Anschlagmittel müssen entsprechend der immensen Gefährdung beim Betrieb und den auftretenden Belastungen beschaffen und ausreichend bemessen sein. Um Länge und Tragfähigkeit der Anschlagmittel richtig zu dimensionieren, muss auch die Schwerpunktlage der Last bekannt sein. Liegt der Schwerpunkt nicht in der Mitte und treten unterschiedliche Neigungswinkel auf, verändern sich die Tragfähigkeitswerte der Einzelstränge. Bleibt dies unberücksichtigt, geht das zu Lasten der Sicherheit und kann zu schwersten Unfällen durch Lastabstürze führen, wenn Einzelstränge überlastet werden.
Die Tragfähigkeitswerte aus Belastungstabellen (z.B. in DIN‑, EN-Normen) sind auf der Grundlage festgelegt, dass die Neigungswinkel der Einzelstränge eines Ketten‑, Seil‑, Hebeband- oder Rundschlingen-Gehänges beim Anheben der Last gleich groß sind. Dadurch wird die Beanspruchung in den Einzelsträngen des Anschlagmittels symmetrisch verteilt. Doch was passiert bei einer ungleichen Verteilung der Last auf die Stränge eines Gehänges? Ab einem Gehänge mit mindestens zwei Strängen ist mit einer asymmetrischen Belastung immer dann zu rechnen, wenn zum Beispiel unterschiedliche Neigungswinkel auftreten oder der Lastschwerpunkt nicht bekannt ist und durch örtliche Gegebenheiten nicht geändert werden kann. Die Einzelstränge werden dann ungleichmäßig beansprucht. Durch die unterschiedlichen Strangzahlen und deren jeweilige Neigungswinkel entstehen vielfältigste Belastungen und Beanspruchungsrichtungen in den Anschlagpunkten. Bei asymmetrischer Lastverteilung mit zwei Anschlagpunkten muss ein Anschlagpunkt die gesamte Last tragen, während bei symmetrischem Anschlag an zwei Lastaufnahmepunkten jeder Punkt 50 Prozent der Last trägt. Eine ungleiche Lastverteilung ergibt sich, wenn die Last nicht genügend elastisch ist oder keine Ausgleichseinrichtung verwendet wird. Eine ungleichmäßige Lastverteilung kann auch von der Last selbst herrühren, zum Beispiel bei asymmetrischen Lasten oder wenn der Lastschwerpunkt nicht mittig liegt. Wobei eine Belastungsabweichung bis zu zehn Prozent unberücksichtigt bleiben kann.
Der Nachweis, dass sich die Last gleichmäßig auf alle Stränge verteilt beziehungsweise bei ungleicher Lastverteilung die zulässige Belastung der einzelnen Stränge nicht überschritten wird, kann mittels Versuch oder Berechnung erbracht werden. Deshalb ist bei asymmetrischer Belastung die Einstufung des Hebevorganges einem Sachkundigen zu übertragen und von diesem die Tragfähigkeit festzulegen. Bei asymmetrischer Belastung sollte die Tragfähigkeit des Anschlagmittels generell auf maximal 50 Prozent der Vorgaben beziehungsweise angegebenen Werte herabgesetzt werden. Bei einem 2‑Strang-Gehänge darf also grundsätzlich nur die Tragfähigkeit des Einzelstranges zugrunde gelegt werden.
Wenn Gewichtsverteilung, Stranglänge und Winkel ungleich sind, dürfen bei einem 3- und 4‑Strang-Gehänge nur zwei Stränge als tragend angenommen werden. Wenn die Einzelstränge nicht symmetrisch verteilt sind, tritt die größte Beanspruchung in dem Strang mit dem kleinsten Neigungswinkel auf. Im ungünstigsten Fall trägt ein senkrecht hängender Strang die gesamte Last.
Einzelstranglängen individuell anpassen
Um asymmetrische Lasten zu heben, können unter Berücksichtigung des maximal zulässigen Neigungswinkels Verkürzungshaken oder Verkürzungsklauen eingesetzt werden, mit denen einzelne Stränge in der Länge so angepasst werden können, dass sich die Last gleichmäßig auf alle Stränge verteilt oder bei ungleicher Lastverteilung die zulässige Belastung der einzelnen Stränge nicht überschritten wird.
Alternativ kann auf Ausgleichsvorrichtungen wie Traversen zurückgegriffen werden. Hier tritt die größte Beanspruchung in dem Einzelstrang mit dem kleinsten Neigungswinkel β1 auf. Im Extremfall wird ein senkrecht hängender Einzelstrang die gesamte Last tragen.
Das geeignete Anschlagmittel
Wie die Ausführungen zeigen, sollten die Auswahl und richtige Dimensionierung des geeigneten Anschlagmittels nicht dem Zufall überlassen werden. Ob Seil, Kette, Hebeband oder Rundschlinge verwendet wird, hängt letztlich von der konkreten Anwendung im Einzelfall ab.
In den Mitgliedsbetrieben des FSA stehen gut ausgebildete Fachberater, Techniker und sogar Ingenieure zur Verfügung, um gemeinsam mit dem Anwender eine optimale Auswahl der wirklich geeigneten Anschlagmittel zu treffen.
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