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Bürohunde: Regeln für das Miteinander

Bürohunde: Regeln für das Miteinander
Der Wau-Effekt

Der Wau-Effekt
Bürohunde können zur Gesundheit und Motivation der Beschäftigten beitragen. Foto: © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes
Petra Hannen

Immer mehr Unternehmen erlauben ihren Beschäftigten, ihren Hund mit ins Büro zu brin­gen. Bei Assis­ten­zhun­den ist dieses Recht seit 2022 sog­ar geset­zlich ver­brieft. Sicher­heits­beauf­tragte kön­nen zu einem stress­freien Miteinan­der von Beschäftigten und Büro­hun­den beitra­gen, indem sie auf wohldurch­dachte Rah­menbe­din­gun­gen acht­en. Dafür gibt es einige gute Beispiele.

Dass sich Hunde am Arbeit­splatz pos­i­tiv auswirken kön­nen, haben wis­senschaftliche Unter­suchun­gen in den USA und in Schwe­den bere­its vor zehn Jahren gezeigt. Dem­nach kann die Anwe­sen­heit der Vier­bein­er das Betrieb­skli­ma verbessern und das Risiko der Beschäftigten senken, kör­per­lich oder psy­chisch zu erkranken, etwa an Herz-Kreis­lauf-Erkrankun­gen oder Burnout. Eine motiviert­ere Belegschaft, die effek­tiv­er arbeit­et und gerin­gere Fehlzeit­en aufweist, ist ein greif­bar­er Vorteil für Unternehmen. Kein Wun­der, dass die Anzahl der Betriebe, die sich mit der Erlaub­nis von Hun­den am Arbeit­splatz auseinan­der­set­zt, stetig wächst. Das zeigt auch die steigende Nach­frage nach Beratung und adäquat­en Lösun­gen beim Bun­desver­band Büro­hund (BVBH).

Hunde-Boom durch Corona

Beschle­u­nigt wird diese Entwick­lung zurzeit von den Umbrüchen durch die Coro­na-Pan­demie. 2020 zogen etwa eine Mil­lion neue Tiere in deutsche Haushalte ein, und nach Angaben des Ver­ban­des für das Deutsche Hun­dewe­sen (VDH) wur­den im Ver­gle­ich zu den Vor­jahren 20 Prozent mehr Hunde gekauft. Dass viele Unternehmen von ihren Beschäftigten inzwis­chen wieder mehr Präsenz ver­lan­gen, wird nun für manche Her­rchen und Frauchen organ­isatorisch wie finanziell zur Her­aus­forderung – es sei denn, es ist ihnen erlaubt, den Hund mitzunehmen.

Assistenzhunde sind im Büro erlaubt
Men­schen mit Behin­derung haben das Recht, ihren Assis­ten­zhund mit zur Arbeit zu nehmen.
Foto: © VITA e.V./Thomas Heilmann

Hund im Büro: Nur mit Genehmigung

Eins vor­weg: Abge­se­hen von Men­schen mit Behin­derung, die auf die Unter­stützung eines Assis­ten­zhun­des angewiesen sind, haben Beschäftigte keinen Anspruch darauf, dass ihr Hund sie zur Arbeit begleit­en darf. Bevor der Hund mit ins Büro oder in die Werk­statt gehen kann, ist die Genehmi­gung der Unternehmensleitung einzu­holen. Wird diese Erlaub­nis nicht erteilt, müssen Hunde draußen bleiben. Eine ein­mal erteilte Genehmi­gung kann zudem bei neu auftre­tenden Prob­le­men jed­erzeit zurückgenom­men wer­den, etwa wenn sich eine anfänglich fre­undliche Fell­nase zu ein­er den Flur beherrschen­den Ter­rortöle entwickelt.

Spielregeln für Bürohunde definieren

Auch mit entspan­nten und gut erzo­ge­nen Hun­den im Unternehmen ist es sin­nvoll, das Miteinan­der zu regeln – mit ein­er Betrieb­svere­in­barung oder wie beispiel­weise bei der Fress­napf-Zen­trale in Krefeld mit ein­er verbindlichen Richtlin­ie. Ker­stin Krüger vom Com­pa­ny Health Man­age­ment kann sich nicht daran erin­nern, dass im Unternehmen Hunde ein­mal nicht erlaubt gewe­sen wären. „Eine aktuelle Befra­gung hat ergeben, dass die über 900 Beschäftigten auf dem Fress­napf-Cam­pus von bis zu 200 Büro­hun­den begleit­et wer­den – verteilt auf vier Büro­ge­bäude. Ins­ge­samt wird die Anwe­sen­heit der Hunde über­aus pos­i­tiv wahrgenom­men. 97 Prozent der Belegschaft gibt an, den Arbeit­sall­t­ag mit Büro­hund beson­ders zu schätzen. Aber es wurde auch der Bedarf nach verbindlichen Spiel­regeln für die Vier­bein­er geäußert, und diesem Wun­sch tra­gen wir mit ein­er neuen Richtlin­ie Rech­nung. Diese löst unseren Hunde-Knigge ab, der bei ein­er deut­lich gerin­geren Anzahl von Hun­den dur­chaus aus­re­ichend war.“

Hunde-Richtlinie sorgt für Klarheit

Diese Richtlin­ie sieht beispiel­sweise vor, dass Hunde auf den Fluren angeleint und auf möglichst kurzen Wegen durch die Gebäude geführt wer­den. Am Arbeit­splatz sollen sie einen fes­ten Aufen­thalts- und Rück­zug­sort haben, etwa ein Kissen oder eine Box, und nicht als Stolper­falle mit­ten im Gang liegen. Dass der Hund gesund und geimpft ist und ein ins­ge­samt büro­tauglich­es Ver­hal­ten an den Tag legt, erwartet Fress­napf eben­falls. Und: „Die Ver­ant­wor­tung für den Hund bleibt immer beim Beschäftigten“, so Ker­stin Krüger. „Die Men­schen müssen dafür sor­gen, dass sich die Hunde an die Regeln hal­ten, und für eventuelle Schä­den haften. Daher muss der Hund auch haftpflichtver­sichert sein. Zusät­zlich unter­stützen wir bei Fress­napf bei Bedarf durch Coach­ings.“ Alle Punk­te der Richtlin­ie müssen Beschäftigte mit Hund übri­gens für das indi­vidu­elle Tier unter­schreiben, die Vere­in­barung gehört dann als Anhang zum Arbeitsvertrag.

Maßnahmen zugunsten der Hunde

Neben dem Woh­lerge­hen der Men­schen hat Fress­napf auch das der Hunde im Blick. In eini­gen Unternehmens­bere­ichen wie etwa auf Logis­tik­flächen sind Hunde nicht erlaubt – es wäre zu gefährlich. In hun­de­tauglichen Abteilun­gen hat das Unternehmen mit Unter­stützung von ein­er Hun­de­trainer­in beispiel­sweise poten­ziell giftige Büropflanzen ent­fer­nt und den Fußraum unter den Schreibtis­chen mit Sichtschutzblenden verse­hen, damit die Hunde weniger von dem regen Kom­men und Gehen auf den Eta­gen mit­bekom­men. Zudem sollen Videos und weit­ere Infor­ma­tio­nen zur Kör­per­sprache von Hun­den und zum richti­gen Umgang mit Vier­bein­ern im Büro bere­it­gestellt wer­den – das hat­ten sich bei der Befra­gung vor allem die Beschäftigten ohne eige­nen Hund gewün­scht. Und an den Bürotüren weisen Schilder darauf hin, wie viele Tiere sich in dem jew­eili­gen Raum aufhal­ten. „Zum einen tre­f­fen Men­schen und Hunde so nicht unver­hofft aufeinan­der, zum anderen ist das ein wichtiger Hin­weis etwa im Fall ein­er Evakuierung des Gebäudes“, so Ker­stin Krüger. „Schließlich ist ein Hund manch­mal auch allein im Büro, etwa wenn sein Men­sch eine Besprechung in ein­er hun­de­freien Zone hat.“ Solche hun­de­freien Flächen hat Fress­napf mit Rück­sicht auf die Beschäftigten ein­gerichtet, die keinen Kon­takt zu Hun­den haben möcht­en oder gesund­heitlich bed­ingt keinen haben dür­fen. Denn: „Alle Beschäftigten sollen sich sich­er fühlen.“

Bestandteil der Unternehmenskultur

Fress­napf ist mit sein­er hun­de­fre­undlichen Unternehmen­spoli­tik nicht allein. Beim BVBH haben sich mehrere hun­dert Betriebe in Deutsch­land auf ein­er Büro­hun­dekarte einge­tra­gen, obwohl die Lis­tung kostenpflichtig ist. Und auch bei Weltkonz­er­nen wie Google oder Ama­zon sind Hunde fes­ter Bestandteil der Unternehmen­skul­tur – intern sollen sie zur Work-Life-Bal­ance der Beschäftigten beitra­gen und die abteilungsüber­greifende Kom­mu­nika­tion fördern, extern das Image verbessern und Sym­pa­thiepunk­te bei der Per­son­al­suche brin­gen. All das ist auch das Ziel der Funke-Medi­en­gruppe, die seit August Hunde am Stan­dort Essen erlaubt. Dort hat die Abteilung für Unternehmen­skom­mu­nika­tion das Onboard­ing der Vier­bein­er zusam­men mit den Fach­abteilun­gen für Gebäude­m­an­age­ment und für Arbeitssicher­heit geplant. Ähn­lich wie bei Fress­napf gibt es ein eigenes Regel­w­erk für die „Funky Dogs“, und für Fra­gen und Anliegen ste­hen zwei „Chief Dog Offi­cers“ bere­it. Diese berat­en zudem jeden Beschäftigten, bevor die Fell­nase zum ersten Mal mit ins Büro darf.

Gassi gehen fördert die Gesundheit

Eine Ablenkung ist ein Büro­hund zwar auf jeden Fall. Aber in den Unternehmen über­wiegt die Ein­schätzung, dass diese Ablenkung mehr pos­i­tiv und förder­lich ist als störend. Denn die Beschäftigten wer­den in regelmäßi­gen Abstän­den daran erin­nert, eine kurze Pause einzule­gen, sich die Beine zu vertreten oder frische Luft zu schnap­pen – und eine Hun­derunde ist deut­lich gesün­der als die regelmäßige Raucherpause.


Lobby für Bürohunde

Seit 2014 gibt es in Berlin den Bun­desver­band Büro­hund e.V., der bun­desweit aktiv ist. Als gemein­nützig anerkan­nter Vere­in hat sich der BVBH das Ziel geset­zt, die Vorteile von Büro­hun­den für und in Unternehmen bekan­nt zu machen und Lösun­gen aufzuzeigen, wie sich Büro­hunde gewinnbrin­gend für alle Seit­en in den Unternehmen­sall­t­ag inte­gri­eren lassen.


Sonderfall Assistenzhund: Rechtmäßige Begleiter

Seit 2022 haben Beschäftigte mit Behin­derung ein Recht darauf, dass ihr Assis­ten­zhund sie zur Arbeit begleit­et – auch wenn eigentlich im Unternehmen Vier­bein­er ver­boten sind. Das regelt eine Neu­fas­sung des Teil­habestärkungs­ge­set­zes. Darin wer­den zudem die Bedin­gun­gen for­muliert, die ein Hund erfüllen muss, um als Assis­ten­zhund zu gel­ten; allerd­ings ste­ht die dafür notwendi­ge Rechtsverord­nung noch aus. Der Geset­zge­ber unter­schei­det zwis­chen fünf Assistenzhund-Typen:

  • Blind­en­führhunde, die blind­en oder sehbeein­trächti­gen Per­so­n­en bei der Ori­en­tierung helfen
  • Sig­nal-/Ge­hör­losen­hunde, die tauben oder gehör­beein­trächtigten Men­schen akustisch Sig­nale über Berührun­gen weitergeben
  • Medi­zinis­che Sig­nal­hunde, die chro­nisch erkrank­te Per­so­n­en etwa mit Dia­betes, Epilep­sie oder Angst­störun­gen vor gefährlichen Verän­derun­gen beim Stof­fwech­sel oder der Psy­che warnen
  • Ser­vice­hunde, die beispiel­sweise Men­schen im Roll­stuhl bei der Mobil­ität unterstützen
  • Kom­bi­na­tion­shunde, die als Begleitung mehrfach­be­hin­dert­er Men­schen Eigen­schaften ver­schieden­er Assis­tenzbere­iche kombinieren

Petra Hannen
Petra Han­nen © Bar­bara Dietl

Autorin:
Petra Hannen
Fachjournalistin

 

 

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