Mehr als jede fünfte arbeitende Person hat während der Arbeit Erfahrungen mit Gewalt oder Belästigung gemacht, sei es physischer, psychischer oder sexueller Art. Zu diesem Ergebnis kommt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die 2021 gemeinsam mit Lloyd’s Register Foundation (LRF) und Gallup Daten erhoben hat. Mit dem Ziel, das Problem der Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz besser erfassen zu können, Aufmerksamkeit für das Thema zu generieren und zu sensibilisieren. Der dazugehörige Studienbericht „Experiences of violence and harassment at work: A global Journey“ ist im Dezember 2022 erschienen.
Bericht zu Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz
Der Studienbericht gibt einen Überblick über das Ausmaß von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz in seinen unterschiedlichen Formen. Doch nicht nur die Vorkommnisse werden beleuchtet, sondern auch die Gründe, die Betroffene davon abhalten, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Dabei betont die ILO, dass die Analyse von Vorkommnissen von Gewalt und Belästigung unter erschwerten Bedingungen erfolgt. Denn nur 60,7 Prozent der Frauen und 50,1 Prozent der Männer sprechen über ihre Erlebnisse. Die am häufigsten genannten Gründe für das Schweigen waren Zeitverschwendung und Angst vor Reputationsverlust.
Psychische und physische Gewalt und Belästigung
Weltweit gaben 17,9 Prozent aller arbeitenden Frauen und Männer an, in ihrem Arbeitsleben psychische Gewalt oder Belästigung erfahren zu haben. 8,5 Prozent berichteten, Opfer physischer Gewalt oder Belästigung gewesen zu sein. Bei der physischen Gewalt sind Männer dabei häufiger betroffen als Frauen. Von den Befragten gaben darüber hinaus 6,3 Prozent an, dass ihnen sexuelle Gewalt oder Belästigung widerfahren ist, wobei vor allem Frauen diese Form erlebten.
Es gibt Gruppen, die am häufigsten die unterschiedlichen Formen von Gewalt und Belästigung erfahren. Dazu zählen:
- junge Menschen,
- Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten und
- Lohnangestellte
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine junge Frau sexuelle Gewalt oder Belästigung am Arbeitsplatz erfahren hat, war dabei zweimal so hoch wie bei jungen Männern. Arbeitsmigrantinnen waren zusätzlich doppelt so häufig von sexueller Gewalt oder Belästigung betroffen wie Frauen ohne Migrationshintergrund. Mehr als 60 Prozent aller Betroffenen gaben an, wiederholt Gewalt oder Belästigung am Arbeitsplatz erlebt zu haben, wobei der letzte Vorfall bei einer Mehrheit der Befragten weniger als fünf Jahre zurückliegt.