Die Dachdeckerfirma Scholl & Briller wurde als „Sonderpreisträger Gesundes Handwerk“ ausgezeichnet. Scholl & Briller beschäftigt 15 Mitarbeiter und besteht schon in der vierten Generation. Die Firma engagiert sich seit einigen Jahren stark in der betrieblichen Gesundheitsvorsorge. Das Engagement von Scholl & Briller gründet auch auf der Erfahrung, dass ältere Kollegen häufig ihre Arbeit aufgeben: Der Beruf des Dachdeckers geht mit hohen gesundheitlichen Risiken einher.
Thomas Briller, zusammen mit Erich Scholl Geschäftsführer des Unternehmens: „Wir stellen als Dachdecker immer wieder fest, dass unsere Mitarbeiter sichtlich Probleme haben, das gesetzliche Renteneintrittsalter zu erreichen. Viele scheiden aus dem Dachdeckerberuf aus und nehmen Tätigkeiten mit geringerer Belastung an, so zum Beispiel Hausmeisterjobs.“ Nach Einschätzung von Thomas Briller ist Gesundheitsvorsorge im Bauhandwerk bisher kein großes Thema: „Aus meinen Gesprächen mit anderen Firmeninhabern sehe ich nicht, dass Betriebliches Gesundheitsmanagement einen hohen Stellenwert in der täglichen Arbeit einnimmt.“
Obst und Sonnencreme im Einsatz
Die Firma Scholl & Briller hat das Problem erkannt und betreibt schon seit einigen Jahren aktive Prävention. Für
die Mitarbeiter ist Gesundheitsvorsorge selbstverständlicher Bestandteil ihres beruflichen Alltags geworden. Dachdecker, die mit Obst und Sonnenschutzcreme auf der Baustelle erscheinen – das entspricht nicht unbedingt dem Klischee eines Handwerkers. Doch gesunde Ernährung gehört bei Scholl & Briller genauso zur Gesundheitsvorsorge wie der Schutz vor Hautkrebs. So führt demnächst die Krankenkasse IKK Classic einen Workshop zur Hautkrebsprävention für die Mitarbeiter durch. Zuvor gab es bereits Schulungen der IKK Classic zu den Themen körperliche Belastung, Ernährung, psychische Belastung und Sucht. Die Referenten dieser Krankenkasse haben starken Bezug zum Handwerk und kennen daher die Sorgen und Nöte dieser Branche gut.
Analysen und Investitionen
Die Angebote zur Gesundheitsvorsorge sind bei Scholl & Briller für einen mittelständischen Handwerksbetrieb erstaunlich vielfältig. Dabei hat die Firma von Anfang an ein konkretes Konzept verfolgt. Thomas Briller: „Wir haben sehr viel in den letzten drei Jahren verändert. Der Start war eine Analyse der Gesundheit unserer Mitarbeiter und eine Analyse der Belastungen. Zusammen mit den Mitarbeitern haben wir daraus einen konkreten Maßnahmenplan entwickelt, der ständig fortgeführt wird.“
Bei der konkreten Umsetzung der Maßnahmen scheute die Unternehmensführung auch vor größeren Investitionen nicht zurück: „Inhaltlich waren das bedeutende Umstellungen, wie der Kauf und Einsatz einer neuen Verwaltungssoftware inklusive der Tablets beziehungsweise PCs für die einzelnen Teams sowie die Anschaffung eines Flat Screens für die Werkstatt. Das hat die interne Kommunikation deutlich verbessert“, betont Briller. Gleichzeitig achtete die Unternehmensführung auch darauf, einen Teil der Verantwortung an die Mitarbeiter zu delegieren und diese dadurch aktiv in die Umsetzung des Programms einzubeziehen. Thomas Briller: „Einzelne Aufgaben und Verantwortlichkeiten wurden besprochen und neu zugeordnet. Das hat mich als Inhaber entlastet. Die Mitarbeiter haben durch die neue Verantwortung aber auch eine hohe Wertschätzung erfahren.“
Eigene Stärken entfaltet
Briller verschweigt allerdings auch nicht, dass seine Angestellten der Gesundheitsvorsorge zu Beginn mit einer gewissen Zurückhaltung begegnet sind. Daher legte das Unternehmen Wert darauf, die Mitarbeiter von Anfang an in das Programm einzubeziehen und an Entscheidungen zu beteiligen. Die Teilnahme am Corporate Health Award war für Scholl & Briller auf jeden Fall sinnvoll. Das Unternehmen ist sich seiner Stärken als mittelständischer Handwerksbetrieb nun noch mehr bewusst.
Briller: „Wir wollten zeigen, dass ein strukturiertes Gesundheitsmanagement auch in Kleinbetrieben auf hohem Niveau möglich ist. Vor allem während der Verleihung des Corporate Health Awards ist mir aufgefallen, dass wir als Handwerksbetrieb zwar in bestimmten Bereichen größere Herausforderungen in der Umsetzung haben, aber auf der anderen Seite auch große Ressourcen. So haben wir zwar keinen Human Resource Manager oder Feel-Good-Manager, aber wir kennen unsere Mitarbeiter mit deren Familien bestens.“
Vorreiter im Pflegesektor
Besonders hoch sind die gesundheitlichen Belastungen im Pflegesektor. Aber gerade in der Pflege fehlen oft Zeit und Geld, die Belange der Angestellten stärker zu berücksichtigen. Die „Wohngemeinschaft für Senioren“ (WGfS) zählt zu den wenigen privaten Pflegeanbietern, die sich intensiv um die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter kümmern. Die WGfS betreibt drei Pflegeeinrichtungen im Raum Filderstadt in Württemberg sowie einen ambulanten Dienst. Schon seit zehn Jahren gibt es im Unternehmen ein betriebliches Gesundheitsmanagement.
Die Teilnahme am Corporate Health Award hat der WGfS bestätigt, dass man mit der innerbetrieblichen Gesundheitsvorsorge gut aufgestellt ist. Das Unternehmen erhielt die Auszeichnung „Sonderpreisträger Mittelstand.“ Gleichzeitig halfen die Health Award Audits der WGfS nach Auskunft der Inhaberin, Rosemarie Amos-Ziegler, „Managementprozesse effizienter zu gestalten und Maßnahmen zielgerichteter an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anzupassen.“
30 Maßnahmen im Angebot
Bei der WGfS stehen den Mitarbeitern 30 verschiedene Maßnahmen zur Gesundheitsförderung zur Auswahl; Sport- und Entspannungskurse ebenso wie Ernährungsberatung oder die Nutzung eines Fitnessstudios. Bei Verspannungen hilft ein Masseur und bei psychischen Problemen können sich die Angestellten an eine „Wohlfühlmanagerin“ wenden.
Nach Auskunft von Rosemarie Amos-Ziegler nimmt mittlerweile über ein Drittel der Angestellten die Gesundheitsangebote wahr. Dazu gehört auch, dass Firmenleitung und Führungskräfte selbst die Gesundheitsmaßnahmen besuchten, was wiederum Angestellte zur Teilnahme motiviert hat. Amos-Ziegler: „Im Pflegesektor ist es tatsächlich nicht einfach, ein Betriebliches Gesundheitsmanagement aufzubauen, da erstens zwangsläufig ein geringeres Budget zur Verfügung steht und es zweitens meist schwerfällt, eine qualifizierte Fachkraft zur Durchführung eines BGM-Konzepts in eine Pflege-Einrichtung zu integrieren und dort auch halten zu können.“ Die Auszeichnung mit dem Corporate Health Award berücksichtigt dieses Engagement der WGfS unter den schwierigen Bedingungen im Pflegesektor.
BGM in der Produktion
Die Firma Hilti genießt einen hohen Bekanntheitsgrad als Hersteller von Befestigungstechnik und Elektrowerkzeugen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Liechtenstein schenkt schon seit vielen Jahren der betrieblichen Gesundheitsvorsorge besondere Aufmerksamkeit. Hilti sorgt sich nicht nur um die Gesundheit der eigenen Angestellten, sondern bietet auch Schulungen zu Gesundheit und Sicherheit auf Baustellen an, bei denen Hilti-Experten mit den Baufachkräften Sicherheitsmaßnahmen trainieren.
Auch Hilti war 2017 „Sonderpreisträger Mittelstand“ beim Corporate Health Award. Claudia Wallner, Leiterin Unternehmenskommunikation der Hilti Deutschland AG, sieht den Award als Herausforderung: „Durch die Teilnahme am Wettbewerb stellen wir unser Betriebliches Gesundheitsmanagement jährlich auf den Prüfstand. Durch den ausführlichen Auditbericht und den Benchmark bekommen wir immer wieder neue Anregungen, die wir dann in unser Betriebliches Gesundheitsmanagement einbauen.“
Drei Schwerpunkte definiert
Das BGM wurde bei Hilti von den Angestellten, den Führungskräften sowie den Betriebsräten gemeinsam erarbeitet. Es umfasst drei Schwerpunkte: „Gesunde Führung“, „Gesunde Mitarbeiter“ und „Sichere Arbeitsplätze“. Claudia Wallner betont, dass „bei den Gesundheitsaktivitäten wie zum Beispiel Rückenworkshops, Ernährungsvorträgen und weiteren zielgerichteten Angeboten viel Wert auf Verständnis und Eigenverantwortung gelegt wird.“ Zu weiteren Schwerpunkten gehören bei Hilti die psychische Gefährdungsbeurteilung und der Umgang mit Mitarbeitern, die Leistungseinschränkungen haben. Auch dem Thema Ergonomie wird große Bedeutung beigemessen. Wallner: „Bei allen Handarbeitsplätzen am Standort wurden Belastungsübersichten erstellt, die uns einen Überblick über die physischen Belastungen der Arbeitsplätze ermöglicht. Die dazugehörenden Ausgleichsübungen wurden speziell für die Belastungen erarbeitet. Diese werden während der Arbeitszeit durchgeführt.“
Akzeptanz durch Kommunikation
Claudia Wallner betont, dass das BGM auf große Akzeptanz bei den Mitarbeitern stößt, auch aufgrund der intensiven Vorbereitung: „Wir haben viel Arbeit im Vorfeld in die Kommunikation zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement und den Angeboten für die Gesundheitsvorsorge investiert. Wir bieten für die verschiedenen Mitarbeitergruppen passende Gesundheitsvorsorgen an, die auf die Anforderungen der Mitarbeiter abgestimmt sind.“ Claudia Wallner sieht das BGM bei Hilti nicht als ein fertiges und abgeschlossenes Konzept, sondern als kontinuierlichen Entwicklungsprozess: „Für uns ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement eine Reise, die wir für unsere Weiterentwicklung nutzen.“