Eigentlich ist es nicht Sache eines Sicherheitsbeauftragten, sich darum zu kümmern, dass die Arbeiten in Behältern und engen Räumen sicher gestaltet werden. Eigentlich ist es Sache des Aufsichtsführenden, der diese Arbeiten vorbereitet, alle Maßnahmen entsprechend des Regelwerkes festlegt und die Durchführung überwacht. Eigentlich, denn leider sieht die Praxis anders aus! Oft werden mit der Aufsicht über die Befahrvorgänge Personen beauftragt, die für diese Sache nicht ausreichend qualifiziert oder sich der großen Verantwortung nicht bewusst sind. Deshalb können die Sicherheitsbeauftragten Einfluss nehmen, wenn sie feststellen, dass wichtige Maßnahmen nicht oder nur teilweise realisiert werden. Das gilt gleichermaßen für konkrete Vorgänge wie auch für die generellen Regelungen im Unternehmen. Für die sichere Gestaltung von Befahrvorgängen ist insbesondere Folgendes zu beachten.
Befahren von Behältern: Anforderungen an Aufsichtführende
Bei jedem Befahrvorgang muss ein Aufsichtsführender eingesetzt sein, der alle Maßnahmen auf dem Erlaubnisschein festlegt und die Arbeiten kontrolliert. Dieser Aufsichtsführende hat eine große Verantwortung, der er nur gerecht werden kann, wenn er über grundlegende Kenntnisse verfügt. Das bezieht sich auf den Behälter, die eventuellen Gefahrstoffe, die zu erwartenden Gefährdungen, das Freimessen, die erforderliche PSA und die Rettungsmaßnahmen. Die Aufsichtsführenden sollten in einer Betriebsanweisung aufgeführt sein.
Sicherungsposten zur Überwachung
Das Gleiche gilt für den Sicherungsposten. Er hat zwar nicht die Verantwortung über die Durchführung der Arbeiten, soll diese aber permanent überwachen. Dazu gehört, dass er akribisch darauf achtet, dass alle auf dem Erlaubnisschein festgelegten Maßnahmen durchgeführt werden. Er sollte auch in der Lage sein, die Rettung durchzuführen oder zumindest einzuleiten, das setzt die entsprechenden körperlichen Eigenschaften voraus. Als Sicherungsposten dürfen nur erfahrene und zuverlässige Personen eingesetzt werden, die über diese wichtige Aufgabe ausgiebig unterwiesen wurden. Azubis sollten nicht als Sicherungsposten fungieren!
PSA: Unterweisung mit praktischen Übungen
Die Benutzung der PSA gegen Absturz und der Rettungsausrüstung setzt ebenfalls eine umfassende Unterweisung voraus, die zwingend auch praktische Übungen erfordert. Nur wenn die Rettung regelmäßig geübt wird, kann eine Person im Ernstfall schnell und schonend aus dem Behälter transportiert werden. Bei akutem Sauerstoffmangel muss die Rettung innerhalb von zwei Minuten erfolgen! Das geht nur, wenn sie vorher trainiert wurde und geeignete Rettungsgeräte vor Ort sind. Es gibt immer noch Zeitgenossen, die glauben, dass man eine bewusstlose Person mittels Seil ohne Geräte per Hand herausziehen kann. Im Seminar zum Befahren von Behältern der BG RCI wird bei den praktischen Übungen ein Notfall simuliert und drei Personen versuchen, einen Bewusstlosen aus einer Grube zu ziehen. Selbst hier mit dem komfortablen Umfeld (viel Platz!) ist das noch nie gelungen! Selbstverständlich werden diese Übungen immer mit einer Zweitsicherung und im Beisein eines erfahrenen Trainers durchgeführt.
Obligatorisch: Absturzsicherung
Wie bereits oben geschildert, ist die Absturzgefahr nicht zu unterschätzen. Wenn von oben in einen Behälter, eine Grube oder einen Schacht eingestiegen wird, muss aus den erwähnten Gründen immer gegen Absturz gesichert werden. Ein um ein Geländer gewickeltes Seil, welches vom Sicherungsposten geführt wird, ist keine zulässige Absturzsicherung. Auch sind die meisten Rettungsgeräte nicht als Absturzsicherung zugelassen! So kam es zum Beispiel zu einem schweren Unfall, als ein Mitarbeiter über eine Strickleiter in einen hohen Behälter einstieg und mittels eines Rettungsgerätes in Flaschenzugform „gesichert“ wurde. Dieses Gerät war als Absturzsicherung nicht zugelassen. Als der Mitarbeiter von der Strickleiter stürzte und das Gerät mit der Fangstoßkraft des Sturzes belastet wurde, brach ein Element, die Person stürzte in den Behälter und zog sich schwere Verletzungen zu!
Freimessen durch fachkundige Personen
In den meisten Fällen ist das Freimessen der Behälter und engen Räume erforderlich. Diese wichtige Aufgabe kann nur von speziell ausgebildeten Personen durchgeführt werden, die dafür auch schriftlich vom Unternehmer beauftragt sind. Das alleinige Hineinhalten eines Gaswarngerätes in den Behälter stellt kein Freimessen dar, dazu sind wesentlich umfangreichere Kenntnisse und geeignete Geräte erforderlich.
Der Erlaubnisschein
Alle Maßnahmen müssen auf einem Erlaubnisschein festgehalten werden. Die Beteiligten am Befahrvorgang – alle Personen, die im Behälter arbeiten, der Sicherungsposten und gegebenenfalls weitere Personen, die betroffen sein können – müssen über die Festlegungen unterwiesen werden. Entsprechend der Zuverlässigkeit dieser Personen kontrolliert der Aufsichtsführende die Einhaltung der Festlegungen.
Dipl.-Ing. Rainer Schubert
Informationssystem der BG RCI
Einen umfassenden Überblick über diese gefahrgeneigten Tätigkeiten bietet das Lernportal der BG RCI. Das Informationssystem unterstützt mit Fachinformationen, Fallbeispielen und Umsetzungshilfen dabei
- Gefährdungen zu erkennen und zu beurteilen,
- geeignete Schutzmaßnahmen zu kennen und im Erlaubnisschein
festzulegen, - Rettungsmaßnahmen frühzeitig zu planen,
- effektive Unterweisungen durchzuführen.
Schlüsselfragen zum Befahren von Behältern
Schauen Sie sich die folgende Checkliste an und prüfen Sie, ob die darin angesprochenen Maßnahmen – sofern in Ihrem Unternehmen zutreffend – auch durchgeführt werden. Haben Sie den Mut einzuschreiten, wenn Sie der Meinung sind, dass wichtige Sicherheitsmaßnahmen nicht oder nicht umfassend durchgeführt werden!
Diese Checkliste gibt nur einen kleinen, aber wichtigen Auszug aus dem Regelwerk wieder. Wenn schon die hier enthaltenen Mindestanforderungen nicht praktiziert werden, muss mit Unfällen und allen damit zusammenhängenden Folgen gerechnet werden. Das sollten Sie den Führungskräften in Ihrem Unternehmen klarmachen. Nicht Sie, sondern die Führungskräfte haben die Verantwortung!
- Existiert zum Befahren von Behältern eine betriebliche Regelung?
- Sind die Aufsichtführenden beziehungsweise „Erlaubnisschein-Aussteller“ namentlich benannt?
- Sind die Sicherungsposten namentlich benannt?
- Werden die Sicherungsposten intensiv geschult?
- Wird die erforderliche PSA gegen Absturz und zum Retten bereitgestellt?
- Werden praktische Übungen zur Benutzung der PSA gegen Absturz beziehungsweise PSA zum Retten durchgeführt und durch wen?
- Wird das Freimessen durch eine dafür befähigte Person durchgeführt?
- Wird immer ein Erlaubnisschein ausgestellt?
- Ist die Alarmierung bei Notfällen sichergestellt?
- Werden alle unmittelbar und mittelbar Beteiligten am Befahrvorgang unterwiesen?