Die neue PSA-Verordnung mit der offiziellen Bezeichnung „Verordnung 2016/425 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates“ trat bereits im April 2016 in Kraft. Nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren wird sie ab dem 21.04.2018 nun verbindlich. Die bisher gültige PSA-Richtlinie 89/686/EWG (PSA‑R) findet dann endgültig keine Anwendung mehr. Die aktuelle PSA-Verordnung beinhaltet Pflichten der sogenannten Wirtschaftsakteure. Dazu gehören Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler von Persönlicher Schutzausrüstung. Aber auch für Arbeitgeber und Beschäftigte ergeben sich Neuerungen im betrieblichen Alltag.
Was umfasst der PSA-Begriff?
Nach der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) hat der Unternehmer den Beschäftigten Persönliche Schutzausrüstung (PSA) in ausreichender Anzahl zur persönlichen Verwendung für die Tätigkeit am Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die neue PSA-Verordnung verwendet den Begriff „persönliche Schutzausrüstung“ für
- Ausrüstungen, die entworfen und hergestellt wurden, um von einer Person als Schutz gegen ein oder mehrere Risiken für ihre Gesundheit oder ihre Sicherheit getragen oder gehalten zu werden,
- austauschbare Bestandteile für die zuvor genannten Ausrüstungen, welche für ihre Schutzfunktion unerlässlich sind und
- Verbindungssysteme für Ausrüstungen, die nicht von einer Person gehalten oder getragen werden und so entworfen wurden, dass sie diese Ausrüstung mit einer externen Vorrichtung oder einem sicheren Ankerpunkt verbinden, und die nicht so entworfen sind, dass sie ständig befestigt sein müssen, und die vor ihrer Verwendung keine Befestigungsarbeiten benötigen.
„Zur Verfügung stellen“ der genannten Ausrüstungen, austauschbaren Bestandteile und Verbindungssysteme bedeutet, dass die PSA am Einsatzort funktionsbereit vorhanden sein muss. Zur Feststellung der erforderlichen Menge der PSA sind die Gefährdungen am Arbeitsplatz (vergleiche hierzu die betriebliche Gefährdungsbeurteilung) und die Anzahl der betroffenen Beschäftigten zu berücksichtigen. Bei der Auswahl und Bereitstellung der PSA sind auch
- Aspekte der Hygiene und
- Kriterien der Ergonomie
zu beachten. Sofern eine Benutzung der PSA durch verschiedene Beschäftigte erforderlich ist, müssen Gesundheitsgefahren und hygienische Probleme durch betriebliche Vereinbarungen oder Präventionsmaßnahmen ausgeschlossen werden.
Neue Einstufungen
Die neue PSA-Verordnung (vergleiche Anhang I) legt folgende Risikokategorien für Persönliche Schutzausrüstungen fest:
PSA der Kategorie I schützt Personen ausschließlich vor geringfügigen Risiken, wie
- oberflächliche mechanische Verletzungen,
- Kontakt mit schwach aggressiven Reinigungsmitteln oder längerer Kontakt mit Wasser,
- Kontakt mit heißen Oberflächen, deren Temperatur 50 °C nicht übersteigt,
- Schädigung der Augen durch Sonneneinstrahlung (außer bei Beobachtung der Sonne) sowie
- Witterungsbedingungen, die nicht von extremer Art sind.
PSA der Kategorie II umfasst Risiken, die nicht in die Kategorie I oder Kategorie III fallen.
PSA der Kategorie III umfasst ausschließlich solche Risiken, die zu schwerwiegenden Folgen wie Tod oder irreversiblen Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit Gefährdungsfaktoren führen können, wie beispielsweise
- gesundheitsgefährdende Stoffe und Gemische,
- Atmosphären mit Sauerstoffmangel,
- schädliche biologische Agenzien,
- ionisierende Strahlung
- warme Umgebung, die vergleichbare Auswirkungen hat wie eine Umgebung mit einer Lufttemperatur von 100 °C oder mehr,
- kalte Umgebung, die vergleichbare Auswirkungen hat wie eine Umgebung mit einer Lufttemperatur von
– 50 °C oder weniger, - Stürze aus der Höhe sowie
- Stromschlag und Arbeit an unter Spannung stehenden Teilen.
Rechtspflichten der Wirtschaftsakteure
Bei der Einführung von PSA in den Markt gelten zukünftig verschärfte Anforderungen. Diese betreffen die sogenannten Wirtschaftsakteure, zu denen die
- Hersteller,
- Bevollmächtigten,
- Einführer und
- Händler
von Persönlicher Schutzausrüstung zählen. Bisher mussten beispielsweise nur die Hersteller prüfen, ob ihre Produkte den einschlägigen Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit entsprechen. Ab sofort müssen jetzt zusätzlich auch die Händler und Einführer (Importeure) sicherstellen, dass die Persönliche Schutzausrüstung geprüft wurde. Nachzuweisen ist das durch eine entsprechende Bescheinigung.
Persönliche Schutzausrüstung muss grundsätzlich über eine Konformitätserklärung und ein CE-Zeichen verfügen. Sofern diese Kriterien nicht erfüllt sind, dürfen die Produkte im Betrieb nicht eingesetzt beziehungsweise verwendet werden. Bisher musste die Konformitätserklärung lediglich auf Nachfrage vorgelegt werden können. Nach der neuen PSA-Verordnung müssen die Hersteller die Konformitätserklärung künftig jedem einzelnen Produkt beifügen. Davon abweichend kann in der Anleitung des Herstellers auch eine Internet-Adresse angegeben werden, unter der man auf die Konformitätserklärung zugreifen kann.
Für PSA der Kategorie II und III ist unverändert zu den alten Rechtspflichten des Herstellers weiterhin eine Baumusterprüfung vorgeschrieben. Diese stellt sicher, dass das Produkt den einschlägigen Bau- und Ausrüstungsbestimmungen entspricht.
In der Vergangenheit waren die Baumusterprüfungen unbegrenzt gültig. Das ist nun anders: Die neue PSA-Verordnung schreibt vor, dass die Baumusterprüfung nur noch für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren ausgestellt werden darf. Das bedeutet, dass der Hersteller sein Produkt spätestens vor Ablauf dieser Frist erneut prüfen muss. Danach muss er der Zertifizierungsstelle bestätigen, dass sich nichts geändert hat. Oder er muss etwaige Änderungen durch diese Stelle unabhängig prüfen lassen.
Besondere Unterweisungen
Nach § 31 „Besondere Unterweisungen“ der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) hat der Unternehmer für Persönliche Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden (vergleiche Kategorie III der Verordnung) schützen sollen, den Beschäftigten die entsprechenden Hersteller-Informationen im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln. Die Informationen des Herstellers beinhalten insbesondere Angaben zur
- bestimmungsgemäßen Verwendung,
- Aufbewahrung und Lagerung,
- Wartung und Überprüfung sowie
- Reinigung und gegebenenfalls Desinfizierung
der PSA. Diese Inhalte sind außerdem die Grundlage für die Erarbeitung und Erstellung von Betriebsanweisungen, die hinsichtlich Form und Sprache für die Beschäftigten verständlich abgefasst sein müssen.
Unterweisungen mit Übungen sind vor der ersten Benutzung und anschließend nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, durchzuführen. Ziel der praktischen Übungen ist neben einer sicheren Benutzung der PSA im Rahmen der jeweiligen Arbeitsaufgaben auch das richtige Verhalten in kritischen Situationen. Mit der neuen PSA-Verordnung trifft diese Verpflichtung nun auch für folgende Persönliche Schutzausrüstungen zu:
- Gehörschutzmittel
- Rettungswesten gegen Ertrinken
- PSA zum Schutz gegen Schnittverletzungen durch handgeführte
Kettensägen - PSA zum Schutz gegen Hochdruckstrahlen
- PSA zum Schutz gegen Messerschnitte / Messerstiche
- PSA zum Schutz gegen Verletzungen durch Projektile
Zusammenfassung
Nach nunmehr zwei Jahren läuft die Übergangsfrist der neuen PSA-Verordnung ab. Die aktuelle PSA-Verordnung ist ab dem 21.04.2018 nun für alle Beteiligten verbindlich. Änderungen ergeben sich vor allem für die Hersteller, Bevollmächtigten, Einführer und Händler von Persönlicher Schutzausrüstung. Aber auch Unternehmer und Beschäftigte werden aufgefordert, der Bereitstellung und Verwendung von PSA mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Der Umfang von PSA der Kategorie III zum Schutz vor schwerwiegenden Gesundheitsschäden und tödlichen Verletzungen wurde durch die aktuelle Verordnung erweitert. Damit steigt auch der Bedarf an praktischen Übungen, um den Beschäftigten die sichere Anwendung der PSA zu verdeutlichen. Aus der Sicht des Autors ist das ein Aspekt, der in der Vergangenheit nicht selten vernachlässigt wurde. Mit der neuen Verordnung wird aktuell die Bedeutung der Mitarbeiterunterweisung in Form von praktischen Übungen zur sicherheitsgerechten Verwendung der PSA am Arbeitsplatz hervorgehoben. Sicherheitsbeauftragte und andere Akteure des Arbeitsschutzes sollten im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die geändert Rechtslage und den gestiegenen Unterweisungsbedarf im Betrieb aufmerksam machen.
Autor: Markus Tischendorf
Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)
Weiterführende Literatur
- Verordnung (EU) 2016/425 des europäischen Parlaments und des Rates vom 09.03.2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates (PSA-Verordnung)
- UVV „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1)
- Regel „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Regel 100–001)
- Unternehmenshandbuch – Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Kleinbetrieb, BG ETEM, Köln, Bestell-Nr. D040