call-Center-Agenten in Deutschland an Stimmstörungen leiden.
Vor allem ein hoher Hintergrundgeräuschpegel stellt einen großen Belastungsfaktor für die Stimme dar. Denn der führt dazu, dass lauter und zum Teil höher gesprochen wird. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch bei Lehrern die Zahl der Betroffenen hoch ist.
Wenn die Stimme schnell ermüdet
Eine Stimmstörung, in der Medizin als Dysphonie bezeichnet, ist das Resultat einer fehlerhaften Koordination im Bewegungsablauf des Stimmgebungsapparats. Die Belastbarkeit der Stimme ist häufig stark eingeschränkt und es kommt schnell zu Ermüdungserscheinungen. Begleitsymptome können Kratzen, Trockenheits- und/oder Fremdkörpergefühl im Rachenraum sein. Außerdem sind häufig Fehlhaltungen, ein verändertes Sprechtempo oder eine verminderte Atemkapazität festzustellen.
Stimmstörungen stehen immer in engem Zusammenhang mit der Persönlichkeit und dem privaten und beruflichen Umfeld des Betroffenen. Veranlagung, ungünstige stimmliche Gewohnheiten, falscher Stimmgebrauch, stimmliche Überlastung aber auch psychische Probleme können Stimmstörungen begünstigen.
Eine Stimmstörung kann vorliegen, wenn …
- über längere Zeit Heiserkeit auftritt,
- man sich sehr häufig räuspern muss,
- die Stimme kurz- oder längerfristig ganz wegbleibt,
- die Stimme schnell ermüdet oder das Sprechen anstrengend ist,
- die Sprechstimmlage unangemessen hoch oder tief ist,
- die Tonhöhe beim Sprechen nicht gesteuert werden kann,
- es Probleme beim lauten oder leisen Sprechen gibt oder
- Schmerzen, Druck‑, Brenn- oder Kratzgefühle beim Sprechen auftreten.
Stimmstörungen können auch als Folge einer psychischen Belastung oder einer nicht ausreichend bewältigten Stress-Situation auftreten. In seltenen Fällen kann dies bis zum vollständigen Ausbleiben der Stimme führen.
In der Regel sind Patienten mit chronischen Stimmleiden nach etwa neun Monaten wieder beschwerdefrei, wenn sie sich zum Beispiel bei einem Logopäden behandeln lassen.
Die eigene Stimmlage finden
Eine raue Stimme ruft oft Abwehr hervor und Heiserkeit wird gerne mit Nervosität in Verbindung gebracht. Wer also bei Kollegen und Kunden einen positiven Eindruck hinterlassen will, sollte auf seine Stimme achten. So führen zum Beispiel Stress oder Aufregung dazu, dass man höher spricht. Dabei strengt eine tiefe Stimmlage den Kehlkopfmuskel weniger an, entlastet die Stimmbänder und wirkt entspannt – und zwar auf einen selbst und auf den Zuhörer.
Erfolgreiches Sprechtraining
In den seltensten Fällen gibt es in den Ausbildungen für sprechintensive Berufe ein Sprechtraining. Und auch Fortbildungen werden kaum von Arbeitgebern angeboten. Doch wer sich im Internet auf die Suche macht, findet eine ganze Reihe an Angeboten, meist von privaten Anbietern. Ihr fachlicher Hintergrund reicht vom Gesangslehrer über den Atemtherapeuten bis hin zum Logopäden. Bei Studien hat sich gezeigt, dass ein Stimmtraining über einen längeren Zeitraum und mit kurzen Übungseinheiten am erfolgreichsten ist. Dadurch wird die Stimme belastbarer und leistungsfähiger. Der Nutzen ist groß. Das Training trägt zur Gesundheit der Beschäftigten bei und spart letztlich Kosten für das Unternehmen und die Gemeinschaft, die durch krankheitsbedingte Ausfälle entstehen können.
Außerdem können Arbeitgeber mit präventiven Maßnahmen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter gut bei Stimme bleiben, etwa durch …
- eine gute Raumakustik,
- eine Arbeitsorganisation, die Arbeiten ohne Zeitdruck ermöglicht,
- regelmäßige Unterweisungen zur Stimme als Arbeitsinstrument,
- Informationsveranstaltungen zu Schädigung und Schonung der Stimme,
- das Bereitstellen von stillem Mineralwasser und Tee sowie
- durch regelmäßige Schulungen zum richtigen Sprechen und Atmen.
Literaturhinweis:
Broschüre Stimmstörungen – Informationen für Betroffene und Angehörige des Deutschen Bundesverbandes der akademischen Sprachtherapeuten unter www.dbs-ev.de
DGUV Regel 115–402, Branche Call Center
Flyer Stimme – Ausdruck Ihrer Persönlichkeit unter www.nalogo-logopaedie.de
Das belastet die Stimme
- Rauchen, denn das Nikotin schädigt die Schleimhäute und reizt die Stimmbänder
- Räuspern. Husten Sie lieber leicht und trinken Sie einen Schluck Wasser.
- Flüstern strengt die Stimmbänder sehr an.
- Bei Erkältung sprechen.
- Schnell und hoch sprechen. Bei Stress sollte man durchatmen, damit man sich und die Stimme entspannt.
Das tut der Stimme gut
- Räume regelmäßig lüften, damit die Luft nicht zu trocken wird.
- Aufrecht und gerade sitzen und stehen.
- Tägliches Stimmtraining für den Berufsalltag.
Praxis-Tipps
So können Sie Ihre Stimme trainieren:
- Die eigene Stimmlage lässt sich ganz einfach durch Summen herausfinden. Summen Sie morgens oder vor der Arbeit, dadurch pendelt sich die Stimme tiefer ein. Hier die passende Übung dazu: Stellen Sie sich vor, Sie telefonieren mit jemandem. Nun bestätigen Sie dem Gegenüber mit einem „mhm“
(= summen), dass Sie noch dran sind. Wiederholen Sie das „mhm“ ruhig ein paar Mal. Gehen Sie dann zu einem gelangweilten „Ja, ja“ über. Und dann zählen Sie ganz gelassen bis fünf. Nun sollten Sie ihren Eigenton gefunden haben. - Erlernen und trainieren Sie die Bauchatmung.
- Schnalzen Sie mit der Zunge. Das stärkt die Zungenmuskulatur und verbessert die Artikualtion.
- Sprechen Sie mit einem Korken zwischen den Zähnen. Das lockert den Kiefer.