In der Forstwirtschaft sind derzeit bundesweit rund 68.000 Personen beschäftigt. Davon sind etwa 33.000 sozialversicherungspflichtige Waldarbeiter/innen. Die anderen arbeiten bei den rund 4.000 selbstständigen forstlichen Lohnunternehmen, die den größten Teil der mechanisierten Holzernte in Deutschland erledigen.
Neben diesen gut ausgebildeten Waldarbeitsprofis sind jedoch auch zahlreiche weitere nicht forstlich ausgebildete Personen mit gelegentlichen Waldarbeiten beschäftigt. Darunter fallen Selbsterwerber von Brennholz und Kleinprivatwaldbesitzer. Für sie alle gilt: Waldarbeit ist Schwerstarbeit und gefährlich.
Aus Sicht der Arbeitssicherheit wird die Waldarbeit insbesondere durch folgende Aspekte geprägt:
- Der Boden ist uneben und es besteht hohe Sturz- und Rutschgefahr
- Waldarbeiter sind der Witterung (Hitze, Kälte, Regen, Schnee, Wind) ausgesetzt
- sie findet an ständig wechselnden Arbeitsorten statt
- die Arbeit erfolgt mit gefährlichen Werkzeugen und Maschinen
- die Gefahr durch fallende Bäume, Bruch von Ästen und Kronenteilen, Einreißen, Aufplatzen und Zurückschleudern von Stämmen und Ästen
- menschliche Fehleinschätzungen der von Bäumen ausgehenden Gefahren.
In den vergangenen Jahren konnten die Unfallrisiken durch den Einsatz vollmechanischer Erntemaschinen (zum Beispiel Harvestern) einerseits verringert werden. Andererseits sind sie durch andere Entwicklungen erhöht worden:
- Naturnaher Waldbau mit hohen Laubbaumanteilen: Die Unfallstatistik zeigt, dass die Laubholzernte um ein Vielfaches gefährlicher ist, als die Arbeit im Nadelholz. Einerseits sind die Spannungsverhältnisse bei Laubbäumen schwerer einzuschätzen, andererseits können beim Fällen trockene Äste herabfallen. Auch ergeben sich bei der stammweisen Holzernte höhere Risiken als bei der Ernte ganzer Flächen.
- Mehr Starkholz: Das Durchschnittsalter der Waldbestände wie auch die Holzvorräte in Deutschlands Wäldern sind in den vergangenen Jahrzehnten weiter angestiegen. Damit fallen bei der Holzernte zunehmend stärkere Holzdimensionen an, die nur motormanuell – also nicht mit Erntemaschinen – geerntet werden können.
- Mehr Totholz: Hauptgefahrenquelle sind Totäste der zu fällenden oder benachbarten Bäume, die bereits bei geringer Bewegung herunterfallen. Insbesondere Einschlagsarbeiten im starken Laubholz erfordern daher spezielles Fachwissen, Erfahrung und hochwertige Ausrüstung.
- Im nichtbefahrbaren Gelände gibt es für die Holzernte keine Alternative zur Arbeit mit Axt und Säge.
31 tödliche Unfälle jährlich
Die Unfallhäufigkeit nimmt durch Arbeiten nach Sturmkatastrophen mit Windwürfen, wie sie auch in jüngster Zeit vorkamen, deutlich zu. Im Jahresdurchschnitt von 2010 bis 2016 ereigneten sich pro Jahr rund 6.000 meldepflichtige Unfälle bei Wald- und Forstarbeiten in Deutschland; im Mittel davon 31 tödliche im Jahr. Damit verläuft jeder 200. Unfall tödlich. Das Risiko eines tödlichen Unfalls bei Wald- und Forstarbeiten liegt damit fast viermal so hoch wie in anderen Bereichen. Erschreckend ist, dass über 65-Jährige bei der Waldarbeit überdurchschnittlich oft von tödlichen Unfällen betroffen sind.
Auch bei den nicht tödlichen Unfällen liegt häufig eine besondere Schwere der Verletzungen vor: Mit durchschnittlich 25 Ausfalltagen pro Unfall gehören Wald- und Forstarbeiten somit zu den Tätigkeiten mit den meisten Ausfalltagen.
Besonders viele Unfälle ereignen sich bei der motormanuellen Holzernte (Fällung, Entastung, Zerstückelung). Bei der maschinellen Holzernte mit Harvestern ist das Unfallrisiko deutlich geringer. Im Zeitraum von 2010 bis 2016 gab es dabei nur einen tödlichen Arbeitsunfall. Das bedeutet, dass diese Holzerntemethoden auch aus Gründen der Arbeitssicherheit überall dort eingesetzt werden müssen, wo dies möglich ist und der technische Fortschritt dahingehen muss, sie auch dort einsetzbar zu machen, wo dies heute noch nicht geht.
Besondere Risikogruppen
Durch Arbeitsunfälle besonders gefährdet ist, wer Wald- und Forstarbeiten nur gelegentlich, alleine, ohne Kenntnis der Unfallverhütungsvorschriften und ohne ausreichende Qualifikation sowie ohne geeignete oder mangelhafte persönliche Schutzausrüstung durchführt. Staatsforstbetriebe verlangen daher nicht nur von eigenen Waldarbeitern und beauftragten Unternehmen die entsprechende Qualifikation und Ausrüstung. Auch die Selbsterwerber müssen über geeignete Schutzkleidung und den „Motorsägenführerschein“ verfügen.
Rettung erleichtern
Bei der Rettung von Unfallopfern im Wald zählt oft jede Sekunde. Eine schnelle Rettung gestaltet sich dort jedoch meist schwieriger als in der freien Landschaft oder innerhalb einer Ortschaft. In Deutschland gibt es mehr als 52.000 Rettungspunkte, die im Notfall bei der Orientierung und zur Beschreibung des Standorts dienen (siehe Kasten). Bei einem Unfall sind die Rettungsdienste damit grundsätzlich in der Lage, die Unfallorte schneller zu erreichen und Erste Hilfe zu leisten.
Neben den Arbeitsunfällen gibt es auch forsttypische Berufskrankheiten wie Lärmschwerhörigkeit und die Weißfingerkrankheit (vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom), eine Folge langjähriger Arbeiten mit vibrierenden Arbeitsgeräten bei gleichzeitigem Kältekontakt.
Wichtig sind also Gehörschutz, ein verbesserter Vibrationsschutz sowie beheizbare Griffe an Motorsägen. All das gibt es ja. Rückenleiden sind bei Waldarbeitern ebenfalls besonders häufig.
Gefährdung durch Zeckenstiche
Beschäftigte im Forstbetrieb sind auch in besonderem Maße durch Zeckenstiche gefährdet: Blutuntersuchungen zeigen, dass etwa 20 bis 40 Prozent der Waldarbeiter Antikörper gegen den Erreger der Lyme-Borreliose im Blut haben. In den meisten Fällen wird die körpereigene Abwehr mit den Erregern fertig. Wird die Infektion aber nicht rechtzeitig erkannt oder nicht adäquat behandelt, kann es auch zu schweren Erkrankungen kommen. Auch hier kommt der Arbeitsmedizinischen Vorsorge eine besondere Bedeutung zu.
Auch Jäger leben gefährlich
Ein Wildschwein hat kürzlich bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern einen Jäger getötet. Es wurde angeschossen und hat den Mann, der nach getroffenem Wild Ausschau hielt, angegriffen. Derartige Fälle sind zwar selten, kommen aber vor. Wenn Wildschweine sich oder ihren Nachwuchs bedroht sehen, greifen sie an. Auch Hirsche und Rehböcke sind nicht ganz ungefährlich. Jäger wissen, dass die Nachsuche nach einem verletzten Tier am gefährlichsten ist. Eine spezielle Hose mit Stichschutz ist Standard. Jährlich gibt es in Deutschland zudem 900 bis 1.000 schwere Unfälle von Jägern ohne Beteiligung von Tieren. Die meisten verletzen sich, indem sie im Unterholz hängen bleiben oder schneiden sich mit dem Messer, wenn sie erlegtes Wild ausnehmen. Abgesehen von den Risiken für Waldarbeiter und Jäger leben aber auch Spaziergänger zuweilen gefährlich im Wald. Um Unfälle zu vermeiden, hilft Vorsicht und ein regelmäßiger Blick in Richtung Baumkronen – denn nicht immer kommt alles Gute von oben.
Autor:
Peter H. Niederelz
Ministerialrat
Praxis-Tipps
- Achtung Wurzelteller! Bei Windwürfen kippen Nadelbäume oft mitsamt ihren Wurzeltellern um. Hier gilt besondere Vorsicht: Jeder Aufenthalt in der Nähe der Wurzelteller – sei er auch noch so kurz – ist zu vermeiden! Es hat schon schwere und sogar tödliche Unfälle durch zurückklappende Wurzelteller gegeben.
- Bei manuellen Arbeiten an einem Baum, an dem sich noch die Wurzeln befinden, ist ebenfalls äußerste Vorsicht geboten: Durch das Gewicht der Wurzeln steht der Stamm unter Spannung und kann somit plötzlich hochschnellen.
Rettung im Wald
Im Falle eines Unfalls können forstliche Rettungspunkte in der Kommunikation mit dem Rettungsdienst dabei helfen, den Unfallort zu lokalisieren. Die Rettungspunkte sind entweder mit fest montierten Schildern oder rein virtuell durch Koordinatenangaben ausgewiesen. Ende Oktober 2017 veröffentlichte das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. die aktualisierte Version 2.3 der digitalen Rettungspunkte-Karte mit nunmehr über 52.000 Rettungspunkten.
- Die aktualisierte Rettungspunkte-Karte kann kostenlos heruntergeladen werden unter
www.rettungspunkte-forst.de. - Weitere Informationen dazu gibt es beim Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik KWF unter www.kwf-online.de.
- Für alle, die sich im Wald aufhalten – also auch für Spaziergänger – gibt es die Rettungs-App „Hilfe im Wald“. Sie steht im Google Play Store kostenlos zum Download zur Verfügung.