Ein Lichtbogen, auch Überschlag genannt, ist ein berührungsloser Kurzschluss zwischen zwei Leitern wie zum Beispiel Stromschienen oder Kabeln. Das Ergebnis ist eine Plasmafeuerkugel, die Temperaturen von bis zu 20.000 °C erreichen und die Kleidung eines Arbeitnehmers selbst aus großer Entfernung entzünden kann.1
Ein Lichtbogen kann bei elektrischen Geräten zum Beispiel aufgrund von falscher Installation, Staub, Korrosion, Oberflächenverunreinigungen oder Verschleiß entstehen. Die häufigste Ursache dafür ist jedoch menschliches Versagen.
Die Folgen für die Arbeitnehmer können lebensbedrohlich sein und reichen von schweren äußeren und inneren Verbrennungen bis hin zu tödlichen Verletzungen. Die Arbeitnehmer können auch giftigen heißen Gasen und verdampftem Metall ausgesetzt sein oder aufgrund des erzeugten ultravioletten Lichts Augenverletzungen erleiden.2 Die Bereitstellung einer verlässlichen persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ist ein Muss.
Lichtbögen – ein dauerhaftes Risiko
Lichtbögen stellen immer ein erhebliches Risiko für Arbeitnehmer dar. Nach den neuesten Eurostat-Zahlen erlitten 2018 über 76.000 Arbeitnehmer in Europa Verletzungen durch „Kontakt mit elektrischer Spannung“.3 Unfälle durch Lichtbögen können auch weitreichende finanzielle Folgen für den Arbeitgeber haben. Im Mai 2021 wurde der größte britische Eisenbahn-Infrastrukturanbieter zu einer Geldstrafe von fast GBP 700.000 verurteilt, nachdem ein Arbeiter durch einen elektrischen Lichtbogen Verbrennungen dritten Grades und unterschiedlicher Tiefe erlitten hatte.4
Die Gefahr von Lichtbögen könnte sich aufgrund des wachsenden Sektors der erneuerbaren Energien noch weiter ausbreiten.5 Wie bei anderen elektrischen Anwendungen besteht auch bei der Installation und Wartung von Erzeugern von erneuerbarer Energie wie Solarmodulen6 und Windturbinen7 unweigerlich die Gefahr von Lichtbögen. Dies gilt auch für Batteriespeichersysteme.8
Die vier Ps des Lichtbogenschutzes: Warum PSA wichtig ist
Die Durchführung einer gründlichen Risikobewertung am Arbeitsplatz ist der Schlüssel zum Schutz der Arbeitnehmer vor Lichtbögen. Dies ist als die 4P-Methode bekannt, die vier wichtige Schritte umfasst:
- Vorhersage (Prediction) der Intensität des Lichtbogens
- Verhindern (Prevention) eines Schadens durch Gefahrenminimierung
- Schutz (Protection) der Arbeitnehmer vor verbleibenden Gefahren
- Veröffentlichung (Publishing) der Resultate.
Als letzte Schutzmaßnahme gegen Verletzungen durch Lichtbögen spielt PSA wie zum Beispiel Schutzkleidung im Rahmen der 4P-Methode eine wichtige Rolle. Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass diese Ausrüstung den aktuellen Normen entspricht.
Normen – Auf dem neuesten Stand bleiben
Bei der Auswahl von Schutzkleidung gegen Lichtbögen sind verschiedene Normen zu beachten, die für unterschiedliche Regionen voneinander abweichen. Um die Mindeststandards zu erfüllen, muss ein Gewebe schwer entflammbar sein und Schutz vor Lichtbögen bieten, indem es eine Entzündung verhindert.
Die folgenden Normen sind in Europa die bedeutendsten:
- IEC 61482–1–1:2019: Live working – Protective clothing against the thermal hazards of an electric arc – Part 1–1: Test methods – Method 1: Determination of the arc rating of clothing materials and protective clothing using an open arc.
- IEC 61482–2:2018: Live working – Protective clothing against the thermal hazards of an electric arc – Part 2: Requirements.
Eine weitere wichtige Norm für den Hitzeschutz ist die EN ISO 11612: 2015 (Protective clothing — Clothing to protect against heat and flame — Minimum performance requirements).
Einige Hersteller von Schutzkleidung führen zusätzliche Tests durch, um ein noch höheres Schutzniveau zu gewährleisten. Bei diesen Tests wird die Menge der übertragenen Energie mit einer instrumentierten Testpuppe gemessen, wie in der ISO 13506–1:2017 festgelegt. Dies ermöglicht eine genaue Bewertung der Performance der Schutzkleidung, wenn sie einer kurzzeitigen extremen Flammeneinwirkung ausgesetzt ist.
Worauf ist bei Schutzkleidung zum Schutz vor Lichtbögen zu achten?
Die wichtigste Eigenschaft, auf die man bei Schutzkleidung zum Schutz vor Lichtbögen achten sollte, ist die Fähigkeit, eine Entzündung zu verhindern, indem sie bei starker Hitze verkohlt und sich verdickt. Auf diese Weise wirkt das Gewebe wie eine Schutzbarriere zwischen der Hitzequelle und der Haut und schützt den Arbeitnehmer so vor Verbrennungen.
Weitere wichtige Aspekte sind:
- Eingebauter Hitzeschutz: Wählen Sie strapazierfähige Stoffe, die auch nach mehrmaligem Waschen ihre Hitzebeständigkeit nicht verlieren.
- Schutz vor multiplen Gefahren: Je nach Einsatzbereich sind Gewebe
mit verschiedenen Schutzschichten perfekt, die zusätzlich gegen Hitze, Flammen und Spritzer von geschmolzenem Metall schützen. - Bequemlichkeit: Müdigkeit ist eine der Hauptursachen für Verletzungen. Achten Sie daher immer darauf, dass Ihre Schutzkleidung durch leichte und hoch atmungsaktive Stoffe ein hohes Maß an Bequemlichkeit bietet.
- Strapazierfähigkeit: Einige der neuesten lichtbogenbeständigen Stoffe bieten eine höhere Bruchfestigkeit als herkömmliche Baumwollstoffe, die flammhemmend nachgerüstet wurden.
Was ist der Luftblaseneffekt (Bubble Effect)?
Eine der neuesten Innovationen im Bereich des Schutzes vor Lichtbögen ist die Entwicklung doppelseitiger Gewebe mit der sogenannten „Bubble-Effect“-Technologie. Wenn diese Gewebe mit Hitze in Berührung kommen, bilden sich in der inneren Schicht Luftblasen, die den Träger vor Lichtbögen schützen. Durch dieses innovative Design wird eine sehr hohe Hitzebeständigkeit erreicht, ohne den Tragekomfort zu beeinträchtigen. Im Vergleich zu herkömmlichen Materialien mit derselben Materialzusammensetzung und demselben Gewicht bietet ein doppelseitiges Gewebe einen besseren Schutz vor Lichtbögen.
Bei der Prüfung nach IEC 61482–1–1 weist ein doppelseitiges Gewebe einen ATPV-Wert (Arc Thermal Performance Value, thermischer Kennwert des Lichtbogens bei Lichtbogenprüfungen) zwischen 16 und 19 cal/cm2auf, was mehr als das Doppelte des ATPV eines gleichwertigen herkömmlichen Gewebes ist (7,2 cal/cm2) ist.9
Zusammenfassung
Lichtbögen stellen nach wie vor eine Gefahr für Arbeitnehmer in vielen Branchen dar. Der aktuelle Trend zur Elektrifizierung bedeutet, dass in den kommenden Jahren möglicherweise noch mehr Arbeitnehmer dieser Gefahr ausgesetzt sein werden. Schutzkleidung ist der Schlüssel zum Schutz der Arbeitnehmer vor den mit Lichtbögen verbundenen Risiken. Doppelseitige Gewebe erweisen sich als die optimale Wahl für den Schutz vor Lichtbögen. Sie bieten eine bessere Hitze- und Flammbeständigkeit, ohne den Tragekomfort zu beeinträchtigen.
1 https://www.theiet.org/media/8418/arc-flash-risk-management.pdf
2 Arc flash risk management (theiet.org)
3 https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/HSW_PH3_08__custom_1320392/default/table?
lang=en
4 https://www.orr.gov.uk/search-news/network-rail-fined-nearly-ps700000-following-orr-prosecution-
after-serious-fire
5 https://www.irena.org/Statistics/View-Data-by-Topic/Benefits/Employment-Time-Series
6 https://www.researchgate.net/publication/271481929_Arc_flash_safety_concerns_for_solar
_panels, https://www.researchgate.net/publication/261281276_Arc-flash_hazard_in_Wind_Power
_Plants
7 https://www.researchgate.net/publication/261281276_Arc-flash_hazard_in_Wind_Power
_Plants
8 https://ieeexplore.ieee.org/document/7555442
9 Basierend auf Tests, die von DuPont durchgeführt wurden.
Autorin: Pauline Weisser
Application Development Specialist bei DuPont Personal Protection