Im ersten Teil dieser Serie wurden bereits gerätespezifische Unfallschwerpunkte genannt. Dramatisch sind Stabilitätsdefizite einer Hubarbeitsbühne, weil sie dadurch umkippen kann. Oft sind schwere oder tödliche Verletzungen der beteiligten Personen die Folge.
Die Ursachen für Umstürze sind leicht zu erklären:
- Entweder fährt der Bediener sein Gerät versehentlich in eine Bodenöffnung oder
- eine fehlende oder fehlerhafte Abstützung führt zum Umsturz der Hubarbeitsbühne.
Unfallrisiken reduzieren
Eine gute Arbeitsvorbereitung sowie das konsequente Absperren der Gefahrstellen helfen dabei, das erste Unfallszenario zu vermeiden.
Werden die Maschinenstützen ordnungsgemäß und im Sinne des Herstellers benutzt, kann auch das restliche Unfallrisiko reduziert werden. Dabei ist aber einiges zu beachten. Hubarbeitsbühnen bestehen aus einem Korb, der Hubeinrichtung sowie dem Fahrwerk – gegebenenfalls mit Abstützeinrichtungen. Unterschiedliche Stützarten wie mechanische Spindeln oder hydraulische Zylinder sorgen für ausreichende Stabilität.
Abstützungen und ihre Rüstzustände
Je nach Hersteller und Bauart verfügen Hubarbeitsbühnen über vier Einzelstützen, bei modernen Geräten oft als Hydraulikstützen ausgeführt. Die Abstützfläche wird vergrößert, wenn diese aus dem Fahrzeugprofil herausgezogen werden. Auch der Einsatz von Klapp- oder Schrägstützen vergrößert die Abstützfläche. Im Unterschied zu vertikalen (ausfahrbaren) Stützzylindern ermöglichen diese Bauformen aber nur eine einzige Rüstvariante. Vorteilhaft hingegen sind Abstützungen, die mehrere Rüstmöglichkeiten erlauben:
- Abstützung in Fahrzeugkontur
- Stützen vollständig ausgefahren
- Stützen halb ausgefahren
- Stützen einseitig ausgefahren
Bei beengten Platzverhältnissen oder Einsätzen im öffentlichen Straßenverkehr sind variable Abstützungen oft unerlässlich. Aber auch eine gute Ausstattung garantiert keine Sicherheit, wenn der Untergrund am Einsatzort nicht betrachtet und beurteilt wird.
Bodenverhältnisse berücksichtigen
Die Bodenverhältnisse beeinflussen erheblich die Rüstarbeiten am Einsatzort. Auf befestigten Wegen oder Flächen wird meist eine ausreichende Tragfähigkeit des Untergrunds unterstellt. Jedoch darf sich der Bediener durch den sichtbaren Teil des Bodens nicht täuschen lassen. Im Erdreich verlegte Kanäle oder Rohre können vom Bodenbelag überdeckt sein. Bleiben solche Hohlräume unerkannt, können sie bei punktförmiger Belastung plötzlich einbrechen.
Fachleute bezeichnen das schlagartige Einbrechen der Stützen in den Boden als „Durchstanzung“. Die enorm großen Stützkräfte der Hubarbeitsbühne erklären, warum Durchstanzungen selbst bei gepflasterten oder asphaltierten Flächen auftreten. Im ungünstigsten Fall können bis zu 80 Prozent des Maschinengewichts auf einer einzigen Stütze lasten. Bei schweren Baugeräten oder Lkw-Hubarbeitsbühnen sind das einige Tonnen, die vom Untergrund aufgenommen werden müssen.
Unterlegplatten und Holzbohlen
Die Verteilung der Stützkräfte in den Untergrund gelingt am einfachsten mithilfe von Platten. Diese müssen ausreichend stabil sein, werden sie doch unter die Stützenfüße gelegt. Je weicher der Boden ist, desto größer müssen die Unterlegplatten sein. Bei Arbeiten im Freien ist das besonders wichtig, denn die Tragfähigkeit des Untergrunds kann meist nur augenscheinlich ermittelt werden.
Natürliche Böden neigen je nach Beschaffenheit und Zustand bei Druckbelastungen zu
- einem „Grundbruch“ oder
- einer „Setzung“.
Grundbrüche treten bei nicht bindigen Böden wie Sand, Kies, Steinen und deren Mischungen auf. Mit Setzungen des Erdreichs ist zu rechnen bei Schluff, Lehm oder Ton, die als bindige Böden bezeichnet werden. Beide Arten des Bodenversagens gefährden die Standsicherheit der Hubarbeitsbühne, die schon bei geringer Neigung des Fahrwerks umzukippen droht.
Bei natürlichen, das heißt nicht verdichteten Böden ist die Abstützfläche aus diesem Grund zusätzlich zu vergrößern. Das gelingt durch Holzbohlen, die unter die Unterlegplatten gelegt werden.
Wichtig: Der richtige Unterbau
Bei einem mehrlagigen Unterbau sind die Holzbohlen im Kreuzverbund zu verlegen. Dadurch können außerdem Höhenunterschiede am Aufstellort der Hubarbeitsbühne problemlos ausgeglichen werden. Hölzer zum Unterbauen der Stützen sollten aus Hartholz bestehen, Weichhölzer eignen sich dafür nicht. Verwendete Holzbohlen müssen einen rechteckigen Querschnitt besitzen und sind flach zu verlegen. Hochkant verlegte Hölzer und solche mit quadratischem Querschnitt neigen zum Kippen beziehungsweise Wegrollen, denn dynamische Seitenkräfte sind nie auszuschließen.
Bedienungsanleitung beachten
Das Fahrwerk der Hubarbeitsbühne ist üblicherweise „frei zu heben“, die Räder dürfen also keinen Bodenkontakt mehr besitzen. Nur wenige Maschinen stellen darin eine Ausnahme dar (vergleiche Bedienungsanleitung). Die maximal auftretenden Stützkräfte sind ebenfalls der Bedienungsanleitung oder der Kennzeichnung der Abstützeinrichtungen zu entnehmen. Vorder- und Hinterachse der Maschinen besitzen nicht immer identische Stützkräfte. Bei der Auswahl und Bemessung des Unterbaus muss deshalb immer von den schlechtesten Einsatzbedingungen ausgegangen werden.
Die Erfahrung zeigt weiterhin, wie sorglos manche Hubarbeitsbühnen aufgestellt werden. Da aber nicht jeder fehlerhafte Rüstzustand unmittelbar zu einem Unfall führt, wird negatives Verhalten durch mehrfaches Wiederholen manifestiert. Die Qualifizierung der Bediener ist für eine erfolgreiche Unfallverhütung genauso erforderlich, wie die regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten. Praktische Übungen zur standsicheren Aufstellung sollten in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.
Autor: Markus Tischendorf
Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)