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Exoskelette: Heiße Luft oder eindeutig die Zukunft?

Themenschwerpunkt auf der A+A 2021
Exoskelette: Heiße Luft oder eindeutig die Zukunft?

In vie­len Betrieben wer­den sie bere­its einge­set­zt: Exoskelette. Auch bei der Weltleitmesse A+A vom 26, bis 29. Okto­ber sind sie ein Top-The­ma. Doch welch­es Poten­zial haben die soge­nan­nten Robot­er­anzüge tat­säch­lich für den betrieblichen Arbeitss­chutz? Eine aktuelle Bestandsaufnahme.

Einen Vorgeschmack auf das The­ma Exoskelette bei der A+A 2021 gab die Web­ses­sion „Indus­tri­al Exoskele­tons: Ergonom­ic Advan­tages for Future Work“: Unter Leitung von Urs Schnei­der und Ver­e­na Kopp von der Abteilung Bio­mechatro­n­is­che Sys­teme am Fraun­hofer IPA gaben Experten aus aller Welt Ein­blick in die vielfälti­gen Ein­satzbere­iche und das Poten­zial von Exoskelet­ten. Haut­nah erleben kön­nen dies die Messebe­such­er im „Robot­ics Park“ auf der A+A in Düs­sel­dorf: Dort präsen­tieren Her­steller aktuelle Mod­elle, von denen einige im „Self­ex­pe­ri­ence Space“ aus­pro­biert wer­den kön­nen. Das Fraun­hofer-Insti­tut führt zudem einen wis­senschaftlichen Live-Prax­is­test mit Proban­den durch (siehe Infokas­ten). Doch wie sin­nvoll ist der Ein­satz von Exoskelet­ten tat­säch­lich? In bes­timmten Bere­ichen, ins­beson­dere in der Medi­zin und Gesund­heit­s­ther­a­pie, sind sie zweifel­los ein großer Fortschritt. Ihre Rolle und ihr Nutzen im betrieblichen Arbeits- und Gesund­heitss­chutz wer­fen jedoch noch Fra­gen auf, wie im Fol­gen­den näher beleuchtet wird.

Was sind Exoskelette?

Zunächst aber zu den Grund­la­gen. Was sind Exoskelette eigentlich? Exoskelette sind am Kör­p­er getra­gene, tech­nis­che Assis­ten­zsys­teme, die ihren Trägern eine zusät­zliche Stützstruk­tur ver­lei­hen und somit deren Muskel-Skelett-Sys­teme ent­las­ten sollen. Sie wer­den haupt­säch­lich als Hebe­hil­fe zur Ver­mei­dung oder Reduzierung von Gesund­heits­ge­fährdun­gen an Arbeit­splätzen in der Indus­trie sowie als Unter­stützungsin­stru­ment für diverse medi­zinis­che Ther­a­pie- und Reha­bil­i­ta­tion­s­maß­nah­men einge­set­zt. Dabei wer­den zwei Typen von Exoskelet­ten unter­schieden: „aktive“ und „pas­sive“. Pas­sive Exoskelette unter­stützen den tra­gen­den Kör­p­er lediglich mit­tels mech­a­nis­ch­er Kom­po­nen­ten wie Sprungfed­ern, Schienen und Gewichte. Entste­hende Belas­tun­gen wer­den von der Stützstruk­tur aufgenom­men und in Energie über­führt beziehungsweise in den Boden abgeleit­et. Aktive Exoskelette hinge­gen, die in der Indus­trie erst wenig einge­set­zt wer­den, ver­fü­gen neben mech­a­nis­chen Ele­menten über weit­ere Antrieb­skom­po­nen­ten. Dabei han­delt es sich entwed­er um elek­trische oder pneu­ma­tis­che Antriebe. Die Bewe­gung mit­tels Gedanken­s­teuerung beziehungsweise Gehirn­strö­men ist tech­nisch auch bere­its mach­bar. Erste Pro­to­typen sind in der Entwick­lung – bis­lang aber nur für medi­zinisch-ther­a­peutis­che Zwecke.

Maschine oder Medizinprodukt?

Die sicher­heit­stech­nis­chen Anforderun­gen an Exoskelette wer­den im Wesentlichen von ihrem Ein­satzz­weck bes­timmt. Exoskelette wer­den aber in sehr unter­schiedlichen Anwen­dungs­bere­ichen – vom Mil­itär­we­sen über die Medi­zin bis hin zur Indus­trie – genutzt. Daher ist es bis heute strit­tig, was ein Exoskelett sowohl aus tech­nis­ch­er als auch rechtlich­er Per­spek­tive eigentlich ist: Eine Mas­chine – die der EU-Maschi­nen­richtlin­ie unter­wor­fen wer­den sollte? Oder ein Medi­z­in­pro­dukt, für das die EU-Medi­z­in­pro­dukt-Richtlin­ie zuständig ist? Oder fall­en Exoskelette doch eher unter die PSA-Verord­nung, weil sie in den Betrieben als Per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung getra­gen werden?

Verwendung definieren

Einige Experten hal­ten es daher für sin­nvoll, dass die prak­tis­che Ver­wen­dung des jew­eili­gen Pro­duk­ts zunächst vom Her­steller als „bes­tim­mungs­gemäße Ver­wen­dung“ klar definiert wer­den sollte. Auf Basis dieser Ausweisung des Her­stellers sollte dann das jew­eilige Pro­dukt ein­er bes­timmten EU-Richtlin­ie beziehungsweise ‑Verord­nung zugewiesen wer­den. Ver­ständlicher­weise kann es auf­grund dieser bis­lang unklaren rechtlichen Sit­u­a­tion auch noch keine ein­schlägi­gen Pro­duk­t­nor­men für Exoskelette geben. Erst bei klar­er Zuord­nung zum Beispiel zur EU-Maschi­nen­richtlin­ie kön­nten die in dieser Richtlin­ie for­mulierten Schutzziele die Grund­lage bilden, um entsprechende Pro­duk­t­nor­men und damit ein­herge­hend tech­nisch detail­liert­ere Sicher­heit­san­forderun­gen zu benen­nen. Das sieht auch Ralf Schick, Leit­er Sachge­bi­et Physis­che Belas­tun­gen im Fach­bere­ich Han­del und Logis­tik (FBHL) der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (DGUV) so: „Eine generelle Zuord­nung von Exoskelet­ten zu nur ein­er bes­timmten EU-Richtlin­ie ist meines Eracht­ens nicht zielführend, da Exoskelette an Arbeit­splätzen in unter­schiedlichen Bere­ichen einge­set­zt wer­den. Hier muss der Her­steller in sein­er Betrieb­san­leitung die ‘‘Bes­tim­mungs­gemäße Ver­wen­dung‘ klar definieren.“

Normungsausschuss gegründet

Immer­hin hat es Anfang des Jahres in Hin­sicht auf die Nor­mung von Exoskelet­ten eine wichtige Weichen­stel­lung gegeben. Das Deutsche Insti­tut für Nor­mung (DIN) hat im Jan­u­ar 2021 den Gemein­schaft­sar­beit­sauss­chuss „Exoskelette“ gegrün­det. Der Auss­chuss ist Teil des Nor­me­nauss­chuss­es Ergonomie und hat den Auf­trag, den Nor­mungs- und Stan­dar­d­isierungs­be­darf im The­menge­bi­et Exoskelette auf nationaler, europäis­ch­er und inter­na­tionaler Ebene zu prüfen und entsprechende nationale und inter­na­tionale Pro­jek­te zu pla­nen. Der Auss­chuss beschäftigt sich mit den The­men Ter­mi­nolo­gie, tech­nis­che Charak­ter­is­ti­ka, ergonomis­che und sicher­heit­stech­nis­che Anforderun­gen, Wirk­samkeit, Neben­wirkun­gen sowie Herstellerinformationen.

PSA oder technische Maßnahme?

Im Arbeitss­chutz gilt das S‑T-O-P- Prinzip (Sub­sti­tu­tion – Tech­nis­che Maß­nahme – Organ­isatorische Maß­nahme – Per­so­n­en­be­zo­gene Maß­nahme). Wie Exoskelette in dieses Schutzschema einzuord­nen sind, ist auf­grund der oben beschriebe­nen offe­nen Recht­slage eben­falls unklar. Offen ist ins­beson­dere, ob es sich beim Ein­satz von Exoskelet­ten um eine tech­nis­che oder eine per­so­n­en­be­zo­gene Maß­nahme han­delt. Dass Beschäftigte Exoskelette direkt am Kör­p­er tra­gen, spricht nach Mei­n­ung viel­er Fach­leute zunächst ein­mal für eine Einord­nung als per­so­n­en­be­zo­gene Schutzaus­rüs­tung (PSA), denn Mas­chine und Men­sch wirken direkt zusam­men und das Gerät muss an seinen Träger per­sön­lich angepasst wer­den. Das bedeutet gle­ichzeit­ig: Wenn ein Arbeit­ge­ber Exoskelette in seinem Betrieb anwen­det, dann muss er zunächst erwä­gen, ob der betr­e­f­fende Arbeit­sprozess nicht voll­ständig sub­sti­tu­iert wer­den kann oder aber tech­nis­che und organ­isatorische Maß­nah­men der Ein­führung eines Exoskeletts vorge­zo­gen wer­den kön­nen. Grund­sät­zlich aber gilt: Ein Exoskelett darf nicht als Maß­nahme ver­wen­det wer­den, um eine bere­its fest­gestellte Gefährdung so zu reduzieren oder zu beseit­i­gen, dass dadurch die Tätigkeit erst ermöglicht wird.

Vorteile versus Risiken – was überwiegt?

Exoskelette wer­den nicht sel­ten als Meilen­stein für den betrieblichen Gesund­heitss­chutz, speziell zur Vor­beu­gung von Muskel-Skelett-Belas­tun­gen, gefeiert. Aber ist dies wirk­lich berechtigt? Um mehr Klarheit in dieser Frage zu gewin­nen, wurde unter Fed­er­führung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedi­zin und Umweltmedi­zin im ver­gan­genen Jahr die AWMF-Leitlin­ie „Ein­satz von Exoskelet­ten im beru­flichen Kon­text zur Primär‑, Sekundär‑, und Ter­tiär­präven­tion von arbeit­sas­sozi­ierten musku­loskelet­tal­en Beschw­er­den“ her­aus­gegeben. Die beteiligten Experten werteten alle wis­senschaftlichen Stu­di­en weltweit zum The­ma Exoskelette aus und fol­gerten aus der Analyse: Eine ein­deutige Antwort kann dazu immer noch nicht gegeben wer­den. Die Stu­di­en der ver­gan­genen Jahre bericht­en zwar häu­fig – jedoch nicht für jede Tätigkeit – über eine gewisse Belas­tungs­min­derung in den unter­stützen Kör­per­re­gio­nen. Aber bis 2020 habe es keine einzige Langzeit­studie gegeben, sodass eine nach­haltige Präven­tivwirkung von Exoskelet­ten bis­lang noch nicht ein­wand­frei nachgewiesen wer­den konnte.

Präventiver Nutzen nicht belegt

Fast genau­so häu­fig wie von Vorteilen bericht­en die analysierten Stu­di­en von poten­ziellen Risiken: Beschäftigte, die mit Exoskelet­ten gear­beit­et haben, klagten häu­fig über Unan­nehm­lichkeit­en und sog­ar Beschw­er­den, ins­beson­dere an den direk­ten Kon­tak­t­stellen, sowie über Belas­tungs- und Beanspruchungszu­nah­men in anderen Kör­per­bere­ichen. Eine Studie berichtete von Ein­schränkun­gen der Stand­sicher­heit für Füße und Beine. Andere Risiken von Exoskelet­ten, die in der Fach­lit­er­atur erwäh­nt wer­den: Durch einen ver­größerten Platzbe­darf an eng bemesse­nen Arbeit­splätzen erhöhe sich das Risiko für Arbeit­sun­fälle und in Not­fall­si­t­u­a­tio­nen, wie zum Beispiel einem Brand in ein­er Fab­rik, könne ein Exoskelett für seinen Anwen­der sog­ar zur regel­recht­en Gefahr wer­den. Diese genan­nten Gefährdungsszenar­ien bei der Exoskelett-Nutzung sind wie deren Vorteile bis­lang aber noch nicht einge­hend unter­sucht wor­den. Den­noch sei, so fol­gern die Autoren der Leitlin­ie, die Durch­führung ein­er spez­i­fis­chen Gefährdungs­beurteilung für jeden Betrieb, der Exoskelette ein­set­zt, ein unbe­d­ingtes Muss. Ralph Hensel-Unger, Exoskelett-Experte beim Auto­her­steller Audi, lobt: „Die AWMF-Leitlin­ie gibt den Stand der Wis­senschaft und Tech­nik her­vor­ra­gend wieder und macht zusam­men­fassend klar, dass der präven­tive Nutzen von Exoskelet­ten nach wie vor wis­senschaftlich nicht belegt ist. Das heißt, dass diesen nach dem aktuellen Erken­nt­nis­stand kein Nutzen für den betrieblichen Gesund­heitss­chutz zuzuschreiben wäre. Auch wenn wir uns das natür­lich anders erhoffen.“

Projekt Exo@work

Inter­na­tion­al wur­den bere­its mehrere Pro­jek­te ges­tartet, die die Auswirkun­gen von Exoskelet­ten auf die Arbeitssicher­heit und den Gesund­heitss­chutz in den Unternehmen unter­sucht­en. Während es sich beim oben dargestell­ten Pro­jekt um eine Analyse der bish­eri­gen Forschungslit­er­atur han­delte, unter­sucht das seit Okto­ber 2018 laufende Pro­jekt „Exo@work“ der DGUV darüber hin­aus auch exper­i­mentell den prak­tis­chen Ein­satz von Exoskelet­ten sowohl im eige­nen Labor als auch draußen in den Unternehmen in Form von „Feldtests“. Ralf Schick, der zu den Koor­di­na­toren dieses Pro­jek­ts gehört, klärt über Fortschritte auf: „Auf Grund­lage der Experten­in­ter­views stellen wir aktuell einen Leit­faden zusam­men, der den Unternehmen helfen soll, Exoskelette sich­er und effek­tiv ein­set­zen zu kön­nen. Darüber hin­aus haben wir aus den gewonnenen Dat­en eine Exoskelett-Tätigkeits­ma­trix zur Beurteilung und Hand­habung von Unter­stützungssi­t­u­a­tio­nen erstellt und entwick­eln diese stetig weit­er. Die von uns auf­bere­it­eten Hand­lungsempfehlun­gen für Unternehmen wer­den weit­er­hin kon­tinuier­lich erweitert.“

Etwas aus­ge­bremst hat das Pro­jekt die Coro­na-Pan­demie: Zwar kon­nten die Laborstu­di­en mit Exoskelet­ten in den eigens dafür konzip­ierten Test­par­cours weit­er­laufen, die Feldtests in den Unternehmen mussten jedoch abge­brochen wer­den. Die Laufzeit des Pro­jek­tes wurde daher erst ein­mal bis Ende 2021 ver­längert. Mit der Veröf­fentlichung erster Ergeb­nisse muss voraus­sichtlich bis zum näch­sten Jahr gewartet werden.

Softe Systeme

Im Arbeit­sall­t­ag haben pas­sive Exoskelette eine weitaus größere Ver­bre­itung gefun­den als aktive Sys­teme, was aber vor allem damit zu tun hat, dass die pas­siv­en Sys­teme einige Jahre früher auf den Markt kamen. Bei­de, aktive und pas­sive Sys­teme, haben für den Träger aber einen wesentlichen Nachteil: Sie sind ins­beson­dere für Men­schen mit gesund­heitlichen Ein­schränkun­gen nicht immer angenehm zu tra­gen. Daher haben die soge­nan­nten „soft­en Sys­teme“ ein großes Potenzial.

In ihrer fortschrit­tlich­sten Form han­delt es sich bei ihnen aber größ­ten­teils noch um Zukun­ftsmusik. Gemeint sind „intel­li­gente Tex­tilien“, die fol­gen­der­maßen funk­tion­ieren: Ein inno­v­a­tives Gewebe wird mit Sen­soren aus­gerüstet, mit deren Hil­fe eine inte­gri­erte Elek­tron­ik die Bewe­gung der betrof­fe­nen Glied­maßen lernt und diese dann im richti­gen Augen­blick stützt, ent­lastet oder frei bewe­gen lässt. Die Kon­struk­tion ist so dünn, dass sie unter der Klei­dung getra­gen wer­den kann. Das Mate­r­i­al des Exoskelettes verän­dert dabei ständig seine Fes­tigkeit. Der Bewe­gungsablauf wird über Algo­rith­men erfasst, welche die Dat­en der einge­set­zten Sen­soren auswerten. Die Pro­gram­mierung der Algo­rith­men hängt im Wesentlichen davon ab, welche Sen­soren einge­set­zt wer­den. Elek­tro-Myo­gramme messen die natür­liche elek­trische Span­nung in einem Muskel und die Lage­sen­soren die Posi­tion im Raum. So kann ein Mod­ell der Bewe­gungsab­fol­gen beim Gehen und Bewe­gen errech­net wer­den, welch­es auf den jew­eili­gen Beschäftigten oder Patien­ten angepasst wird. Softe Sys­teme mit dieser Funk­tion­sweise sind aber noch rar.

Entwicklung noch nicht ausgereift

Was pas­sive Exoskelette ange­ht, ist zulet­zt Ernüchterung eingekehrt. Das heißt: Nach einem großen Hype und großen Erwartun­gen an diese Sys­teme scheint ihr Poten­zial zur Ent­las­tung der Mitar­beit­er aktuell zumin­d­est in der Auto­mo­bilin­dus­trie eher beschränkt zu sein. Der Grund hier­für ist ins­beson­dere die hohe Vari­abil­ität der Tätigkeit­en. Aktive Exoskelette hinge­gen befind­en sich noch in der Entwick­lung und sind zu unflex­i­bel und zu schw­er, nicht zulet­zt auf­grund all der Motorik und Energiespeicher.

Hybride: Silberstreifen am Horizont?

Auch die Industrie‑4.0‑Anwendungen aktiv­er Sys­teme, so Hensel-Unger, scheinen eher inge­nieur­getriebene Weit­er­en­twick­lun­gen zu sein, anstatt die konkreten Bedarfe aus der Prax­is abzudeck­en – speziell zum Gesund­heitss­chutz. Der Experte von Audi erken­nt nichts­destotrotz einen Hoff­nung machen­den Trend, näm­lich die aktuelle Entwick­lung „hybrid­er“ Sys­teme: Bei diesen soge­nan­nten semi-aktiv­en Exoskelet­ten han­delt es sich vornehm­lich um pas­sive Sys­teme mit aktiv­en Aktu­a­toren, beispiel­sweise Elek­tro­mo­toren. „In diesen sehe ich das Poten­zial, die Schwächen pas­siv­er Sys­teme hin­sichtlich Flex­i­bil­ität und Kraftun­ter­stützung zu über­winden, dabei aber leichter, anwen­dungs­fre­undlich­er und energies­parsamer zu sein als aktive Exoskelette.“


Auf der A+A 2021: Live-Praxistest für Exoskelette

Um wis­senschaftlich zu beurteilen, inwieweit Exoskelette die Muskel- und Skelet­tbe­las­tung ver­ringern und die Leis­tungs­fähigkeit erhöhen, wird das Team des Fraun­hofer IPA zusam­men mit der Uni­ver­sität Stuttgart ein Live-Forschung­sev­ent auf der A+A 2021 in Düs­sel­dorf durchführen.

Beim soge­nan­nten „Exoworkathlon II“ (Exoworkathlon I find­et bere­its Anfang Okto­ber auf der Kon­ferenz Wear­RA­con Europe in Stuttgart statt) wer­den mehrere Dutzend Proban­den unter medi­zinis­ch­er Auf­sicht an vier Test­sta­tio­nen Las­ten tra­gen, schweißen, schrauben und lack­ieren. Zum Ein­satz kom­men dabei sechs ver­schiedene Exoskelette ver­schieden­er Bauart. Die Test-Sta­tio­nen wur­den von den Exper­tin­nen und Experten am IPA zusam­men mit Spezial­is­ten für Ergonomie und Arbeitssicher­heit aus der Indus­trie entwick­elt und spiegeln typ­is­che Arbeitssi­t­u­a­tio­nen wider, die oft mit Zwang­shal­tun­gen ver­bun­den sind: So müssen die Proban­den unter anderem Kisten tra­gen, mit einem Schweißsim­u­la­tor auf Augen­höhe eine Lin­ie abfahren oder überkopf Lat­ten an ein Baugestell schrauben – jew­eils eine Stunde lang mit und eine Stunde lang ohne Exoskelett. Während der Arbeit messen Sen­soren ver­schiedene leis­tungsphys­i­ol­o­gis­che Para­me­ter wie die Aktiv­ität der Muskeln, die Durch­blu­tung des Herzens und die Belas­tung des Herzkreis­lauf­sys­tems. Die sub­jek­tive Ein­schätzung der Proban­den wird nach jedem Durch­gang mith­il­fe von Frage­bö­gen ermit­telt. Die Ergeb­nisse des Prax­is­tests wer­den unter anderem in ein­er Studie ver­tieft und veröffentlicht.


Foto: privat

Autor: Dr. Joerg Hensiek

Fachau­tor und freier Journalist


Neue Generation von passiven Exoskeletten

Die Liecht­en­stein­er Hilti Gruppe hat Ende 2020 zusam­men mit dem deutschen Medi­z­in­tech­nikher­steller Otto­bock SE & Co. KGaA eine neue Gen­er­a­tion von pas­siv­en Exoskelet­ten auf den Markt gebracht. Beim Mod­ell EXO-01 wird das Gewicht der Arme über die Arm­schalen mith­il­fe mech­a­nis­ch­er Seilzugtech­nik auf die Hüfte abgeleit­et. Dies reduziert die Spitzen-Belas­tung der Musku­latur und ent­lastet die Schul­ter gemäß unab­hängi­gen Stu­di­en und Unter­suchun­gen von Otto­bock um bis zu 47 Prozent. Laut den Her­stellern kön­nen diese Exoskelette einen erhe­blichen Beitrag zum Gesund­heitss­chutz leis­ten, ins­beson­dere bei Arbeit­en im Überkopf- und Über­schul­ter­bere­ich. Mit Blick auf die Bauin­dus­trie beispiel­sweise dort, wo serielle oder länger andauernde Tätigkeit­en aus­ge­führt wer­den müssen. Zudem werde die Ermü­dung verringert.

www.hilti.de


Steuerung mittels Gedanken

Forsch­er der Korea Uni­ver­si­ty und der TU Berlin haben 2015 ein Brain-Com­put­er-Inter­face (BCI) entwick­elt, das es ermöglicht, ein Exoskelett mit­tels Gedanken zu steuern. Weil Exoskelette ein starkes elek­trisches Rauschen erzeu­gen, das die EEG-Sig­nale nor­maler­weise unter sich begräbt, war dazu ein beson­der­er Ansatz nötig: Das Schlüs­se­lele­ment sind fünf LEDs, die mit unter­schiedlich­er Fre­quenz flack­ern. Der Benutzer konzen­tri­ert sich auf eine dieser Leucht­dio­den, was sich in seinem EEG nieder­schlägt und als Steuersig­nal für eine Bewe­gung nach vor­wärts, links oder rechts, beziehungsweise zum Set­zen oder Auf­ste­hen dient. Langfristig kön­nten gedankenges­teuerte Exoskelette als Mobil­ität­shil­fe für Men­schen dienen, die auf­grund von Krankheit­en wie ALS oder Rück­en­marksver­let­zun­gen kaum oder nicht selb­st gehfähig sind. Die Forsch­er arbeit­en daher daran, die Augen­er­mü­dung bei län­ger­er Nutzung ihres Sys­tems zu senken.

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