1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Sicherheitsingenieur »

Arbeiten in der Pandemie – Herausforderungen und Lösungen

Ein Erfahrungsbericht
Arbeiten in der Pandemie – Herausforderungen und Lösungen

Arbeiten in der Pandemie – Herausforderungen und Lösungen
Die Herausforderungen im Homeoffice ... Foto: © Kai Felmy
Am Vor­mit­tag des 16.03.2020 ahnte ich noch nicht, dass ich mein Büro für mehrere Wochen nicht mehr sehen würde .…
 

Der Arbeit­stag begann zunächst unspek­takulär mit Rou­tineauf­gaben zum Wochen­be­ginn. Die Früh­stückspause ver­brachte ich noch wie gewohnt mit eini­gen Kol­le­gen in der Kan­tine. Doch dann ging alles auf ein­mal ganz schnell …

Mein Vorge­set­zter teilte mir mit, dass ich ab sofort im Home­of­fice1 arbeit­en soll. Ich wurde gebeten, alle benötigten Arbeits­ma­te­ri­alien einzu­pack­en und das Haus zu ver­lassen, sobald die IT meinen Fernzu­gang zum Haus­netz ein­gerichtet habe.

Da ich im Kreis Heins­berg – sozusagen dem Epizen­trum des Coro­n­avirus in NRW – wohne, wollte man meine Kol­legin­nen und Kol­le­gen wohl keinem unkalkulier­baren Risiko aus­set­zen, dachte ich mir. Denn zu diesem Zeit­punkt waren im Kreis Heins­berg bere­its 726 Infizierte und sog­ar schon sechs Todes­fälle zu bekla­gen, während es an meinem Arbeit­sort erst drei Infizierte und bish­er noch keine Toten gab (bzw. im gesamten Kreis Mettmann erst 44 Infizierte und null Tote).

Plöt­zlich schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Was brauche ich (wirk­lich), wen muss ich informieren (intern und extern), wieviel Zeit bleibt mir? Fra­gen über Fragen …

Also begann ich zu pack­en. Lap­top, Net­zteil, Han­dynet­zteil, Tele­fon­liste usw… Zum Glück bin ich als Sifa oft wegen Schu­lun­gen, Unter­weisun­gen etc. mobil mit meinem Lap­top unter­wegs. Daher waren die wichtig­sten Uten­silien schon griff­bere­it in der Lap­top­tasche vorhan­den. Aber nach und nach fie­len mir immer mehr Dinge ein, die noch erledigt wer­den müssen. Das bestellte Mit­tagessen für die Woche stornieren, Kaf­feemas­chine entleeren und reini­gen etc.

Dann war es soweit, ich bekam die Zugangs­dat­en für den Fernzu­gang und eine kurze Ein­weisung. Das war er also, mein für lange Zeit let­zter Arbeit­stag im Büro. Ein let­zter Blick zurück und die bange Frage, ob ich auch nichts vergessen habe. Wann werde ich wohl zurück­kom­men? Mit einem mul­mi­gen Gefühl machte ich mich auf den Heimweg.

Zu Hause angekom­men, machte ich mich sofort an die Ein­rich­tung meines Arbeit­splatzes. Glück­licher­weise ver­füge ich zu Hause über ein geräu­miges Arbeit­sz­im­mer mit ein­er über­durch­schnit­tlich guten Büroin­fra­struk­tur. Jet­zt sollte sich auch bezahlt machen, dass ich unseren Glas­faser­an­schluss zum Inter­net erst kür­zlich auf 400 Mbps aufgerüstet hatte.

Nur schnell das LAN-Kabel und den 27“-Monitor anschließen, die externe Tas­tatur und Maus per USB verbinden und schon kann es los­ge­hen – dachte ich mir. Doch der Teufel steck­te wie so oft im Detail, die VPN-Verbindung ließ sich zunächst ein­fach nicht ein­richt­en. Nach zwei Tele­fonat­en stellte sich her­aus, dass im Zugang­spro­gramm, anders als im Büro gewohnt, der Nutzer­name nur in Klein­buch­staben eingegeben wer­den darf. Den entsprechen­den Hin­weis in der Anleitung hat­te ich in der Aufre­gung wohl schlicht überlesen.

Nach­dem diese Hürde über­wun­den war, stellte ich zu mein­er größten Freude fest, dass ich meine gewohnte Arbeit­sumge­bung auf dem Bild­schirm wieder­fand. Nur Out­look ver­weigerte noch den Dienst, weil die Archiv­datei ange­blich nicht zur Ver­fü­gung stand. Ich kam schließlich dahin­ter, dass Out­look aus dem Autostart-Ord­ner nach dem Hochfahren schon auf die Datei zugreifen wollte, noch bevor das Net­zlaufw­erk zur Ver­fü­gung stand. Als Prob­lem­lö­sung ent­fer­nte ich die Verknüp­fung aus dem Autostart und öffnete zunächst den Explor­er und erst danach mein Out­look. Diese Vorge­hensweise hat sich in den weit­eren Wochen bewährt.

Sog­ar das Zeit­er­fas­sung­spro­gramm funk­tion­ierte fast wie gewohnt. Unsere IT hat­te kurzfristig ein Unter­menü ein­gerichtet, in dem man die üblichen Funk­tio­nen der Stem­peluhr mit der Maus bedi­enen kon­nte. Eine nicht nur im Home­of­fice2 sehr prak­tis­che Funk­tion, denn auch für die im Betrieb verbliebe­nen Beschäftigten, kon­nten dadurch Men­schenansamm­lun­gen beim Ein- und Ausstem­peln ver­mieden werden.

Die ersten Tage waren davon geprägt, Rou­tine in der neuen Arbeit­sumge­bung zu entwick­eln. Nach­dem ich zum Beispiel ein paar Male die Pausen schlicht vergessen hat­te, richtete ich mir dafür schließlich Seri­en­ter­mine ein. Um den Kon­takt zu den Fach­abteilun­gen zu hal­ten, wur­den tägliche Tele­fonkon­feren­zen in fest­gelegten Zeit­fen­stern ein­gerichtet. Neben dem Infor­ma­tion­saus­tausch stellte dies auch eine hil­fre­iche Maß­nahme dar, um den Arbeit­stag zu struk­turi­eren. Außer­dem emp­fand ich es als sehr angenehm, ver­traute Stim­men zu hören, während man den gesamten Tag anson­sten allein verbringt.

Doch wo Licht ist, gibt es bekan­ntlich auch Schat­ten. Bei den Tele­fonkon­feren­zen fand ich beson­ders schlechte Handyverbindun­gen, Störg­eräusche im Hin­ter­grund der Teil­nehmer durch Baulärm oder Kindergeschrei sowie unpünk­tlich­es Ein­wählen der Teil­nehmer als störend, da hier­durch immer wieder der Gesprächs­fluss unter­brochen wurde. Auch das Fehlen von Mimik und Gestik des Gesprächspart­ners sorgte hin und wieder für Missverständnisse.

In Erman­gelung von Präsen­zver­anstal­tun­gen auf­grund der Coro­naSch­VO NRW belegte ich ein paar Webina­re mit unter­schiedlichen Plat­tfor­men für Videokon­feren­zen. Dabei stellte sich her­aus, dass offen­bar alle (Ver­anstal­ter, Teil­nehmer und Plat­tfor­men) mit densel­ben Prob­le­men zu kämpfen hat­ten. Immer wieder gab es Verbindungsab­brüche oder Ton- und Bild­prob­leme. Ein Webi­nar brach ich schließlich ab, weil es dem Dozen­ten nicht gelang, eine sta­bile Ton­verbindung aus seinem Home­of­fice herzustellen.

Die mobile Arbeit aus dem häus­lichen Arbeit­sz­im­mer hat sich­er viele Vorteile. Neben Fahrzeit und ‑kosten ent­fall­en auch häu­fige Störun­gen durch Kol­le­gen, die „nur mal eben“ eine Frage haben. Prob­lema­tisch empfinde ich aber beson­ders die Abgren­zung Arbeit/privat, da die Gren­zen zu ver­schwim­men dro­hen. Hier muss man klare Struk­turen schaf­fen, um nicht der Ver­suchung zu erliegen, nach dem Aben­dessen „nur mal eben“ ein paar Mails zu lesen. Außer­dem bekommt man zu Hause nicht immer mit, wer ger­ade Urlaub hat oder vielle­icht krank ist und nicht jed­er freut sich um 7:00 Uhr über einen Anruf, wenn er ger­ade Urlaub hat.

Auch tech­nis­che Prob­leme, wie VPN-Abbrüche oder schlechte Erre­ich­barkeit durch man­gel­haften Mobil­funkemp­fang, kön­nen schnell für Frust sor­gen. Spätestens, wenn auch der Part­ner von zu Hause arbeit­et und tele­foniert, der Paket­bote klin­gelt und gle­ichzeit­ig auch noch Haustiere ihre Aufmerk­samkeit fordern, sind gute Ner­ven gefragt. Mein Mit­ge­fühl gilt allen, die zusät­zlich auch noch Kleinkinder beauf­sichti­gen und bespaßen müssen!

Mein Fazit nach zehn Wochen

Trotz zu erwartender Anlauf­schwierigkeit­en, hat let­ztlich doch alles viel bess­er funk­tion­iert, als dies unter diesen Rah­menbe­din­gun­gen zu erwarten war. Den­noch wäre ein per­ma­nentes Home­of­fice, wie es derzeit zum Beispiel von Twit­ter für seine Beschäftigten ange­boten wird, auf Dauer nichts für mich. In meinem Job als Fachkraft für Arbeitssicher­heit brauche ich den direk­ten Kon­takt zu den Beschäftigten, muss Abläufe sehen, Gerüche wahrnehmen etc. Ich kön­nte mir kün­ftig aber gut einen fes­ten Tag pro Woche im Home­of­fice vorstellen, um konzen­tri­ert und ungestört an Unter­la­gen zu arbeiten.

1 Hin­weis: Hier­bei han­delt es sich streng genom­men um mobiles Arbeit­en und nicht um soge­nan­nte Telear­beit nach §2 (7) und Anhang 6 der Arb­StättV, da nur eine vorüberge­hende Tätigkeit, an einem nicht vom Arbeit­ge­ber ein­gerichteten Bild­schir­mar­beit­splatz im Pri­vat­bere­ich des Beschäftigten vor­liegt! Lit­er­a­turempfehlung: https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ASTA/pdf/Mobile-Arbeit-Telearbeit.pdf?__blob=publicationFile&v=5

2 Lesetipp: Der Sound des Homeoffice
https://interaktiv.rp-online.de/der-sound-des-homeoffice


Dieser Kurzbeitrag und Kom­men­tar stammt aus Sicher­heitsin­ge­nieur 7/2020. Hier­für hat­ten wir uns einige Stim­men aus der Prax­is einge­holt. Weit­ere Beiträge zu dem The­men­schw­er­punkt Corona-Praxis:

Dr. Tur­gay Gök­su: Bessere Zusam­me­nar­beit von Betrieb­särzten und Fachkräften für Arbeitssicher­heit — Die Pan­demie macht´s möglich

Cur­renta: Abges­timmte Maß­nah­men während der Coro­na-Pan­demie — Ver­ant­wor­tung für Men­sch und Betrieb – rund um die Uhr

 


 Foto: privat
Foto: privat

Autor: Volk­er Naumann

Fachkraft für Arbeitssicher­heit bei einem lokalen Energiev­er­sorg­er im Bal­lungsraum Rhein-Ruhr

Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de