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Ingenieure als Hauptakteure im professionellen Arbeitsschutz

Was lernen Sicherheitsingenieure im Weiterbildungsstudium?
Ingenieure als Hauptakteure im professionellen Arbeitsschutz

Ingenieure als Hauptakteure im professionellen Arbeitsschutz
Bildung und Ausbildung sind natürlich auch im Bereich Sicherheit und Gesundheit immer wichtiger. Foto: © frank peters – stock.adobe.com
Der Arbeits­markt für gut aus­ge­bildete Akteure im Bere­ich Sicher­heit und Gesund­heit ist her­vor­ra­gend. Dies hängt auch damit zusam­men, dass unsere Gesellschaft zunehmend unge­sunde Arbeit­splätze nicht mehr so akzep­tiert. Der Autor plädiert im fol­gen­den Beitrag für eine möglichst hochw­er­tige Ausbildung.

Allen Beschwörun­gen „weich­er“ Fak­toren zum Trotz wer­den sichere und gesunde Arbeits­be­din­gun­gen weit­er­hin primär mit dem Beruf des Inge­nieurs ver­bun­den. Obwohl auch Betrieb­särzte Gestal­tungsauf­gaben im Sinne des Arbeitssicher­heits­ge­set­zes haben und obwohl Arbeit­spsy­cholo­gen und Gesund­heitswis­senschaftler inzwis­chen anerkan­nt sind, traut man offen­bar nur Tech­nikex­perten zu, alle Teilauf­gaben zum inter­diszi­plinären Gen­er­althe­ma Arbeitss­chutz zusam­men­zuführen. Drei Belege seien stel­lvertre­tend genannt:

  1. Von 133 rel­e­van­ten Stel­lenange­boten für HSE-Man­ag­er auf einem bekan­nten Web-Por­tal waren 89% erkennbar für Inge­nieure oder Tech­niker bestimmt.
  2. Stel­lenange­bote der Beruf­sgenossen­schaften und Unfal­lka­ssen für hoheitlich tätige Auf­sichtsper­so­n­en richt­en sich primär an Inge­nieure. Nur in eini­gen Fällen wer­den auch Natur­wis­senschaftler zur Bewer­bung eingeladen.
  3. Die berufs­be­glei­t­en­den Mas­ter­stu­di­engänge im Fach Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit der Hochschulen in Dres­den, Bochum, Magde­burg und Furt­wan­gen richt­en sich auss­chließlich oder vor­rangig an Ingenieure.

Vorsprung durch formal höhere Abschlüsse

Wie in allen Pro­fes­sio­nen gilt auch im Arbeitss­chutz, dass Beruf­schan­cen, Sta­tus und Einkom­men mit dem Grad der akademis­chen Bil­dung steigen. Fehlt dieses Merk­mal, kann das auch durch langjährige Beruf­ser­fahrung kaum wettgemacht wer­den. Über Wirkun­gen und Möglichkeit­en des Bil­dungsauf­stiegs wurde an dieser Stelle bere­its berichtet (siehe Sicher­heitsin­ge­nieur 4/2015; Sie find­en den Beitrag auch auf www.sifa-sibe.de, Such­funk­tion).

Zusam­men­fassend lässt sich sagen, dass der Arbeits­markt für Sicher­heitsin­ge­nieure in sehr guter Ver­fas­sung ist. Mit dem hohen gesellschaftlichen Anse­hen des The­men­feldes Arbeit und Gesund­heit wer­den Anforderun­gen an die for­male Qual­i­fizierung eher noch steigen. Ange­bote zum Weit­er­bil­dungsstudi­um wur­den verbessert und manche Hürde für den Hochschulzu­gang ist niedriger geworden.

Nach diesem opti­mistis­chen Zwis­chen­faz­it stellt sich allerd­ings die Frage, ob auch die Qual­ität des ver­mit­tel­ten Wis­sens weit­er­hin trägt. Mit anderen Worten: Ler­nen Sicher­heitsin­ge­nieure das Richtige? Dieser Frage wird nun am Beispiel des Mas­ter­stu­di­en­gangs „Man­age­ment Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit M. Sc.“ (MSGA) der Dres­den Inter­na­tion­al Uni­ver­si­ty nachge­gan­gen. Der Stu­di­en­gang existiert seit 2011 und hat sich zu ein­er Ref­erenz unter den berufs­be­glei­t­en­den Mas­ter­stu­di­engän­gen entwickelt.

Wozu ein Studium? Was macht gute Bildung aus?

Analysiert man die Prax­is­tauglichkeit eines Cur­ricu­lums, dann müssen nicht nur der rei­bungslose Lern­prozess, son­dern vor allem die tat­säch­lich erwor­be­nen Fähigkeit­en und Fer­tigkeit­en zur prak­tis­chen Aneig­nung als Qual­ität­skri­teri­um herange­zo­gen wer­den. Diese Ein­sicht trieb bere­its die Gelehrten der Antike um. Sie ist daher wed­er neu noch beson­ders orig­inell, auch nicht in Gestalt ver­schachtel­ter „Kom­pe­tenz­mod­elle“ und „Outcome“-Rechnungen. „Denn das, was wir tun müssen, nach­dem wir es gel­ernt haben, das ler­nen wir, indem wir es tun“ (Aris­tote­les).

Ler­nen wir, im Gegen­satz zu den human­is­tis­chen Altvorderen, nur noch für den Arbeits­markt? Den Ein­druck gewin­nt man zumin­d­est nach der „Bologna-Erk­lärung“ der europäis­chen Bil­dungsmin­is­ter von 1999. Bil­dung sei alles, was der Beschäf­ti­gungs­fähigkeit und der Wet­tbe­werb­s­fähigkeit dient. Wo bleibt das aufgek­lärte Bil­dungside­al Kants und W. v. Hum­boldts, sich weltkri­tisch des eige­nen Ver­standes zu bedi­enen? Wir wer­den sehen, ob beru­fliche Weit­er­bil­dung auch heute noch einen Beitrag zur klas­sis­chen Per­sön­lichkeits­bil­dung leis­ten kann.

Arbeitsschutz: Wissenschaft oder Fachkunde?

Der The­menkom­plex Sicher­heit und Gesund­heit am Arbeit­splatz hat nicht den Anspruch, eine Wis­senschaft zu sein, das Arbeitssicher­heits­ge­setz (ASiG) spricht daher von ein­er „Fachkunde“. Aber der The­menkom­plex ist eine Schnittmenge selb­ständi­ger Wis­senschaften, näm­lich aus

  • Inge­nieur- und Arbeitswissenschaften,
  • Recht,
  • Psy­cholo­gie,
  • Medi­zin und
  • Wirtschaft.

Daran haben sich Fach­leute der Dres­den Inter­na­tion­al Uni­ver­si­ty und der Unfal­lver­sicherungsträger bei der Entwick­lung des Stu­di­en­gangs MSGA ori­en­tiert. Ziel war, für jedes dieser Teil­ge­bi­ete renom­mierte Wis­senschaftler zu gewin­nen, die gle­ichzeit­ig auch alle anderen Diszi­plinen inte­gri­eren kön­nen. Ein solch­er Ansatz liegt nahe, ist aber selb­st in der dicht­en Hochschul­land­schaft Deutsch­lands nicht voll­ständig zu ver­wirk­lichen. Deshalb arbeit­en auch Betrieb­sprak­tik­er in der Lehre mit, die den „roten Faden“ leg­en. Und dann müssen auch die Studieren­den ler­nen, den Vor­lesungsstoff selb­ständig einzuord­nen und vor dem Hin­ter­grund eigen­er Erfahrun­gen zu verknüpfen. Diese Syn­the­se­leis­tung ist wichtig, denn nur so wird aus angel­ern­ten Fak­ten wirk­liche Bil­dung, näm­lich als Resul­tat ein­er aktiv­en Auseinan­der­set­zung mit dem Stoff.

Module und Wissensgebiete

Fast alle Stu­di­engänge sind heute mod­u­lar aufge­baut, so auch MSGA. Jedes Mod­ul endet mit ein­er Prü­fung und führt zum Erwerb von ECTS-Punk­ten („Cred­its“), deren Summe Voraus­set­zung für weit­er­führende Stu­di­en und Abschlüsse ist.

Am Ende des Studi­ums müssen die Absol­ven­ten ins­ge­samt 300 ECTS-Punk­te auf ihrem per­sön­lichen Bil­dungskon­to haben. Frühere Stu­di­en­ab­schlüsse und Spezialaus­bil­dun­gen wer­den äquiv­a­lent angerech­net, auch wenn es dafür zum Zeit­punkt des Erwerbs noch keine ECTS-Bew­er­tung gab. Mit diesem Punk­te­s­tand erwirbt man auch das Recht, an ein­er deutschen Uni­ver­sität zu pro­movieren. Der Stu­di­en­gang ist von der Zen­tralen Eval­u­a­tions- und Akkred­i­tierungsagen­tur (ZEvA) als kon­form mit den europäis­chen ENQA-Richt­li­nen (Stan­dards and Guide­lines for Qual­i­ty Assur­ance in the Euro­pean High­er Edu­ca­tion Area) akkred­i­tiert und damit europaweit anerkan­nt. Die Absol­ven­ten erhal­ten ein Mas­ter­diplom in deutsch­er und englis­ch­er Sprache.

Was können Absolventen nach dem Studium besser?

Der Stu­di­en­gang set­zt den Wis­senskanon ein­er Fachkraft für Arbeitssicher­heit bere­its voraus und damit auch die Fähigkeit, Arbeitss­chutzprozesse im Unternehmen zu organ­isieren und zu kon­trol­lieren. Ein wis­senschaftlich­es Studi­um will mehr. Die Absol­ven­ten sollen in der Lage sein, das Fachge­bi­et durch eigene Beiträge zu erweit­ern und an ein­er Unternehmensstrate­gie mitzuschreiben. Dazu müssen Absolventen

  • his­torische, tech­nis­che und soziale Entwick­lung­sprozesse von Arbeit und Gesund­heit inter­pretieren können,
  • sich eine inter­na­tionale Per­spek­tive aneignen und Sys­temver­gle­iche führen können,
  • die Wech­sel­wirkung zwis­chen Arbeitssys­temkom­po­nen­ten ein­er­seits sowie physis­ch­er und psy­chis­ch­er Gesund­heit ander­er­seits ana­lytisch gestal­ten können,
  • lehren, motivieren und interkul­turell kom­mu­nizieren können,
  • weltweite Sozial­stan­dards ent­lang der gesamten Wertschöp­fungs­kette anwen­den kön­nen (CSR – Cor­po­rate Social Respon­si­bil­i­ty) und
  • führen kön­nen, sowohl eigene Teams als Vorge­set­zter als auch Forschungs­grup­pen und Pro­jek­te als Projektleiter.

Um die weit­er oben gestellte Frage nach dem Wert des Studi­ums für die Per­sön­lichkeits­bil­dung noch ein­mal aufzuw­er­fen: Der prak­tis­che Nutzen manch­er Stu­di­en­in­halte ist nicht immer auf den ersten Blick zu erken­nen. Erst in der Gesamtschau, vielle­icht erst nach mehreren Kar­ri­ereschrit­ten wird deut­lich, dass man ohne den ana­lytis­chen Blick, kri­tis­ches Hin­ter­fra­gen, All­ge­mein­bil­dung, Fremd­sprachen, per­sön­liche Reife und Erken­nt­nis­drang nicht so weit gekom­men wäre. Fit für den Arbeits­markt zu sein und gle­ichzeit­ig an sein­er Bil­dung zu arbeit­en ste­ht nicht im Wider­spruch. Die MSGA-Absol­ven­ten sind heute in ver­ant­wor­tungsvollen Posi­tio­nen tätig, zum Teil in inter­na­tionalen Konz­er­nen oder im tech­nolo­gieori­en­tierten Mit­tel­stand, zum Teil in der staatlichen Arbeitss­chutzüberwachung oder in der viel­seit­i­gen Präven­tion bei den Unfallversicherungsträgern.


Autor: Dr.-Ing. Volk­er Didier

Berg­bauin­ge­nieur, Tech­nis­ch­er Auf­sichts­beamter, Fachkraft für Arbeitssicher­heit und Dozent an der Dres­den Inter­na­tion­al Uni­ver­si­ty (DIU). Sein Arbeitss­chw­er­punkt ist die Aus­bil­dung von Per­son­al für die Arbeitss­chutza­uf­sicht auf nationaler Ebene und
im Rah­men der internationalen
Entwicklungszusammenarbeit.

volker.didier@2vd.de

Tel. 0172 329 5605

Foto: privat

Arbeitsmarkt für Sicherheitsingenieure boomt

Hochqual­i­fizierte Fachkräfte für Arbeitssicher­heit sind auf dem Arbeits­markt gefragt wie nie. Der demografisch beschle­u­nigte Gen­er­a­tionswech­sel ist dafür eben­so ver­ant­wortlich wie die zunehmende Pro­fes­sion­al­isierung und Inter­na­tion­al­isierung des Sicher­heits­man­age­ments. Eine Suche (24.4.2018) auf Stepstone.de ergab 271 Stel­lenange­bote, davon 252 zur Fes­tanstel­lung. Anbi­eter sind namhafte Indus­trie­un­ternehmen und Beratungs­di­en­stleis­ter, aber auch Behör­den und Sozialversicherungsträger.

Auf­fal­l­end hoch sind die Qual­i­fika­tion­san­forderun­gen: In 149 Fällen (55 Prozent) wird anwen­dungssicheres Englisch und europaweit­er Ein­satz ver­langt, meist in Verbindung mit der Fähigkeit zur Analyse und Beratung. Branchenken­nt­nisse sind sel­ten zwin­gend, was ein Hin­weis auf die erwartete Rolle als Gen­er­al­is­ten sein kann. Auch Bewer­ber ohne Beruf­ser­fahrung haben zahlre­iche Chan­cen, 115 Offer­ten (42 Prozent) ste­hen ihnen offen.


Aris­tote­les: „Denn das, was wir tun müssen, nach­dem wir es gel­ernt haben, das ler­nen wir, indem wir es tun“

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