Der Arbeitstag begann zunächst unspektakulär mit Routineaufgaben zum Wochenbeginn. Die Frühstückspause verbrachte ich noch wie gewohnt mit einigen Kollegen in der Kantine. Doch dann ging alles auf einmal ganz schnell …
Mein Vorgesetzter teilte mir mit, dass ich ab sofort im Homeoffice1 arbeiten soll. Ich wurde gebeten, alle benötigten Arbeitsmaterialien einzupacken und das Haus zu verlassen, sobald die IT meinen Fernzugang zum Hausnetz eingerichtet habe.
Da ich im Kreis Heinsberg – sozusagen dem Epizentrum des Coronavirus in NRW – wohne, wollte man meine Kolleginnen und Kollegen wohl keinem unkalkulierbaren Risiko aussetzen, dachte ich mir. Denn zu diesem Zeitpunkt waren im Kreis Heinsberg bereits 726 Infizierte und sogar schon sechs Todesfälle zu beklagen, während es an meinem Arbeitsort erst drei Infizierte und bisher noch keine Toten gab (bzw. im gesamten Kreis Mettmann erst 44 Infizierte und null Tote).
Plötzlich schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Was brauche ich (wirklich), wen muss ich informieren (intern und extern), wieviel Zeit bleibt mir? Fragen über Fragen …
Also begann ich zu packen. Laptop, Netzteil, Handynetzteil, Telefonliste usw… Zum Glück bin ich als Sifa oft wegen Schulungen, Unterweisungen etc. mobil mit meinem Laptop unterwegs. Daher waren die wichtigsten Utensilien schon griffbereit in der Laptoptasche vorhanden. Aber nach und nach fielen mir immer mehr Dinge ein, die noch erledigt werden müssen. Das bestellte Mittagessen für die Woche stornieren, Kaffeemaschine entleeren und reinigen etc.
Dann war es soweit, ich bekam die Zugangsdaten für den Fernzugang und eine kurze Einweisung. Das war er also, mein für lange Zeit letzter Arbeitstag im Büro. Ein letzter Blick zurück und die bange Frage, ob ich auch nichts vergessen habe. Wann werde ich wohl zurückkommen? Mit einem mulmigen Gefühl machte ich mich auf den Heimweg.
Zu Hause angekommen, machte ich mich sofort an die Einrichtung meines Arbeitsplatzes. Glücklicherweise verfüge ich zu Hause über ein geräumiges Arbeitszimmer mit einer überdurchschnittlich guten Büroinfrastruktur. Jetzt sollte sich auch bezahlt machen, dass ich unseren Glasfaseranschluss zum Internet erst kürzlich auf 400 Mbps aufgerüstet hatte.
Nur schnell das LAN-Kabel und den 27“-Monitor anschließen, die externe Tastatur und Maus per USB verbinden und schon kann es losgehen – dachte ich mir. Doch der Teufel steckte wie so oft im Detail, die VPN-Verbindung ließ sich zunächst einfach nicht einrichten. Nach zwei Telefonaten stellte sich heraus, dass im Zugangsprogramm, anders als im Büro gewohnt, der Nutzername nur in Kleinbuchstaben eingegeben werden darf. Den entsprechenden Hinweis in der Anleitung hatte ich in der Aufregung wohl schlicht überlesen.
Nachdem diese Hürde überwunden war, stellte ich zu meiner größten Freude fest, dass ich meine gewohnte Arbeitsumgebung auf dem Bildschirm wiederfand. Nur Outlook verweigerte noch den Dienst, weil die Archivdatei angeblich nicht zur Verfügung stand. Ich kam schließlich dahinter, dass Outlook aus dem Autostart-Ordner nach dem Hochfahren schon auf die Datei zugreifen wollte, noch bevor das Netzlaufwerk zur Verfügung stand. Als Problemlösung entfernte ich die Verknüpfung aus dem Autostart und öffnete zunächst den Explorer und erst danach mein Outlook. Diese Vorgehensweise hat sich in den weiteren Wochen bewährt.
Sogar das Zeiterfassungsprogramm funktionierte fast wie gewohnt. Unsere IT hatte kurzfristig ein Untermenü eingerichtet, in dem man die üblichen Funktionen der Stempeluhr mit der Maus bedienen konnte. Eine nicht nur im Homeoffice2 sehr praktische Funktion, denn auch für die im Betrieb verbliebenen Beschäftigten, konnten dadurch Menschenansammlungen beim Ein- und Ausstempeln vermieden werden.
Die ersten Tage waren davon geprägt, Routine in der neuen Arbeitsumgebung zu entwickeln. Nachdem ich zum Beispiel ein paar Male die Pausen schlicht vergessen hatte, richtete ich mir dafür schließlich Serientermine ein. Um den Kontakt zu den Fachabteilungen zu halten, wurden tägliche Telefonkonferenzen in festgelegten Zeitfenstern eingerichtet. Neben dem Informationsaustausch stellte dies auch eine hilfreiche Maßnahme dar, um den Arbeitstag zu strukturieren. Außerdem empfand ich es als sehr angenehm, vertraute Stimmen zu hören, während man den gesamten Tag ansonsten allein verbringt.
Doch wo Licht ist, gibt es bekanntlich auch Schatten. Bei den Telefonkonferenzen fand ich besonders schlechte Handyverbindungen, Störgeräusche im Hintergrund der Teilnehmer durch Baulärm oder Kindergeschrei sowie unpünktliches Einwählen der Teilnehmer als störend, da hierdurch immer wieder der Gesprächsfluss unterbrochen wurde. Auch das Fehlen von Mimik und Gestik des Gesprächspartners sorgte hin und wieder für Missverständnisse.
In Ermangelung von Präsenzveranstaltungen aufgrund der CoronaSchVO NRW belegte ich ein paar Webinare mit unterschiedlichen Plattformen für Videokonferenzen. Dabei stellte sich heraus, dass offenbar alle (Veranstalter, Teilnehmer und Plattformen) mit denselben Problemen zu kämpfen hatten. Immer wieder gab es Verbindungsabbrüche oder Ton- und Bildprobleme. Ein Webinar brach ich schließlich ab, weil es dem Dozenten nicht gelang, eine stabile Tonverbindung aus seinem Homeoffice herzustellen.
Die mobile Arbeit aus dem häuslichen Arbeitszimmer hat sicher viele Vorteile. Neben Fahrzeit und ‑kosten entfallen auch häufige Störungen durch Kollegen, die „nur mal eben“ eine Frage haben. Problematisch empfinde ich aber besonders die Abgrenzung Arbeit/privat, da die Grenzen zu verschwimmen drohen. Hier muss man klare Strukturen schaffen, um nicht der Versuchung zu erliegen, nach dem Abendessen „nur mal eben“ ein paar Mails zu lesen. Außerdem bekommt man zu Hause nicht immer mit, wer gerade Urlaub hat oder vielleicht krank ist und nicht jeder freut sich um 7:00 Uhr über einen Anruf, wenn er gerade Urlaub hat.
Auch technische Probleme, wie VPN-Abbrüche oder schlechte Erreichbarkeit durch mangelhaften Mobilfunkempfang, können schnell für Frust sorgen. Spätestens, wenn auch der Partner von zu Hause arbeitet und telefoniert, der Paketbote klingelt und gleichzeitig auch noch Haustiere ihre Aufmerksamkeit fordern, sind gute Nerven gefragt. Mein Mitgefühl gilt allen, die zusätzlich auch noch Kleinkinder beaufsichtigen und bespaßen müssen!
Mein Fazit nach zehn Wochen
Trotz zu erwartender Anlaufschwierigkeiten, hat letztlich doch alles viel besser funktioniert, als dies unter diesen Rahmenbedingungen zu erwarten war. Dennoch wäre ein permanentes Homeoffice, wie es derzeit zum Beispiel von Twitter für seine Beschäftigten angeboten wird, auf Dauer nichts für mich. In meinem Job als Fachkraft für Arbeitssicherheit brauche ich den direkten Kontakt zu den Beschäftigten, muss Abläufe sehen, Gerüche wahrnehmen etc. Ich könnte mir künftig aber gut einen festen Tag pro Woche im Homeoffice vorstellen, um konzentriert und ungestört an Unterlagen zu arbeiten.
1 Hinweis: Hierbei handelt es sich streng genommen um mobiles Arbeiten und nicht um sogenannte Telearbeit nach §2 (7) und Anhang 6 der ArbStättV, da nur eine vorübergehende Tätigkeit, an einem nicht vom Arbeitgeber eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten vorliegt! Literaturempfehlung: https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ASTA/pdf/Mobile-Arbeit-Telearbeit.pdf?__blob=publicationFile&v=5
2 Lesetipp: Der Sound des Homeoffice
https://interaktiv.rp-online.de/der-sound-des-homeoffice
Dieser Kurzbeitrag und Kommentar stammt aus Sicherheitsingenieur 7/2020. Hierfür hatten wir uns einige Stimmen aus der Praxis eingeholt. Weitere Beiträge zu dem Themenschwerpunkt Corona-Praxis:
Autor: Volker Naumann
Fachkraft für Arbeitssicherheit bei einem lokalen Energieversorger im Ballungsraum Rhein-Ruhr