Frau Reschke, wann und wie kamen Sie zu den Brandbekämpfern?
Angefangen hat es damit, dass ich als 15-Jährige zusammen mit meiner Schwester an der Feuerwache in unserem Wohnort Altglienicke vorbeigelaufen bin. Die hatten gerade ein Fest und da habe ich gesagt: „Ich gehe jetzt auch zur Feuerwehr.“ Das war aber nur ein Witz, denn damals war ich eher eine kleine Prinzessin. Das hat also gar nicht zu mir gepasst. Ich fand die Vorstellung aber so lustig, dass ich auch noch abends bei einer Familienfeier davon gesprochen habe. Da hat mein Cousin, der schon Mitglied bei der Jugendfeuerwehr war, gemeint: „Hey, komm doch einfach mal mit.“
Das habe ich dann wirklich gemacht – und es hat mich überzeugt. Allein wegen der Kameradschaft lohnt es sich schon, zur Jugendfeuerwehr zu gehen. Aber man lernt auch was dazu und setzt seine Freizeit sinnvoll ein. Das ist eine Mischung aus Lernen, Spaß und Kameradschaft. Bei etwas Interesse an den Themen gibt es, glaube ich, kein besseres Hobby. Mit 15 Jahren war ich damals allerdings schon ziemlich alt, denn die meisten gehen ja mit zehn Jahren zur Jugendfeuerwehr.
Ich war dann knapp drei Jahre in der Jugendfeuerwehr. Mit 18 bin ich in die Freiwillige Feuerwehr übergetreten. Letztendlich waren diese vier Jahre so prägend, dass ich mich nach dem Abitur für die Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr entschieden habe, obwohl ich ursprünglich zur Polizei wollte – zur Kriminalpolizei, weil ich ein Fan von diesen coolen Krimiserien war. Wenn ich jetzt sehe, was die Polizei wirklich macht – durch die Feuerwehr habe ich ja immer wieder mal mit der Polizei zu tun und habe dort auch ein Praktikum absolviert – bin ich froh über meine Entscheidung. Ich glaube, bei der Feuerwehr werde ich glücklich. In jedem Fall brauche ich etwas Action, ein reiner Bürojob wäre für mich gar nicht in Frage gekommen.
In der Jugendfeuerwehr waren Sie vermutlich nicht nur wegen Ihres relativ hohen Eintrittsalters etwas Besonderes, sondern wohl auch wegen Ihres Geschlechts. Wie fühlten und fühlen Sie sich denn unter den vielen Jungs beziehungsweise Männern?
Der Frauenanteil ist tatsächlich deutlich geringer als der Männeranteil – sowohl in der Jugendfeuerwehr als auch in der Freiwilligen Feuerwehr wie auch in der Berufsfeuerwehr. Er ist über die Jahre gewachsen, aber es fällt trotzdem auf. Da sticht man als Frau schon manchmal heraus. Meistens hat man aber gar kein Problem damit, man fühlt sich auf jeden Fall recht gut aufgenommen. Als junges Mädel bei der Freiwilligen Feuerwehr hatte ich sogar eher Probleme mit anderen Frauen, die mich anfangs nicht so akzeptiert haben. Wahrscheinlich war da etwas Konkurrenzdenken im Spiel. Bei der Berufsfeuerwehr fühle ich mich jetzt gut eingegliedert. Einige Kollegen neigen dazu, mir schwere Sachen abzunehmen, damit ich „kleines Püppchen“ mich nicht verhebe. Das ist aber nicht so gedacht, denn Frauen müssen bei der Feuerwehr denselben Einstellungstest durchlaufen und dieselben sportlichen Anforderungen erfüllen wie Männer. Da gibt es kein Pardon und das ist auch gut so, weil wir im Einsatz dasselbe leisten müssen!
Als Frau bekommt man manchmal etwas Schwierigkeiten wegen der Größe, wenn man zum Beispiel am Löschfahrzeug etwas aus irgendeinem oberen Fach herausholen soll und da auf Zehenspitzen noch grade so drankommt. Ich bin 1,68 Meter – also nicht super klein, aber das fällt manchmal doch auf. Und natürlich hat man auch ein bisschen weniger Kraft als die Kollegen. Aber das kann man durch gezieltes Training kompensieren. Weil auf die körperliche Fitness sehr viel Wert gelegt wird, machen wir schon in der Ausbildung viel Sport. In der feuerwehrtechnischen Ausbildung ist Sport das A und O, bei den Notfallsanitätern, wo ich jetzt bin, ist der Anspruch nicht ganz so hoch. Dort haben wir regelmäßig zweimal die Woche Sport, meistens Laufen und Krafttraining. Aber man muss auch im Privatleben Sport machen, sonst ist es schwer, die Anforderungen im Eignungstest und bei der täglichen Arbeit zu erfüllen. Da muss man schon ein bisschen drauf hintrainieren – vor allem die Frauen. Das ist zwar anstrengend, aber zu schaffen.
Die Feuerwehr wird ja nicht nur zu Bränden gerufen, sondern hat ein vielfältiges Aufgabenspektrum. Was war Ihr bislang bemerkenswertester Einsatz?
Das ist eine schwierige Frage, weil man hier sehr viel erlebt. Ein Einsatz war vor allem deshalb spannend, weil ich persönlich darin verwickelt war: Im Sommer vor anderthalb Jahren ist direkt vor meiner Haustür eine Hauptwasserleitung geplatzt. Plötzlich kam ein Wasserschwall über den Balkon – die Wohnung liegt im Erdgeschoss. Das Wasser hörte gar nicht mehr auf zu laufen. Einen Moment später wurde dann unsere Freiwillige Feuerwehr alarmiert. Im Endeffekt waren wir die ganze Nacht, also von neun Uhr abends bis circa sechs Uhr in der Früh, im Einsatz. Keller, Aufgänge und ebenerdige Wohnungen standen unter Wasser. Außerdem wurde an der Stelle, an der die Leitung geplatzt ist, die Straße unterspült. So entstand ein Riesenkrater, in den ich noch während des Einsatzes gestürzt bin. Ich war einmal komplett weg. Meine Kameraden haben dieses Missgeschick zum Glück mitbekommen und waren schnell zur Stelle, um mich aus der Grube zu ziehen. Das war schon spektakulär.
Dieser Einsatz kommt auch immer wieder zur Sprache – zum einen, weil ich wegen der umfassenden Renovierungsarbeiten eine ganze Weile bei meinen Eltern wohnen musste, zum anderen, weil ich in dieses Loch gefallen bin. Da ich offensichtlich gerne baden gehe, haben mir die Kameraden eine Schwimmnudel geschenkt. Ich selbst soll aber keine Scherze über den Vorfall machen, denn das Ganze hätte ja auch anders ausgehen können. Zwischen Spaß und Ernst ist hier nur ein schmaler Grat.
Wie komfortabel ist Ihre Schutzkleidung – gibt es die auch in Damenpassform?
Ich finde sie ganz bequem. Klar, sie ist ein bisschen schwerer (lacht). Aber man kann sie trotzdem noch tragen. Bei der Einsatzkleidung, die wir zu jedem Alarm anziehen, wird nicht zwischen Männern und Frauen unterschieden, die gibt es einfach in den Größen S bis XXXL mit verschiedenen Arm- und Beinlängen. Im Einsatz geht es ja auch nicht darum, schick auszusehen.
Wir haben noch andere Uniformen, wie unsere Station Wear und unsere Office Wear. Die Office Wear ist unsere Ausgangsuniform und die gibt es mittlerweile auch in Frauengrößen. Das ist aber noch nicht allzu lange so: Das erste Hemd, das ich bei der Feuerwehr bekommen habe, war eher ein Kleid. Da wurde nur darauf geachtet, dass der Kragen einigermaßen passt, der Rest war egal. Inzwischen gibt es auch Damenblusen und taillierte Jacketts, die für Frauen beschafft werden.
Steckbrief
- geboren 1998 in Berlin
- kam mit 15 Jahren zur Jugendfeuerwehr Altglienicke
- trat mit 18 Jahren über in die Freiwillige Feuerwehr
- begann 2018 eine Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr Berlin
- lernt momentan Notfallsanitäter