Jede Transportaufgabe ist anders. Je nach Fahrzeug, Ladegut, Ladeverfahren usw. ergeben sich verschiedene Sicherungsmethoden. Nachfolgend wird die Ladungssicherung von Stahlprodukte wie
- gewickeltes Stahlband (Coils),
- Bleche, Blechpakete und Grobbleche sowie
- Profil- und Stabstahl
behandelt. Aufgrund der Produktvielfalt können die Sicherungsmethoden hier nur beispielhaft vorgestellt werden. Zur Ladungssicherung von Stahlprodukten ist es unverzichtbar, sich zunächst mit den grundlegenden Eigenschaften der zu transportierenden Güter auseinander zu setzen.
Coils gibt es in Breiten bis 600 mm (schmale Ware) und darüber. Ihre Ladungsgewichte können bis zu 25 Tonnen betragen. Spaltbänder sind zu einer Rolle aufgewickelte Stahlbänder, die durch Teilen eines Coils entstanden sind. Coils und Spaltbänder können außerdem zu Verbunden umreift werden, wodurch die Kippgefahr der Ladung reduziert wird. Derartige Güter ohne Ladungsträger (z.B. Holzpaletten) werden oft mithilfe von Muldenfahrzeugen transportiert. Die Achse des Ladeguts liegt dann parallel zur Fahrzeuglängsachse.
Bleche werden unterschieden in warmgewalzte Produkte aus legierten und unlegierten Stählen mit einer Nenndicke bis 3 mm (Beförderung als Blechpakete üblich) und Grobblechen. Grobbleche besitzen Nenndicken bis 250 mm und eine Mindestbreite von 600 mm. Bleche können unbehandelt, geölt, verzinkt oder beschichtet sein. Blechtafeln sind oft auf Kanthölzern zu Paketen zusammengefasst. Umreifungen aus Stahl sorgen für einen stabilen Paketverbund.
Profil- und Stabstahl sind Walz- oder Schmiedeerzeugnisse in großen Längen. Es gibt sie in verschiedenen Querschnittsformen wie beispielsweise I‑Profilen, H‑Profilen, U‑Profilen und Winkelprofilen. Außerdem sind Sonderformen erhältlich. Stabstahl wird als Flachstahl, Rundstahl, Vierkantstahl usw. hergestellt und transportiert. Glatte und gegebenenfalls geölte Profile oder Stäbe können bei einer Vollbremsung aus dem Verbund herausgleiten. Deshalb muss die Sicherung dieser Güter nach vorne immer formschlüssig erfolgen. Zur Vermeidung von Punktbelastungen der Stirnwand sind zusätzlich Ladebalken quer vor das Langmaterial zu legen. Dadurch wird der Ladungsdruck gleichmäßig verteilt.
Ein seitliches Wegrollen der Ladung kann bei Stabstahl-Bunden nicht ausgeschlossen werden. Die idealisierte kreisrunde Form des Bundmaterials geht nach dem Verladen meistens verloren. Zum Sichern der Bunde gegen seitliches Rollen können Keile oder Umschlingungen mithilfe von Zurrmitteln genutzt werden.
Formschlüssiges Stauen der Ladung
Beim formschlüssigen Stauen wird der Fahrzeugaufbau zur Ladungssicherung genutzt. Das Ladegut sollte möglichst in alle vier Richtungen am Fahrzeugaufbau anliegen. Dies ist aber nur selten zu verwirklichen. Zumindest der Formschluss zur Stirnwand des Fahrzeugs ist anzustreben, weil nach vorne die größten Bewegungskräfte wirken. Unter Berücksichtigung der richtigen Lastverteilung kann es notwendig sein, die Ladung
mittels Abstandshaltern zu positionieren. Abstandshalter können zum Beispiel Metallstreben, Holzbalken oder stabile Verstrebungen sein. Sie sind in ihrer jeweiligen Position ebenfalls zu sichern.
Für die Aufbaufestigkeiten von Lastkraftwagen gilt DIN EN 12 642, wobei folgende Spezifikationen unterschieden werden: Standartaufbauten (Code L) und verstärkte Aufbauten (Code XL). Die Festigkeiten von Stirn‑, Rück- und Seitenwänden normgerechter Fahrzeuge zeigt Tabelle 1.
Unter der Voraussetzung eines unbeschädigten Aufbaus können die in der Norm genannten Festigkeitswerte unterstellt werden. Die Festigkeiten sind vom Fahrzeughersteller zu bescheinigen. Verfügen einzelne Fahrzeuge über Coilmulden mit Steckrungen, so wird der Formschluss durch das Heranladen an die Rungen realisiert. Die Rungen müssen über eine ausreichende Einstecktiefe verfügen. Die Profile dürfen durch Überlast nicht beschädigt oder verbogen werden. Der Abstand der Steckrungenpaare sollte in Fahrzeuglängsachse 400 mm nicht überschreiten. Bei Fahrzeugen mit Coilmulde können die Muldenabdeckungen als Distanzstücke genutzt werden, sofern sie den fahrdynamischen Belastungen Stand halten. Ein allmähliches Hocharbeiten oder Herausspringen der Abdeckungen ist zu verhindern. Beim Einsatz von RHM ist darauf zu achten, dass das Ladegut vollständig vom Ladeboden entkoppelt wird.
Direktzurren, Sicherungsmethode für schwere Ladegüter
Beim Direktzurren werden die Zurrmittel unmittelbar mit dem Ladegut verbunden und anschließend in die Zurrösen am Fahrzeugrahmen eingehakt. Die Spannmittel der Zurrketten oder Schwerlastgurte werden dabei nur „handfest“ angespannt. Die Haltekräfte der Zurrmittel entsprechen dem LC-Wert (Lashing Capacity) der Herstellerangabe. Vergleiche hierzu das Etikett beziehungsweise den Anhänger am jeweiligen Zurrmittel (siehe auch Kasten „Hinweise zu den Zurrpunkten“).
Zurrmittel werden häufig über scharfe Kanten geführt. Eine scharfe Kante liegt vor, wenn der Kantenradius des Ladegutes kleiner ist als die Nenndicke der Kette oder des Gurtbandes. Um das Zurrmittel und die Last nicht zu beschädigen, sind deshalb geeignete Schutzschläuche oder Kantenschutzwinkel beim Verzurren der Ladung einzusetzen. Zurrketten dürfen ausnahmsweise über scharfe Kanten gezogen werden, wenn die ursprüngliche Zugkraft auf 80 Prozent des Ausgangswertes reduziert wird. Stahlprodukte (z.B. Blechpakete) dürfen dadurch jedoch nicht beschädigt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Dehnung der Zurrmittel dürfen bei der Sicherung eines Ladegutes nur gleichartige Arbeitsmittels verwendet werden. Je nach Anbringung der Zurrmittel wird das Direktzurren realisiert durch sogenanntes Schrägzurren, Diagonalzurren oder Kopfschlingenzurren.
Schrägzurren, Diagonalzurren oder Kopfschlingenzurren.
Bei der Sicherung von mittleren bis schweren Stahlerzeugnissen wird in der Regel das Diagonalzurren eingesetzt. Das Kopfschlingenzurren ersetzt das Blockieren der Ladung, weil
- entweder geeignete Halteeinrichtungen (z.B. Steckrungen) fehlen oder
- die Regeln der Lastverteilung ein lückenloses Laden an den Fahrzeugaufbau nicht erlauben.
Eine „Kopfschlinge“ umreift beim Schlingenzurren das zu sichernde Ladegut in horizontale Richtung, wobei die Zurrmittel mit Rundschlingen, Leerpaletten oder Kantenwinkeln während des gesamten Transports in Position gehalten werden. Durch den Einsatz von RHM wird das ohnehin schon effektive Direktzurren der Ladung weiterhin verbessert (größere Gewichte bei gleicher Sicherung möglich). Häufig wird das Direktzurren mit einer anderen Sicherungsmethode kombiniert. Dabei wird die Ladung nach vorne durch Direktzurren und in alle anderen Richtungen oft durch Niederzurren gesichert. Weitere geeignete und zugleich rechtskonforme Sicherungsmöglichkeiten werden in [2] und [3] beschrieben.
Niederzurren von Stahlprodukten
Das Niederzurren ist ein kraftschlüssiges Verfahren. Hierbei werden die Ladegüter mit Zurrmitteln umreift und auf die Ladefläche gepresst. Durch die Vorspannkräfte STF (Standard Tension Force) der eingesetzten Zurrmittel werden Normalkräfte erzeugt, die zur Erhöhung der Reibungskraft zwischen Ladegut und Ladefläche führen. So wird die Ladung am Verrutschen gehindert.
Die Reibungskraft ergibt sich durch Multiplikation der Normalkräfte mit dem Gleitreibungsfaktor µ (sprich: mü). Da die Handkräfte des Anwenders und damit die erzeugten Vorspannkräfte endlich sind, gerät das Niederzurren schnell an seine Grenzen. Erst durch den Einsatz von RHM wird das Niederzurren praktikabel. Werden Schwerlastgurte mit STF-Werten von 500 daN und mehr eingesetzt, können selbst Stahlprodukte wirtschaftlich durch Niederzurren gesichert werden. Merke: Das Niederzurren von schweren Ladegütern ist nur bedingt möglich.
In Kombination mit RHM und Schwerlastgurten werden Ladegüter wegen der einfachen Anwendung häufig niedergezurrt.
Schlussfolgerungen
Ladungssicherung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeits- und Verkehrssicherheit. Am Beispiel von Coils, Blechen und Formstahl zeigt sich bereits die Schwierigkeit einer praxisgerechten Ladungssicherung. Je unterschiedlicher die zu transportierenden Stahlprodukte sind, desto aufwendiger sind die Sicherheitsmaßnahmen. Grundsätzlich ist zu prüfen, ob die Ladegüter standsicher sind. Falls nicht, ist die Ladung neben dem Verrutschen auch gegen Kippen zu sichern. Fahrzeuge mit Coilmulden, Steckrungen und verstärkten Zurrpunkten sind für den Transport von Stahlprodukten zu bevorzugen. Sofern es die Regeln der Lastverteilung zulassen, kann der Fahrzeugaufbau zur Ladungssicherung genutzt werden. Die Festigkeiten der DIN EN 12642 sind dabei zu berücksichtigen. Zusätzlich müssen die hier beschriebenen Ladegüter verzurrt werden.
Das Direktzurren ist die bevorzugte Sicherungsmethode für Stahlprodukte. Das Niederzurren ist nur wirtschaftlich und praktikabel, wenn gleichzeitig Schwerlastgurte und RHM eingesetzt werden. In Kombination mit anderen Sicherungsmethoden wird das Niederzurren aufgrund seiner einfachen Anwendung gerne genutzt. Absender und Verlader dürfen die Ladungssicherung von Stahlprodukten nicht dem Zufall überlassen. In der Regel sind fachkundige Berechnungen erforderlich, dessen Ergebnisse dem Fahr- und Ladepersonal in Form von Ladeanweisungen zur Verfügung zu stellen sind. Durch angemessene Schulungen und Fortbildungen sind die Beschäftigten in die Lage zu versetzen, die notwendigen Sicherungsmethoden praktisch umzusetzen. Literatur für das Fahr- und Ladepersonal [4, 5] sowie Unterweisungshilfen für Vorgesetzte [6] werden von spezialisierten Fachverlagen angeboten. Regelmäßige Kontrollen helfen, die Qualität der Ladungssicherung zu erhalten und bei Bedarf zielgerichtet zu verbessern.
Literatur
DIN EN 12642: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen, Aufbauten an Nutzfahrzeugen – Mindestanforderungen, Beuth-Verlag, Berlin
Großmann, Gerhard und Schmidt, Werner: Praxishandbuch Laden und Sichern, Band 4: Ladungssicherung für Bleche, Profilstahl und Stabstahl, Hrsg. Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL),
2. Auflage, Frankfurt, 2007
VDI-Richtlinie 2700 Blatt 19: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen, Gewickeltes Band aus Stahl, Blechen und Formstahl, Beuth-Verlag, Berlin
Dänekas, Rolf: Kompendium Ladungssicherung, Hrsg. Verein Deutscher Ingenieure (VDI), Beuth-Verlag, 1. Auflage, Berlin, 2011
Tischendorf, Markus: Broschüre – Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen, Dr. Ingo Resch-Verlag, Gräfelfing, 2. Auflage 2018
Tischendorf, Markus: Unterweisung – Thema: Fachgerechte Ladungssicherung, Dr. Ingo Resch-Verlag, 1. Auflage, Gräfelfing, 2020
Autor: Markus Tischendorf
Aufsichtsperson
BG ETEM, Prävention Hamburg
tischendorf.markus@bgetem.de
Glossar
- LVP = Lastverteilungsplan; berücksichtigt die Nutzlast, die Achslasten sowie die Brems- und Lenkfähigkeit des Fahrzeugs
- RHM = Rutschhemmendes Material; auch „Antirutschmatten“ genannt
- LC = Lashing Capacity; maximale Zugkraft eines Zurrmittels (im geraden Zug)
- STF = Standard Tension Force; erzeugte Vorspannkraft eines Zurrmittels (z.B. durch Ratsche, Spindel- oder Ratschenspanner)
Hinweise zu den Zurrpunkten
Der LC-Wert einer Zurrkette der Güteklasse 8 mit einer Nenndicke d = 8 mm beträgt 4.000 daN. Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 t besitzen nach DIN EN 12640 aber nur eine Zurrpunktfestigkeit von 2.000 daN. Deshalb empfiehlt es sich, bei der Beförderung von Stahltransporten auf Fahrzeuge mit Zurrpunktfestigkeiten von mindestens 5.000 daN einzusetzen. Der Abstand der Zurrpunktpaare in Längsrichtung sollte maximal 400 mm betragen.