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Arbeitsschutz und Führung – wie hängt das zusammen?

Führung und Sicherheitskultur
Arbeitsschutz und Führung – wie hängt das zusammen?

Clara Röder
Sicher­heit­skul­tur ist ein Teil der Unternehmen­skul­tur und beschreibt, wie mit Arbeitssicher­heit­s­the­men im Unternehmen umge­gan­gen wird. Eine gute Sicher­heit­skul­tur hil­ft, Risiken zu reduzieren, bedeutet Wertschätzung für die Beschäftigten und spart Kosten. Dies ist der erste Teil der Serie, bei der es beim The­ma Sicher­heit­skul­tur weniger um IT-Sicher­heit und Secu­ri­ty, son­dern um Arbeitssicher­heit und Gesund­heitss­chutz im Sinne ein­er Präven­tion­skul­tur geht.

Eine gute Sicher­heit­skul­tur hil­ft, Risiken zu reduzieren, bedeutet Wertschätzung für die Beschäftigten und bringt die Fir­ma voran. Bere­its im Edi­to­r­i­al der let­zten Aus­gabe hat Fried­helm Kring geschrieben: „Die Weit­er­en­twick­lung ein­er Sicher­heit­skul­tur begin­nt in der Unternehmen­shier­ar­chie ganz oben.“ Stimmt. Deshalb freue ich mich, dem The­ma Führung und Sicher­heit­skul­tur eine ganze Artikelserie in 2023 wid­men zu dür­fen. Warum Führung für die Entwick­lung der Sicher­heit­skul­tur so wichtig ist und wie Arbeitss­chutz und Führung zusam­men­hän­gen, beschreibt diese Folge.

Welche Rolle spielt Führung für den Arbeitsschutz?

Wenn wir von Führung sprechen, meinen wir die Aktiv­itäten der Führungskräfte, mit denen sie die Rich­tung der Fir­ma bes­tim­men, Tätigkeit­en pla­nen, koor­dinieren, kon­trol­lieren. Führungsauf­gaben sind sehr vielfältig und bein­hal­ten vor allem Entschei­dun­gen. Die Führung bes­timmt, was und wie in einem Unternehmen gear­beit­et wird. Deshalb bes­timmt sie auch, wie viel Platz und Aufmerk­samkeit das The­ma Arbeitss­chutz bekom­men soll. Es muss z.B. entsch­ieden wer­den, wer an der Arbeitss­chutz-Auss­chuss (ASA)-Sitzung teil­nimmt, ob die ASA-Sitzung nochmal ver­schoben wird, der Kun­den­ter­min doch Pri­or­ität hat, und wie aktiv sich jed­er Einzelne beteiligt.

Es muss entsch­ieden wer­den, ob das Geld in eine neue Sicher­heitssoft­ware investiert wird, oder die alte aus­re­icht und der Gewinn etwas höher aus­fällt. Es muss entsch­ieden wer­den, worüber wir in unseren Team-Meet­ings sprechen. Ob wir die Zeit nutzen, um über Kun­den­wün­sche, Quar­tal­szahlen und Qual­ität­sprob­leme zu sprechen, oder auch über Arbeitss­chutzthe­men, Stolper­fall­en, Beina­he­un­fälle, Risiken und Verbesserun­gen? Es muss entsch­ieden wer­den, wie viel Eigenini­tia­tive und aktive Mitar­beit von den Mitar­beit­ern gewün­scht ist. Sollen sie sich auss­chließlich um die Maschi­nen küm­mern, damit die Aus­las­tung stimmt, oder dür­fen sie auch einen Verbesserungsvorschlag ausarbeiten?

Kon­flik­te zwis­chen Führungskräften und Sifas

Entschieden wird sowieso

An diesen beispiel­haften Entschei­dun­gen wird deut­lich, wie wichtig Führung für den Arbeitss­chutz ist. Entsch­ieden wird sowieso. Welche Rolle Arbeitss­chutz spie­len soll, wird so in vie­len kleinen Einze­lentschei­dun­gen bes­timmt. Ob alle Entschei­dun­gen immer bewusst getrof­fen wer­den und welche Kri­te­rien gewöhn­lich betra­chtet wer­den? Das wiederum hängt von jed­er einzel­nen Führungskraft und der Unternehmen­skul­tur ab. Nun sind wir beim großen Ganzen. Gibt es ein gemein­sam entwick­eltes Leit­bild, wie wir Arbeitss­chutz in unserem Unternehmen prak­tizieren wollen? Eines, an dem sich Führungskräfte bei ihren Entschei­dun­gen ori­en­tieren kön­nen? Oder ist jed­er auf sich gestellt und läuft in eine andere Rich­tung? Führung entschei­det. Auch das.

Wie reagieren zum Beispiel Führungskräfte, wenn Sie einen Mitar­beit­er ein­er anderen Abteilung in ihrem Arbeits­bere­ich antr­e­f­fen, der keine Sicher­heitss­chuhe trägt? Ansprechen, weil das nicht okay ist? Inklu­sive Mel­dung beim Chef? Oder ignori­eren, weil sich darum die andere Führungskraft küm­mern muss, da mis­che ich mich nicht ein?

Wie streng hand­habt das die andere Führungskraft eigentlich, ich sehe regelmäßig Mitar­beit­er aus dieser Abteilung ohne Sicher­heitss­chuhe? Ist es nicht anstren­gend, sich mit solchen Über­legun­gen herum­schla­gen zu müssen? Dieses Beispiel stammt aus einem Work­shop, in dem sich die Führungskräfte eines Unternehmens über schwierige Sit­u­a­tio­nen bzw. Entschei­dun­gen im Arbeitss­chutz aus­tauschen kon­nten. Es wurde daraufhin ein gemein­sames Vorge­hen besprochen. Das bringt Klarheit und Erle­ichterung für alle Beteiligten. Die Entschei­dung ist klar.

Mit Kom­mu­nika­tion zu mehr Sicherheit

Entschei­det die Führung, dass Arbeitss­chutz wichtig ist, muss sie auch danach han­deln. Wer propagiert, dass Arbeitssicher­heit TOP-Pri­or­ität hat, dann aber doch anders entschei­det, macht sich unglaub­würdig. Mitar­beit­er merken das. Sie sind sich for­t­an unsich­er, auf welche Aus­sagen sie ver­trauen kön­nen und auf welche eher nicht.

Entschei­det die Führung, dass Arbeitss­chutz nicht so wichtig ist, tra­gen die Führungskräfte trotz­dem die volle Ver­ant­wor­tung. Sie haben dann allerd­ings weniger Unter­stützung dabei. Bei ein­er schlecht­en Sicher­heit­skul­tur ist das Gefährdungs­be­wusst­sein der Beschäftigten geringer. Es gibt mehr Gefährdun­gen, weil weniger davon beseit­igt wer­den. Es gibt fol­glich mehr Arbeit­sun­fälle. Das geset­zlich geforderte Min­i­mum ist den­noch zu gewährleis­ten. Arbeitss­chutz ist aus gutem Grund eine geset­zliche Verpflich­tung. Das Risiko, dass das Min­i­mum nicht aus­re­icht bzw. nicht erfüllt wird und fol­gen­schwere Unfälle passieren, trägt die Führung.

Auf den ersten Blick kann Arbeitss­chutz eine Zusatza­uf­gabe sein, mit der man kein Geld ver­di­ent. Wieso soll man seine Zeit dafür investieren? Auf den zweit­en Blick gibt es viele Gründe, warum es sich doch lohnt, Arbeitss­chutz als wichti­gen Teil der täglichen Arbeit zu betrachten.

Führung und Präven­tion­skul­tur: Auswirkun­gen ver­schieden­er Führungsstile

Wertschätzung und Motivation

Mitar­beit­er merken, wenn sich die Führung um sichere Arbeit­splätze küm­mert. Diese Wertschätzung ist entschei­dend für die Zufrieden­heit mit ihrem Arbeit­splatz und ihre Moti­va­tion, sich für die Fir­ma einzubrin­gen. Motivierte, engagierte Mitar­beit­er sind DER Erfol­gs­fak­tor für Unternehmen. Mit Mitar­beit­ern, die glauben, dass sie dem Chef eh egal sind (z.B. weil er sich nicht um ihren Arbeit­splatz oder ihre per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung sorgt), wer­den außergewöhn­liche Leis­tun­gen schw­er zu erzie­len sein. Mitar­beit­er, die dauer­haft über die eigene Fir­ma schimpfen, zer­stören viel Ver­trauen und Arbeit, die die Öffentlichkeit­sar­beits- und Per­son­al­abteilun­gen zum Anwer­ben neuer Mitar­beit­er müh­sam wieder auf­bauen müssen.

Ein per­fek­tes Beispiel für diesen Zusam­men­hang habe ich im let­zten Jahr erleben dür­fen. Es ging um ein kleines Team, das eine sehr ein­fache, aber kör­per­lich extrem anstren­gende, dreck­ige Arbeit­sauf­gabe hat­te. Alle Mit­glieder dieses Teams waren trotz­dem voll des Lobes über ihren Arbeit­splatz und Arbeit­ge­ber, weil er sie u.a. mit der besten ver­füg­baren Schutzaus­rüs­tung ausstat­tete und sich sicht­bar küm­merte. Sie dank­ten auf ihre Weise mit zuver­läs­siger Arbeit und flex­i­blen Ein­sätzen, wenn nötig.

Gesund führen – mehr als unfallfrei

Keine schlechten Schlagzeilen

Sich­er gestal­tete Arbeit­splätze reduzieren das Aus­fall­risiko wichtiger Mitar­beit­er durch Ver­let­zun­gen. Fällt ein Mitar­beit­er drei Wochen aus, fehlt die Arbeit­sleis­tung, die Kom­pe­tenz und die übri­gen (bere­its aus­ge­lasteten) Mitar­beit­er müssen die Arbeit mit übernehmen. Das erfordert mehr Koor­di­na­tion, Schu­lung und Fin­ger­spitzenge­fühl bei der Führung der übri­gen Mitar­beit­er und mün­det in Liefer­schwierigkeit­en, wenn dies nicht gelingt. In Extrem­si­t­u­a­tio­nen kann öffentliche Aufmerk­samkeit den guten Ruf eines Unternehmens mit einem Schlag ruinieren.

Kosteneinsparung

Auch für Zahlen­men­schen gibt es eine klare Antwort darauf, was Arbeitss­chutz zum Führungs- und Firmen­er­folg beitra­gen kann. Der „Return on Pre­ven­tion“ (ROP) beträgt 2,2*. Das bedeutet, dass sich jed­er Euro, den man in sicher­heit­stech­nis­che und arbeitsmedi­zinis­che Betreu­ung, Organ­i­sa­tion­skosten, Investi­tion­skosten, per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung etc. investiert, mehr als dop­pelt auszahlt. Man prof­i­tiert durch ver­miedene Betrieb­sstörun­gen, Auss­chuss und Nachar­beit, Wertzuwachs durch besseres Image sowie eine höhere Moti­va­tion und Zufrieden­heit der Beschäftigten.

Ausblick zum Zusammenhang von Arbeitsschutz und Führung

Sind die geschilderten Extrem­si­t­u­a­tio­nen Schwarz­malerei oder ein reales Risikoszenario, das ernst zu nehmen ist? Darüber schei­den sich die Geis­ter, und wir sind bei der Risikoein­schätzung, die aus unter­schiedlichen Per­spek­tiv­en anders aus­fällt. In der Folge dieser Serie über Führung und Sicher­heit­skul­tur wer­den wir dies noch ein­mal genauer beleucht­en. In weit­eren Aus­gaben geht es um Kon­flik­te im Arbeitss­chutz, Kom­mu­nika­tion, Führungsstile, ver­schiedene Führungsebe­nen sowie Verän­derun­gen der Führungskul­tur und New Work.

Egal auf welchem Stand sich die Sicher­heit­skul­tur befind­et – ohne Führung geht es nicht. Man muss sich Zeit für Arbeitss­chutz und ihn ernst nehmen. Wenn sie den Begriff Arbeitss­chutz nicht mögen, weil er noch zu neg­a­tiv beset­zt ist: Es ist wichtig, sich Zeit für die Beschäftigten zu nehmen und sich um sie zu küm­mern. Arbeitss­chutz darf ein­fach sein.

*Berech­nung des inter­na­tionalen „Return on Pre­ven­tion“ für Unternehmen: Kosten und Nutzen von Investi­tio­nen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz;
DGUV Report 1/2013


Autorin:
Clara Röder
Röder EHS Consulting

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