Wichtige Phasen im Bestellvorgang sind die Feststellung der Beschaffungsart, STOP-Prüfungen, Anforderungen, Aufbereitung von Alternativen, Vorabprüfung und ‑auswahl, Erprobungsphase und schließlich die Freigabe – auch durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit. Während der Nutzung im Betrieb sollte anschließend eine kontinuierliche Überwachung und Beurteilung des Produktes und der Lieferanten erfolgen.
Dies alles ist kein trivialer Prozess. Zumal die Vergleichbarkeit der einzelnen Produkte, Dienstleistungen beziehungsweise Angebote oft nicht gegeben ist. Und auch die Meta-Ebene darüber, die Gütesiegel, Zeichen, etc. ähneln eher einem Urwald, als einer klar gegliederten und strukturierten Baumschule. Und der Urwald betrifft nicht nur die Logos, sondern auch, wie sie erlangt werden können, wie sie genutzt werden dürfen und was sie denn nun wirklich bedeuten — oder auch nicht.
Studien2 zeigen eindeutig, dass den Emittenten von Zeichen gerne eine ‚Staatlichkeit‘ unterstellt wird, dass die Kaufwahrscheinlichkeit durch ein Zeichen ansteigt und dass ein höherer Preis akzeptiert wird. Zeichen sind aber oft nur eine Erklärung des Herstellers oder der Hersteller zahlt für die Prüfung und für das Zeichen an einen Anbieter — in der Hoffnung, dies im Verlaufe des Produktlebens wieder zu erwirtschaften.
CE/GS alles OK?
Gerne wird in der Praxis darauf verwiesen, dass das Arbeitsmittel doch ein CE-Zeichen und GS-Siegel hätte und somit alles in Ordnung ist. Aus Sicht des Herstellers mag dies stimmen, aber stimmt dies auch für die eigenen Anforderungen aus Kundensicht?
Wie bei der Gefährdungsbeurteilung, so ist auch bei den angebotenen Konformitätsbewertungen die Umsetzung auf die eigenen Anforderungen dringend geboten. Und dies gilt es gegebenenfalls regelmäßig zu überprüfen. Denn hin und wieder ändern sich Verfahren. Oder wurde beispielsweise Missbrauch des Produkts bekannt? Was hat sich am Produkt geändert?
Blue Guide, RAPEX & ISO/IEC 17067
Das CE-Zeichen wird oft als „Reisepass“ innerhalb der EU bezeichnet. Es ist kein Gütesiegel! Zumal es ohne Nummer, lediglich vom Hersteller selbst stammt (Selbsterklärung). Die CE-Richtlinien schreiben vor, welche Dokumente für Behörden vorzuhalten sind. Als Kunde bestehen nur geringe bis keine Möglichkeiten auf diese Daten zu zugreifen. Unabhängig davon, ist die Qualität dieser Dokument mindestens genauso unterschiedlich, wie die Qualität der meisten Gefährdungsbeurteilungen. Die Überwachung der Datenbank RAPEX (Schnellwarnsystem) ist dringend zu empfehlen (siehe Kasten).
So wie sich die CE-Richtlinien des modularen Bausatzes des Blue Guides (siehe Kasten) bedienen, so können alle anderen (freiwilligen) Zeichen, den Bausatz der ISO/IEC 17067 (Konformitätsbewertung – Grundlagen der Produktzertifizierung und Leitlinien für Produktzertifizierungsprogramme) nutzen um Konformitätsbewertungen durchzuführen. Beginnend mit dem Programm, Ermittlung der Eigenschaften, Bewertung, Konformitätsnachweis, Bestätigung, Genehmigung bis zur Überwachung.
Prüfprogramm
Das GS-Zeichen dürfte eines der bekanntesten Zeichen (in Deutschland) sein. Die GS-Prüfstelle legt dabei das Prüfprogramm fest. Hierbei wird geprüft, ob die geforderten Eigenschaften erfüllt wurden bzw. ob die Konformität des Prüfmusters bestätigt wird. Die Fertigungsüberwachung kann durch Hersteller- oder Marktmuster erfolgen. Die Möglichkeit gegen Missbrauch vorzugehen sollte existieren. Neben den Labels, wie zum Beispiel CE, GS, Blauer-Engel, TCO, Stiftung Warentest, usw., existieren noch weitere Labels, deren Schwerpunkt eher im Bereich des Marketings² zu sehen ist (siehe Kasten).
Zusammenfassung
Beachtet man einige Punkte wie den Zeichen-Emittenten, das Prüfprogramm und ‑verfahren, Missbrauchsbekämpfung und Beschwerdesystem, einen Gültigkeitszeitraum, kann schnell über die Verwendungsfähigkeit eines Labels im eigenen Beschaffungsablauf getroffen werden. Werden diese Information und Erkenntnisse noch selbst anhand von Kriterien bewertet, können Zeichen eine nützliche Unterstützung darstellen. Diese sollten aber nie unbewertet oder unreflektiert übernommen werden.
1BAUA Publikation ‚Auswahl von Arbeitsmitteln‘ – Christof Barth; 2012
2 https://www.splendid-research.com/guetesiegel.html
Autor: Dipl.-Ing. (FH) Stefan Hundhammer
Fachkraft für Arbeitssicherheit und
Geschäftsführer von baiMENTO.de
Ingenieurbüro für Qualitäts‑, Umwelt- und
Arbeitsschutz-Management
info@baimento.de, www.baimento.de
Blue Guide
Der „Blue Guide“ ist ein europäischer Leitfaden für die Umsetzung der verfassten Richtlinien.
Er wurde im Jahr 2000 veröffentlicht und ist seither zu einem der wichtigsten Referenzdokumente geworden. In der aktuellen Version von 2016 wird erläutert, wie verfasste Rechtsvorschriften umzusetzen sind. Die aktuelle Fassung des Leitfadens baut auf der Vorgängerversion auf, umfasst aber auch neue Kapitel, wie zum Beispiel jenes über die Pflichten der Wirtschaftsakteure oder die Akkreditierung, sowie vollständig überarbeitete Kapitel, wie zum Beispiel jene über die Normung und die Marktüberwachung. Mit diesem Leitfaden soll ein Beitrag zum besseren Verständnis der Produktvorschriften der EU sowie zu ihrer einheitlicheren und kohärenteren Anwendung in den verschiedenen Bereichen und im gesamten Binnenmarkt geleistet werden. Der Leitfaden richtet sich an die Mitgliedstaaten sowie an all jene, die mit den Vorschriften zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs und eines hohen Schutzniveaus innerhalb der Union vertraut sein sollten (z. B. Handels- und Verbraucherverbände, Normungsorganisationen, Hersteller, Einführer, Händler, Konformitätsbewertungsstellen und Gewerkschaften).
GS und Co.
Mit dem Siegel Geprüfte Sicherheit (GS-Zeichen) wird einem verwendungsfertigen Produkt bescheinigt, dass es den Anforderungen des § 21 des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) entspricht. Diese Anforderungen sind nach „Maß und Zahl“ vor allem in DIN-Normen und Europäischen Normen oder anderen allgemein anerkannten Regeln der Technik konkretisiert. Die im Jahr 1977 eingeführte Zertifizierung soll den Benutzer und Dritte bei bestimmungsgemäßer und vorhersehbarer Verwendung (im nichtharmonisierten Bereich, d.h. ohne eine europäische Vorgabe) und durch Einhaltung der europäischen Vorgaben (im harmonisierten Bereich) vor Schäden an Leib und Leben schützen.
Das GS-Zeichen ist noch das einzig gesetzlich geregelte Prüfzeichen in Europa für Produktsicherheit. Die CE-Kennzeichnung wird für bestimmte Produkte gefordert, ist aber eine Erklärung des Herstellers oder Inverkehrbringers, dass er alle europäischen Vorgaben (Richtlinien und/oder Verordnungen) einhält. Alle anderen Zeichen wie ENEC, VDE, ÖVE, TÜV, BG sind private Zeichen von einzelnen Prüf- oder Zertifizierstellen oder Vereinbarungen zwischen Prüfhäusern.
Quelle: Wikipedia
RAPEX
Das Rapid Exchange of Information System (RAPEX) ist das Schnellwarnsystem der Europäischen Union für gefährliche Konsumgüter. Ausgenommen hiervon sind Nahrungs- und Arzneimittel sowie medizinische Geräte. Im RAPEX-System wird über Maßnahmen informiert, die zur Vermeidung oder Einschränkung der Verwendung von gefährlichen Produkten getroffen wurden. Dies können zum Beispiel Rücknahme- oder Rückrufaktionen sein. Dabei erfasst RAPEX sowohl Maßnahmen der einzelstaatlichen Marktüberwachungsbehörden als auch freiwillige Maßnahmen von Herstellern und Händlern. Jeden Freitag veröffentlicht die Europäische Kommission eine Übersicht über gefährliche Produkte, die ihr aus den Mitgliedstaaten gemeldet wurden. Jeder kann sich hier informieren, ob er es mit einem gefährlichen Produkt zu tun hat oder nicht. Viele Unternehmen nutzen die RAPEX-Übersicht mittlerweile auch, um sich grundsätzlich über mögliche Produktrisiken zu informieren, beispielsweise weil sie gerade eine Risikobewertung für ein eigenes
Produkt erstellen wollen.
Direkter Link: www.baua.de/DE/Themen/Anwendungssichere-Chemikalien-und-Produkte/
Produktsicherheit/Marktueber wachung/Rapex.html