Steve Bernard, woher kommt Ihre Liebe zum Moto-Cross-Sport und zu schnellen Motorrädern?
Ich stamme väterlicherseits aus einer motorradverrückten Familie und habe schon mit viereinhalb Jahren auf einer 50er Yamaha Crossmaschine mit dem Motorradsport begonnen. Mit sechs gab es dann eine 50er mit größerem Rahmen, später eine 80er, gefolgt von den ersten 125er Maschinen – jeweils passend zum Alter und zu meiner jeweiligen Größe. Mein Vater, sein Bruder, der mein Pate ist, meine Cousins – alle fahren Moped. Mein Patenonkel war Semi-Profi mit eigenen Sponsoren und einem Touren-Lkw. Ich bin mitgefahren, selbst gefahren – alle um mich herum sind gefahren. So ist mir das Motorradfahren quasi in die Wiege gelegt worden. Leider haben sich meine Eltern relativ früh getrennt, sonst wäre wahrscheinlich noch mehr daraus geworden.
Sie haben demnach keine Profikarriere gemacht und verdienen Ihr Geld anderweitig?
Meinen Lebensunterhalt verdiene ich mit Verkaufstätigkeiten innerhalb der Branche: Ich habe in einem Fachhandel für Motorradbekleidung gearbeitet und Fahrzeuge bei verschiedenen Herstellern wie BMW, Yamaha, Suzuki und KTM verkauft. Von meinen Motorsportaktivitäten allein kann ich zwar nicht leben, aber inzwischen habe ich eine so große Reichweite im sozialen Netzwerk, dass ich für Kooperationspartner und Sponsoren interessant geworden bin.
Dass sich dies so entwickelt hat, war jedoch Zufall. Eigentlich bin ich kein großer Fan von Facebook und Co. Weil Freunde von mir schon länger mit tollen Bildern auf Instagram unterwegs waren, bin ich dann irgendwann auch zum Fotografieren gekommen. Ich habe die coolen Möglichkeiten der Bildbearbeitung mit Lightroom und Photoshop kennengelernt, mir eine passende Kamera gekauft und selbst angefangen, Bilder und Videos von mir aufzunehmen. Da ich ziemlich gut Motorrad fahren kann – auf der Straße ebenso wie auf der Rennstrecke – gab es dann erste Sponsoring-Anfragen und mit wachsender Reichweite immer interessantere Angebote. Auf diese Weise habe ich mir einen Namen in den sozialen Netzwerken gemacht und bin inzwischen ein bekanntes Gesicht in der Szene.
Auf Ihrem Kanal finden sich auch Beiträge zur Ausstattung und Sicherheit. Welchen Stellenwert hat für Sie eine gute Ausrüstung?
Eine gute Ausrüstung ist sehr wichtig. Ich finde es höchst problematisch, wenn sich Motorradfans die schönsten und teuersten Maschinen leisten, aber kaum Geld in die Ausrüstung stecken. In meinem Alter ist man da etwas schlauer und weiß, was alles passieren kann. Ich muss auf der Straße auch nicht mehr alles geben. Die Zeiten sind lange vorbei und außerdem bin ich mittlerweile alleinerziehender Papa. Da geht man keine unnötigen Risiken mehr ein.
Ich kann grundsätzlich allen nur raten, nicht an der Ausstattung zu sparen. Dazu gehören ein Helm, eine Lederkombi, ein Rückenprotektor, Motorradstiefel – idealerweise mit Carbon-Verstärkung – und Handschuhe. Das Standardmaterial für die Bekleidung ist Rindsleder. Noch besser ist eine Kombi aus Känguruleder. Das ist halb so dünn und deshalb viel elastischer, dabei aber doppelt so abriebfest wie Rindsleder. An Stellen, auf denen man bei einem Sturz vermutlich aufprallt, sind zudem kleine Rochenleder-Einsätze sinnvoll – etwa an den Innenflächen der Handschuhe oder an der Hüfte. Rochenleder ist extrem dick und reißt beim Wegrutschen nicht sofort auf.
Das alles ist natürlich nicht ganz billig. Wer das Beste vom Besten und dann noch ein tolles Design will, kann locker bis zu 10.000 Euro investieren. Es reicht aber vollkommen aus, wenn man 1.500 Euro in die Hand nimmt. Das sollte einem die eigene Sicherheit allerdings wert sein. Denn wer nur mit Helm und Handschuhen fährt, wird das ganz sicher eines Tages bereuen.
Hatten Sie schon einmal einen schweren Unfall, bei dem Sie froh über Ihre Schutzausrüstung waren?
Ich habe wirklich Glück, dass ich noch lebe. Nach kleineren Unfällen, die immer glimpflich ausgegangen sind, hat es mich 2015 ganz böse erwischt. Ich bin auf dem Heimweg von einem Gruppenausflug auf den Nürburgring in einer Straßenkurve weggerutscht. Was genau passiert ist, kann ich nicht sagen, denn in einer solchen Schocksituation schaltet sich der Kopf automatisch ab. Ich wurde neun Stunden operiert und lag neun Tage im Koma: Milz geplatzt, Rippen mehrfach frakturiert, Wirbel, Knie und Fuß gebrochen und dazu eine Schulterprellung, die ich immer noch merke.
Zu meinem großen Glück kam uns gerade ein Rettungswagen entgegen, sodass sofort fachkundige Erste Hilfe eingeleitet wurde. Die Sanitäter haben noch an Ort und Stelle meine Kombi durchgeschnitten, mir eine 18 Zentimeter lange Drainage durch die Brust gejagt, um das Blut zu entfernen und die Atmung in Gang zu halten. Kaum, dass ich wieder etwas Luft bekam, habe ich sie gefragt – exakt in dieser Reihenfolge: „Wo ist mein Motorrad? Wo bin ich? Ich bekomme keine Luft.“ Da lachen die Jungs heute noch drüber.
Gerettet haben mich aber auch meine damalige Top-Kondition, also meine Muskelmasse, und nicht zuletzt meine sehr gute Ausrüstung. Ich war zu jener Zeit bei einem Motorradbekleidungsgeschäft angestellt. Deswegen bekam ich alles zum Einkaufspreis und konnte mir etwas Besseres leisten. Das hat sich in diesem Moment mehr als bezahlt gemacht! Heutzutage gibt es darüber hinaus Airbag Systeme für Motorradfahrende. Ich nutze auch eins – nicht nur, weil ich dafür einen Sponsoringvertrag unterzeichnet habe. Diese Airbags funktionieren inzwischen sehr gut und können wirklich Leben retten. Ich finde, sie sollten irgendwann zur Pflichtausstattung werden.
Welche Gefahren werden aus Ihrer Sicht von Motorradfahrenden am häufigsten unterschätzt?
Häufig unterschätzt und vernachlässigt wird die Pflicht zur regelmäßigen Wartung und Pflege. Ein Moped ist kein Auto, es braucht mehr Inspektionen in viel kürzeren Intervallen. Je nach Fabrikat muss ich alle 6.000 bis 12.000 Kilometer mit der Maschine in die Werkstatt, um insbesondere Bremsen und Motor checken zu lassen. Der Motor ist nicht so langlebig wie beim Auto und läuft nicht einfach mal 20.000 Fahrkilometer mit demselben Öl. Was ebenfalls viele unterschätzen, ist die Wucht, die von einer großen Rennmaschine ausgeht. Inzwischen dürfen Fahranfänger per Gesetz ja erstmal keine schweren Maschinen fahren, sondern müssen sich für zwei Jahre mit 48 PS begnügen. Das finde ich nicht schlecht, denn 48 PS auf 200 Kilo bewirken schon eine ganze Menge – es gibt Autos, die haben nur 70 PS und wiegen eine Tonne. Da steckt also schon ganz schön Druck dahinter.
Ich kann aber gut nachvollziehen, dass die jungen Wilden diese Regelung nicht so toll finden, denn damals habe ich auch gleich nach den großen Maschinen geschielt. Heute weiß ich, wie schnell alles vorbei sein kann. So schön Motorradfahren auch ist: Man setzt sich gestresst nach der Arbeit auf das Moped, fährt nach Hause – Stress weg, Kopf frei. Es kann aber auch sein, dass man nicht zu Hause ankommt.
Steckbrief: Steve Bernard
- geboren 1980 in Charleroi (Belgien)
- hat „Benzin im Blut“
- bekam im Alter von 4,5 Jahren seine erste Moto-Cross-Maschine
- betreibt den Instagram-Kanal “reflix32” mit derzeit 55,2 Tausend Followern
- legt Wert auf eine gute Ausrüstung
- ist immer „mit Köpfchen“ unterwegs
- mag die Zahl 32