Folgende Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) wurden verabschiedet, die nach rechtsförmlicher Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht werden.
Neufassung TRGS
Änderungen und Ergänzungen TRGS
- 519 „Asbest: Abbruch‑, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“
- 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ – siehe Tabelle 1
Aufhebung TRGS
- 602 „Ersatzstoffe und Verwendungsbeschränkungen – Zinkchromate und Strontiumchromat als Pigmente für Korrosionsschutz – Beschichtungsstoffe“
- 609 „Ersatzstoffe, Ersatzverfahren und Verwendungsbeschränkungen für Methyl- und Ethylglykol sowie deren Acetate“
- 618 „Ersatzstoffe und Verwendungsbeschränkungen für Chrom(VI)-haltige Holzschutzmittel“
50 Jahre Ausschuss für Gefahrstoffe
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des AGS fand am 10. Mai 2022 in Berlin die Festveranstaltung „50 Jahre AGS – die Arbeit des AGS im europäischen Kontext“ statt. Besondere Wertschätzung erfuhren die Mitglieder des AGS bei diesem Anlass durch Lilian Tschan, Staatssekretärin im BMAS: „Wir schätzen Ihre fachliche Expertise außerordentlich und bauen auch für die Zukunft auf die kompetente fachliche Beratung des AGS bei Fragen des Gefahrstoffschutzes und der Chemikaliensicherheit.“ Mit dieser Aussage würdigte die Vertreterin der Bundesregierung die Arbeit des Ausschusses in ihrem Grußwort.
Gefahrstoffe wurden vor 50 Jahren als „gefährliche Arbeitsstoffe“ bezeichnet: 1972 nahm der Ausschuss für gefährliche Arbeitsstoffe (AgA) seine Arbeit auf. Ebenfalls 1972 trat die Arbeitsstoffverordnung in Kraft. Im Jahr 1986 wurden dann
- aus der Arbeitsstoffverordnung die Gefahrstoffverordnung,
- aus den Technischen Regeln für gefährliche Arbeitsstoffe (TRgA) die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) und
- aus dem Ausschuss für gefährliche Arbeitsstoffe (AgA) der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS).
Der AGS im europäischen Kontext
Inzwischen reicht es schon lange nicht mehr aus, die Rechtssetzung bzgl. Gefahrstoffe nur innerhalb Deutschlands im Blick zu haben. Daher ging es beim Jubiläum auch um das Thema: „50 Jahre AGS – die Arbeit des AGS im europäischen Kontext“. Diese Thematik wurde in einer Podiumsdiskussion zwischen Vertretern des AGS, des BMAS und Stefan Olsson als Vertreter der Generaldirektion Beschäftigung der EU-Kommission diskutiert. Es moderierte die Präsidentin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Isabel Rothe.
Novelle der Gefahrstoffverordnung
Am 16.03.2022 wurde der Referentenentwurf der Novelle der Gefahrstoffverordnung auf der Internetseite des BMAS veröffentlicht. Schwerpunkt sind die besonderen Schutzmaßnahmen gemäß § 10 bei Tätigkeiten mit CMR-Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B. Das sind die Gefahrstoffe, die mit den folgenden H‑Sätzen gekennzeichnet sind:
- H340: Kann genetische Defekte verursachen.
- H350: Kann Krebs erzeugen.
- H350i: Kann bei Einatmen Krebs erzeugen.
- H360: Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen.
Hier ist es wichtig zu verstehen, dass der § 10 der jetzigen und der novellierten Gefahrstoffverordnung NICHT für die CMR-Gefahrstoffe der Kategorie 2 gilt, die mit den folgenden H‑Sätzen gekennzeichnet sind:
- H341: Kann vermutlich genetische Defekte verursachen.
- H351: Kann vermutlich Krebs erzeugen.
- H361: Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen.
Aus dem Referentenentwurf vom März 2022 kristallisieren sich aus dem § 10 und dem neu formulierten § 10a die folgenden Aufzeichnungs- und Mitteilungspflichten heraus.
Dokumentation des Maßnahmenplans
Siehe § 10 Absatz 6 im Referentenentwurf:
„(6) Bei Tätigkeiten mit CM-Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B, bei denen trotz Ausschöpfung der technischen Schutzmaßnahmen der AGW oder die AK nicht eingehalten werden kann, hat der Arbeitgeber einen Maßnahmenplan zu erstellen, mit dem Ziel, den AGW oder die AK zu unterschreiten.
In dem Maßnahmenplan ist anzugeben, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Dabei sind aufzuführen:
- die vorgesehenen Maßnahmen,
- das Maß der Expositionsminderung sowie
- der geplante Zeitrahmen.
Der Maßnahmenplan ist zusammen mit der Dokumentation nach § 6 Absatz 8 aufzubewahren.“
Den Maßnahmenplan gibt es übrigens auch schon in der aktuell gültigen Version der Gefahrstoffverordnung, und zwar in § 6 Absatz 8:
„(8) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung (…) zu dokumentieren. Dabei ist Folgendes anzugeben (…)
- die durchzuführenden Schutzmaßnahmen einschließlich derer (…),
b) die unter Berücksichtigung eines Beurteilungsmaßstabs für krebserzeugende Gefahrstoffe, der nach § 20 Absatz 4 bekannt gegeben worden ist, zusätzlich getroffen worden sind oder zukünftig getroffen werden sollen (Maßnahmenplan).“
Mitteilungspflicht an die Behörde
Siehe neuen § 10a Absatz 4 im Referentenentwurf:
„§ 10a Besondere Aufzeichnungs‑, Mitteilungs- und Unterrichtungspflichten bei Tätigkeiten mit CMR-Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B
(4) Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde Tätigkeiten, bei denen die TK oder der AGW nicht eingehalten wird, unter Angabe der ermittelten Exposition schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Dieser Mitteilung ist der Maßnahmenplan nach § 10 Absatz 6 beizufügen (…)“
Vorbereitung auf Novelle GefStoffV: Gefahrstoffverzeichnis und Arbeitsplatzmessungen aktualisieren
An dieser Stelle muss betont werden, dass es sich momentan lediglich um den Referentenentwurf handelt. Das heißt, es sind noch inhaltliche Änderungen möglich bzw. zu erwarten.
Zurzeit werden vom BMAS die Stellungnahmen der unterschiedlichen Verbände ausgewertet. Trotzdem können schon jetzt Vorbereitungen getroffen werden, um den o.g. neuen Anforderungen nach Inkraftsetzung der GefStoffV gerecht zu werden. Diese sind:
- Gefahrstoffverzeichnis nach den H‑Sätzen 340, 350(i) und H360 filtern (das sind die CMR-Gefahrstoffe der Kategorie 1A oder 1B).
- Klären, ob bereits Arbeitsplatzmessergebnisse für diese Gefahrstoffe (gemäß TRGS 402) vorhanden sind.
- Wenn bereits Arbeitsplatzmessergebnisse vorhanden sind: Prüfen, ob die jeweiligen Grenzwerte eingehalten werden. Falls die Grenzwerte nicht eingehalten werden, müssen die vorgesehenen Maßnahmen zur zukünftigen Grenzwerteinhaltung im o.g. Maßnahmenplan festgelegt und dokumentiert werden.
Verfügbare Hilfsmittel
Welche Hilfsmittel gibt es?
- In der KMR-Liste des IFA gibt es eine tabellarische Stoffliste mit allen Einstufungen in die CMR-Kategorien 1A, 1B und 2.
- In Tabelle 2 sind alle krebserzeugenden Gefahrstoffe der Kat. 1A oder 1B oder krebserzeugende Tätigkeit oder Verfahren nach § 2 Absatz 3 Nr. 4 der Gefahrstoffverordnung aus der TRGS 900 aufgelistet, auch identifizierbar anhand des Buchstabens „X“ in der Spalte „Bemerkung“.
- In der Tabelle 3 befinden sich alle Gefahrstoffe mit AK oder TK aus der TRGS 910, die dort auf den Seiten 17–19 gelistet sind.
Um eine Suche über die CAS-Nr. zu erleichtern, wurden in den Tabellen 2 und 3 bei den Metallen Beryllium, Cadmium, Chrom, Cobalt und Nickel die CAS-Nr. zumindest für die wichtigsten Verbindungen aus den toxikologischen Begründungen und aus der KMR-Liste ergänzt.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich bei Gefahrstoffen aus der TRGS 910 je nach Höhe des ermittelten Risikos (rot – gelb – grün bzw. hoch – mittel – niedrig) unterschiedlich strenge Schutzmaßnahmen ergeben:
- Mitteilungspflicht an Behörde im roten Risikobereich (TK nicht eingehalten) inkl. Übermittlung des Maßnahmenplans,
- Dokumentation des Maßnahmenplans ab gelbem Risikobereich (AK nicht eingehalten).
Und was ebenfalls neu ist: Die Mitteilungspflicht an die Behörde und die Dokumentation des Maßnahmenplans gilt auch bei den Gefahrstoffen, bei denen der gesundheitsbasierte AGW aus der TRGS 900 nicht eingehalten wird (siehe Tabelle 2).
5‑jährige Aufbewahrungsfrist
Noch nicht im aktuellen Referentenentwurf vorhanden ist die mindestens 5‑jährige Aufbewahrungsfrist des personenbezogenen Expositionsverzeichnisses für reproduktionstoxische Gefahrstoffe der Kategorie 1A oder 1B, gekennzeichnet mit H360. In Tabelle 4 sind einige dieser Gefahrstoffe mit AGW aus der TRGS 900 zusammengestellt.
Die neue Verpflichtung ergibt sich aus der EU-Richtlinie 2022/431 vom 9. März 2022, die bis zum 05. April 2024 in den jeweiligen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Diese EU-Richtlinie ist eine Aktualisierung der sog. Krebs-Richtlinie 2004/37/EG. Tabelle 5 zeigt die relevanten Textpassagen aus diesen beiden EU-Richtlinien. Gleichzeitig wurde mit der EU-Richtlinie 2022/431 der Geltungsbereich der ehemaligen Krebs-Richtlinie (CMD) von Karzinogenen („C“) und Mutagenen („M“) auf reproduktionstoxische Gefahrstoffe („R“) erweitert und wird daher jetzt auch als CMRD bezeichnet.
40-jährige Aufbewahrungsfrist
Bereits bekannt sein dürfte die 40-jährige Aufbewahrungsfrist für krebserzeugende und keimzellmutagene Gefahrstoffe: In der aktuell gültigen Version der Gefahrstoffverordnung findet sich diese Verpflichtung in § 14 Absatz 3 Nr. 3. Im aktuellen Referentenentwurf wurde diese in den neuen § 10a Absatz 1 verschoben.