Henrik Honerbach, Leiter Arbeitssicherheit des Stadtwerke Bonn Konzerns, in dem neben der Energieversorgung auch die Müllverwertungsanlage Bonn GmbH angesiedelt ist, zählt zu den Initiatoren. „Das Projekt ist kein Schnellschuss gewesen, wir haben schon länger darüber nachgedacht“, erklärt er die Initiative, die aus Gesprächen am Rande gemeinsamer Tagungen des VDSI-Fachbereichs „Thermische Abfallbehandlung“ entstanden ist. Die drei Köpfe hinter der Aktion kennen sich schon seit Jahren und tauschen sich nicht nur in den Sitzungen des Fachbereichs aus.
Angebote zu unspezifisch
Da die regelmäßigen Schulungen und Weiterbildungen für die Sicherheitsbeauftragten in den Müllverwertungsanlagen und angegliederten Betrieben schwer umzusetzen waren, kam es zu der Idee, diese wiederkehrende Herausforderung künftig gemeinsam zu lösen. Der Grund ist so einfach wie kompliziert: Die wenigsten Schulungen für Sicherheitsbeauftragte gehen auf spezielle Situationen der Facharbeiter in den Anlagen der Entsorgungsbranche ein.
Grundlagenschulungen für Sicherheitsbeauftragte, die unabhängig vom jeweiligen Betrieb angeboten werden, gibt es genug. Doch diese helfen im Umgang mit Kompostier‑, Sortieranlagen, Pressen, Wertstoffhöfen und Müllheizkraftwerken kaum weiter, wie die drei Verantwortlichen aus den Bereichen Entsorgung feststellen mussten.
Bei den überregionalen Anbietern fand sich nichts Passendes – und auch die Berufsgenossenschaft konnte nicht wirklich weiterhelfen. Vor allem in Sachen Weiterbildung teilten die drei Leitenden Sicherheitsingenieure der kommunalgeprägten Betriebe in Bonn, Köln und Leverkusen folglich ein gemeinsames Interesse: Es sollte endlich spezifischere Schulungen für die Sicherheitsbeauftragten geben. Da niemand Weiterbildungen für sich allein organisieren wollte und ein wechselseitiger Austausch über die Treffen hinaus aufgrund der regionalen Nähe durchaus sinnvoll erschien, bestand die logische Konsequenz im Bündnis: Das Trio entschied sich für gemeinsame Schulungstage bei jeweils wechselndem Gastgeber. Außerdem sollte jeder der drei Betriebe inhaltlich etwas beitragen, sodass alle vom Austausch profitieren.
Mehr als reine Theorie
Gesagt, geplant. Die Vorbereitung erfolgte – wie auch schon die Idee – im Team, mehrere Treffen, Gespräche, Telefonate und vor allem E‑Mail-Kommunikation gingen der Umsetzung voraus. Schließlich sollten sowohl die nötigen Basisinformationen als auch spezielle Themen, die in den jeweiligen Betriebsbereichen nachgefragt werden, inhaltlich abgedeckt sein. Darüber hinaus war es ein gemeinsames Anliegen, auf den besonderen Bedarf der Sicherheitsbeauftragten einzugehen. Wichtig war den Initiatoren, dass die Mitarbeiter Gelegenheit erhielten, die Kollegen aus den anderen Städten kennenzulernen und eigene Erfahrungen miteinander austauschen zu können. Die Schulung sollte über eine reine Wissensvermittlung hinausgehen: „Es bleibt viel mehr hängen, wenn konkrete Probleme angesprochen werden, Fehler, die jeder schon einmal erlebt hat, oder die sich bei jedem genauso ereignen könnten. Das ist viel intensiver in der Lösungsvermittlung und wirkt nachhaltiger als nur Theorie!“, betont Honerbach.
Dreiteiliges Konzept
Doch wie sieht so ein regionales, auf Sicherheitsbeauftragte in Müllverwertungsanlagen und ‑entsorgung ausgelegtes Weiterbildungsprogramm aus? Die Organisatoren haben hierfür ein dreiteiliges Konzept entwickelt. Die Schulung vermittelt zum einen die allgemeinen Grundlagen und beinhaltet zum anderen die konkrete Besprechung von Sicherheitsfragen, die beispielhaft aus den einzelnen Betrieben vorgestellt werden. Außerdem gehört eine Begehung der Anlage am jeweiligen Schulungsort dazu.
Was so einfach klingt, hat einige Vorbereitung erfordert – schließlich konnten die Verantwortlichen nicht einfach auf einen Pool an spezialisierten Schulungsmaterialien zurückgreifen. Von daher galt es, neben einer grundlegenden Struktur, auch die jeweiligen Themen vorzubereiten und auf die gemeinsam entwickelten Ziele abzustimmen.
Auf andere übertragbar
Das entwickelte Konzept ist universal einsetzbar – jeweils an die Branche und die Spezialisierung der Betriebe angepasst, eignet es sich als Vorlage für andere, überregionale Schulungskooperationen. Wobei der Leiter Arbeitssicherheit der Stadtwerke Bonn durchaus von Kollegen in anderen Regionen berichtet, „die sich schon erkundigt haben, wie das bei uns gelaufen ist.“
Die Stimmen, die in der Feedbackrunde eingeholt wurden, haben das Trio bestärkt, auch 2018 wieder zwei gemeinsame Schulungstage vorzubereiten: „Themen haben wir genug – genauso, wie schon in der ersten Runde viele bereit waren, aus ihrer Praxis Beispiele vorzustellen und im Rahmen einer kollegialen Fallberatung mit den Kollegen Lösungen zu erarbeiten“, erklärt Honerbach. Das sei sehr gut angekommen und bewirke viel mehr als reine Vorträge: „Zu wissen, dass auch andere vergleichbare Probleme haben, kann sehr hilfreich sein.“ Bewährt habe sich zudem, dass durch die Schulungen der Austausch zwischen den Mitarbeitern der unterschiedlichen Betriebe angeregt wurde. Ein positiver Nebeneffekt der spezialisierten Schulung ist zudem die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit. „Wir haben ein gemeinsames Verständnis für die Aufgaben und Rolle von Sicherheitsbeauftragten geschaffen, was wir in normalen Schulungen niemals so intensiv erreicht hätten.“
Mühe zahlt sich aus
Henrik Honerbach ist überzeugt: „Mit der gemeinsamen Schulung haben wir das Ziel erreicht, den Sicherheitsbeauftragten Anregungen zum Perspektivwechsel zu geben, sie für betriebliche Kommunikationsprozesse zu sensibilisieren und ihre Bereitschaft, Handlungsoptionen aufzugreifen und mitzutragen, gefördert. Das ist mehr, als wir erwartet haben. Dafür hat sich die Vorbereitung absolut gelohnt.“
Fließtext std
Praxis-Tipps
- Liste
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Regionale organisationsübergreifende Schulungen für Sicherheitsbeauftragte
Grundlegende Ziele:
- Branchenspezifische, betriebsorientierte Schulungen für Sicherheitsbeauftragte entwickeln und durchführen
- Gemeinsam Qualitätsstandards in der Weiterbildung der eigenen Sicherheitsbeauftragten sicherstellen
- Vorhandenes Know-how aus den anderen Gesellschaften nutzen
- Entwicklung gemeinsamer Themenfelder für die Schulungen
- Erkennen von Synergien, ressourcenorientiertes Arbeiten, optimale Nutzung vorhandener Professionalität
- Stärkung der regionalen Zusammenarbeit innerhalb des gemeinsamen Regierungsbezirks
Programmatische Gestaltung:
- Vorstellung des (Gastgeber)Betriebes
- Grundlagenvermittlung für Sicherheitsbeauftragte (aus allen Betriebsbereichen )
- Verantwortung im Arbeitsschutz (wer ist für was verantwortlich, wie lässt sich das vermitteln?)
- Kollegiale Fallberatung zur Rolle des Sicherheitsbeauftragten mit Ergebnispräsentation
- Beinahe-Unfälle und unsichere Zustände im Betrieb (Beispiele und Diskussion)
- Feedback, darunter Sammlung von Vorschlägen für die kommenden Schulungen
„Es bleibt mehr hängen, wenn konkrete Probleme angesprochen werden.“