Bei Voith steht Arbeitsschutz an erster Stelle. Während der Planung des Voith Training Centers suchte der Technologiekonzern einen Partner für die Konzep-tion moderner Absaug- und Filtertechnik. Die Herausforderung: ein über drei Etagen komplett offenes Gebäude von gesundheitsgefährdenden Schweißrauch- und Schleifstaubpartikeln frei zu halten. Die Kemper GmbH erhielt den Zuschlag.
Wie sieht Facharbeit im Jahr 2020 aus? Diese Frage stellte sich die Voith GmbH im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums ihrer Berufsausbildung im Jahr 2010. Komplexe Anlagen wie Turbinen, Generatoren oder dreistöckige Papiermaschi-nen erforderten neue Sichtweisen hinsichtlich Entwicklung und Produktion. Klassische Berufsgrenzen würden fallen, einzelne Kompetenzen mehr denn je fließend ineinander übergehen, meint das Unternehmen bis heute. Voith schuf ein neues Ausbildungskonzept. Die Zukunft liegt dabei in der Vernetzung einzelner Berufe. Ob technisch oder kaufmännisch: Drei Monate lernen alle Auszubildenden heute beispielsweise zu Beginn der Lehre gemeinsam in einer Werkstatt. Passend zur Idee konzipierte Voith ein neues Ausbildungslayout. Das Unternehmen inves-tierte 16 Millionen Euro am Hauptsitz in Heidenheim. Die Idee hinter dem Voith Training Center verband Flexibilität, Transparenz und Innovationskraft und signalisiert diese Eigenschaften heute gebäudetechnisch nach außen.
Die insgesamt drei Etagen in dem fast ganz aus Glas und Stahl erbauten Gebäu-de sind allesamt in einem einheitlichen Luftraum miteinander verbunden – egal ob Schulungsräume für Fachkräfte oder Schweißplätze für Auszubildende: Ein offener Raum mit einem umbauten Volumen von 43.200 m³ – und eine enorme Herausforderung für den Arbeitsschutz, speziell für die Schweiß- und Schleifplätze. Denn bei Voith wird in hohen Mengen Edelstahl verarbeitet.
Vor diesem Hintergrund machte sich Voith auf die Suche nach einem kompetenten Partner in Sachen Absaug- und Filtertechnik für Schweißrauch und Schleifstäube. Das ganzheitlichste Konzept bot die Kemper GmbH. Der Hersteller von Absaug- und Filtertechnik für die metallverarbeitende Industrie lieferte nicht nur das Equipment und installierte es vor Ort. Das Unternehmen plante die Eingliederung des Arbeitsschutzes in das Voith Training Center gleich mit. Beispielsweise beriet Kemper Voith bei der Auswahl des geeigneten Equipments für unterschiedliche Anwendungsfälle. „Kemper hat uns bei der Planung der Arbeitsschutzausstattung über den gesamten Planungsprozess begleitet“, schildert Erwin Krajewski, Leiter des Voith Training Centers.
Zentrale Absaug- und Filteranlage
Die Arbeitsschutzspezialisten planten die Ausstattung nach den Anforderungen von Voith auf knapp einem Fünftel der Werkstattfläche. Auf 300 der insgesamt 2.000 Quadratmeter kommt die effektive Absaug- und Filtertechnik zum Einsatz. Das Herz des Systems bildet die zentrale Absaug- und Filteranlage System 9000, die im Keller des Ausbildungszentrums aufgestellt wurde. Über ein Rohrsystem ist die Anlage mit den eigentlichen Arbeitsplätzen in der Werkstatt verbunden. Der vor die Anlage geschaltete Vorabscheider SparkTrap stellt sicher, dass Funken oder grobe Partikel nicht in die Filteranlage gelangen und den Filterungsprozess nicht zusätzlich belasten. Die Anlage filtert selbst krebserzeugende Nanopartikel unter 0,4 µm aus der Luft und verhindert somit schwerwiegende Erkrankungen der Atemwege. Ein integrierter Frequenzumrichter passt den Volumenstrom automatisch an. Unabhängig davon, ob nur an einem Arbeitsplatz oder allen Plätzen gleichzeitig geschweißt wird: Eine konstante, bedarfsabhängige Absaugleistung ist stets gewährleistet. Die automatische Volumenstromanpassung führt daher zu erheblichen Energiekosteneinsparungen. „Diese Technik ist ein Quantensprung für uns. Die Anlagen sind nicht nur in Sachen Arbeitsschutz viel effektiver als zuvor eingesetzte Lösungen“, sagt Krajewski.
Absaughauben um 360 Grad drehbar
Die Arbeitsplätze selbst unterteilen sich in zwei Bereiche: Der eine ist komplett offen einsehbar, der andere ist durch einzelne Schweißkabinen abgetrennt. Im offenen Bereich integrierte Kemper zwei zehn Meter lange Absaugarme mit Auslegern, die an das Rohrsystem angeschlossen sind. Dies ermöglicht den Auszubildenden auch bei größeren Werkstücken größtmögliche Flexibilität beim Schweißen. Wichtig für Voith: „Trotz ihrer Länge halten sich die Arme freitragend in der Luft – und das auch noch heute, nach bald zwei Jahren Einsatzzeit ohne Qualitätsverlust.“ Nicht nur die einfache Nachführung und selbsttragende Haltung macht die Arme für die Auszubildenden wertvoll. Weil die an die Arme angeschlossenen Absaughauben um 360 Grad drehbar sind, ist der Einsatz flexibel an die jeweilige Schweißposition anpassbar. Durch die flanschförmige Form der Haube ermöglichen die Kemper-Absaugarme 40 Prozent mehr Schweißrauch direkt an der Entstehungsstelle entlang der Schweißnaht zu erfassen als herkömmliche Systeme.
Diesen Vorteil spielen die Absaugarme auch im Bereich der Schweißkabinen aus. Neun davon integrierte Kemper speziell für das MAG- und MIG-Schweißen mit starkem Lichtbogeneinsatz. Jeder geschützte Arbeitsplatz verfügt über einen eigenen Absaugarm, der wiederum an die zentrale Absaug- und Filteranlage angeschlossen ist. Die Schweißkabinen bestehen aus speziellen Schallschutzwänden und verschiebbaren Schweißerschutzlamellen mit individuellem Überlappungsgrad. Dank der abgedunkelten Schutzscheibe sind die Ausbilder in der Lage, ihren Lehrlingen bei der Arbeit von außen über die Schulter zu schauen. „Zu keiner Zeit nach der Inbetriebnahme des Arbeitsschutz-Equipments hatten wir in irgendeinem Bereich unseres Training Centers ein Problem mit Schweißrauch. Und das will bei der Konzeption unseres Gebäudes etwas heißen“, betont Krajewski den hohen Wirkungsgrad der Kemper-Technik. Ein Schleiftisch mit integrierter Absaugung, die ebenfalls an das System 9000 angeschlossen ist, komplettiert das Arbeitsschutz-Equipment. Dank der Klapp-Funktion der schalldämmenden Seitenwände lassen sich auch größere Werkstücke verarbeiten.
Energiesparende Luftzirkulation
Nicht nur, dass die zentrale Filteranlage System 9000 bei weniger als 65 db (A) besonders geräuscharm ist: Die Anlage spart dank eines Zweiwegeverteilers zugleich Energie. Dadurch ist Voith in der Lage, das System sowohl auf Ab- als auch Umluft zu fahren. Zehn Monate im Jahr, so Krajewski, laufe das System auf Abluft – auch vor dem Hintergrund, dass chromhaltiger Edelstahl geschweißt werde und Voith aufgrund des höchsten Gefahrenpotenzials von chromatischen Gefahrstoffen dabei lieber auf Nummer sicher gehe. Kemper betont, dass eine teilweise Rückführung der gefilterten Luft auch bei chromhaltigen Werkstoffen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben technisch möglich sei. Durch eine moderne Gebäudekommunikation ermöglicht das System auch im Abluftmodus Energieeinsparungen. Früher liefen die Gebäudeabluft und die Abluft der Absaug- und Filteranlage parallel nebeneinander. Heute sind Gebäude- und Prozessabluft dermaßen vernetzt, dass die Gebäudeabluft anhält, sobald die Prozessabluft der Anlage startet. Auch im Umluftbetrieb erweist sich die Anlage als energieschonend. Die bereits erwärmte Luft wird nach der Filterung wieder dem Voith Training Center zugeführt. Eine erneute Erwärmung entfällt.
Für Voith hat sich die Anlage rentiert. Der Technologiekonzern signalisiert seinen künftigen Fachkräften dadurch eine hohe Wertschätzung. Außerdem ist Arbeitsschutz bei Voith eines der wichtigsten Konzernthemen – schon aus purem Selbstinteresse. Die Anzahl der Arbeitsunfälle senkte Voith seit der Arbeitsschutzoffensive 2006 von 20 pro Million Arbeitsstunden auf zwei.
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