Jugendliche extra schutzbedürftig
Im Gegensatz zu volljährigen Personen muss bei der Beschäftigung von Jugendlichen einiges berücksichtigt werden. Hierzu gehören Beschränkungen der täglichen Arbeitszeit und der Wochenarbeitszeit ebenso wie die Einhaltung bestimmter Ruhepausen. Außerdem schreibt der Gesetzgeber für Jugendliche eine Begrenzung der Schichtzeiten sowie die Einhaltung der Nacht‑, Wochenend- und Feiertagsruhe vor. Urlaubstage für jugendliche Beschäftigte sind altersabhängig geregelt. So beträgt beispielsweise der gesetzliche Mindesturlaub 30 Werktage, sofern Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch keine 16 Jahre alt sind. Ein Anspruch auf 27 Urlaubstage liegt vor, wenn die Jugendlichen im beginnenden Kalenderjahr noch keine 17 Jahre alt sind.
Darüber hinaus bedarf es für die Einarbeitung von Jugendlichen einer Erst- und Nachuntersuchung. Die Erstuntersuchung darf zu Beginn der Tätigkeiten nicht älter als 14 Monate sein. Nach einem Jahr ist eine Nachuntersuchung gesetzlich vorgesehen. Weitergehende medizinische Untersuchungen sind dem Jugendlichen durch den Arbeitgeber anzubieten. Die Kosten für die genannten Untersuchungen trägt das zuständige Bundesland. Keine Untersuchungen sind notwendig, wenn Jugendliche nur geringfügig oder kurzzeitig mit leichten Tätigkeiten beauftragt werden, von denen keine Nachteile zu erwarten sind.
Wiederholt unterweisen
Erfahrungsgemäß ereignen sich die meisten Unfälle und kritischen Situationen bei der Arbeit durch persönliches Fehlverhalten. Fehlende Kenntnisse sind hierfür maßgeblich. Neben den sogenannten „alten Hasen“ sind besonders Betriebsneulinge überdurchschnittlich gefährdet. Sie sind vor Aufnahme ihrer Tätigkeit ausgiebig zu unterweisen. Mögliche Gefährdungen am Arbeitsplatz sind ebenso Bestandteil der Erstunterweisung wie Maßnahmen zur Risikovermeidung beziehungsweise der Unfallverhütung. Anders als bei volljährigen Beschäftigten ist die regelmäßige Unterweisung von Jugendlichen mindestens halbjährlich zu veranlassen. Für alle durchgeführten Unterweisungen besteht außerdem eine Dokumentationspflicht.
Die Unterweisungsinhalte richten sich nach den betrieblichen Gegebenheiten und dem jeweiligen Arbeitsplatz. Bei der Erstunterweisung sollten Betriebsneulinge über allgemeine und arbeitsplatzspezifische Themen informiert werden. Zu den allgemeinen Themen zählen unter anderem
- erhöhtes Unfallrisiko neuer Mitarbeitender
- Rechte und Pflichten der Beschäftigten
- Ansprechpersonen im Betrieb
- Verhalten bei Unfällen und Störungen
- Flucht- und Rettungsplan
- Vorbeugender Brandschutz
- Erste-Hilfe-Organisation
- Verkehrssicherheit
- Sicherheitskennzeichnung
Die arbeitsplatzspezifischen Themen ergeben sich aus der Gefährdungsbeurteilung für den jeweiligen Arbeitsbereich. Thematisch besteht kein Unterschied zwischen der Erstunterweisung und der wiederkehrenden Unterweisung der Beschäftigten. Der Unterschied liegt vor allem in der Durchführung beziehungsweise der Ausführlichkeit.
Beschäftigungsbeschränkungen
Für Jugendliche gilt außerdem eine Beschäftigungsbeschränkung. Gefährliche Arbeiten, bei denen die Betroffenen zum Beispiel
- schädlichen Einwirkungen
von Gefahrstoffen, - Lärm,
- Erschütterungen,
- Strahlen oder
- außergewöhnlicher Hitze beziehungsweise Kälte
ausgesetzt sind, bleiben für sie verboten. Das gilt auch für Arbeiten unter Tage und Akkordarbeit. Ausnahmen bestehen, wenn die Tätigkeiten zum Erreichen des Ausbildungsziels unverzichtbar sind. Neben dem JArbSchG regeln auch einige Unfallverhütungsvorschriften die Beschäftigung mit gefährlichen Tätigkeiten. Nach § 29 UVV „Krane“ (DGUV Vorschrift 53) beispielsweise darf der Arbeitgeber als Kranführer nur Personen beschäftigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Vorschrift lässt den Einsatz von Jugendlichen zu Ausbildungszwecken allerdings zu, wenn sie unter Anleitung und ständiger Aufsicht erfahrener Personen stehen. Zu beachten ist, dass diese Ausnahmeregelung nicht für jugendliche Ferienjobber gilt.
Bewährte Praxisbeispiele bei der Beschäftigung von Betriebsneulingen
Bei der Beschäftigung von jugendlichen Auszubildenden, Werkstudenten und Praktikanten haben sich über viele Jahre verschiedene Modelle bewährt. Exemplarisch sollen hier zwei erfolgreiche Methoden vorgestellt werden, das sogenannte „Patenmodell“ und die „Schnitzeljagd“.
Das Patenmodell
Für Berufsanfänger ist es schwer einzuschätzen, wer für ihre vielen Fragen zuständig ist. Deshalb hat es sich bewährt, eine Person zu benennen, die für den neuen Mitarbeiter jederzeit ansprechbar ist. Der als „Pate“ bezeichnete Kollege darf in seiner Arbeit gestört werden, ohne dass der Betriebsneuling ein schlechtes Gewissen haben muss. Oft ist der Pate mehr als nur Ansprechpartner im Betrieb: Er kann auch aktiv am Einarbeitungsprozess beteiligt sein und insbesondere
- räumliche Orientierung geben,
- die fachliche Einarbeitung begleiten
- und die soziale Integration fördern.
Patenmodelle gibt es in vielen Betrieben, unabhängig von ihrer Größe. Sie tragen wesentlich zur Entlastung der Vorgesetzten bei. Welche Aspekte bei der Einführung neuer Mitarbeitender der Pate und welche der Vorgesetzte wahrnimmt, sind jedoch eindeutig festzulegen (siehe Tabelle). Patenmodelle erlauben es dem Vorgesetzten, Betreuungsaufgaben zu delegieren. Die Verantwortung für die Einarbeitung neuer Kollegen verbleibt jedoch stets beim jeweiligen Vorgesetzten.
Modell „Schnitzeljagd“
Dieses Modell zur Einführung neuer Mitarbeiter wurde in Anlehnung an das bekannte Geländespiel „Schnitzeljagd“ erstmalig in der Großindustrie angewandt. Es lässt sich aber auch problemlos auf andere Betriebsgrößen übertragen. Für den Betriebsneuling wird quasi ein „roter Faden“ durch das noch unbekannte Unternehmen gelegt. Der neue Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin erhält dazu vorgefertigte Interview-Bögen, anhand derer persönliche Gespräche mit verschiedenen Funktionsträgern im Betrieb zu führen sind. Funktionsträger sind zum Beispiel Betriebsleiter, Vorarbeiter und Sicherheitsbeauftragte. Alle vermitteln ihre Kenntnisse über ein zuvor abgegrenztes Themenfeld. Mit zunehmender Befragung der Funktionsträger lernt der Berufsanfänger das Unternehmen immer besser kennen. Die Schnitzeljagd gewährleistet insbesondere
- ein schnelles Kennenlernen aller wichtigen Personen
- eine lückenlose Dokumentation der Einarbeitung
- einen überschaubaren Zeitaufwand für die einzelnen Ansprechpartner
Die Einweisung mittels Schnitzeljagd setzt eine intensive Vorbereitung voraus. Vor der Anwendung muss genau festgelegt werden, welches Thema von welchem Funktionsträger vermittelt werden soll. Ein Organigramm über die Betriebsstruktur hilft dabei, alle relevanten Bereiche wie beispielsweise Sicherheit, Gesundheitsschutz und Qualitätswesen angemessen zu berücksichtigen.
Sicherheitsbeauftragte sind oft erfahrene und gleichsam verantwortungsbewusste Persönlichkeiten, die sich im Betrieb oder in ihrer eigenen Abteilung detailliert auskennen. Es ist daher sinnvoll, Sicherheitsbeauftragte an der Einarbeitung neuer Mitarbeiter zu beteiligen. Dabei ist es unerheblich, ob eines der hier vorgestellten Modelle oder gegebenenfalls eine andere praxisbewährte Methodik genutzt wird.
Hilfreiche Tipps zur Integration junger Menschen in das Berufsleben finden Interessierte zudem auf dem Portal des Präventionsprogramms „Jugend will sich-er-leben“.
Autor:
Markus Tischendorf
Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)