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Erfolgreiche Integration von Arbeitsanweisungen in den Arbeitsschutz

Effizient und sicher Arbeiten durchführen
Erfolgreiche Integration von Arbeitsanweisungen in den Arbeitsschutz

Erfolgreiche Integration von Arbeitsanweisungen in den Arbeitsschutz
Klare Arbeitsanweisungen, die auch die Aspekte von Sicherheit und Gesundheit enthalten, erleichtern die Arbeit. Foto: © Oliver Raupach – stock.adobe.com
Durch die Auf­nahme von speziellen Arbeitss­chutz­maß­nah­men in Arbeit­san­weisun­gen wer­den die Beschäftigten, neben der Unter­weisung, zusät­zlich auf eine sichere und gesund­heits­gerechte Arbeits­durch­führung hingewiesen. Doch was ist bei der Erstel­lung von Arbeit­san­weisun­gen zu berück­sichti­gen, wo gren­zen sie sich von Betrieb­san­weisun­gen ab? Wie sind diese zu gestal­ten und wie kön­nen die Belange des Arbeitss­chutzes sin­nvoll inte­gri­ert wer­den?[1]

In der betrieblichen Prax­is dienen Arbeit­san­weisun­gen dazu, die ord­nungs­gemäße Aus­führung von Arbeit­en sicherzustellen. So wer­den den Beschäftigten verbindliche Anweisun­gen erteilt, wie und in welch­er Art sie Tätigkeit­en auszuführen haben. Der Arbeit­ge­ber hat gemäß § 4 des Arbeitss­chutzge­set­zes seinen Beschäftigten geeignete Anweisun­gen zum sicheren und gesund­heits­gerecht­en Arbeit­en zu erteilen. In welch­er Art der Arbeit­ge­ber dieser Pflicht napchkom­men muss, ist nicht näher erläutert. In den meis­ten Fällen erfol­gt die Anweisung bei der Unter­weisung, welche nach den Vor­gaben der Betrieb­ssicher­heitsverord­nung vor der Auf­nahme der Tätigkeit und min­destens ein­mal jährlich durchzuführen ist. (BGBI. 08/1996, 02/2015; Dr. Albert Ritter)

Bei der Betra­ch­tung von Unfal­lur­sachen wird die Notwendigkeit für sichere Arbeit­san­weisun­gen deut­lich. Eine Unfal­l­analyse der BG RCI ergab, dass 75 Prozent aller darin gelis­teten tödlichen Arbeit­sun­fälle zwis­chen 2004 und 2015 auf eine fehler­hafte Arbeitsweise der Verunglück­ten zurück­zuführen waren. Bei jedem drit­ten tödlichen Arbeit­sun­fall sind nicht ein­mal die sicheren Arbeitsweisen fest­gelegt wor­den oder die Unter­weisun­gen wur­den man­gel­haft durchge­führt. (Beruf­sgenossen­schaft Rohstoffe und chemis­che Indus­trie 2017a, 2017b)

Auch die regelmäßige Unfal­l­analyse bei MAN Diesel & Tur­bo zeigt, dass Unfälle haupt­säch­lich auf ein fehler­haftes Ver­hal­ten der Mitar­beit­er zurück­zuführen sind. In 96 Prozent der Unfälle war die Ursache im unsicheren Ver­hal­ten der Mitar­beit­er zu suchen. (Josef Fis­ch­er 2018)

Unterschied zwischen Betriebs- und Arbeitsanweisung

Unter ein­er Betrieb­san­weisung ist ein Doku­ment zu ver­ste­hen, welch­es in Kurz­form Gefahren, zu ergreifende Schutz­maß­nah­men und Ver­hal­tens­maß­nah­men auf möglichst ein­er DIN-A4-Seite darstellt. In ein­er Arbeit­san­weisung hinge­gen geht es um viel mehr, als nur darum, Gefahren, Schutz­maß­nah­men und Ver­hal­tens­maß­nah­men darzustellen. Darin wer­den die einzel­nen Arbeitss­chritte, die durchzuführen sind, detail­liert beschrieben, um die Arbeit­sauf­gabe sich­er, effizient und qual­itäts­gerecht durchzuführen. Aus diesem Grund geht der Umfang ein­er Arbeit­san­weisung in den meis­ten Fällen über eine DIN-A4-Seite hin­aus. (Beruf­sgenossen­schaft Holz und Met­all 2012; Lan­desin­sti­tut für Arbeits­gestal­tung des Lan­des Nor­drhein-West­falen 2015)

Ein weit­er­er Unter­schied liegt in der rechtlichen Grund­lage. So ist der Arbeit­ge­ber gemäß den ver­schiede­nen Verord­nun­gen und Vorschriften dazu verpflichtet, Betrieb­san­weisun­gen zu erstellen. Es gibt jedoch keine Pflicht zur Erstel­lung ein­er Arbeitsanweisung.

Gefährdungsbeurteilung: Grundlage für sichere Arbeitsanweisungen

Der Arbeit­ge­ber ist gemäß Arbeitss­chutzge­setz dazu verpflichtet, den Gesund­heitss­chutz und die Sicher­heit der Beschäftigten zu gewährleis­ten. Dazu sind im Rah­men ein­er Beurteilung des Arbeit­splatzes die Gefährdun­gen, die Wech­sel­wirkun­gen zwis­chen den Men­schen und der Arbeit sowie die Umge­bung­se­in­flüsse zu ermit­teln und erforder­liche Maß­nah­men zu tre­f­fen. (BGBI. 08/1996)

Die ermit­tel­ten Gefährdun­gen und die abgeleit­eten Maß­nah­men aus der Gefährdungs­beurteilung sind erforder­lich, um in der Arbeit­san­weisung einen sicheren und gesund­heits­gerecht­en Arbeitsablauf beschreiben zu kön­nen. Hierzu sind weniger die tech­nis­chen Maß­nah­men von Rel­e­vanz, son­dern viel mehr die organ­isatorischen und per­so­n­en­be­zo­ge­nen Maß­nah­men. Grund hier­für ist, dass solche Maß­nah­men meist auf das Han­deln der Beschäftigten abzie­len und somit in der Arbeit­san­weisung aufge­führt wer­den sollten.

Darüber hin­aus ist eine grundle­gende Organ­i­sa­tion des Arbeitss­chutzes wichtig, da die Arbeit­san­weisun­gen darauf auf­bauen. Andern­falls fehlen wichtige arbeitss­chutzrel­e­vante Infor­ma­tio­nen, die dann nicht in die Arbeit­san­weisung aufgenom­men wer­den können.

Gestaltung von Arbeitsanweisungen

Bei der Erstel­lung ein­er Arbeit­san­weisung ist zu berück­sichti­gen, dass die Ver­ständlichkeit eines Textes im Wesentlichen von vier Merk­malen abhängig ist. Mit diesen vier Merk­malen befasst sich das Ham­burg­er Ver­ständlichkeitsmod­ell. Im Rah­men des Forschung­spro­jek­ts „Textver­ständlichkeit“ fan­den die Pro­jek­t­beteiligten her­aus, dass die vier Merkmale

  • Ein­fach­heit,
  • Über­sichtlichkeit,
  • Kürze und
  • Anre­gung

für die Ver­ständlichkeit eines Textes rel­e­vant sind. Diese vier Merk­male haben jedoch nicht densel­ben Stel­len­wert für die Ver­ständlichkeit von Tex­ten. So sind die Merk­male Ein­fach­heit, Gliederung und Kürze maßge­blich für die Ver­ständlichkeit eines Textes ver­ant­wortlich. (Stan­gl 2019; Langer et al. 2011)

So lässt sich fes­thal­ten, dass bei der Erstel­lung von Tex­ten ein beson­deres Augen­merk auf eine ein­fache und anschauliche Sprache sowie eine über­sichtliche Darstel­lung, welche sich auf das Wesentliche bezieht, zu leg­en ist. Auch wenn keine speziellen Richtlin­ien zur Erstel­lung von Arbeit­san­weisun­gen existieren, soll­ten generelle Gestal­tungsvor­gaben von tech­nis­chen Doku­menten genutzt werden.

Darüber hin­aus sollte sich das Lay­out ein­er Arbeit­san­weisung für eine Tätigkeit mit einem hohen Risiko gegenüber der mit einem gerin­gen Risiko unter­schei­den: Eine klare Dif­feren­zierung des Risikos im Lay­out kann zu ein­er Sen­si­bil­isierung für Gefahren beitra­gen. Eine mögliche Dif­feren­zierung kann über eine unter­schiedliche Far­bge­bung der Kopfzeile vorgenom­men wer­den. So eignet sich für ein hohes Risiko ein rot­er Farb­hin­ter­grund. Dieser erzeugt beim Betra­chter Aufmerk­samkeit und weist auf eine erhöhte Gefahr hin.

In der Kopfzeile soll­ten die Art der Arbeit­san­weisung (hohes/ geringes Risiko), das Fir­men­l­o­go, der Fir­men­name, der Titel der Arbeit­san­weisung und für eine bessere Zurück­ver­fol­gbarkeit von älteren Ver­sio­nen eine Ver­sion­snum­mer aufge­führt werden.

Auf dem Deck­blatt sind neben all­ge­meinen Infor­ma­tio­nen zur Arbeit­san­weisung die PSA und benötigte Arbeitsmit­tel aufzulis­ten. Die Auflis­tung der benötigten PSA und Arbeitsmit­tel dient dazu, dass der Beschäftigte vor Arbeits­be­ginn über­prüfen kann, ob ihm alle notwendi­gen Mate­ri­alen für die Tätigkeit zur Ver­fü­gung ste­hen, bevor er mit dieser beginnt.

Nach dem Deck­blatt erfol­gt die Beschrei­bung der einzel­nen Arbeitss­chritte, die durchge­führt wer­den müssen. Im Falle ein­er Arbeit­san­weisung sollte die Tex­tanord­nung die Abfolge einzel­ner Arbeitss­chritte erken­nen lassen. Durch die Ver­wen­dung ein­er Tabelle lassen sich die einzel­nen Arbeitss­chritte chro­nol­o­gisch darstellen und in Form ein­er Check­liste nach der Durch­führung abhak­en. Zusät­zlich bietet es sich an, die einzel­nen Arbeitss­chritte zu num­merieren, um die logis­che Rei­hen­folge dieser zusät­zlich her­vorzuheben. (Lang 2007; Klanten und Bilz 2009)

Für eine bess­er Über­sichtlichkeit und Struk­tur der Tabelle, ist die Tätigkeit in Teiltätigkeit­en aufzuteilen und dementsprechend mit Über­schriften zu verse­hen, sodass der Beschäftigte die Teiltätigkeit­en auf Anhieb erken­nen kann. Im Anschluss an die Über­schrift fol­gt die Beschrei­bung von Gefährdun­gen für die Teiltätigkeit. Dies dient dazu, die Beschäftigten darauf aufmerk­sam zu machen und Hin­weise zum sicheren Arbeit­en zu geben. Zusät­zlich wird der Text mit dem entsprechen­den Gefahren­sym­bol ergänzt, welch­es als „Eye­catch­er“ dient.

Danach wer­den die Arbeitss­chritte, die für die Erfül­lung der Auf­gabe notwendig sind, chro­nol­o­gisch aufge­lis­tet. Bei der For­mulierung der einzel­nen Arbeitss­chritte ist darauf zu acht­en, dass diese als genaue und knappe Auf­forderun­gen zu ver­ste­hen sind, um eine Tätigkeit auszuführen. Außer­dem sollte ein Satz aus max­i­mal 20 Wörtern beste­hen, um eine schnelle Auf­fas­sung der Arbeit­sauf­forderun­gen zu ermöglichen. (Lang 2007; Kraut­mann 1981)

Den Abschluss der Arbeit­san­weisung sollte ein Abschnitt mit Verbesserungsvorschlägen/Abweichungen machen, welch­er bei Bedarf von den Beschäftigten auszufüllen ist, um einen kon­tinuier­lichen Verbesserung­sprozess anzuregen.

Nutzen von sicheren Arbeitsanweisungen

Ein ein­heitlich beschrieben­er Arbeitsablauf, an den sich die Mitar­beit­er verbindlich zu hal­ten haben, wirkt sich neben dem verbesserten Arbeitss­chutz pos­i­tiv auf die Qual­ität und Pro­duk­tiv­ität der Arbeit aus. Durch den genau beschriebe­nen Arbeitsablauf wird sichergestellt, dass die Arbeit­sauf­gabe immer auf einem gle­ich­bleiben­den Niveau erfüllt wird. Darüber hin­aus kön­nen die Arbeit­san­weisun­gen zum Anler­nen neuer Mitar­beit­er ver­wen­det wer­den. Mith­il­fe der detail­lierten Beschrei­bung des Arbeitsablaufs in einzel­nen Schrit­ten lassen sich Mitar­beit­er schneller einar­beit­en und die Arbeitsabläufe effizien­ter durch­führen. (Dr. Albert Rit­ter; Unter­weisung Plus 2018)

Lit­er­atur:

  • Beruf­sgenossen­schaft Holz und Met­all (Hg.) (2012): DGUV‑I 211–010 Sicher­heit durch Betriebsanweisungen
  • Beruf­sgenossen­schaft Rohstoffe und chemis­che Indus­trie (Hg.) (2017a): KB 012–1 Mein Leben. 12 Leben­ret­ter für Beschäftigte
  • Beruf­sgenossen­schaft Rohstoffe und chemis­che Indus­trie (Hg.) (2017b): KB 012–2 Meine Ver­ant­wor­tung. 12 Leben­sret­ter für Führungskräfte
  • BGBI. (08/1996): Arbeitss­chutzge­setz. Arb­SchG, vom 31.08.2015
  • BGBI. (02/2015): Betrieb­ssicher­heitsverord­nung. Betr­SichV, vom 18.10.2017
  • Dr. Albert Rit­ter: Lexikon­beitrag aus Arbeitss­chutz Office. Arbeit­san­weisun­gen. Hg. v. Haufe
  • Josef Fis­ch­er (2018): Beschäftigte nach­haltig für sicheres Ver­hal­ten gewin­nen. Beispiel MAN Diesel&Turbo. In: Sicher­heitsin­ge­nieur (06), S. 32–34.
  • Klanten, Robert Hrsg.; Bilz, Sil­ja (2009): Der kleine Besser­wiss­er. Grund­wis­sen für Gestal­ter. 3., durchges. und kor­rigierte Aufl. Berlin: Die Gestal­ten Verl.
  • Kraut­mann, Axel (1981): Zur Analyse von Ver­ständlichkeit­sprob­le­men bei der Gestal­tung von Gebrauch­san­leitun­gen. Köln: Förderge­sellschaft Pro­dukt-Mar­ket­ing e.V.
  • Lan­desin­sti­tut für Arbeits­gestal­tung des Lan­des Nor­drhein-West­falen (Hg.) (2015): Was ist der Unter­schied zwis­chen ein­er Betrieb­san­weisung und ein­er Arbeit­san­weisung? Kom­Net Dia­log 5757.
  • Lang, Ste­fan (2007): Durchgängige Mitar­bei­t­er­in­for­ma­tion zur Steigerung von Effizienz und Prozess­sicher­heit in der Pro­duk­tion. Zugl.: Erlan­gen-Nürn­berg, Univ., Diss., 2007. Bam­berg: Meisen­bach (Fer­ti­gung­stech­nik – Erlan­gen, 181).
  • Langer, Ing­hard; Schulz von Thun, Friede­mann; Tausch, Rein­hard (2011): Sich ver­ständlich aus­drück­en. 9., neu gest. Aufl. München: Reinhardt.
  • Stan­gl, W. (2019): Ver­ständlichkeit von Tex­ten: Ein­fach­heit, Gliederung, Ord­nung, Kürze und Prägnanz
  • Unter­weisung Plus (Hg.) (2018): Arbeit­san­weisung. Online ver­füg­bar unter https://www.unterweisung-plus.de/arbeitsanweisung

[1] Der Beitrag basiert auf der Bach­e­lorthe­sis von Lukas Kleff­mann am Lehrstuhl Sicherheitstechnik/Arbeitssicherheit (Prof. Dr. Anke Kahl) der Ber­gis­chen Uni­ver­sität Wup­per­tal. Betreut wurde die Bach­e­lorthe­sis von M. Sc. Leonie Bornfeld.


Foto: © D. Lemm-Coenen

Autor: Lukas Kleffmann
Sicher­heitsin­ge­nieur

Inge­nieur­büro Artzt

E‑Mail: l.kleffmann@artzt.de

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