Fahrbare Hubarbeitsbühnen unterliegen der europäischen Maschinenrichtlinie. Sie bestehen aus
- dem Fahrwerk (ggf. mit Stützen),
- der Hubeinrichtung und
- dem Arbeitskorb.
Die Hersteller haben beim Bau der Maschinen die harmonisierte Norm „Fahrbare Hubarbeitsbühnen“ (DIN EN 280) in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Es gibt unterschiedliche Bauformen von Hubarbeitsbühnen: Senkrechtlifte und Auslegerbühnen. Zu den Senkrechtliften gehören Stempelmast- und Scherenbühnen. Das Besondere an diesen Maschinen ist, dass sich die lotrechte Projektion des Lastschwerpunktes innerhalb der Kippkanten befindet. Außerhalb der Kippkanten befindet sich der Lastschwerpunkt dagegen bei Auslegerbühnen wie beispielsweise Lkw-Arbeitsbühnen, Anhängerbühnen und selbstfahrenden Teleskopbühnen.
Schwere Unfälle durch Abstürze von Hubarbeitsbühnen
Das Unfallgeschehen belegt, dass die meisten schweren Unfälle mit Hubarbeitsbühnen durch das „Abstürzen von Personen“ aus der Höhe verursacht werden. Derartige Personenabstürze ereignen sich unter anderem durch
- das unzulässige Besteigen des Seitenschutzes,
- das Hinauslehnen mit dem Oberkörper aus dem Arbeitskorb,
- das Übersteigen von Personen auf Gebäude oder Dächer sowie
- das Herausschleudern des Bedieners aus dem Korb.
Das letztgenannte Unfallszenario wird auch als sogenannter „Peitscheneffekt“ bezeichnet. Dieser Effekt tritt insbesondere bei Kollisionen der Hubarbeitsbühne mit anderen Fahrzeugen (z.B. Lastkraftwagen im öffentlichen Straßenverkehr) oder mobilen Baumaschinen auf. Dabei wird die auftretende Stoßenergie über das Fahrwerk auf den Ausleger der Hubarbeitsbühne übertragen und der Bediener aus dem Arbeitskorb herausgeschleudert. Die Unfallfolgen sind meist schwer; manchmal enden derartige Ereignisse auch tödlich.
PSA gegen Absturz schützt
Zur Vermeidung solcher Unfälle besitzen Hubarbeitsbühnen im Arbeitskorb eigene Anschlagpunkte für die Persönliche Schutzausausrüstung (PSA) gegen Absturz. Die Schutzausrüstung besteht aus einem Sicherheitsgeschirr und dem Verbindungsmittel (in der Länge verstellbares Seil inklusive Falldämpfer). Das Sicherheitsgeschirr ist immer eng anzulegen. Als Faustformel gilt: Zwischen den textilen Gurten und dem eigenen Körper sollte gerade noch eine aufliegende Handfläche hindurch geschoben werden können.
Das eingesetzte Verbindungsmittel ist möglichst kurz einzustellen. Die maximal zulässige Länge beträgt 1,80 Meter. Alternativ kann das Verbindungsmittel auch durch ein Höhensicherungsgerät ersetzt werden, welches zugleich eine mögliche Schlaffseilbildung verhindert. Aber Achtung: Nicht alle Höhensicherungsgeräte sind für den Einsatz auf Hubarbeitsbühnen geeignet. Der Benutzer hat darauf zu achten, dass die Geräte unabhängig von ihrer (Einbau-)Lage wirksam sind und eine Herstellerfreigabe (nachzulesen in der Bedienungsanleitung) besitzen. Je Anschlagpunkt im Korb darf grundsätzlich nur eine Person gesichert werden.
Für jede weitere mitfahrende Person muss eine zusätzliche Befestigungsöse im Korb vorhanden sein. Welche Nutzlast die Hubarbeitsbühne besitzt, ist übrigens am Korb angegeben.
Unterweisung mit Übungen
Eines ist besonders wichtig: Die eingesetzte PSA gegen Absturz muss vorrangig verhindern, dass Personen aus dem Korb herausgeschleudert werden. Sollte das dennoch einmal passieren, kommt es entscheidend auf die Standsicherheit der Maschine an. Nicht auszuschließen, dass die Hubarbeitsbühne aufgrund der Kollision (Peitscheneffekt, siehe oben) und den damit verbundenen Folgen (Sturz einer „angeseilten“ Person aus dem Korb) möglicherweise umkippt. Deshalb sind die Beschäftigten im Rahmen ihrer Fahrerausbildung und der regelmäßigen Unterweisung darüber zu informieren, welche Absturzgefahren beim Arbeiten mit der Maschine bestehen und wie die zur Verfügung gestellte PSA gegen Absturz zu verwenden ist.
Die PSA gegen Absturz schützt übrigens vor schweren und irreversiblen Verletzungen. Deshalb ist nach § 31 der UVV „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) neben der üblichen Unterweisung auch eine praktische Übung vorgeschrieben. Hilfreich ist es außerdem eine Betriebsanweisung zu erstellen, die das Arbeiten mit der Hubarbeitsbühne unter Berücksichtigung der betrieblichen Besonderheiten näher beschreibt.
PSA täglich kontrollieren
Der Bediener hat die PSA gegen Absturz arbeitstäglich auf äußere Schäden hin zu kontrollieren. Beschädigungen können zum Beispiel sein:
- eingerissene oder verschlissene Gurtbänder
- defekte Nahtverbindungen
- verbogene, angebrochene metallische Beschläge
- nicht einwandfreie Schnallen oder Schließverbindungen
Sofern solche Schäden erkannt werden, darf die PSA gegen Absturz nicht mehr verwendet werden. Reparaturen sind dem Hersteller vorbehalten. Die Nutzungsdauer der persönlichen Schutzausrüstung ist von den jeweiligen Einsatzbedingungen abhängig. Auch die Wartung und Pflege des Materials ist wichtig. Starke UV-Strahlung sowie der Kontakt zu Chemikalien, Reinigungsmitteln usw. kann die Gebrauchsdauer erheblich reduzieren.
Wenn der Hersteller nichts anderes angibt, kann von folgender Nutzungsdauer ausgegangen werden:
- Sicherheitsgeschirr: 6 bis 8 Jahre
- Verbindungsmittel: 4 bis 6 Jahre
Zur Aufbewahrung der PSA gegen Absturz haben sich Koffer oder Rucksäcke bewährt (siehe Abbildung unten).
Unabhängig von der täglichen Kontrolle durch den Anwender ist die PSA gegen Absturz mindestens einmal jährlich durch eine befähigte Person (Sachkundiger) zu prüfen. Das Prüfergebnis ist zu dokumentieren.
Weitere Informationen
- Sicherer Umgang mit fahrbaren Hubarbeitsbühnen, DGUV Information 208–019
- D. Kobel: Hubarbeitsbühnen sicher bedienen – Lehrbuch für Ausbildung und Unterweisung, Verlag Heinrich Vogel, 2018
- M. Tischendorf: 20 Sicherheitstipps für Bediener von fahrbaren Hubarbeitsbühnen, Resch-Verlag, 2016
- M. Tischendorf: Mit Hubarbeitsbühnen auf Baustellen sicher arbeiten, Bauportal, Ausgabe 05/2018, S. 19 – 25, Erich Schmidt Verlag