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Weitwinkel statt Tunnelblick

Zu Besuch bei der Linde Engineering Division
Weitwinkel statt Tunnelblick

„Mein Arbeit­sun­fall war im Grunde mein Glück“, erzählt Elmar Buch­n­er. Denn damit fiel er in die engere Auswahl, Ver­ant­wor­tung als Sicher­heits­beauf­tragter zu übernehmen. Inzwis­chen sind gut 30 Jahre ver­gan­gen und der Appa­rate­bauer ist Ansprech­part­ner Num­mer eins, wenn es um sicher­heit­stech­nis­che Fra­gen rund um das „Tech­nikum“ bei der Engi­neer­ing Divi­sion der Linde AG in Pul­lach geht.

Andrea Stick­el

Es dauert nur noch wenige Monate, dann arbeit­et Elmar Buch­n­er 40 Jahre bei der Linde AG. Als Teenag­er begann er 1979 seine Aus­bil­dung zum Kupfer­schmied – und noch immer kom­men ihm seine Grund­fer­tigkeit­en, die er damals auf­baute, zugute. Durch eine Unacht­samkeit beim Fräsen ver­lor er in den 80er Jahren den kleinen Fin­ger der recht­en Hand. „Nach meinem Unfall hieß es ‚Du hast jet­zt erfahren, was passiert, wenn man nicht auf­passt.‘ Und wenn ich jeman­den auf sicheres Arbeit­en hin­weise, hat das durch meine Ver­let­zung eine ganz andere Wirkung“, erzählt er.

Wechselnde Belegschaft

Inzwis­chen hat der Anla­gen­bauer ver­schiedene Fort- und Weit­er­bil­dun­gen besucht und ist unter anderem Schweiß­fach­mann. Auch sein Arbeit­ge­ber hat sich weit­er­en­twick­elt – Teil­bere­iche neu aufge­baut, andere aus­ge­lagert – doch Elmar Buch­n­er blieb. 1987 wurde er zum Sicher­heits­beauf­tragten bestellt. Und seit 2001 arbeit­et er als Fachar­beit­er im Anla­gen­bau in der Werk­statt der Engi­neer­ing-Abteilung im soge­nan­nten Tech­nikum bei der Engi­neer­ing Divi­sion der Linde AG in Pul­lach. In diesem Gebäudekom­plex wer­den Ver­suche für die Entwick­lung der Anla­gen aufge­baut. Das Team beste­ht derzeit aus vier Fachar­beit­ern – hinzu kom­men Wis­senschaftler, Inge­nieure, Dok­toran­den und Werk­stu­den­ten, die die Ver­suche im Tech­nikum betreuen. „Da muss man schon ab und zu darauf schauen, dass sich­er gear­beit­et wird.“ Immer wieder aufs Neue muss der Sicher­heits­beauf­tragte zum Beispiel die wech­sel­nden Kol­legin­nen und Kol­le­gen dafür sen­si­bil­isieren, Helme zu tragen.

Zeit für Sicherheit

Neben den Sibe-Kursen I und II hat Elmar Buch­n­er auch einen Sicher­heit­slehrgang besucht und ver­ant­wortet mit­tler­weile unter anderem die Sicher­heit der Hebezeuge im Tech­nikum. Er ist zudem bei der Prü­fung der Sta­pler involviert und wenn der TÜV kommt. „Wenn man ein­mal in der Schublade ‚Sicher­heit‘ ist, dann wer­den einem solche Auf­gaben sehr schnell über­tra­gen“, berichtet der Sicher­heits­beauf­tragte. So kam er beispiel­sweise auch dazu, an Regalen passenden Anfahrschutz für Sta­pler und Hub­wa­gen anzubrin­gen. Von Seit­en des Arbeit­ge­bers wird ihm die entsprechende Zeit dafür eingeräumt, was er sehr begrüßt.

In der Entwick­lung wird mit unter­schiedlichen – teils brennbaren – Gasen und mit hohem Druck gear­beit­et. Daher ist die Grund­vo­raus­set­zung, dass sicher­heit­srel­e­vante Fra­gen bere­its vor­ab gek­lärt sind, bevor die Tes­tanla­gen im Tech­nikum in Betrieb gehen. Für die Anla­gen­sicher­heit ist eine eigene Abteilung zuständig. Elmar Buch­n­ers Ver­ant­wor­tung begin­nt dann beim „nor­malen“ Arbeitsablauf. Das bet­rifft unter anderem die kor­rek­te Nutzung der bere­it­gestell­ten Per­sön­lichen Schutzaus­rüs­tung (PSA). Der Sicher­heits­beauf­tragte zählt auf: „Wir haben einen eige­nen Schrank mit Sicher­heits­ma­te­ri­alien. Dort find­en sich unter anderem Über­schuhe mit Schutzkap­pen, Helme und Schutzbrillen.“ Und jed­er, der Per­so­n­en ins Tech­nikum führt, ist ange­hal­ten, sie entsprechend auszus­tat­ten. Aber auch die Sicher­heit bei Arbeit­en in Höhen von sechs, acht oder zehn Metern ver­ant­wortet er. Wenn in solchen Höhen kein sicher­er Stand garantiert ist, wird ein entsprechen­des Geschirr zum Sich­ern eingesetzt.

Kein Arbeitsunfall seit langem

Im gle­ichen Gebäude wie Elmar Buch­er arbeit­et noch ein weit­er­er Sicher­heits­beauf­tragter, der über­wiegend für die Labore zuständig ist. Die bei­den klären – wo nötig – gemein­sam Fragestel­lun­gen und unter­stützen sich kol­le­gial. Zu jedem Ver­such­sauf­bau gibt es ein entsprechen­des Sicher­heits­blatt und eine Gefährdungs­beurteilung. Als Sicher­heits­beauf­tragter berät er und kann Gefahren ansprechen – aber hat keine diszi­pli­nar­ische Hand­habe oder Weisungs­befug­nis. Ins­ge­samt erscheint er aber sehr zufrieden mit der Sicher­heit in seinem Bere­ich – so gab es schon seit vie­len tausend Stun­den keinen meldepflichti­gen Unfall.

Unterstützung vom Top-Management

Von Seit­en des Unternehmens, das unter anderem Auf­tragge­ber aus dem Bere­ich Petro­chemie betreut, wird Sicher­heit großgeschrieben. Bei Besprechun­gen ste­ht das The­ma immer ganz oben auf der Tage­sor­d­nung. Der Sprech­er der Geschäft­sleitung der Linde Engi­neer­ing Divi­sion, Jür­gen Now­ic­ki, informiert auf Betrieb­sver­samm­lun­gen per­sön­lich seine Belegschaft über aktuelle Sicher­heit­s­the­men. „Das finde ich sehr pos­i­tiv“, sagt der Sicher­heits­beauf­tragte und führt aus: „Wenn man von ganz oben unter­stützt wird, hat das Wort in Sachen Sicher­heit eine andere Gewich­tung.“ Zudem hat er sich über die Jahrzehnte ein „Stand­ing“ in Sachen Sicher­heit im Haus aufge­baut. „Das macht mir das Arbeit­en eigentlich leicht“, fügt er hinzu.

Auch die „Gold­en Rules of Safe­ty“ des Unternehmens sind über­all präsent – das The­ma Arbeitssicher­heit zieht sich durch alle Arbeits­bere­iche. „Wenn ich zum Beispiel unter­wegs bin und beim Aut­o­fahren einen Anruf erhalte, nehme ich ihn nicht an“, konkretisiert der Sicherheitsbeauftragte.

Routinierter Blick für Gefahren

Wenn Elmar Buch­n­er bei Arbeits­be­ginn durchs Tech­nikum geht und ihm ein nicht ord­nungs­gemäßer Zus­tand – wie eine geöffnete Feuer­schutztür – auf­fällt, packt er gle­ich selb­st an. Und wenn im Win­ter der Zugang zu seinem Gebäude noch nicht geräumt wurde, streut Buch­n­er auch mal schnell oder räumt kurz die Treppe frei, damit seine Kol­le­gen sich­er zur Arbeit kommen.

Auch Missstände oder unsicheres Ver­hal­ten spricht er direkt an – wenn beispiel­sweise ein Werk­stu­dent ohne Helm das Tech­nikum betritt. Eben­so macht er Verbesserungsvorschläge, etwa in Bezug auf die Absturzsicherung beim Arbeit­en auf Gerüsten. „Das The­ma Sicher­heit läuft bei mein­er Arbeit eigentlich immer mit“, sagt er. Daher kann er auch nicht berech­nen, welchen Anteil sein­er Arbeit­szeit das The­ma einnimmt.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit

„Auf die Unter­stützung der zuständi­gen Sicher­heits­fachkraft kann ich mich ver­lassen“, sagt Buch­n­er. Für einige Zeit war Elmar Buch­n­er auch Teil­nehmer im Arbeitssicher­heit­sauss­chuss (ASA). Heute wird ver­sucht, diesen Auss­chuss möglichst klein zu hal­ten, aber der Sicher­heits­beauf­tragte kann The­men ein­speisen und erhält alle Pro­tokolle. Das ent­lastet ihn, da ja nicht alle besproch­enen Punk­te des ASA für ihn rel­e­vant sind. Viel wichtiger ist ihm, an Bege­hun­gen im eige­nen Bere­ich teilzunehmen.

Für die Antwort auf die Frage, was ihn als Sicher­heits­beauf­tragten ausze­ich­net, muss er nicht lange nach­denken und sagt: „Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein. Und dass ich nicht mit einem Tun­nel­blick durch die Fir­ma laufe, son­dern mit offe­nen Augen – qua­si mit Weitwinkel. Gle­ichzeit­ig ist es wichtig, klare Kante zu zeigen – wobei dies ja immer sel­tener nötig ist.“

Feuerwehrmann und Familienvater

Wie ein rot­er Faden zieht sich das The­ma „Schutz vor Gefahren“ durch die Biografie des Sicher­heits­beauf­tragten. So zeigt sich seine Affinität zur Sicher­heit auch in sein­er Mitar­beit bei der Werks­feuer­wehr. Dort set­zt er sich unter anderem als Grup­pen­führer, Atem­schutzaus­bilder, Mas­chin­ist und Ers­thelfer ein. „Wir bilden land­kreisweit Feuer­wehrleute von Frei­willi­gen Feuer­wehren aus und nehmen Prü­fun­gen ab – da ist die Fir­ma sehr pos­i­tiv koop­er­a­tiv“, freut er sich. Viele sein­er Feuer­wehr-Kam­er­aden sind genau wie er bei seinem Arbeit­ge­ber im Bere­ich Arbeitss­chutz involviert, so dass er einiges auf dem kurzen Dienst­weg erledi­gen kann.

Eben­falls in sein­er Heimat­ge­meinde Höhen­rain im Land­kreis Starn­berg engagiert er sich bere­its seit über 25 Jahren bei der Frei­willi­gen Feuer­wehr: in der Vor­stand­schaft, als Grup­pen­führer und Mas­chin­ist. Und wenn sich Elmar Buch­n­er ein­mal nicht um Fam­i­lie, Haus, Garten und Feuer­wehr küm­mert, spielt er The­ater, ist ehre­namtlich poli­tisch aktiv oder dreht Filme.

Und auch nach Feier­abend bleibt er den The­men Sicher­heit und Gesund­heit treu. So achtet er nicht nur beim Heimw­erken auf Sicher­heit, son­dern auch darauf, dass er seine Kinder, die inzwis­chen bei­de eine handw­erk­liche Aus­bil­dung absolvieren, entsprechend sen­si­bil­isiert. Elmar Buch­n­er ist eben Sicher­heits­beauf­tragter durch und durch.


Steckbrief

  • Elmar Buch­n­er
  • 54 Jahre
  • Apparatebauer/Facharbeiter im Anlagenbau
  • Branche: Anla­gen­bau
  • Sicher­heits­beauf­tragter seit 1987

Linde Engineering Division

Die Engi­neer­ing Divi­sion der Linde AG ist im inter­na­tionalen Anla­gen­bau tätig. Ihr Ange­bot umfasst den gesamten Prozess von der Pla­nung über Pro­jek­t­man­age­ment und Pro­cure­ment bis zur schlüs­selfer­ti­gen Indus­triean­lage. Das Unternehmen hat weltweit bere­its mehr als 4.000 Anla­gen errichtet, darunter petro­chemis­che Anla­gen, Luftzer­leger, Anla­gen zur Erdgasver­ar­beitung und ‑ver­flüs­si­gung, Wasser­stoff- und Syn­the­segasan­la­gen sowie CO2‑, Absorp­tions- und Membrananlagen.

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