„Lüften war für die Arbeitssicherheit schon lange vor Corona ein Thema, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Unternehmen werden nun von offizieller Seite mit Nachdruck auf die Regeln hingewiesen“, erklärt Maximilian Wolf. Er ist Fachkraft für Arbeitssicherheit bei „Arbeitssicherheit Kleve“ und als externer Dienstleister in Unternehmen in Nordrhein-Westfalen im Einsatz. Die veränderte Wahrnehmung in puncto Lüften macht sich in seinen Beratungsgesprächen deutlich bemerkbar: „Gibt es Grundregeln, an die wir uns halten können? Mit welchen Maßnahmen können wir die Richtwerte erreichen? Was sind Hilfsmittel, die bei der Umsetzung der Regeln helfen können?“ – Diese und weitere Fragen stellen ihm seine Kunden seit Beginn der Pandemie vermehrt.
Arbeitgeber muss Infektionsschutz gewährleisten
Kein Wunder, denn das Lüften ist eine der Maßnahmen, die ein Arbeitgeber ergreifen muss, um das Infektionsrisiko für seine Mitarbeiter zu minimieren – vor allem in Unternehmen, in denen betriebsbedingt kein Homeoffice möglich ist. Hier gilt es zunächst, die Belegschaft vor Ort zu reduzieren, etwa durch Schichtsysteme. Sind mehrere Mitarbeiter pro Büro anwesend, muss der Arbeitgeber zusätzliche Schutzmaßnahmen einhalten, wie das Aufstellen von Trennwänden oder die Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken. Jedoch sieht Maximilian Wolf hier Nachteile: Nach gewisser Zeit verbreiten sich vermeintlich schädliche Partikel trotz Trennwand – und auch eine Maske könne nicht die gesamte Atemluft abfangen. „Da bleibt nur noch die Lüftungsmaßnahme, um das Schutzziel zu erreichen.“
Doch warum ist Lüften so wichtig? Das Corona-Virus verbreitet sich durch Aerosole, feinste luftgetragene Flüssigkeitspartikel und Tröpfchenkerne, die längere Zeit in der Luft schweben können. Sie werden durch Sprechen, Niesen, Husten oder sogar Atmen übertragen. Je mehr Menschen sich in einem geschlossenen Raum aufhalten, desto höher ist das Risiko, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren – beispielsweise in Großraumbüros oder Konferenzräumen. Um das Infektionsrisiko zu senken, müssen bestimmte CO2-Werte eingehalten werden (siehe Tabelle 1).
Zum Hintergrund: Die CO2-Konzentration ist ein entscheidender Indikator für die Aerosol-Konzentration und damit für das Ansteckungsrisiko mit COVID-19. Um die dargestellten Werte zu erreichen, empfiehlt die Arbeitsstättenrichtlinie regelmäßiges Stoßlüften (siehe Tabelle 2). Reicht die freie Lüftung nicht aus, etwa weil sich das Büro im Keller befindet oder Fenster aufgrund von Lärm nicht ausreichend lange geöffnet werden dürfen, sind raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) erforderlich. „Die Pflicht des Arbeitgebers ist es, die Werte einzuhalten. Dabei ist es egal, wie er das löst – letzten Endes funktioniert es nur mit Lüften“, fasst Maximilian Wolf zusammen.
CO2-Ampeln als Entscheidungsträger
Trotzdem bleibt die Unsicherheit: Habe ich ausreichend gelüftet – oder vielleicht sogar unnötig lange? Die Entscheidung, wann und in welchen Zeiträumen gelüftet werden sollte, wird Beschäftigten nun erleichtert – neben weiteren Messgeräten etwa durch CO2-Ampeln. Denn sie messen den CO2-Gehalt im Raum und reagieren, wenn der Richtwert überstiegen wird und gelüftet werden muss. „Für sicheres Arbeiten im Büro können diese Ampeln vor allem während der Corona-Pandemie eine wichtige Ergänzung zu Lüftungskonzepten innerhalb der Arbeitsstättenrichtlinie sein“, erklärt Maximilian Wolf. Zudem können sie dabei unterstützen, dass installierte Lüftungsanlagen oder mit Filtern nachgerüstete Anlagen überhaupt korrekt funktionieren. Der 39-Jährige hat bereits unterschiedliche CO2-Ampeln in Betrieben auf ihre Praxistauglichkeit getestet – darunter auch „Conny, die CO2-Ampel, die atmet“. Das Modell wurde von ISIS IC aus Wesel entwickelt – gemeinsam mit Wissenschaftlern aus der Luft- und Klimatechnik und aus der Medizin.
Effektives Lüften bringt Vorteile
Mit ihrem atmenden Sensor misst „Conny, die CO2-Ampel, die atmet“ permanent den aktuellen CO2-Gehalt im Raum. „Ein Lüfter zieht die Luft aktiv ein und wartet nicht, dass sie von alleine bis ins Gerät hineinströmt. Das könnte, je nach Aufstellplatz, sehr lange dauern“, sagt der Experte für Arbeitssicherheit. Die Ampel registriert demnach schneller einen Anstieg und ein Absinken der CO2-Konzentration im Raum. Sie interpretiert die Werte und gibt optisch leicht erkennbar Auskunft darüber: Gute Luft mit einem CO2-Anteil von unter 1.000 parts per Million (ppm) wird auf einer LED-Anzeige grün dargestellt. Ist der Messwert erhöht und Aufmerksamkeit gefragt, leuchtet die Ampel gelb – und rot, wenn der Raum gelüftet oder verlassen werden muss. Das Besondere an Conny ist, dass sich die Schwellwerte auch herabsetzen lassen, ein Lüftungshinweis erfolgt dann beispielsweise schon bei 850 ppm. Damit lässt sich das Infektionsrisiko der Menschen im Raum verringern. Die Schwellwerte aus der Arbeitsstättenverordnung stammen nämlich noch aus der Zeit vor Corona, in manchen europäischen Nachbarländern wie den Niederlanden sind sie mittlerweile schon nach unten gesetzt worden.
„Dank des effektiven Lüftens müssen Beschäftigte im Winter nicht unnötig frieren. Und es spart Heizkosten“, nennt Maximilian Wolf weitere Vorteile. Auch sorgt die Ampel für mehr Akzeptanz bei den Mitarbeitern, denn sie erkennen zügig Lüftungseffekte. Per App können die CO2-Werte jederzeit abgerufen werden. Zugleich werden sie im Hintergrund dokumentiert – und können im Falle von Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden belegen, dass zu keiner Zeit eine gefährliche CO2-Konzentration vorlag. Die Dokumentation der Werte ist für die Unternehmen ein großer Vorteil. Mit ihr lässt sich nicht nur ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand die Einhaltung der Arbeitsschutzvorgaben belegen. Durch die Auswertung können die Verantwortlichen zudem analysieren, wie sich bestimmte Maßnahmen wie etwa eine Reduzierung der gleichzeitig im Büro Tätigen auf die CO2-Konzentration auswirken.
Ein positiver Nebeneffekt: Ein hoher Kohlendioxid-Gehalt im Büro verursacht auch Kopfschmerzen und Konzentrationsverlust. Dem wirkt die Ampel ebenfalls aktiv entgegen, wenn beim Überschreiten der Schwellwerte stoßgelüftet wird. Für Arbeitgeber ist sie also eine Investition in die Gesundheit ihrer Belegschaft – auch unabhängig von Corona. „Wenn die Lüftungsregeln befolgt werden, kann die CO2-Ampel in Ergänzung der Maßnahmen einen nützlichen Beitrag zum Arbeitsschutz in Unternehmen leisten“, zieht Maximilian Wolf ein Fazit.