Entscheidend für das Betriebsklima ist die Qualität der Zusammenarbeit. Sie wird geprägt von gegenseitigem Geben und Nehmen. Ausgetauscht werden nicht nur Lohn und Leistung, sondern auch ganz Alltägliches wie Informationen, Hilfestellungen, Zeichen und Gesten. Ohne Austausch würde die Arbeit, würde ein Betrieb nicht funktionieren. Niemand ist erfolgreich ohne die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen. Erfolg bei der Arbeit beruht auf Gegenseitigkeit.
In jedem Betrieb gibt es Vorschriften und Regeln für die Zusammenarbeit. Aber das ist nur die formale Ebene. Daneben existieren Routinen und Gewohnheiten, die sich mehr oder weniger von selbst über eine längere Zeit entwickelt haben, ohne dass darüber verhandelt wird. Es gibt eingespielte Verhältnisse, eine gewisse Ordnung des Gebens und Nehmens. Wer in einem Betrieb arbeitet, muss sich daran orientieren. Von wem bekomme ich die Information? Was muss ich dafür tun? Wer kann mir helfen? Wer erwartet Hilfe von mir? Wer hat hier was zu sagen?
Die wichtigsten Klimafaktoren
Zwölf Einflussfaktoren haben sich in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen als besonders relevant herausgestellt:
- Autorität: Ist die Vormachtstellung der Vorgesetzten gerechtfertigt durch Beiträge zum Gelingen der Arbeit? Oder beruht sie auf Drohungen und Sanktionen?
- Beteiligung: Gibt es Verfahren, die eine Mitwirkung von Beschäftigten an betrieblichen Entscheidungen ermöglichen? Oder geht es nur darum, dass sie getroffene Entscheidungen akzeptieren?
- Fairness: Werden Nutzen und Lasten der Zusammenarbeit nach allgemein anerkannten Regeln verteilt? Oder verschaffen sich die einen Privilegien auf Kosten der anderen?
- Führung: Unterstützen Vorgesetzte ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei selbständiger Arbeit? Oder versuchen sie, die Arbeit im Detail zu beaufsichtigen?
- Kollegialität: Werden in der Zusammenarbeit auch zwischenmenschliche Beziehungen gepflegt? Oder geht es nur darum, dass alle wie Rädchen im Getriebe funktionieren?
- Kommunikation: Führen die Angehörigen eines Betriebes einen offenen Dialog? Oder wird einseitig informiert und angeordnet?
- Kompetenz: Sind Zuständigkeiten und Fähigkeiten geregelt und anerkannt? Oder gibt es Streitigkeiten und Abgrenzungskämpfe?
- Leistung: Verständigen sich Vorgesetzte und Beschäftigte über Anforderungen der Arbeit? Oder werden Konkurrenzkämpfe ausgetragen?
- Macht: Ist die Einflussnahme auf andere durch sachliche Gründe gerechtfertigt? Oder wird willkürlich angeordnet?
- Mitbestimmung: Gilt der Betriebsrat als anerkannter Verhandlungspartner des Arbeitgebers? Oder wird er übergangen und muss sich immer wieder Geltung verschaffen?
- Vertrauen: Können sich alle aufeinander verlassen? Oder muss befürchtet werden, dass Vertrauen zu riskant ist und enttäuscht wird?
- Wertschätzung: Gelten persönliche Anstrengungen als wichtige Beiträge? Oder werden Engagement und Meinungsäußerungen ignoriert?
Was kann getan werden?
Zur Verbesserung des Betriebsklimas reicht die Aufforderung „Seid nett zueinander“ nicht aus. Es muss etwas verändert werden an den Gewohnheiten, Routinen und betrieblichen Strukturen. Gutes Betriebsklima beruht auf einem ausgewogenen Geben und Nehmen. Als gut wird es empfunden, wenn alle für das, was sie beitragen, etwas zurückbekommen: natürlich einen angemessenen Lohn für korrekte Arbeit, aber auch Unterstützung, faire Behandlung und Wertschätzung durch Vorgesetzte, Kolleginnen und Kollegen.
Entscheidend ist der Dialog über mögliche Probleme der Zusammenarbeit und ihre Ursachen. Der Dialog selbst ist ein wichtiger Bestandteil eines guten Betriebsklimas. Ob in (Betriebs-)Versammlungen, Arbeitsgruppen oder Workshops – es kommt darauf an, das scheinbar Selbstverständliche zu hinterfragen, offen darüber zu sprechen: Geht es gerecht zu? Bekommen alle, was ihnen zusteht? Ist die Zusammenarbeit solidarisch? Gibt es gegenseitige Unterstützung? Was könnte verbessert werden? Wie ließe es sich organisieren?
Schritt für Schritt zum Klimaabkommen
Zur Verbesserung des Betriebsklimas empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen. Als Ausgangspunkt kann eine Umfrage unter den Beschäftigten dienen. Die Auswertung der Befragung zeigt, welche Themen wichtig sind. Zur Bearbeitung der einzelnen Handlungsfelder werden Arbeitsgruppen gebildet. Die Gruppen nehmen eine Bestandsaufnahme für ihr jeweiliges Gebiet vor und sammeln Ideen. Auf einer „Klimakonferenz“ werden die einzelnen „Klimaberichte“ vorgestellt, von der Personalabteilung und dem Betriebsrat daraufhin Lösungsvorschläge entwickelt und in einem „Klimaabkommen“ allgemeinverbindlich festgeschrieben. Die Umsetzung wird regelmäßig überprüft (siehe Abbildung).
Beitrag der Sicherheitsbeauftragten
Zum guten Betriebsklima gehört eine gute Kommunikation. Hierzu können Sicherheitsbeauftragte beitragen, denn sie sorgen durch ihre Präsenz und Gespräche für ein sicherheitsgerechtes Verhalten am Arbeitsplatz. Es hängt nicht zuletzt von Art und Inhalt der Kommunikation ab, ob es gelingt, Kolleginnen, Kollegen und Führungskräfte von Sinn und Zweck einer Schutzmaßnahme zu überzeugen.
Wer beispielsweise Hinweise und Anweisungen schriftlich formuliert, auf einem Blatt Papier, per Aushang oder als E‑Mail, muss sich darüber klar sein, dass der Sinn nicht immer so verstanden wird, wie er gemeint ist. Es kann Lücken, Unklarheiten und Widersprüche geben, die nur im direkten Gespräch geklärt werden können. Nur dann weiß der beziehungsweise die Sicherheitsbeauftragte, ob der Hinweis richtig verstanden wurde.
Sicherheitsbeauftragte haben einen Wissensvorsprung in Sachen Arbeitsschutz. Andererseits verfügen die Kolleginnen und Kollegen an ihren Arbeitsplätzen über Erfahrungswissen, das Außenstehenden fehlt. Es kommt darauf an, beides miteinander zu verbinden, schon bei der Bestandsaufnahme das Wissen der Beschäftigten abzufragen und alle Maßnahmen mit ihnen zu besprechen. Gutes Betriebsklima wird gefördert durch Kommunikation. Sie funktioniert am besten, wenn alle, die es betrifft, gleichberechtigt einbezogen werden.
Autoren:
Dr. Edelgard Kutzner
Dr. Klaus Kock
Technische Universität Dortmund
Sozialforschungsstelle
Weiterführende Informationen
Eine ausführliche Darstellung des Themas von Dr. Edelgard Kutzner und Dr. Klaus Kock inklusive Materialien zur Verbesserung des Betriebsklimas ist im März 2018 in der Reihe Mitbestimmungspraxis bei der Hans Böckler Stiftung erschienen. Die Broschüre „Gutes Betriebsklima ist ein Geben und Nehmen. Wissen, Konzepte und Arbeitsmaterialien für die Bildungsarbeit mit betrieblichen Interessenvertretungen“ steht zum Download zur Verfügung unter www.boeckler.de .