Das baden-württembergische Landessozialgericht hat den Absturz eines 17-Jährigen vom Dach einer Jugendherberge beim „Fensterln“ als Arbeitsunfall eingestuft. Der junge Mann war während einer mehrtägigen, durch seinen Ausbildungsbetrieb durchgeführten Einführungsveranstaltung abends gegen 23.30 Uhr auf das Dach geklettert, um vom Ausbildungsbetreuer unbemerkt in das benachbarte Mädchenzimmer zu gelangen. Dabei verlor er den Halt und stürzte aus etwa acht Metern Höhe zu Boden. Er erlitt mehrere Brüche und musste mehrfach operiert werden.
Versicherungsschutz greift aufgrund altersbedingter Unreife
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Absturzes als Arbeitsunfall ab, weil das Klettern privat gewesen sei. Das Gericht beurteilte die Sache anders und erkannte einen Arbeitsunfall an. Das Klettern über das Dach in Richtung des benachbarten Mädchenzimmers habe in Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des 17-jährigen gestanden. Obwohl sich der Kläger in hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend verhalten habe, sei der Versicherungsschutz nicht aufgehoben. Denn der Sturz sei Folge seiner altersbedingten Unreife und eines für Jugendliche seines Alters typischen gruppendynamischen Prozesses gewesen.
(Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14.12.2021, Az. L 9 U 180/20)