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Aufputschmittel bei der Arbeit - psychische Belastung nimmt zu

Aufputschmittel im Arbeitsalltag
Leistung besser und leichter erbringen

Bettina Brucker
Die let­zten Jahre waren extrem anstren­gend. Während ein Teil der Bevölkerung über­mäßig viel arbeit­en musste, hat­ten andere wenig oder nichts zu tun. Die Pan­demie und die weitver­bre­it­ete Krisen­stim­mung haben ins­ge­samt den Arbeitsstress und die psy­chis­che Belas­tung erhöht. Die Folge: Die Beschäftigten greifen häu­figer zu Auf­putschmit­teln bei der Arbeit.

Aufputschmittel bei der Arbeit zur Leistungssteigerung

Der Sport macht es vor: Leis­tung lässt sich bess­er und leichter erbrin­gen, wenn man gedopt ist. Mit den richti­gen Mit­teln gelingt der Auf­stieg nach ganz oben. Aber auch ein sportlich­er und/oder gesellschaftlich­er Absturz sind möglich. Bekan­nte Beispiele dafür sind der Rad­profi Jan Ull­rich, der Fußball­star Diego Maradona oder der Sprint­er Ben John­son. Und manch­mal kann Medika­menten­miss­brauch sog­ar tödlich enden, wie dies bei der Leich­tath­letin Bir­git Dres­sel der Fall war.

Ull­rich und Maradona haben sich aufgeputscht, um in ihrem Arbeit­sall­t­ag als Profi-Sportler Höch­stleis­tun­gen erbrin­gen zu kön­nen. Auch andere Beruf­stätige greifen zu solchen Mit­teln: Laut DAK-Report 2019 haben sechs Prozent der Erwerb­stäti­gen in Deutsch­land schon ein­mal Hirn­dop­ing betrieben. Ihre tat­säch­liche Zahl liegt aber schätzungsweise deut­lich höher: Experten gehen davon aus, dass die Dunkelz­if­fer dop­pelt so hoch ist.

Was versteht man unter Hirndoping?

Wer Anabo­li­ka ein­nimmt, will Muskelwach­s­tum anre­gen. Davon prof­i­tieren beson­ders Gewichthe­ber oder Body­builder. Wer dage­gen zu Wach­mach­ern und Konzen­tra­tions­förder­ern greift – wie das beispiel­sweise bei Schachspiel­ern vorkommt –, will die geistige Leis­tungs­fähigkeit steigern, die Stim­mung aufhellen oder Äng­ste mildern. Diese Wirkun­gen wün­schen sich auch Beschäftigte, wenn sie mit Dro­gen oder ver­schrei­bungspflichti­gen Medika­menten Hirn­dop­ing betreiben. Medika­mente kön­nen bei Schmerzen oder chro­nis­chen Krankheit­en wie Dia­betes helfen. Doch Tablet­ten oder Tropfen wer­den auch als Auf­putschmit­tel bei der Arbeit geschluckt, um Zeit- und Ter­min­druck bess­er durchzuste­hen beziehungsweise Äng­ste und Sor­gen – etwa um den Arbeit­splatz – zu vergessen.

Wer putscht sich auf?

Die Arbeitswelt verän­dert sich. Die Gesellschaft wird immer älter. Doch kaum jemand will älter erscheinen oder gar als alt gel­ten. Auf dem Arbeits­markt haben ältere Beschäftigte das Gefühl, sich mit den jün­geren messen zu müssen. So konkur­ri­eren über 50-Jährige mit 30-Jähri­gen. Und dann ist da noch eine andere gravierende Verän­derung. Immer mehr Frauen gehen arbeit­en. Für sie bedeutet das fast immer eine Dop­pel­be­las­tung durch Haushalt, Kinder­be­treu­ung oder die Pflege von Ange­höri­gen. Das kann den Griff zu Auf­putschmit­teln fördern.

Zeit‑, Termin‑, Leis­tungs- und Kos­ten­druck bes­tim­men heute die Arbeitswelt. Die Anforderun­gen an den Einzel­nen wer­den immer höher, Tätigkeit­en und Auf­gaben­felder immer kom­plex­er. Manche Beschäftigte haben das Gefühl, hier nicht mehr Schritt hal­ten zu kön­nen. In beson­ders fordern­den Sit­u­a­tio­nen kommt es dann ver­mehrt zu Hirndoping:

  • Auszu­bildende wollen auf diese Weise ihre Leis­tungs­fähigkeit bei ein­er Prü­fung verbessern.
  • Mitar­bei­t­ende mit monot­o­n­er Tätigkeit und/oder bei lan­gen Schicht­en wapp­nen sich so gegen Müdigkeit und Erschöpfung.
  • (Berufskraft-)Fahrer und Fahrerin­nen putschen sich auf, um bei lan­gen Auto­bahn- oder Nacht­fahrten wach zu bleiben.
  • Beschäftigte in der Pflege suchen in stres­si­gen und emo­tion­al belas­ten­den Sit­u­a­tio­nen nach schneller Entspan­nung und Stimmungsaufhellern.

Die Risiken werden unterschätzt

Um diese Wirkung zu erzie­len, greifen Betrof­fene zu ver­schrei­bungspflichti­gen Medika­menten wie Rital­in, Modafinil, Anti­de­men­ti­va, Anti­de­pres­si­va oder Betablock­er oder nehmen Dro­gen wie Kokain, Ecsta­sy oder Crys­tal Meth ein. All diese Sub­stanzen haben direk­te Auswirkun­gen auf das Gehirn. Die Risiken wer­den jedoch häu­fig unter­schätzt – beim Medika­menten­miss­brauch wom­öglich noch mehr als beim Dro­genkon­sum: Was ein Kind mit ADHS bekommt, kann doch für mich nicht schädlich sein, denken manche. Was meine Oma gegen ihre Demenz ein­nimmt, wird mir sich­er auch gut­tun, meinen andere. Doch es kommt nicht nur im Moment der Ein­nahme zu Verän­derun­gen. Medika­mente haben auch immer Neben­wirkun­gen, zudem kön­nen Wech­sel­wirkun­gen mit anderen Arzneimit­teln auftreten. Wer über län­gere Zeit Hirn­dop­ing betreibt, riskiert seine Gesund­heit und geht zudem das Risiko ein­er Abhängigkeit mit all ihren Fol­gen ein. Und Neben­wirkun­gen wie gesteigerte Aggres­siv­ität, Über­schätzen der eige­nen Fähigkeit­en oder Fehlein­schätzun­gen kön­nen zur Gefahr für das eigene und das Leben ander­er werden.

Wann müssen Betriebe einschreiten?

Ob Mitar­bei­t­ende sich mit Kaf­fee, Ener­gy Drinks oder Medika­menten auf­putschen, geht ein Unternehmen zunächst nichts an. Ein­greifen müssen Arbeit­gebende aber, sobald eine Gefahr für die Arbeitssicher­heit erkennbar ist. Das funk­tion­iert jedoch nicht per Check­lis­ten oder wie bei einem Alko­holver­bot mit­tels Betrieb­svere­in­barung, denn die ein­genomme­nen Sub­stanzen sind so unter­schiedlich wie die Reak­tion des Einzel­nen darauf. Zudem kom­men immer neue Wirk­stoffe auf den Markt.

Medika­menten­miss­brauch am Arbeit­splatz ist meist schw­er zu erken­nen. Ein auf­fäl­liges Ver­hal­ten kann auch andere Ursachen haben. Trotz­dem darf eine Führungskraft nicht wegschauen oder darüber hin­wegge­hen, wenn sich jemand selt­sam ver­hält. Ihr obliegt die Für­sorgepflicht für die Mitar­bei­t­en­den. In einem klären­den Gespräch kann unter anderem auf die Möglichkeit ein­er Beratung durch den Betrieb­sarzt oder die Betrieb­särztin, die der Schweigepflicht unter­liegen, und/oder auf externe Hil­f­sange­bote hingewiesen werden.

Es geht auch ohne Aufputschmittel bei der Arbeit

Wer gesund und aus­geschlafen ist, braucht keine Auf­putschmit­tel bei der Arbeit. Gute Arbeits­be­din­gun­gen machen jegliche Form von Hirn­dop­ing über­flüs­sig, so Prof. Frauke Jahn vom Insti­tut für Arbeit und Gesund­heit der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (IAG) in einem Inter­view. Das set­zt voraus, dass Arbeit qual­i­ta­tiv und quan­ti­ta­tiv so gestal­tet ist, dass man sie gut bewälti­gen kann. Ein wichtiger Fak­tor spielt dabei das Betrieb­skli­ma. Zudem kön­nen Präven­tion­spro­gramme die Belegschaft stärken.


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Bettina Brucker
Bet­ti­na Bruck­er; Foto: © privat

Autorin:
Bet­ti­na Brucker
Freie Autorin und Journalistin

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