Defizite bei der Ladungssicherung können zu schweren Verkehrs- und Arbeitsunfällen führen. Betroffen sind in der Regel das Fahr- und Ladepersonal sowie unbeteiligte Dritte (andere Verkehrsteilnehmer).
Gefährdungen durch mangelhafte Ladungssicherung
Daher sind schon bei der Einsatzplanung einige grundsätzliche Fragestellung zu beachten:
- Welches Transportfahrzeug wird benötigt?
- Reicht die Nutzlast des Fahrzeugs aus, um die Ladung zu transportieren?
- Welche technischen Hilfsmittel (z.B. Stapler, Kran) sind für das Be- und Entladen der Güter erforderlich?
- Sind die Eigenschaften des Ladegutes wie Masse, Abmessungen, Schwerpunktlage usw. bekannt?
- Durch welche Sicherungsmethode soll die Ladung gesichert werden?
- Sind die Festigkeiten des Fahrzeugaufbaus, der Einrichtungen und Hilfsmittel zur Ladungssicherung bekannt und sind diese ausreichend?
- Besteht eine Gefährdungsbeurteilung inklusive Ladeanweisung und sind die Beschäftigten ausreichend qualifiziert, um die Sicherung der Güter fachkundig durchführen zu können?
Allein diese Aufzählung zeigt schon, wie umfangreich der Bereich „Ladungssicherung“ ist. Nebenbei sei erwähnt, dass dieser Fragenkatalog natürlich nicht abschließend ist. Eines zeigt sich in der betrieblichen Praxis immer wieder: Ladungssicherung gelingt nur, wenn alle am Transport beteiligten Personen eng zusammenarbeiten. Zu den wichtigsten Personen gehören der Unternehmer (Fahrzeughalter), der Absender beziehungsweise Verlader, der Disponent sowie das Fahr- und Ladepersonal. Die Verantwortung der an der Ladungssicherung beteiligten Personen ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsnormen wie zum Beispiel der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), der Straßenverkehrsordnung (StVO), der Unfallverhütungsvorschrift „Fahrzeuge“ (DGUV Vorschrift 70), dem Handelsgesetzbuch (HGB) und dem internationalen Gefahrgutrecht. Aus Gründen des Umfangs wird hier nicht näher auf die individuellen Rechtspflichten der einzelnen Personen eingegangen. Weitere Hinweise zur Verantwortung bei der Ladungssicherung sind in [1] enthalten. Interessant sind die Auswertungen des GDA-Projekts „Sicher fahren und transportieren“ [2] aus dem Jahr 2013. Demnach treten folgende Mängel bei der Ladungssicherung besonders häufig auf:
- Festgestellte Defizite werden nicht dokumentiert und ausgewertet.
- Einrichtungen und Hilfsmittel zur Ladungssicherung werden nicht regelmäßig durch eine befähigte Person geprüft.
- Organisatorische Maßnahmen zur Durchführung sicherer Transporte werden nicht getroffen.
- Fahrer und Ladepersonal werden vor Aufnahme der Tätigkeit und danach nicht mindestens einmal jährlich unterwiesen.
- Fahrzeughalter, Verlader, Versender oder Fahrer verfügen nicht über ausreichende Kenntnisse.
- Technische Daten der Fahrzeuge sind unbekannt.
- Geeignete Ladungssicherungshilfsmittel stehen nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung.
- Eingesetzte Hilfsmittel befinden sich in einem unsicheren Zustand.
- Eingesetzte Fahrzeuge / Einrichtungen sind für den durchzuführenden Transport ungeeignet.
Aus der Sicht der Fachkraft für Arbeitssicherheit erscheint es zur Verbesserung der Unfallverhütung angemessen, diese Aspekte im eigenen oder zu betreuenden Betrieb systematisch zu hinterfragen.
Physikalisch-technische Grundlagen
Mit Beschleunigungen lassen sich Kräfte und somit Sicherungsmaßnahmen berechnen. Die Erdbeschleunigung g ist eine konstante Größe und beträgt 9,81 m/s2. Für überschlägige Berechnungen wird g = 10 m/s2 gesetzt. Die Beschleunigungen a sind diejenigen, welches das Ladegut während der Fahrt nach vorne, nach hinten, zu den Seiten sowie nach oben/unten1 erfährt. Da diese Beschleunigungen sich ständig ändern und während der Fahrt kaum vorhersehbar sind, rechnet man mit den zu erwartenden Höchstwerten. Diese werden als Verhältnis zur bekannten Erdbeschleunigung angegeben. Das Verhältnis a/g wird auch als Beschleunigungsfaktor c bezeichnet. Der Beschleunigungswert ist von der jeweiligen Richtung und vom Verkehrsträger (Lastkraftwagen, Bahn, Seeverkehr) abhängig (vgl. hierzu Tabelle 1).
Zum besseren Verständnis soll das folgende Beispiel dienen:
Im Straßengüterverkehr wird bei einer Vollbremsung eine Beschleunigung nach vorne von maximal 80 Prozent der Erdbeschleunigung erreicht. Mathematisch ausgedrückt bedeutet dies a = 0,8 g. Gegen diese maximale Beschleunigung ist die Ladung in Fahrtrichtung zu sichern.
Ladegüter können verrutschen oder umkippen. Ob die Ladung rutscht, hängt von
- der Gleitreibungszahl µ (sprich: mü) zwischen Ladegut und Ladefläche sowie
- von der Richtung ab, in die das Ladegut zu sichern ist.
Daraus ergibt sich die erste wichtige Grundregel der Ladungssicherung:
- Ein Ladegut ist rutschgefährdet, wenn die Gleitreibungszahl zwischen Ladegut und Ladefläche kleiner ist als der abzusichernde Beschleunigungsfaktor.
Die Reibungszahlen für einige Stahlprodukte zeigt Tabelle 2.
Ob die Ladung kippgefährdet ist oder nicht, hängt wiederum von
- der Schwerpunkthöhe und
- vom horizontalen Abstand zwischen Schwerpunkt und Kippkante sowie
- von der Sicherungsrichtung ab.
Ladegüter können rutschgefährdet, aber nicht kippgefährdet sein. Man bezeichnet solche Ladungen oft auch als „standsichere Ladegüter“ (z.B. flache, großflächige Blechpakete). Grundsätzlich müssen Ladegüter derart verpackt sein, dass sie sich aufgrund der dynamischen Einflüsse während des Transports nicht lösen können. Auch ein Aufreißen der Transportverpackung beziehungsweise der Umreifung der Ware ist zu verhindern. Merke: Ladungssicherung beginnt mit der Schaffung einer beförderungssicheren Ladeeinheit.
Zur Beurteilung der Kippgefahr von Ladegütern gilt die zweite Grundregel der Ladungssicherung:
- Ein Ladegut ist kippgefährdet, wenn das Abstandsverhältnis bS/hS des Schwerpunkts von der Kippkante kleiner ist als der abzusichernde Beschleunigungsfaktor (vgl. Abbildung 3).
Hinsichtlich der Wirkung von Kräften und Momenten am Ladegut lassen sich zwei Gruppen unterscheiden:
- Haltekräfte und Momente. Hierzu gehören die Gewichtskraft der Ladung, Reibungskräfte und Standmomente. Sie dienen letztlich der Ladungssicherung und sind oft durch zusätzliche Sicherungskräfte zu verstärken.
- Bewegungskräfte und Momente. Hierzu gehören Horizontalkräfte und Kippmomente, welche durch geeignete Sicherungsmethoden zu kompensieren sind
Zu den Sicherungsmethoden gehören zum Beispiel das formschlüssiges Anstellen der Ladung an die Laderaumbegrenzungen, dass Festlegen der Ladung auf der Ladefläche (z.B. mithilfe von Keilen oder Steckrungen), das Direktzurren und das Niederzurren. Die Berechnung der Sicherungsmethoden ist in den einschlägigen Normen und Richtlinien beschrieben (z.B. DIN EN 12195–1 und VDI Richtlinie 2700 Blatt 2). Merke: Kein Ladegut sichert sich von selbst!
Teil 2 dieses Beitrags beschreibt konkrete Sicherungsmaßnahmen für den Transport ausgewählter Stahlprodukte.
Literatur
- Dänekas, Rolf: Kompendium Ladungssicherung, Hrsg. Verein Deutscher Ingenieure (VDI), Beuth-Verlag, 1. Auflage, Berlin, 2011
- Abschlussbericht zum GDA-Arbeitsprogramm „Sicher fahren und transportieren“, Hrsg. Geschäftsstelle der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz, c/o Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin, 2013
- DIN EN 12642: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen, Aufbauten an Nutzfahrzeugen – Mindestanforderungen, Beuth-Verlag, Berlin
- Großmann, Gerhard und Schmidt, Werner: Praxishandbuch Laden und Sichern, Band 4: Ladungssicherung für Bleche, Profilstahl und Stabstahl, Hrsg. Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), 2. Auflage, Frankfurt, 2007
- VDI-Richtlinie 2700 Blatt 19: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen, Gewickeltes Band aus Stahl, Blechen und Formstahl, Beuth-Verlag, Berlin
- Tischendorf, Markus: Unterweisung – Thema: Fachgerechte Ladungssicherung, Dr. Ingo Resch-Verlag, 1. Auflage, Gräfelfing, 2020
- Tischendorf, Markus: Broschüre – Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen, Dr. Ingo Resch-Verlag, Gräfelfing, 2. Auflage 2018
1 Die Beschleunigungen nach oben / unten werden in der aktuellen Ausgabe der VDI-Richtlinie 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ derzeit nicht berücksichtigt.
Autor: Markus Tischendorf
Aufsichtsperson BG ETEM, Prävention Hamburg
tischendorf.markus@bgetem.de
Glossar
- STV = Straßengüterverkehr;
Transporte mit Lastkraftwagen - KLV = Kombinierter Ladungsverkehr; Transporte mit Lastkraftwagen und der Eisenbahn
- RHM = Rutschhemmendes Material; auch „Antirutschmatten“ genannt