Im Februar 2014 wurde in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ für die alveolengängige Staubfraktion (A‑Staub) ein Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) von 1,25 mg/m³ festgelegt. Der bis dahin gültige AGW lag bei 3,0 mg/m³. Für die einatembare Staubfraktion (E‑Staub) gilt unverändert ein AGW von 10 mg/m³. Beide Grenzwerte sind anzuwenden für schwer- beziehungsweise unlösliche Stäube, nicht aber für ultrafeine Stäube.
Der neue AGW für die A‑Fraktion gilt für Stäube mit einer mittleren Dichte von 2,5 g/cm³. Das bedeutet, dass dieser Wert mit der Materialdichte umgerechnet werden kann, wenn am Arbeitsplatz Materialien mit besonders niedriger Dichte (zum Beispiel Kunststoffe, Papier) oder besonders hoher Dichte (zum Beispiel Metalle) verwendet werden. Diese Möglichkeit ist in der TRGS 900 ausdrücklich genannt. Für die meisten mineralischen Stäube und Mischstäube in den Bereichen Minera-lische Rohstoffe, Keramik oder Bau ist die Annahme einer Dichte von 2,5 g/cm³ realistisch und sinnvoll.
Die an den Arbeitsplätzen auftretenden Staubfraktionen können allerdings auch Stoffe beziehungsweise Bestandteile enthalten, für die stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe festgelegt sind. Beispiele dafür sind quarzhaltige Stäube, krebserzeugende Stäube (zum Beispiel Chrom-VI), toxische Stäube (zum Beispiel Bleistaub), Hartholzstäube oder sensibilisierende Stäube (zum Beispiel Mehlstaub oder Naturgummilatex). In diesen Fällen müssen diese Stoffe ermittelt und getrennt beurteilt werden, da sie ein höheres Gefährdungspotenzial besitzen. Die zugehö-rigen Beurteilungsmaßstäbe, insbeson-dere die AGW der TRGS 900 oder die Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen der TRGS 910 „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ sind vorrangig zu beachten. Unabhängig davon gelten die Grenzwerte für A- und E‑Staub immer als allgemeine Obergrenze zur Festlegung von Schutzmaßnahmen.
Übergangszeitraum bis Ende 2018
Dem Verordnungsgeber war klar, dass die Herabsetzung des A‑Staub-Grenzwertes von 3,0 auf 1,25 mg/m³ für viele Betriebe eine Herausforderung darstellt, die oft nur mit einem erheblichen technischen und zeitlichen Aufwand bewältigt werden kann. In der TRGS 900 wurde daher ergänzend festgelegt, dass übergangsweise bis zum 31. Dezember 2018 ein Beurteilungsmaßstab von 3,0 mg/m³ für die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen herangezogen werden kann. Dieser Wert entspricht dem bis 2014 gültigen AGW für A‑Staub.
Um diesen Übergangszeitraum in Anspruch nehmen zu können, müssen die folgenden Vorgaben erfüllt sein:
- eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung (inklusive aktueller Expositionsermittlung) liegt vor und die grundlegenden Festlegungen der Gefahrstoffverordnung zum Staubschutz (Anhang I Nummer 2.3) sind umgesetzt,
- der Beurteilungsmaßstab von 3,0 mg/m³ als Schichtmittelwert wird unterschritten,
- Schutzmaßnahmen nach den branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen werden angewendet,
- ein Schutzmaßnahmenkonzept liegt vor, mit der Zielsetzung, den AGW für die A‑Staubfraktion von 1,25 mg/m³ innerhalb des Übergangszeitraums einzuhalten,
- die Beschäftigten wurden über das Schutzmaßnahmenkonzept informiert beziehungsweise unterwiesen und
- den Beschäftigten wird Atemschutz zur Verfügung gestellt, der bei Expositionsspitzen zu tragen ist.
Schutzmaßnahmen nach TRGS 504
Die neue TRGS 504 „Tätigkeiten mit Exposition gegenüber A- und E‑Staub“ erläutert die Anwendung des neuen AGW für die A‑Fraktion, insbesondere die erwähnten Vorgaben bei Überschreitung des AGW während des Übergangszeitraumes. In dieser TRGS wird auch die Erstellung eines Schutzmaßnahmenkonzeptes erläutert. Dieses Konzept muss einen Maßnahmenplan enthalten, der beschreibt, aufgrund welcher Maßnahmen, in welchen Zeiträumen und in welchem Ausmaß eine Expositionsminderung erreicht werden kann. Ziel ist es, bis spätestens Ende 2018 den neuen AGW einzuhalten. Es empfiehlt sich, bereits vorhandene Maßnahmen im Hinblick auf eine Optimierung zu prüfen (zum Beispiel Absauganlagen), bevor über neue beziehungsweise zusätzliche Maßnahmen nachgedacht wird. Oftmals wird nur eine Kombination von mehreren Maßnahmen zum Erfolg führen. Dabei ist die Rangfolge STOP (S = Substitution, T = Technische, O = Organisatorische und P = Persönliche Maßnahmen) zu beachten.
Branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen
Die TRGS 504 eröffnet auch die Möglichkeit, Anwendungshilfen für Branchen oder Tätigkeiten zu erstellen, für die der Übergangszeitraum in Anspruch genommen werden kann. Diese Branchen- oder tätigkeitsspezifischen Hilfestellungen beschreiben die Schutzmaßnahmen nach den branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen, das damit im allgemeinen erreichbare Expositionsniveau sowie einen Katalog von spezifischen Schutzmaßnahmen und Optimierungsmöglichkeiten zur Erstellung eines Schutzmaßnahmenkonzeptes. Bislang wurden Hilfestellungen für die Naturstein-Industrie, die Trockenmörtel-Industrie, die Keramische Industrie sowie für Elektroinstallationsarbeiten erarbeitet.
Neue stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe
Analog zum AGW für A‑Staub sind künftig auch für Stäube beziehungsweise Staubbestandteile mit spezifischer Toxizität anspruchsvollere Beurteilungsmaß-stäbe zu erwarten oder bereits veröffentlicht. So gilt beispielsweise seit Juli 2016 ein Beurteilungsmaßstab von 50 µg/m³ für Quarz-A-Staub für Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte quarzhaltigen Stäuben ausgesetzt sind. Der Beurteilungsmaßstab ist bei der Gefährdungsbeurteilung und zur Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen und einzuhalten. Eine Hilfestellung dazu soll die sich derzeit in Überarbeitung befindliche TRGS 559 „Mineralischer Staub“ geben. Auch für krebserzeugene Metalle wird gegenwärtig eine spezielle TRGS erarbeitet.
In diesen stoffspezifischen TRGS sollen, analog zur TRGS 504, Maßnahmenkonzepte und angemessene Vorgehensweisen zur rechtssicheren Anwendung der neuen Beurteilungsmaßstäbe beschrieben werden. Weitere Informationen zu diesem Thema stehen unter www.staub-info.de zur Verfügung.
Autor
Dr. Karlheinz Guldner
VBG
Präventionsfeld und Sachgebiet Glas und Keramik, Würzburg
E‑Mail: karlheinz.guldner@vbg.de