Das Sicherwerk ist ohne Übertreibung ein Bollwerk für den modernen Arbeitsschutz. 2016 in einer umgebauten alten Industriehalle am Stadtrand der rheinischen Stadt Düren eröffnet, bietet es auf rund 1.500 Quadratmetern und auf zwei Ebenen eine Vielzahl von realitätsnahen Trainingsstationen sowie integrierte Schulungsräume. In Höhen und Tiefen von bis zu 18 Metern, engen Behältern und mit einem Hallenkran können Unternehmen ihren Mitarbeitern die körperlichen und mentalen Anforderungen an das Arbeiten und Retten in gefährlichen Situationen erleb- und erlernbar machen. Gründer und Inhaber des Sicherwerks ist der Technische Großhändler Jörg Mauel, Chef von Mauel Sicher Arbeiten, Düren.
„Ein Training ist umso erfolgreicher, je realistischer die Trainingsbedingungen sind. Darum haben wir das Sicherwerk in Düren geschaffen. Mit ihm bieten wir Sicherheitspraxis für die Praktiker, wie es realistischer und unmittelbarer nicht zu trainieren ist.“
Theorie mit guter Praxis
Mauel begann vor 16 Jahren als Technischer Händler und erkannte schnell eine beträchtliche Marktlücke: Das Thema Sicherheit wurde damals von vielen Unternehmen noch nicht ernst genug genommen. Seit damals habe sich die Situation in vielen großen und mittleren Firmen zwar stark verbessert, so Mauel. Aber bei den kleineren Betrieben wäre das immer noch nicht viel anders als damals: „Wir haben wunderbare Regelwerke. Doch bei der Umsetzung lassen sich vor allem kleinere Unternehmen viel Zeit oder setzen sie erst gar nicht richtig um. Einer der Gründe: Sie werden im Gegensatz zu Großbetrieben ja nur alle Jubeljahre oder überhaupt nicht überprüft.“
Der damalige relativ geringe Stellenwert des betrieblichen Arbeitsschutzes zeigte sich auch bei den Unterweisungen und Schulungen, die viel zu theoretisch durchgeführt wurden – die Erprobung des theoretisch Gelernten in der Praxis blieb dabei vielfach auf der Strecke. Für einige Tätigkeitbereiche habe es sogar noch so gut wie keine Schulungen mit Praxisbezug gegeben, so zum Beispiel für das Führen von Kranen oder die Ladungssicherung. Daher startete Mauel sein Schulungsangebot zunächst mit Trainings für Flurförderfahrzeuge und Krane. Das war aber lange vor der Eröffnung des Sicherwerks vor fast vier Jahren.
Auch beim ZDF in der ersten Reihe
Ein paar Jahre nach Eröffnung hat das Trainingscenter Kunden aus allen Industriebranchen, von Chemieunternehmen über den Maschinenbau bis zur Elektrotechnik. Besonders viele der Kunden kommen aus der regionalen Papierindustrie, denn Düren ist aufgrund seiner Nähe zur waldreichen Eifel ein wichtiger Standort dieser Branche. Mauel meint: „Ich kenne die Branche seit rund 28 Jahren, weiß alles über deren Arbeitsabläufe sowie Sicherheitsdefizite und spreche die Sprache der Leute in den Betrieben. Daher sind mir die Probleme der Leute dort bestens bekannt. Das ist mein Kompetenzvorsprung gegenüber Leuten, die einen 2‑Tageskurs machen und meinen, mit dem dort erworbenen Wissen branchenspezifische Schulungen durchführen zu können.“ Aber nicht nur Industriebetriebe oder ‑dienstleister kommen in das Sicherwerk. Mauel berät und schult zum Beispiel auch den Fernsehsender ZDF bezüglich der Sicherheit seiner zahlreichen Techniker – beim Sender vor Ort als auch bei Schulungen im Sicherwerk. Mauel erzählt: „Kameramänner oder Tontechniker müssen teilweise in schwindelerregender Höhe ihre Arbeit machen und dabei auf ihre Arbeitsplätze hochklettern. Ein Kameramann bei der Vier-Schanzen-Tournee der Skispringer arbeitet auf einer kleinen Plattform in zwanzig bis fünfzig Metern Höhe und muss darauf Bewegungen um 180 Grand vollbringen. Da ist klar, dass man diesen Job nur mit sehr viel Sicherheitskompetenz machen kann.“
Ins Sicherwerk kommen bei weitem nicht nur Berufsanfänger. Viele Teilnehmer an Schulungen seien schon „alte Hasen“, die trotz dreißig oder vierzig Jahren im Job für bestimmte Verfahren oder Geräte noch niemals eine spezifische Ausbildung erhielten und diese jetzt nachholten. Zudem gäbe es selbstverständlich mit der Einführung immer neuer Geräte und Maschinen immer wieder neuen Schulungsbedarf. Mauel und sein Team im Sicherwerk halten sich durch den engen Kontakt mit den Herstellern über Innovationen auf dem Markt immer auf dem Laufenden.
Arbeitsschutz auch virtuell
Zum bisherigen Spektrum von Schulungen und Trainings gehören das Freimessen (Prüfung von Gasen) sowie das sichere Arbeiten in Behältern, an hohen Arbeitsplätzen, mit Persönlichen Schutzausrüstungen und mit Maschinen und Geräten. Dabei soll es aber nicht bleiben. Denn Mauel hat große Pläne für sein Sicherwerk. Bereits vor ein paar Monaten wurde das Virtual-Reality (VR)-Training eingeführt. Mit der VR-Brille lassen sich so gefährliche Arbeitssituation erst einmal unfall- und angstfrei bewältigen. Mauel erklärt: „Damit wollen wir auch Beschäftigten eine Chance geben, die beispielsweise an Klaustrophobie leiden. Beispiel: Bei einer Papierwalze, wie sie in der Papierindustrie typisch ist, muss ein Mitarbeiter in einen 30 mal 40 cm engen Zylinder hineinkriechen. Damit haben nicht nur besonders beleibte Beschäftigte große Probleme. Auch ein Spargeltarzan kann in einem solchen Zylinder Platzangst bekommen. Mit der VR-Brille kann sich der Betroffene nun Schritt für Schritt in den Gefahrenbereich hineintasten und lernen, sich sicherheitsbewusst zu verhalten – ohne dass es eine Unfallgefahr gibt oder er eine Panikattacke erleidet.“
Ein anderer Bereich, der mit dem neuen Jahr das Angebotsspektrum erweitern soll, ist die Arbeitsmedizin. Diesbezügliche Schulungen werden dann durch eine Arbeitsmedizinerin durchgeführt. Jörg Mauel, der bei der Bundeswehr zum Rettungssanitäter ausgebildet wurde, liegt dieses Thema sehr am Herzen: „Es ist schon merkwürdig, wie wenig die Leute über ihren Körper und ihre Gesundheit Bescheid wissen. Wir wollen ihnen zeigen, wie ihre Körper in diversen Arbeitsprozessen auf Faktoren wie Raumtemperaturen oder bestimmte Arbeitsmittel reagieren und was sie dabei beachten müssen. Denn die Gesundheit geht über alles. Nicht umsonst lautet unser Slogan: Sicher arbeiten, weil zuhause jemand auf mich wartet.“
Die Trainingsbereiche des Sicherwerks
Rettung aus Behältern und engen umschlossenen Räumen: Im Sicherwerk können die Kunden die psychischen und körperlichen Belastungen bei Arbeiten (genauer: „Sicheres Befahren“ nach DGUV-Regel 113–004) und Rettungen in und an Behältern und Schächten am eigenen Leib erfahren. Vom beengten Einstieg in eine Papierwalze (Trockenzylinder) über den Zustieg in einen Behälter über ein Mannloch bis zum vertikalen Einstieg in einen Schacht sind realitätsnahe Industrieanlagen aufgebaut. Zusätzlich erhalten Kunden eine Ausbildung im „Freimessen“, also dem Messen des Sauerstoffgehalts in Schachtanlagen.
Die Schulungsräume des Sicherwerks sind in die Halle integriert, damit sich Theorie und Praxis eng miteinander verbinden lassen.
Besteigen von Masten: Für realistische Höhentrainings sind drei Mastvarianten installiert: An Holzmasten, einem Rohrmast und einem Gittermast mit 18 Metern Höhe können das tägliche Steigen und die Rettung eines verletzten Kollegen realitätsnah trainiert werden.
Steigschutz-Systeme: Fest installierte Steigschutz-Systeme sind an Funkmasten, Windkraftanlagen, Industrieschornsteinen, Hochregalanlagen und auch an Dachaufstiegen heute weitgehend Standard. Im Sicherwerk stehen verschiedene Varianten zur Verfügung, an denen die Schulungsteilnehmer die sichere Benutzung und das richtige Verhalten im Ernstfall trainieren können.