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Auf den Lärmpegel achten!

Einkauf von Maschinen
Auf den Lärmpegel achten!

Die Geräuschbe­las­tung an Arbeit­splätzen hängt vor allem von der Geräus­che­mis­sion der im Betrieb einge­set­zten Maschi­nen ab. Deshalb ver­langt die Lärm- und Vibra­tions-Arbeitss­chutzverord­nung [1] vom Unternehmer, dass er neue Maschi­nen „unter dem vor­rangi­gen Gesicht­spunkt der Lär­m­min­derung“ auswählt. Als Grund­lage für eine gezielte Auswahl lär­marmer Maschi­nen wer­den im Fol­gen­den die zu berück­sichti­gen­den Geräus­che­mis­sions-Ken­nwerte und die geforderte Angabe der Geräus­che­mis­sion durch den Her­steller erläutert. Außer­dem wer­den ver­schiedene bei der Geräuschangabe beste­hende Prob­leme ange­sprochen und Empfehlun­gen und Hil­fen für den Einkauf gegeben.

Dr.-Ing. Jür­gen Maue

Bei kon­se­quentem Einkauf lär­marmer Pro­duk­te und dem Aus­tausch älter­er Maschi­nen durch leis­ere neue lassen sich auf lange Sicht deut­liche Lär­m­min­derungser­folge erre­ichen, ohne dass dem Betrieb dadurch zusät­zliche Kosten für die Lär­m­min­derung entstehen.

Kennwerte zur Beschreibung der Geräuschemission

Um die Geräus­che­mis­sion ein­er Mas­chine zu beschreiben, sind vor allem die fol­gen­den Ken­nwerte von Bedeu­tung, die die Geräusch­ab­strahlung unab­hängig von den räum­lichen Bedin­gun­gen und von Fremdgeräuschen beschreiben:

  • der Emis­sions-Schall­druck­pegel am Arbeit­splatz Lp ist ein Maß für den von der Mas­chine an dem zuge­höri­gen Arbeit­splatz verur­sacht­en Schall­druck­pegel ohne die Rück­wirkung durch den Arbeit­sraum und ohne Fremdgeräusche. Er entspricht dem Schall­druck­pegel am Arbeit­splatz, wenn die Mas­chine im Freien und in ruhiger Umge­bung aufgestellt ist (Ide­al­fall).
  • der Schal­lleis­tungspegel LW ist ein Maß für die von der Mas­chine ins­ge­samt abges­trahlte Schal­len­ergie je Zeiteinheit.

Der Unter­schied zwis­chen den bei­den Größen Schal­lleis­tung und Schall­druck lässt sich am Beispiel der Beheizung eines Raumes verdeut­lichen. Die Schal­lleis­tung entspricht dabei der Wärmeleis­tung der Wärme­quelle, zum Beispiel eines Hei­zlüfters mit 1000 W. Der Schall­druck entspricht der nach län­gerem Betrieb in dem Raum erre­icht­en Tem­per­atur, zum Beispiel von 23 °C. Zwis­chen dem Schal­lleis­tungspegel ein­er Mas­chine und dem durch die Schal­lab­strahlung verur­sacht­en Schall­druck­pegel beste­ht fol­gen­der zahlen­mäßiger Zusam­men­hang: Bei Auf­stel­lung der Mas­chine im Freien (unge­hin­derte Schal­laus­bre­itung) und ohne nen­nenswerte Fremdgeräuschein­wirkung errech­net sich der Schal­lleis­tungspegel LW aus dem mit­tleren Schall­druck­pegel LP auf ein­er die Mas­chine ein­schließen­den Mess­fläche (Mess­flächen-Schall­druck­pegel) und der Größe der Mess­fläche (Mess­flächen­in­halt) S nach der fol­gen­den Formel:

  1. LW = LP + 10 lg (S /1 m²) dB bzw.
  2. LW = LP + LS dB

mit:

  • LP — Mess­flächen-Schall­druck­pegel – mit­tlerer Schall­druck­pegel auf der Mess­fläche S
  • S — Messflächeninhalt
  • LS = 10 lg (S /1 m²) – Messflächenmaß

Abbil­dung 1 zeigt ein Beispiel für eine Mess­fläche S mit fünf Messpunk­ten zur Ermit­tlung des Schal­lleis­tungspegels nach DIN EN ISO 3746 [2]. Der Mess­ab­stand d zur Maschi­nenober­fläche (Bezugs­fläche) wird dabei in der Regel mit 1 m festgelegt.

Unter diesen beson­deren Bedin­gun­gen (Freifeld und keine Fremdgeräuschein­wirkung) unter­schei­det sich der Schal­lleis­tungspegel also nur durch das soge­nan­nte Mess­flächen­maß LS von dem Mess­flächen-Schall­druck­pegel. Das Mess­flächen­maß LS ergibt sich aus dem Mess­flächen­in­halt S nach der oben genan­nten Formel (LS = 10 lg (S /1 m²)) oder nach dem in Abbil­dung 2 abge­bilde­ten Diagramm.

Der Schal­lleis­tungspegel LW fällt also jew­eils um das Mess­flächen­maß LS höher aus als der Mess­flächen-Schall­druck­pegel LP und kann damit deut­lich höhere Zahlen­werte annehmen als die all­ge­mein bekan­nten Gren­zen für Schall­druck­pegel von zum Beispiel 80 und 85 dB(A). Der Emis­sions-Schall­druck­pegel am Arbeit­splatz liegt dage­gen in der Regel auf dem gle­ichen Niveau wie der mit­tlere Schall­druck­pegel auf der Mess­fläche Lp , da sich der Arbeit­splatz etwa im gle­ichem Abstand zu der Mas­chine befind­et wie die Messpunk­te auf der Mess­fläche. So ergeben sich zwis­chen dem Emis­sions-Schall­druck­pegel Lp und dem Schal­lleis­tungspegel LW vielfach Unter­schiede von cir­ca 8 bis 25 dB – je nach Größe der Mas­chine, der Richtcharak­ter­is­tik der Schal­lab­strahlung und der Lage des Arbeitsplatzmesspunkts.

Während der Schal­lleis­tungspegel in der Regel die für den Einkäufer ein­er Mas­chine wichtig­ste Geräusch-Ken­ngröße ist, inter­essiert sich der Arbeitss­chutz oft eher für den Emis­sions-Schall­druck­pegel am Arbeit­splatz, weil dieser Wert in der gle­ichen Größenord­nung liegt wie der am Arbeit­splatz zu erwartende Schall­druck­pegel. Auch kann die Auswahl ein­er Mas­chine A mit einem etwas höheren Schal­lleis­tungspegel als die Mas­chine B dur­chaus sin­nvoll sein, falls die Mas­chine A eine gerin­gere Schal­lab­strahlung in Rich­tung des Arbeit­splatzes und dadurch einen niedrigeren Emis­sions-Schall­druck­pegel aufweist.

Zur Bes­tim­mung der Geräus­che­mis­sionsken­nwerte gibt es eine Rei­he unter­schiedlich­er Ver­fahren, die sich je nach Umge­bungs­be­din­gun­gen und gefordert­er Genauigkeit sin­nvoll anwen­den lassen. Die Durch­führung der entsprechen­den nor­mgerecht­en Geräuschmes­sun­gen ist im Taschen­buch „Lär­mmes­sung im Betrieb“ [3] aus­führlich beschrieben und anhand von Beispie­len erläutert.

Normen zur Bestimmung der Emissions-Kennwerte

Bei den Nor­men zur Geräus­che­mis­sions-Mes­sung kann man zwis­chen den Grund­nor­men und den darauf auf­bauen­den maschi­nen­spez­i­fis­chen Nor­men unter­schei­den. In den Grund­nor­men wer­den die unter­schiedlichen Ver­fahren zur Bes­tim­mung der Geräus­che­mis­sions-Ken­nwerte ganz all­ge­mein beschrieben. In den maschi­nen­spez­i­fis­chen Nor­men wer­den jew­eils die für eine bes­timmte Maschi­nen­gruppe anzuwen­den­den Ver­fahren und weit­ere Details zur Durch­führung der Mes­sung fest­gelegt, zum Beispiel die zu real­isieren­den Auf­stell- und Betrieb­s­be­din­gun­gen (Drehzahl, Last usw.).

Die Ermit­tlung des Emis­sions-Schall­druck­pegels am Arbeit­splatz wird in den Grund­nor­men DIN EN ISO 11201 bis DIN EN ISO 11205 [4] beschrieben. Für die Ermit­tlung des Schal­lleis­tungspegels in üblichen Arbeit­sräu­men sind vor allem die Grund­nor­men DIN EN ISO 3744 und DIN EN ISO 3746 [2] von Bedeu­tung. Je nach Maschi­ne­nart und Auf­stellbe­din­gun­gen lassen sich aber auch andere Grund­nor­men zur Bes­tim­mung des Schal­lleis­tungspegels sin­nvoll einsetzen.

Das bere­its erwäh­nte Taschen­buch „Lär­mmes­sung im Betrieb“ [3] gibt einen voll­ständi­gen Überblick über die Grund­nor­men und die Messver­fahren zur Bes­tim­mung der Geräuschemissionskennwerte.

Geräuschemissionsangabe

Um Unternehmen die notwendi­gen Infor­ma­tio­nen zur Auswahl lär­marmer Maschi­nen zur Ver­fü­gung zu stellen, verpflichtet die EG-Maschi­nen­richtlin­ie 2006/42/EG [5] beziehungsweise deren nationale Umset­zung durch die 9. Verord­nung zum Pro­duk­t­sicher­heits­ge­setz (9. ProdSV) [6] den Her­steller und Vertreiber von Maschi­nen zur Angabe der Geräus­che­mis­sion in der Betrieb­san­leitung sowie in Verkauf­sprospek­ten oder Kat­a­lo­gen, in denen Leis­tungsmerk­male der Mas­chine beschrieben wer­den. Die DGUV-Infor­ma­tion FB HM-023 „Emis­sion­sangaben Lärm u. Vibra­tio­nen“ [7] gibt einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der hier genan­nten geset­zlichen Bestimmungen.

Die Geräuschken­nwerte sind in der Regel als A‑bewertete Pegel anzugeben, um damit annäh­ernd die Fre­quen­z­ab­hängigkeit der Hörempfind­ung zu berück­sichti­gen. Als Geräus­che­mis­sions-Ken­nwert ist dann zunächst ein­mal der Emis­sions-Schall­druck­pegel am Arbeit­splatz LpAd gefragt. Wie in Tabelle 1 dargestellt, kann man bei Emis­sions-Schall­druck­pegeln bis zu 70 dB(A) entwed­er den Wert „70 dB(A)“ oder den tat­säch­lichen Emis­sion­swert angeben. Erst bei Emis­sions-Schall­druck­pegeln LpAd über 80 dB(A) ist zusät­zlich die Angabe des Schal­lleis­tungspegels LWAd erforder­lich. Sollte im Einzelfall ein extrem hoher Spitzen­schall­druck­pegel auftreten, so ist dieser als Spitzen­wert (Peak-Wert) in der Fre­quenzbe­w­er­tung C anzugeben.

Bei der Geräuschangabe für eine Mas­chine muss neben dem Geräus­che­mis­sions-Ken­nwert (LWA bzw. LpA) auch jew­eils die damit ver­bun­dene Unsicher­heit K angegeben wer­den. Sie berück­sichtigt sowohl die Unsicher­heit des Messver­fahrens als auch die Unsicher­heit durch die Pro­duk­tion­sstreu­ung eines Maschi­nen­los­es. Falls es für die entsprechende Maschi­ne­nart eine maschi­nen­spez­i­fis­che Norm gibt, sollte dort die anzunehmende Unsicher­heit fest­gelegt sein. Tabelle 2 zeigt ein Beispiel für die Geräuschangabe entsprechend der Tech­nis­chen Regeln zur Lärm- und Vibra­tions-Arbeitss­chutzverord­nung (TRLV Lärm) [8].

Empfehlungen für den Einkauf lärmarmer Maschinen

Wie bere­its in der Ein­leitung ange­sprochen, muss sich der Unternehmer vor dem Kauf ein­er Mas­chine über die zu erwartende Geräus­che­mis­sion informieren, um danach eine möglichst leise Mas­chine auszuwählen. Lei­der gibt es dabei häu­fig Prob­leme, zum Beispiel weil:

  • die Geräuschausze­ich­nung durch die Maschi­nen­her­steller fehler­haft ist
  • die Geräuschangaben für Einkäufer unver­ständlich sind, das heißt er kann mit den Emis­sions-Ken­nwerten (Emis­sions-Schall­druck­pegel und Schal­lleis­tungspegel) nichts anfangen
  • der Betrieb­szu­s­tand im realen Ein­satz erhe­blich von den in der Mess­norm vorgegebe­nen Mess­be­din­gun­gen abwe­ichen kann
  • die Einkäufer nicht erken­nen, welche Bedeu­tung die Geräus­che­mis­sion der zu beschaf­fend­en Mas­chine für die Lärm­si­t­u­a­tion an den Arbeit­splätzen hat
  • bei der Beschaf­fung vor­rangig andere Maschi­nen­dat­en, wie Preis und Leis­tung, eine Rolle spielen

In ein­er groß angelegten Studie unter Beteili­gung von 14 EU-Mit­gliedsstaat­en (NOMAD-Studie – Noise Machin­ery Direc­tive) wurde fest­gestellt, dass vier von fünf Betrieb­san­leitun­gen von Maschi­nen nicht den geset­zlichen Anforderun­gen zum Lärm entsprechen, weil die Geräus­che­mis­sion­sangabe fehlt oder unbrauch­bar ist. Erfahrungs­gemäß sind viele beim Verkauf ein­er Mas­chine getrof­fe­nen Vere­in­barun­gen bezüglich Lärme­mis­sion missver­ständlich, weil zwar ein Pegel­w­ert genan­nt wird, ohne aber zu sagen, um welchen Ken­nwert es sich dabei han­delt und nach welch­er Norm dieser zu ermit­teln ist.

Um die Her­stellerangaben nach der Auf­stel­lung der Mas­chine über­prüfen zu kön­nen, soll­ten nach Möglichkeit jew­eils konkrete Werte für die Geräus­che­mis­sion und das anzuwen­dende Messver­fahren (maschi­nen­spez­i­fis­che Mess­norm) vere­in­bart wer­den. Im Einzelfall kann es sin­nvoll sein, sich die Geräus­che­mis­sion­swerte für den geplanten Ein­satz der Mas­chine garantieren zu lassen, wenn der reale Betrieb (z.B. Drehzahl, Last) deut­lich von den Vor­gaben der maschi­nen­spez­i­fis­chen Norm abweicht.

Nach den Tech­nis­chen Regeln zur Lärm- und Vibra­tions-Arbeitss­chutzverord­nung [8] (Teil 3, Abschnitt 4.2 (8)) muss sich der geforderte Geräus­che­mis­sion­swert am Stand der Tech­nik ori­en­tieren, falls für die jew­eilige Maschi­ne­nart entsprechende Erfahrungswerte vor­liegen. Falls sich der Stand der Lär­m­min­derung­stech­nik für die entsprechende Maschi­ne­nart nicht ohne weit­eres angeben lässt, zum Beispiel bei Einze­lan­fer­ti­gun­gen beziehungsweise Son­der­maschi­nen, soll­ten mehrere Alter­na­ti­vange­bote einge­holt wer­den, um dann eine möglichst leise Mas­chine auszuwählen. Lei­der wird der Aspekt der Lärme­mis­sion beim Einkauf von Maschi­nen vielfach nicht aus­re­ichend berück­sichtigt, weil die Bedeu­tung der lär­mar­men Gestal­tung der Arbeit­splätze für das Wohlbefind­en und die Gesund­heit der Beschäftigten unter­schätzt wird. Deshalb kommt es nach der Auf­stel­lung neuer Maschi­nen oft zu Kla­gen der Beschäftigten auf­grund hoher Lärm­be­las­tun­gen. Dabei soll­ten sich die Lärm­be­las­tun­gen durch eine gezielte Auswahl lär­marmer Maschi­nen in der Regel reduzieren lassen, ohne dass dem Betrieb dadurch nen­nenswerte zusät­zliche Kosten entstehen.


Autor

Dr.-Ing. Jür­gen Maue

ehe­ma­liger Refer­at­sleit­er „Lärm“ im Insti­tut für Arbeitss­chutz der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (IFA),

E‑Mail: juergen.maue@dguv.de

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