Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten viele Menschen im Homeoffice. Und so kurz der Weg ins häusliche Büro auch sein mag, birgt er dennoch Unfallrisiken. Am eigenen Leib erfahren musste das ein Gebietsverkaufsleiter im Außendienst, der an einem Montagmorgen sein Bett verließ, um in seinem Homeoffice die Arbeit aufzunehmen. Dabei stürzte er die Wendeltreppe hinab und zog sich einen Brustwirbeltrümmerbruch zu.
Langer Weg durch alle Instanzen
Das häusliche Büro des Verunglückten befindet sich eine Etage unter dem Schlafzimmer. Üblicherweise nimmt er dort unmittelbar seine Arbeit auf, ohne vorher zu frühstücken. Die beklagte Berufsgenossenschaft hatte die Anerkennung als Arbeitsunfall abgelehnt, weil der Versicherungsschutz in einer Privatwohnung erst mit Erreichen des häuslichen Arbeitszimmers beginne. Während das Sozialgericht Aachen dem Verunglückten noch recht gab und den Mann auf einem versicherten Betriebsweg gestürzt sah, blieb seine Klage in zweiter Instanz ohne Erfolg. Das LSG nahm eine unversicherte Vorbereitungshandlung an, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit nur vorausgeht.
Dagegen wandte der Kläger ein, dass auch im Homeoffice der Weg zur Arbeitsaufnahme als Betriebsweg versichert sein müsse. Nicht zuletzt in Anbetracht der Pandemie arbeiteten viele Menschen von zu Hause aus. Diese dürften hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes nicht schlechter gestellt sein als die Arbeitnehmer im Betrieb. Dieser Argumentation folgte das BSG und erkannte einen Arbeitsunfall an. Das Beschreiten der Treppe ins Homeoffice habe allein der erstmaligen Arbeitsaufnahme gedient und sei deshalb als Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers als Betriebsweg versichert gewesen, so die Begründung. Maßgeblich sei auch hier die Handlungstendenz hin zur beruflichen Tätigkeit.
(Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.12.2021, Az. B 2 U 4/21 R)
Im Wohnbereich nicht versichert
Dagegen nicht versichert ist ein Unfall im Homeoffice, der sich im rein persönlichen Wohnbereich des Versicherten ereignet, dessen wesentliche Ursache eine spezifische Gefahr der eigenen Häuslichkeit ist. Dies geht aus einem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts hervor.
Der Kläger hatte, während er am Schreibtisch arbeitete, eine Abkühlung seines häuslichen Büros bemerkt. Er ging in den Heizungskeller, um die Kesselanlage zu überprüfen. Beim Hochdrehen des Temperaturschalters kam es zu einer Explosion in der Heizungsanlage, wodurch der Kläger erheblich verletzt wurde.
Heizungsanlage ist Privateigentum
Der beklagte Unfallversicherungsträger lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Die Bedienung der Heizungsanlage habe nicht wesentlich betrieblichen Zwecken, sondern überwiegend dem privaten Umfeld gedient. Des Weiteren beruhe der Unfall auf einer unversicherten Wirkursache. Es habe sich eine Gefahr realisiert, die dem privaten Risikobereich des Klägers zuzuordnen sei. Das LSG bestätigte die Entscheidung. Zwar sah es das Bedienen der Heizungsanlage als versicherte Tätigkeit an, weil dieses betrieblich erforderlich gewesen sei, um die Tätigkeit im Homeoffice bei angenehmer Raumtemperatur weiterführen zu können.
Im Ergebnis verneinten die Richter aber einen Arbeitsunfall, weil die versicherte Tätigkeit den Unfall nicht wesentlich verursacht habe. Vielmehr sei die schadensverursachende Verpuffung allein durch die defekte, im Privateigentum des Klägers stehende Heizungsanlage überhaupt möglich gewesen.
(Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12.05.2021, Az. L 3 U 373/18)